Einkommensteuergesetz

Teilentgeltlichkeit bei Erwerb durch Vermächtnis

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der Erwerb von Vermögen aufgrund eines erbrechtlichen Vermächtnisses ist zwar regelmäßig ein unentgeltlicher Vorgang. Anders ist dies jedoch in der Gestaltungsvariante des sog. Kaufrechtsvermächtnisses. Hierbei wird dem Vermächtnisnehmer das Recht eingeräumt, einen bestimmten Gegenstand des Nachlasse zu einem bestimmten Kaufpreis zu erwerben. Konkret wird ihm also ein Übernahmerecht eingeräumt. Bereits in einer älteren Entscheidung hatte der BFH festgestellt, dass ein solches Kaufrechtsvermächtnis zu einem ertragsteuerlich in vollem Umfang entgeltlichen Vorgang führt, wenn für den Erwerb des vermachten Gegenstands eine Gegenleistung zu erbringen ist, die dem Wert des betreffenden Gegenstands entspricht (vgl. BFH vom 13.11.2002, ZEV 2003, 255 m. Anm. Buciek). Nunmehr hat der IX. Senat des BFH entschieden, dass ein Kaufrechtsvermächtnis auch zu einem teilentgeltlichen Vorgang führen kann, wenn der bei Übernahme zu zahlende Kaufpreis den Wert des übernommenen Wirtschaftsguts nicht ausgleicht. In diesem Fall ist der Erwerbsvorgang also in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

In dem vom BFH zu entscheidenden Fall hatte die Mutter ihre zwei Töchter jeweils zur Hälfte als Erbinnen eingesetzt und der späteren Klägerin zugleich das Recht eingeräumt, den gesamten Grundbesitz (Grundstück mit Wohnhaus und Landwirtschaftsflächen) zu übernehmen. Hierfür sollte sie an ihre Schwester 25 % des auf den Tod der Erblasserin festzustellenden Verkehrswerts des Grundbesitzes bezahlen. Nachdem die Klägerin das Übernahmerecht ausgeübt und ihrer Schwester den Betrag von 59.700,– ` (= 25 % des geschätzten Verkehrswerts von 238.800,– `) für den Grundbesitz bezahlt hatte, veräußerte sie diesen ein Jahr später zu einem Preis von 240.000,– `. Dies führte insoweit zu einer steuerpflichtigen Veräußerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, als die Klägerin das Grundstück entgeltlich erworben hatte. Hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Anteils war ihr hingegen die Besitzzeit der Rechtsvorgängerin zuzurechnen, sodass der Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts nicht erfüllt war (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG). Problematisch war nun die Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin die nicht auf ihren eigenen Erbanteil entfallende Grundstückshälfte entgeltlich von ihrer Schwester erworben hatte und ermittelte den zu besteuernden Gewinn in der Weise, dass es vom erzielten Grundstücksveräußerungspreis 120.000,– ` der Grundstückhälfte der Schwester zurechnete und hiervon die Anschaffungskosten von 59.700,– ` abzog.

Diese Sichtweise, der auch das Finanz- amt Baden-Württemberg als Vorinstanz gefolgt war, wurde vom BFH verworfen. Das Gericht stufte das testamentarisch angeordnete Übernahmerecht zutreffend als Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) ein, aufgrund dessen die Klägerin eine Forderung gegen die Erbengemeinschaft auf Übertragung des Grundstücks gegen Zahlung des von der Erblasserin festgelegten Preises erwarb. Da der Wert der Zuwendung nicht voll auszugleichen war, handelte es sich nach dem BFH um ein teilentgeltliches Erwerbsgeschäft, das in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen war. Nur im Verhältnis des nach dem Testament bestimmten Kaufpreises zum Verkehrswert des Grundstücks, also in Höhe von einem Viertel, war vorliegend ein entgeltlicher Erwerb gegeben, während der Erwerb des restlichen Teils des Grundbesitzes unentgeltlich erfolgte. Damit war den Anschaffungskosten von 59.700,– ` ein anteiliger Veräußerungspreis von 60.000,– ` gegenzustellen, so dass sich unter Berücksichtigung der geltend gemachten Veräußerungskosten kein Gewinn nach § 23 Abs. 3 EStG ergab.

Das Urteil schafft weitere Rechtssicher- heit zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kaufrechtsvermächtnissen (zur erbschaftsteuerlichen Behandlung vgl. Gebel in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rdnr. 181). Aus Sicht der mit dem Kaufrechtsvermächtnis beschwerten Erben ist zu beachten, dass die Vermächtniserfüllung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn auslösen kann. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn ein solches Vermächtnis Betriebsvermögen betrifft oder Immobilien zu übertragen sind, für die die Zehn-Jahres-Frist des § 23 EStG noch nicht abgelaufen ist. Finden die Rechtsgrundsätze des teilentgeltlichen Erwerbs hier Anwendung, weil der zu bezahlende Kaufpreis den Wert der zu übernehmenden Wirtschaftsgüter nicht ausgleicht, können diesem Kaufpreis auch nur die anteiligen Anschaffungskosten bzw. die anteiligen Buchwerte gegenüber gestellt werden.

 

Einkommensteuergesetz

Teilentgeltlichkeit bei Erwerb durch Vermächtnis

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der Erwerb von Vermögen aufgrund eines erbrechtlichen Vermächtnisses ist zwar regelmäßig ein unentgeltlicher Vorgang. Anders ist dies jedoch in der Gestaltungsvariante des sog. Kaufrechtsvermächtnisses. Hierbei wird dem Vermächtnisnehmer das Recht eingeräumt, einen bestimmten Gegenstand des Nachlasse zu einem bestimmten Kaufpreis zu erwerben. Familienunternehmen Konkret wird ihm also ein Übernahmerecht eingeräumt. Bereits in einer älteren Entscheidung hatte der BFH festgestellt, dass ein solches Kaufrechtsvermächtnis zu einem ertragsteuerlich in vollem Umfang entgeltlichen Vorgang führt, wenn für den Erwerb des vermachten Gegenstands eine Gegenleistung zu erbringen ist, die dem Wert des betreffenden Gegenstands entspricht (vgl. BFH vom 13.11.2002, ZEV 2003, 255 m. Anm.Buciek). Nunmehr hat der IX. Senat
des BFH entschieden, dass ein Kaufrechtsvermächtnis auch zu einem teilentgeltlichen Vorgang führen kann, wenn der bei Übernahme zu zahlende Kaufpreis den Wert des übernommenen Wirtschaftsguts nicht ausgleicht. In diesem Fall ist der Erwerbsvorgang also in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Entscheidungsgründe und weitere Hinweise In dem vom BFH zu entscheidenden Fall hatte die Mutter ihre zwei Töchter jeweils zur Hälfte als Erbinnen eingesetzt und der späteren Klägerin zugleich das Recht eingeräumt, den gesamten Grundbesitz (Grundstück mit Wohnhaus und Landwirtschaftsflächen) zu übernehmen. Hierfür sollte sie an ihre Schwester 25 % des
auf den Tod der Erblasserin festzustellenden Verkehrswerts des Grundbesitzes bezahlen. Nachdem die Klägerin das Übernahmerecht ausgeübt und ihrer Schwester den Betrag von 59.700,–`(= 25 % des geschätzten Verkehrswerts von 238.800,–`) für den Grundbesitz bezahlt hatte, veräußerte sie diesen ein Jahr später zu einem Preis von 240.000,–`. Dies führte insoweit zu einer steuerpflichtigen Veräußerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, als die Klägerin das Grundstück entgeltlich erworben hatte. Hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Anteils war ihr hingegen die Besitzzeit der Rechtsvorgängerin
zuzurechnen, sodass der Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts nicht erfüllt war (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG). Problematisch war nun die Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin die nicht auf ihren eigenen Erbanteil entfallende Grundstückshälfte entgeltlich von ihrer Schwester erworben hatte und ermittelte den zu besteuernden Gewinn in der Weise, dass es vom erzielten Grundstücksveräußerungspreis 120.000,–` der Grundstückhälfte der Schwester zurechnete und hiervon die Anschaffungskosten von 59.700,–` abzog.
Diese Sichtweise, der auch das Finanzamt Baden-Württemberg als Vorinstanz gefolgt war, wurde vom BFH verworfen. Das Gericht stufte das testamentarisch angeordnete Übernahmerecht zutreffend als Vorausver-81 FuSs 2/2012 Rechtsprechung mächtnis (§ 2150 BGB) ein, aufgrund dessen die Klägerin eine Forderung gegen die Erbengemeinschaft auf Übertragung des Grundstücks gegen Zahlung des von der Erblasserin festgelegten Preises erwarb. Da der Wert der Zuwendung nicht voll auszugleichen war, handelte es sich nach dem BFH um ein teilentgeltliches Erwerbsgeschäft, das in einen entgeltlichen und
einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen war. Nur im Verhältnis des nach dem Testament bestimmten Kaufpreises zum Verkehrswert des Grundstücks, also in Höhe von einem Viertel, war vorliegend ein entgeltlicher Erwerb gegeben, während der Erwerb des restlichen Teils des Grundbesitzes unentgeltlich erfolgte. Damit war den Anschaffungskosten von 59.700,–`ein anteiliger Veräußerungspreis von 60.000,–` gegenzustellen, so dass sich unter Berücksichtigung der geltend gemachten Veräußerungskosten kein Gewinn nach § 23 Abs. 3 EStG ergab. Das Urteil schafft weitere Rechtssicherheit zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kaufrechtsvermächtnissen (zur erbschaftsteuerlichen Behandlung vgl.Gebel in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rdnr. 181). Aus Sicht der mit dem Kaufrechtsvermächtnis beschwerten Erben ist zu beachten, dass die Vermächtniserfüllung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn auslösen kann. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn ein solches Vermächtnis Betriebsvermögen betrifft oder Immobilien zu übertragen sind, für die die Zehn-Jahres-Frist des § 23 EStG noch nicht abgelaufen ist. Finden die Rechtsgrundsätze des teilentgeltlichen Erwerbs hier Anwendung, weil der zu bezahlende Kaufpreis den Wert der zu übernehmenden Wirtschaftsgüter nicht ausgleicht, können diesem Kaufpreis auch nur die anteiligen Anschaffungskosten bzw. die anteiligen Buchwerte gegenüber gestellt werden.

Erfassung der Steuerpflichtigen

Beteiligungserträge gemeinnütziger Körperschaften aus gewerblich geprägten Personengesellschaften sind steuerfrei

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Eine gemeinnützige Organisation wird für steuerliche Zwecke in drei Teilbereiche untergliedert, den ideellen Bereich, die Vermögensverwaltung und den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Der Besteuerung bei der gemeinnützigen Organisation unterliegen nur die Einkünfte aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Sowohl die Einnahmen des ideellen Bereiches (z.B. Spenden) als auch die Einnahmen aus Vermögensverwaltung (z.B. Einkünfte aus Kapi- talanlagen) sind hingegen von der Steuerpflicht befreit (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG; § 3 Nr. 6 GewStG). Aus diesem Grund ist es für eine gemeinnützige Organisation von erheblicher Bedeutung, ob die Einkünfte (noch) in den Bereich der Vermögensverwaltung zu zählen sind oder aber bereits einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellen. Im Rahmen der Kapitalanlage beteiligen sich gemeinnützige Organisationen durchaus auch an geschlossenen Fonds, die regelmäßig in der Rechtsform einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG strukturiert sind. Diese Beteiligung stellte bisher unabhängig von der Tätigkeit der gewerblich geprägten Personengesellschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bei der gemeinnützigen Organisation dar. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der Auffassung der Finanzverwaltung (AEAO Nr. 3 zu § 64 Abs. 1) wurde über den gewerblichen Charakter der Einkünfte und damit deren Steuerpflicht nämlich bereits im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der Personengesellschaft entschieden. Der einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheid sollte für die Qualifikation der Einkünfte auf Ebene der gemeinnützigen Organisation bindend sein. Diese Auffassung hatte zur Konsequenz, dass auch die Einkünfte einer ausschließlich vermögensverwaltend tätigen, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb bei der gemeinnützigen Organisation einzustufen waren und damit steuerpflichtig gewesen sind. An dieser Auffassung hält der BFH nunmehr nicht mehr fest und ermöglicht damit eine eigene Beurteilung über das Vorliegen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs auf Ebene der gemeinnützigen Organisation.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin ist eine gemeinnützige Stiftung, die als Kommanditistin an drei gewerblich geprägten Personengesellschaften beteiligt war. Im Streitjahr 2006 erzielte sie Einkünfte in Höhe von insgesamt 3.125.719,17 €. Die Personengesellschaften übten ausschließlich vermögensverwaltende Tätigkeiten aus, waren aber gewerblich geprägt gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. In ihrer Steuererklärung erklärte die Klägerin die Beteiligungserträge als Einkünfte aus steuerfreier Vermögensverwaltung. Das Finanzamt hingegen erfasste die Einkünfte als steuerpflichtige Einkünfte eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne des § 14 AO.

Entscheidungsgründe

Der BFH orientiert sich bei seiner Entscheidungsfindung eng am Wortlaut des § 14 AO und stellt fest, dass nicht bereits deshalb ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gegeben sein muss, weil gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG erzielt werden. Zwar wird der Gesellschafter einer gewerblich tätigen Personengesellschaft auf Grund der Transparenz der Personengesellschaft als Gewerbetreiben- der und als Steuersubjekt behandelt. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb kann aber nicht bereits deshalb angenommen werden, weil die vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft lediglich auf Grund einer gesetzlichen Fiktion als gewerblich eingestuft wird. Der BFH begründet diese Auffassung auch mit der Intention des § 14 AO, da aus Gründen der Wettbewerbsneutralität lediglich wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von der Steuerbefreiung ausgenommen werden sollten. Vermögensverwaltende Tätigkeiten haben hingegen laut BFH keine erhebliche Wettbewerbsrelevanz und sind auch durch § 14 S. 3 AO ausdrücklich von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben abgegrenzt. Zuletzt hält der BFH auch nicht mehr an seiner früheren Auffassung fest, dass die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung über die Gewerblichkeit von Einkünften der Personengesellschaft für die Beurteilung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und der Steuerpflicht auf Ebene der gemeinnützigen Organisation bindend ist. Der BFH lässt allerdings ausdrücklich offen, ob auch die Erträge von Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG teilweise steuerfreie Einkünfte aus Vermögensverwaltung sein können. Es handelt sich hierbei um nur teilweise gewerblich tätige Personengesellschaften bzw. um Personengesellschaften, die durch gewerbliche Einkünfte von Tochtergesellschaften geprägt sind, also Personengesellschaften, die zwar selbst ausschließlich vermögensverwaltend tätig sind, ihrerseits aber wiederum Beteiligungen an gewerblich tätigen Personengesellschaften halten.

Praxishinweise

Diese richtungsweisende BFH-Entscheidung trägt wesentlich zur Rechtssicherheit bei. Die Steuerfreiheit von Einkünften aus Vermögensverwaltung wird nun auch dann nicht durchbrochen, wenn diese durch eine ertragsteuerliche Fiktion als gewerbliche Einkünfte einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG qualifiziert werden. Ist die Personengesellschaft hingegen originär gewerblich tätig, stellen die Einkünfte auf Ebene der Stiftung weiterhin steuerpflichtige Einkünfte aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Zur Vermeidung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wird in der Praxis deshalb häufig eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet und die Beteiligung einer gewerblich tätigen Personengesellschaft von der gemeinnützigen Organisation nur mittelbar gehalten. Die Anteile an einer Kapitalgesellschaft wiederum sind grundsätzlich der Vermögensverwaltung zuzurechnen. Lediglich bei einer mehrheitsvermittelnden Beteiligung, bei der die gemeinnützige Organisation auch auf die tatsächliche Geschäftsführung Einfluss nimmt, liegt ausnahmsweise ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Dies kann vermieden werden, wenn von Seiten der gemeinnützigen Organisation tatsächlich kein Einfluss auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft genommen wird und insbesondere keine (partielle) Personenidentität bei den Organen der Stiftung und der Kapitalgesellschaft besteht. Zur Vermeidung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wird daher in der Praxis bei Übertragung von Unternehmensvermögen auch das sogenannte „Doppel-Stiftungsmodell“ gewählt, bei dem die gemeinnützige Stiftung nur einen kleinen Teil der Stimmrechte der operativ tätigen Kapitalgesellschaft erhält und daher keinen Einfluss auf die Geschäftsführung und das Ausschüttungsverhalten der Tochterkapitalgesellschaft hat (vgl. zum sogenannten Doppelstiftungsmodell auch Kögel/Berg, FuS 2011, 13).

Steuerrecht

Doppelbesteuerung: Gewerblich geprägte Personengesellschaft kein Unternehmen i.S.d. Art. 22 Abs. 2  DBA-Schweiz

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Das Recht, Vermögensteuer für die Beteiligung einer in der Schweiz ansässigen, im Inland beschränkt vermögensteuerpflichtigen Person an einer inländischen gewerblich geprägten Personengesellschaft zu erheben, steht der Schweiz zu.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der Leser wird sich möglicherweise fragen, ob denn eine Entscheidung zur Vermögensteuer, die seit 1997 in Deutschland nicht mehr erhoben wird, überhaupt noch von Bedeutung sein kann für die Besteuerungspraxis von Familienunternehmen. Das vorliegende Urteil hat aber über die Vermögensteuer hinaus auch Bedeutung für die Ertragsbesteuerung von Familienunternehmen, bei denen Gesellschafter im Ausland leben oder aber ins Ausland umziehen möchten und diese Gesellschafter an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt sind.

Nach dem deutschen Steuerrecht kann eine an sich vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft gewerbliche Einkünfte erzielen, wenn sie im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt ist. Beispielsweise erzielt eine GmbH & Co. KG, die als solche nur vermögensverwaltend tätig ist, und bei der ausschließlich die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin und zur Geschäftsführung befugt ist, kraft Gesetzes gewerbliche Einkünfte. Es stellt sich nun die Frage, ob diese gewerbliche Prägung auch für Zwecke der Zuweisung von Besteuerungsrechten nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz maßgeblich ist.

Der BFH hat zum wiederholten Male entschieden, dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ihrer Art nach keine unternehmerische Tätigkeit im Sinne der einschlägigen Vorschriften des Doppelbesteuerungsabkommens ausübt. Der abkommensrechtliche Begriff „gewerbliche Gewinne eines Unternehmens“ umfasst nach Auffassung des BFH nicht Einkünfte aus einer inhaltlich zum Bereich der Vermögensverwaltung gehörenden und nach deutschem Recht nur im Wege einer Fiktion dem Bereich der Gewerblichkeit zugewiesenen Tätigkeit. Dementsprechend kann auch nach dem Doppelbesteuerungsabkommen keine Zuweisung von Besteuerungsrechten nach den für Unternehmen geltenden Grundsätzen erfolgen.

Von entscheidender Bedeutung ist diese Frage u.a. dann, wenn beispielsweise im Falle eines Wegzugs eines deutschen Steuerpflichtigen in das Ausland eine Wegzugsbesteuerung durch Einbindung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft vermieden werden soll. Hält beispielsweise ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger  Gesellschafter mindestens 1 % der Anteile an einer deutschen GmbH und möchte dieser Gesellschafter in die Schweiz umziehen, so muss er beim Gang über die Grenze die in seinen GmbH-Anteilen angewachsenen stillen Reserven versteuern. Eine Wegzugsbesteuerung droht dem GmbH-Gesellschafter aber nicht nur bei seinem eigenen Wegzug, sondern beispielsweise auch bei einer unentgeltlichen Übertragung der Geschäftsanteile auf im Ausland lebende Kinder. Dies kann er nur dann vermeiden, wenn die GmbH-Anteile in ein deutsches Betriebsvermögen eingelegt werden und das Besteuerungsrecht für dieses Betriebsvermögen entsprechend dem Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz nach den für Unternehmensgewinne einschlägigen Vorschriften Deutschland zugewiesen wird.

Bisher wurde in diesen Fällen, auch mit Billigung der Finanzverwaltung, eine gewerblich geprägte Personengesellschaft in Deutschland gegründet und die Geschäftsanteile des GmbH-Gesellschafters in die GmbH & Co. KG eingelegt. Unter Hinweis auf das hier ergangene Urteil sowie die in diesem Urteil enthaltenen Verweise auf weitere Entscheidungen des BFH ist dieses Gestaltungsmodell so nicht mehr haltbar.

Zum Sachverhalt

Im vorliegenden Urteilssachverhalt hatte der Kläger in den Streitjahren (1994–1996) seinen Wohnsitz in der Schweiz. Im Inland hatte er weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt.

Der Kläger war in diesen Jahren als Kommanditist zu 99,75 % am Gesellschaftsvermögen einer deutschen GmbH & Co. KG beteiligt. Die restliche Beteiligung wurde von der Komplementär-GmbH gehalten, die auch die Geschäftsführung ausübte. Die KG ihrerseits verwaltete Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften.

Im Streitfall ging es nun darum, ob der Kläger mit Wohnsitz in der Schweiz in Deutschland mit seiner Beteiligung an der gewerblich geprägten Personengesellschaft und dem darin enthaltenen Vermögen der inländischen Vermögensbesteuerung unterlag. Das Finanzamt vertrat hierzu die Auffassung, dass inländisches Betriebsvermögen in Gestalt der gewerblich geprägten Personengesellschaft vorlag und leitete daraus eine beschränkte Vermögensteuerpflicht ab.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der BFH hat nunmehr auch für Zwecke der Vermögensteuer entschieden, dass eine vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, deren Einkünfte lediglich auf Grund der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten, kein Unternehmen im Sinne des Art. 22 Abs. 2 DBA-Schweiz betreibt. Das Recht, die Beteiligung einer natürlichen Person an einer solchen Gesellschaft der Vermögensteuer zu unterwerfen, kann demgemäß nicht aus dieser Vorschrift abgeleitet werden. Vielmehr steht dieses Recht gemäß Art. 22 Abs. 6 DBA-Schweiz dem Ansässigkeitsstaat zu, im vorliegenden Fall also der Schweiz.

Der BFH beruft sich dabei auf die zwischenzeitlich ergangenen Urteile zu Fragen der Gewinnzurechnung bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft. Der BFH hat in jüngster Vergangenheit wiederholt entschieden, dass „Gewinne eines Unternehmens“  im  abkommensrechtlichen Sinne eine ihrer Art nach „unternehmerische“ Tätigkeit voraussetzen, was bei einer vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft, die lediglich gewerblich geprägt ist, per se nicht der Fall ist.

Damit ist auch der bisher von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 16. 04.2010, BStBl. Teil I 2010, S. 354, 2.2.1 vertretenen abweichenden Auffassung vom BFH zum wiederholten Male widersprochen worden.

Für die Beratungspraxis bei Familienunternehmen bedeutet dies, dass in allen Fällen, in denen bisher gewerblich geprägte Personengesellschaften eingebunden wurden, um die Besteuerungsrechte für im Ausland ansässige oder aber ins Ausland umziehende Gesellschafter in Deutschland zu sichern, die Unternehmensstruktur überdacht werden muss. In der Verwaltung wird derzeit über mögliche Reaktionen auf diese geänderte Rechtsprechung nachgedacht. Zur Sicherung von Besteuerungsrechten könnte beispielsweise eine bisher gewerblich geprägte Personengesellschaft mit einer aktiven gewerblichen Tätigkeit ausgestattet werden. Das allein ist aber noch nicht ausreichend. Vielmehr muss auch der funktionale Zusammenhang zwischen dem Vermögen der Personengesellschaft und deren gewerblicher Tätigkeit dargelegt werden können. In jedem Fall muss die Reaktion der Finanzverwaltung auf die nun zahlreich vorliegenden Urteile des Bundesfinanzhofs zur Frage der Anerkennung der gewerblich geprägten Personengesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen aufmerksam verfolgt werden.

Einkommensteuer

Betriebsaufspaltung zwischen Mehrheitsaktionär und Aktiengesellschaft

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung ist auch im Verhältnis zwischen einer Aktiengesellschaft und ihrem Mehrheitsaktionär grundsätzlich zu bejahen (Anschluss an das BFH-Urteil vom 28.01.1982, IV R 100/78, BFHE 135,330, BStBl II 1982, 479). Diese Grundsätze sind durch die zwischenzeitlichen Änderungen im Aktienrecht nicht überholt; sie sind auch auf börsennotierte Aktiengesellschaften anwendbar.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Eine Betriebsaufspaltung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine ihrer Art nach nicht gewerbliche Betätigung in Gestalt einer Vermietung/Verpachtung von Wirtschaftsgütern durch eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem Vermieter bzw. Verpächter (Besitzunternehmen) und einer gewerblichen Betriebsgesellschaft  (Betriebsunternehmen) zu einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 2 Abs. 1 GewStG wird.

Mit der Gewerblichkeit des Besitzunternehmens ist nicht nur eine Belastung mit Gewerbesteuer verbunden. Vielmehr sind damit auch die im Besitzunternehmen anwachsenden stillen Reserven im Falle einer Entnahme oder Veräußerung von Wirtschaftsgütern steuerverhaftet. Darüber hinaus führen die Vorschriften zur steuerlichen Gewinnermittlung zu einer gegenüber der Einnahmen- Überschussrechnung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abweichenden Steuerfestsetzung. Als eine Folge der Betriebsaufspaltung werden die Anteile an der Betriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen der Besitzgesellschaft zugeordnet, so dass bei einer isolierten Übertragung der Anteile, z.B. im Rahmen einer Schenkung, eine Aufdeckung stiller Reserven drohen kann. Andererseits können für das Besitzunternehmen grundsätzlich erbschaftsteuerliche Begünstigungen für Betriebsvermögen in Anspruch genommen werden.

Die sogenannte sachliche Verflechtung ist erfüllt, wenn das Besitzunternehmen an die Betriebsgesellschaft eine ihrer wesentlichen Betriebsgrundlagen überlässt. Gebäude bzw. Gebäudeteile sind i.d.R. solche wesentlichen Betriebsgrundlagen. Auch Büro- und/ oder Verwaltungsgebäude sind nach der jüngeren BFH-Rechtsprechung wesentliche Betriebsgrundlagen, wenn sie für die Bedürfnisse der Betriebsgesellschaft hergerichtet oder gestaltet worden sind.

Im Rahmen der personellen Verflechtung als weitere Voraussetzung für eine Betriebsaufspaltung ist zu prüfen, ob die Betriebsgesellschaft und das Besitzunternehmen von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragen werden. Am deutlichsten ist dies bei einer Beteiligungsidentität zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen. Aber auch dann, wenn eine Person oder Personengruppe sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen beherrschen kann, wird von einer solchen personellen Verflechtung ausgegangen.

Da bei einer Aktiengesellschaft der Vorstand für bestimmte Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf, stellt sich die Frage, ob bei dieser Rechtsform überhaupt die zuvor beschriebene personelle Verflechtung in Gestalt eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens vorliegen kann. Zu dieser Frage hat der BFH mit diesem Urteil nun eindeutig Stellung genommen und seine frühere Rechtsprechung auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich geänderten aktienrechtlichen Bestimmungen bestätigt. Die Entscheidung ist von praktischer Relevanz für alle in der Rechtsform der AG geführten Familienunternehmen, aber auch für GmbH’s mit einem nach aktienrechtlichen Vorschriften gebildeten Beirat.

Zum Sachverhalt

Der Kläger hielt 71,18 % des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft und war zugleich Vorstandsvorsitzender. Der Vorstand bestand im Streitjahr zunächst aus 3, am Ende des Jahres dann nur noch aus 2 Mitgliedern. Der Kläger war einzelvertretungsberechtigt. Die anderen Vorstandsmitglieder waren jeweils nur gemeinsam mit einem anderen Vorstandsmitglied oder einem Prokuristen vertretungsberechtigt. Vorstandsbeschlüsse sollten nach Möglichkeit einstimmig gefasst werden. Konnte Einstimmigkeit nicht erzielt werden, entschied die einfache Stimmenmehrheit, wobei die Stimme des Vorsitzenden bei Stimmengleichheit den Ausschlag gab. Bestimmte Rechtsgeschäfte bedurften nach der Geschäftsordnung für den Vorstand nur mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Aufsichtsrats getätigt werden. Diese Klausel bezog sich auch auf den Abschluss eines Mietvertrages, wie er seit dem Sommer 2000 mit dem Kläger verhandelt wurde.

Die Verhandlungen des Klägers mit der AG betrafen die Anmietung von Büroflächen und Stellplätzen in einem Gebäude, das er auf einem ihm gehörenden Grundstück errichten ließ. Der Aufsichtsrat stimmte der Anmietung am 31.08.2001 mit einer Festmietzeit von drei Jahren bei einer monatlichen Nettomiete von zunächst 133.213,– DM, ab dem zweiten Jahr von 297.296,– DM sowie mit zwei Verlängerungsoptionen von fünf Jahren zu.

Seitens des Klägers wurden aus der Grundstücksvermietung zunächst negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Das Finanzamt ging hingegen von einer Betriebsaufspaltung zwischen dem Kläger und der AG aus und setzte im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung Einkünfte aus Gewerbetrieb an, die wegen der Einkünfteermittlung nach Bilanzierungsgrundsätzen zu einer höheren Steuerfestsetzung  führten.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Nach Auffassung des BFH sind bei dem vorstehend geschilderten Sachverhalt nicht nur die Voraussetzungen für die sachliche Verflechtung in Gestalt der Überlassung des Gebäudes, in dem sich die Hauptverwaltung der AG befindet, erfüllt. Vielmehr sind laut BFH, entgegen der Auffassung des Klägers, auch die Voraussetzungen einer personellen Verflechtung erfüllt.

Zunächst bestätigt der Bundesfinanzhof in dem Urteil, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Betriebsaufspaltung verfassungsgemäß sind und begründet dies mit einer zulässigen wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Hinblick auf das für die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb im Besitzunternehmen erforderliche Merkmal der  „Beteiligung  am  allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“. Sodann bekräftigt der BFH die bereits in einem Urteil im Jahre 1982 dargelegte Rechtsauffassung, dass die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung „grundsätzlich in gleicher Weise für Betriebsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH wie der AG“ erfüllt ist, wenn diejenige Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrsche, auch über die Stimmenmehrheit bei der Betriebsgesellschaft verfüge. Nach Auffassung des BFH kann der Mehrheitsaktionär mittelbar über die personelle Zusammensetzung des Vorstands und damit über die Grundlinien der Geschäftspolitik der AG entscheiden. Der BFH weist darauf hin, dass in seinen früheren Entscheidungen eine personelle Verflechtung selbst dann bejaht wurde, wenn der Mehrheitsgesellschafter einer Betriebskapitalgesellschaft in allen Angelegenheiten, die das Grundstück und dessen Vermietung betreffen, der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung eines Minderheitsgesellschafters bedarf. Auch die Einbindung eines Aufsichtsrats in die Entscheidungsfindung ändert an dieser Beurteilung nichts, da die personelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats durch den Kläger kraft seiner Hauptversammlungsmehrheit bestimmt werden konnte. Der BFH befasst sich in dem Urteil auch mit den zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen im Aktienrecht, die nach seiner Auffassung an der grundsätzlichen Möglichkeit einer Beherrschung einer AG durch den Mehrheitsaktionär nichts verändert haben. Des Weiteren führt der BFH aus, dass es für die Annahme einer personellen Verflechtung auch keinen Unterschied darstellt, ob es sich um eine börsennotierte oder nicht börsennotierte Aktiengesellschaft handelt. Offen bleibt allerdings die Frage, ob diese Grundsätze auch bei einer der paritätischen Mitbestimmung unterliegenden Aktiengesellschaft Anwendung finden können.

Auch wenn dieses Urteil die bereits im Jahre 1982 ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bestätigt, so bringt sie doch im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen im Aktienrecht Rechtssicherheit bezüglich einer möglichen Annahme einer Betriebsaufspaltung zwischen einem Mehrheitsaktionär und einer Aktiengesellschaft. Mehr Rechtssicherheit dürfte mit dieser Entscheidung auch für den Fall geschaffen worden sein, dass das Betriebsunternehmen in der Rechtsform der GmbH geführt wird und bei der GmbH ein starker Beirat im Sinne der aktienrechtlichen Vorschriften eingerichtet wird.

Erbrecht

Kein Abzug von Notarkosten im Zusammenhang mit der Übertragung von Kommanditanteilen im Zuge einer Unternehmensnachfolge

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die Regelung der Unternehmensnachfolge kann erhebliche Kosten verursachen, wozu insbesondere die sich aus dem Gegenstandswert abzuleitenden Kosten der notariellen Beurkundung zu treffender Vereinbarungen gehören. Der dem Urteil des Finanzgerichts Nürnberg zu Grunde liegende Fall betrifft Notarkosten, die im Zusammenhang mit der schenkweisen Übertragung von Kommanditanteilen entstanden sind, und setzt sich mit der praktisch bedeutsamen Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit dieser Kosten auseinander. Der Entscheidung kommt aber auch Bedeutung für andere, im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung einer Unternehmensnachfolge anfallenden Kosten zu. Um eine solche Übertragung auch aus einkommensteuerlicher und erbschaftsteuerlicher Sicht optimal zu gestalten, bedarf es vielfach erheblicher und kostenträchtiger Beratungstätigkeiten. Beispielsweise kann eine Unternehmensbewertung erforderlich werden, um die mit der Übertragung verbundenen schenkungsteuerlichen Folgen einzuschätzen. Ferner können steuerliche Detailanalysen erforderlich sein, um zu beurteilen, in welchem Umfang überhaupt erbschaftsteuerliche Begünstigungen in Anspruch genommen werden können. Unentgeltliche Anteilsübertragungen können auch mit ertragsteuerlichen Folgewirkungen (z.B. Behaltensfristen, schädliche Entnahmevorgänge) verbunden sein, deren Analyse oder Vermeidung mit Kosten verbunden ist.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

An der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, war der Vater alleiniger Kommanditist. Im Jahr 2002 hat der Vater seinen Kommanditanteil teilweise an seine Ehefrau und teilweise an seinen Sohn schenkweise übertragen. Die Anteilsabtretung an den Sohn erfolgte aufgrund einer damit verbundenen Grundstücksübertragung im Rahmen einer notariellen Urkunde. Der beurkundende Notar stellte Ende 2002 Beurkundungskosten in Rechnung. Die Beurkundungskosten wurden von der Klägerin als Betriebsausgabe gebucht. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden die Notarkosten als Entnahme behandelt. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. Mit ihrer Klage beantragte die Klägerin, die Notarkosten bei dem Sohn als Übernehmer des Kommanditanteils als Sonderbetriebsausgaben anzusetzen. Ferner wurde beantragt, für den Fall des Unterliegens in dieser Klage die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Das Finanzgericht Nürnberg hat die Klage abgewiesen. Das Gericht ist auch der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vorliegen, da die Entscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Anerkennung von Betriebsausgaben folge. Allerdings wurde gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg zwischenzeitlich Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt. Das Finanzgericht Nürnberg verneint zunächst eine betriebliche Veranlassung auf Ebene der Kommanditgesellschaft. Nach Auffassung des Gerichts sind Aufwendungen in Folge einer Unternehmensnachfolge grundsätzlich nicht betrieblich veranlasst, da der Betrieb kein eigenes Interesse daran habe, dass die Nachkommen des jetzigen Betriebsinhabers den Betrieb übernehmen. Die Aufnahme des Sohnes in die Gesellschaft sei kein betriebliches, sondern ein privates Interesse. Ein betriebliches Interesse soll nach Auffassung des Finanzgerichts Nürnberg nur in den Fällen denkbar sein, in denen eine Person über besondere, singuläre Eigenschaften verfüge, die sie für den Betrieb quasi unersetzlich macht. Sodann führt das Finanzgericht Nürnberg aus, dass auch der Sohn die angefallenen Notarkosten nicht als Sonderbetriebsausgaben geltend machen kann, da sie nicht betrieblich veranlasst seien. Der dem privaten Bereich zuzuordnende Aspekt der Vorwegnahme der Erbschaft würde andere evtl. vorhandene betriebliche Veranlassungszusammenhänge vollständig überlagern. Das Finanzgericht verweist in seiner Begründung noch auf die Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung. Aus der steuerlichen Wertung als unentgeltlicher Erwerb folgt nach Auffassung des Finanzgerichts die ertragsteuerliche Unbeachtlichkeit der Erwerbsnebenkosten. Auch ein Veranlassungszusammenhang zwischen den Notarkosten einerseits und den späteren Einnahmen aus dem schenkweise übertragenen Kommanditanteil andererseits wird vom Finanzgericht Nürnberg abgelehnt. Die Aufwendungen, die ein Erbe auf dem Weg bzw. in Folge des Erbantritts tätigen muss, sind demnach privat veranlasst. Das Gleiche müsse auch für die Vorwegnahme der Erbschaft durch Schenkung gelten. Andere hierzu im Schrifttum geäußerte Auffassungen wurden vom Finanzgericht Nürnberg abgelehnt. Das Finanzgericht Nürnberg sieht sich mit dieser Entscheidung in vollem Umfang auf der Linie der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Anerkennung von Betriebsausgaben und hat deshalb die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen. Interessanterweise hat das Finanzgericht Münster in einem Urteil vom 25.10.2011, Az.: 13 K 1907/10, entschieden, dass Erwerbsnebenkosten auch bei einem unentgeltlichen Erwerb – hier im Rahmen einer Erbauseinandersetzung über Privatvermögen – im Wege der Abschreibung steuerlich abzugsfähig sind. Zu dieser Frage wurde die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen. Es bleibt daher abzuwarten, wie die von der Klägerin im Verfahren vor dem Finanzgericht Nürnberg eingelegte Beschwerde gegen die nicht zugelassene Revision ausgehen wird. Mit dem im Urteil des Finanzgerichts Nürnberg enthaltenen Hinweis, wonach ein betriebliches Interesse an der Person des Betriebsinhabers in Fällen denkbar sein könnte, in denen eine Person über besondere, singuläre Eigenschaften verfüge, die sie für den Betrieb quasi unersetzlich machen, ist zumindest für bestimmte Ausnahmefälle ein Ansatzpunkt vorhanden, um eine betriebliche Veranlassung von Aufwendungen im Zuge der Regelung der vorweggenommenen Erbfolge zu begründen. Darüber hinaus wird es in der Beratungspraxis erforderlich sein, sehr strikt auf den Veranlassungszusammenhang für einzelne Beratungskosten zu achten. Insbesondere solche Beratungstätigkeiten, die eindeutig im betrieblichen Interesse erfolgen (z.B. Sicherung der Erfolgsneutralität eines Übertragungsvorgangs), können eine betriebliche Veranlassung begründen und sollten daher als Betriebsausgabe abgezogen werden können.

Schenkungssteuergesetz

Schenkungen unter Lebenden

Schenkungsteuer bei disquotalen Einlagen und verdeckten  Gewinnausschüttungen

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Wesentliche Aspekte der Verwaltungsverfügung

Die Finanzverwaltung nennt in dem Erlass zunächst Fallgestaltungen, in denen eine Einlage in eine Kapitalgesellschaft zu einer Schenkungsteuerpflicht führt. § 7 Abs. 8 ErbStG ist insbesondere dann anzuwenden, wenn bei einer bestehenden Kapitalgesellschaft in Folge einer verdeckten oder offenen Einlage wirtschaftlich eine Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern stattfindet. Diese Vermögensverschiebung kann beispielsweise auch im Rahmen einer Ausgliederung oder Verschmelzung erfolgen. Leistungen i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG können neben Bar- oder Sacheinlagen zudem insbesondere auch Nutzungseinlagen sein. Das heißt, dass wohl auch die unentgeltliche Tätigkeit eines Gesellschafters zu einer Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern und damit zu einer Schenkungsteuerpflicht gemäß .7 Abs. 8 ErbStG führen kann. Eine Schenkungsteuerpflicht soll aber dann nicht gegeben sein, wenn der Gesellschafter als Gegenleistung für seine Leistungen zusätzliche Rechte in der Gesellschaft erlangt, wie z.B. eine Verbesserung seines Gewinnanteils (disquotale Gewinnverteilung), zusätzliche Anteile an der Gesellschaft oder eine von den Geschäftsanteilen abweichende Verteilung des Vermögens bei späterer Liquidation. Die Höhe der Bereicherung ist durch eine Gegenüberstellung des Werts der Geschäftsanteile vor und nach Einlage gemäß § 11 Abs. 2 BewG, ggf. in Verbindung mit § 199 ff. BewG (vereinfachtes Ertragswertverfahren) zu ermitteln. Die Werterhöhung kann allerdings nicht höher sein, als der gemeine Wert der bewirkten Leistung des Zuwendenden. Die gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingierte steuerpflichtige Zuwendung im Rahmen der Werterhöhung der Anteile kann nicht gemäß §§ 13a, 13b ErbStG (Begünstigung für Betriebsvermögen) freigestellt werden. Nicht gelöst ist weiterhin die Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift in Sanierungsfällen. Da § 7 Abs. 8 ErbStG nicht auf den subjektiven Schenkungswillen abstellt, sind nach dem Gesetzeswortlaut auch disquotale Zuwendungen zum Zwecke der Sanierung einer Gesellschaft schenkungsteuerpflichtig. Als Alternative zum Forderungsverzicht könnte in diesen Fällen über einen Rangrücktritt, einen Verzicht mit Besserungsabrede oder eine Umwandlung in Mezzanine- Kapital nachgedacht werden. In allen weiteren Fällen – insbesondere bei disquotaler Einlage von Vermögens- werten – kann eine Schenkungsteuer nur dann vermieden werden, wenn im Rahmen der Unternehmensbewertung dargestellt werden kann, dass sich durch die Einlage der Wert der Geschäftsanteile der anderen Gesellschafter nicht verändert hat. Dies könnte in Sanierungsfällen ggf. möglich sein, müsste aber im Vorfeld geprüft werden. Der gleichlautende Ländererlass enthält schließlich Aussagen zur Leistung zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern. Insoweit sind ver- deckte Gewinnausschüttungen nur ausnahmsweise der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Im Gegensatz zu 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG stellt diese Konzernregelung des Satzes 2 auf den Willen der Unentgeltlichkeit ab. Die Vorschrift bringt damit zum Ausdruck, dass § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG bei Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften nur dann anwendbar ist, wenn dadurch die Anteile von Gesellschaftern im Wert steigen und die Wertverschiebung durch den Willen zur Unentgeltlichkeit, z.B. eines Mitgesellschafters, veranlasst ist. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter oder an eine nahe stehende Person eines Gesellschafters können der Schenkungsteuer unterliegen. Bis zur Einführung der Regelung des § 15 Abs. 4 ErbStG war für solche Schenkungen das Verhältnis der Kapitalgesellschaft zum Leistungsempfänger maßgeblich, mit der Konsequenz einer Einstufung in die ungünstigste Steuerklasse III. Insoweit hat der Gesetzgeber für Besserung gesorgt, da ab 14.12.2011 das Verwandtschaftsverhältnis des die Zuwendung veranlassenden Gesellschafters zum Leistungsempfänger maßgeblich ist. Auch insoweit hat die Finanzverwaltung im Ländererlass insbesondere zur Frage der Veranlassung einer Zahlung durch mehrere Gesellschafter Stellung genommen.

Praktische Bedeutung und Ausblick

Mit dem gleichlautenden Ländererlass vom 14.03.2012 nimmt die Finanzverwaltung sehr zeitnah zu der Neuregelung des § 7 Abs. 8 ErbStG und 15 Abs. 4 ErbStG Stellung. Von besonderer praktischer Bedeutung ist, dass auch Nutzungseinlagen – so z.B. die unentgeltliche Überlassung eines Grundstücks, die niedrig verzinsliche Forderung und wohl auch die unentgeltliche Tätigkeit für die Gesellschaft – als Einlage i.S.d. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG angesehen werden können. Die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen ist für die wirtschaftliche Vermögensverschiebung i.S.d. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG nicht anwendbar, da es formal an der Übertragung von Gesellschaftsanteilen fehlt. Auch im Rahmen einer Sanierungssituation droht grds. eine Schenkungsteuerpflicht. Nur die Höhe ist ungewiss und müsste durch eine Bewertung der Gesellschaftsanteile vor und nach der Zuwendung dargelegt werden. Insbesondere im Rahmen von verdeckten Gewinnausschüttungen droht zudem eine steuerliche Doppelbelastung mit Einkommen- und Schenkungsteuer. Hierzu hat sich die Finanzverwaltung nicht geäußert. Daher gilt es in jedem Fall anzuraten, offene oder verdeckten Einlagen ebenso wie verdeckte Gewinnausschüttungen sorgfältig zu planen und neben den ertragsteuerlichen Konsequenzen auch die schenkungsteuerlichen Folgen im Blick zu behalten

Handelsrecht, Gesellschaftsrecht

Zulässigkeit von Auslandsbeurkundungen bei der Abtretung von Gmbh-Geschäftsanteilen

Dr. Thomas Frohnmayer, Rechtsanwalt

Die Abtretung eines GmbH- Geschäftsanteils kann im Ausland beurkundet werden, wenn die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist. Hieran hat sich nach Auffassung des OLG Düsseldorf auch durch die Aufwertung der Gesellschaftsliste durch das am 01.11.2008 in Kraft getretene MoMiG und die in diesem Zusammenhang neu geschaffene Pflicht des Notars, bei von ihm beurkundeten Anteilsabtretungen eine aktualisierte Gesellschafterliste beim Handelsregister einzureichen, nichts geändert.

Ein ausländischer Notar kann bei einer von ihm hiernach wirksam beurkundeten Abtretung eine diese Änderung der Geschäftsanteile berücksichtigende Gesellschafterliste beim Handelsregister einreichen. Er genügt dabei der nach § 12 Abs. 2 HGB erforderlichen elektronischen Form, wenn er sich zur Einreichung der Liste eines deutschen Notars als Boten bedient.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Zur Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen bedarf es nach § 15 Abs. 3 GmbHG eines in notarieller Form geschlossenen Vertrages. Die dabei von einem deutschen Notar zu erhebenden Gebühren können – abhängig vom Geschäftswert –  bis zu 52.274,– € betragen. Demgegenüber können die Notariatsgebühren bei Beurkundung in der Schweiz verhandelt werden bzw. sind der Höhe nach auf einen deutlich geringeren Betrag begrenzt (bspw. auf 5.000,– SFR bei einer Beurkundung in Zürich). Auch vor diesem Hintergrund hatte sich in der Vergangenheit – insbesondere bei größeren Transaktionen – ein florierender „Beurkundungstourismus“ in der Schweiz entwickelt.

Der Beschluss des OLG Düsseldorf befasst sich mit der Frage, inwieweit das Beurkundungserfordernis bei der Abtretung von GmbH-Gesellschaftsanteilen auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) durch Beurkundungen von ausländischen, insbesondere in der Schweiz ansässigen Notaren, noch erfüllt werden kann. Der Entscheidung lag eine Beschwerde gegen die Weigerung des Registergerichts in Düsseldorf zugrunde, eine von einem schweizerischen Notar angefertigte und durch einen deutschen Notar als Boten eingereichte Gesellschafterliste in das Handelsregister aufzunehmen.

Das Registergericht begründete die Ablehnung damit, dass die der eingereichten Liste zugrundeliegende Anteilsabtretung wegen der Beurkundung durch einen schweizerischen Notar nach neuem Recht formunwirksam sei. Nach Neufassung des GmbHG durch das MoMiG, könne eine gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG zu beurkundende Abtretung eines Geschäftsanteils nur von einem deutschen Notar erfolgen. Die Pflicht des an einer Abtretung beteiligten Notars, gemäß § 40 Abs. 2 GmbHG eine aktualisierte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen, stelle eine öffentlich-rechtliche Amtspflicht dar, deren Adressat nur ein inländischer Notar sein könne. Beurkundungen im Ausland habe der Gesetzgeber wegen der erhöhten Bedeutung der Gesellschafterliste gemäß § 16 Abs. 3 GmbHG ausschließen wollen.

Das OLG Düsseldorf folgt dieser Argumentation nicht. Vielmehr gab es der Beschwerde statt.

Entscheidungsgründe

Das OLG Düsseldorf erinnert zunächst daran, dass nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB ein Rechtsgeschäft dann formgültig ist, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist (sog. Geschäftsform oder Wirkungsstatut), oder des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird (sog. Ortsform). Nach bisher ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kann die Beurkundungsform des deutschen Rechts durch eine Auslandsbeurkundung dann erfüllt werden, wenn die ausländische Beurkundung der deutschen gleichwertig ist (grundlegend BGH, NJW 1981, 1160). Von einer Gleichwertigkeit ist auszugehen, wenn die ausländische  Urkundsperson nach Vorbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeit des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübt und für die Errichtung der Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten ist, welches den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspricht. Nach diesen Maßstäben sind Beurkundungen von Notaren in der Schweiz jedenfalls in Zürich-Altstadt (BGH, NJW 1991, 1160) und in Basel (OLG Frankfurt, GmbHR 2005, 764) den Beurkundungen, die von deutschen Notaren vorgenommen werden,  gleichwertig.

Das Gericht stellt zudem fest, dass sich die Unwirksamkeit der Auslandsbeurkundung nicht aus den durch das MoMiG eingeführten Änderungen des GmbHG herleiten lässt.

Durch das MoMiG wurde unter anderem § 16 GmbHG völlig neu gefasst. Nach Abs. 1 der Vorschrift gilt im Verhältnis zur Gesellschaft als Gesellschafter nur, „wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen  ist“.  Ferner  wurde  die  Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs von Gesellschaftsanteilen unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 GmbHG geschaffen. Danach gilt der in der zum Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste drei Jahre unwidersprochen unrichtig als Gesellschafter Eingetragene gegenüber dem Erwerber als tatsächlicher Inhaber des Geschäftsanteils, sofern dem Erwerber eine mangelnde Berechtigung des Veräußerers weder bekannt noch in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt und die Unrichtigkeit dem Berechtigten nicht zuzurechnen ist. Durch diese Änderungen wurde die Gesellschafterliste in ihrer Bedeutung erheblich aufgewertet. Zugleich wurde § 40 GmbHG neu geregelt. Nach Abs. 1 sind grundsätzlich die Geschäftsführer der Gesellschaft bei einem Wechsel im Gesellschafterkreis zur Einreichung einer aktualisierten Liste verpflichtet. Hat aber ein Notar an der Veränderung der Gesellschafterstellung mitgewirkt, so obliegt die Einreichung der Liste nicht der Geschäftsführung, sondern dem mitwirkenden Notar, § 40 Abs. 2 GmbHG.

Die Düsseldorfer Richter zeigen auf, dass – entgegen der vom Registergericht und von Teilen der Literatur (Wachter, ZNotP 2008, 378; Bayer, DNotZ 2009, 887; Braun, DNotZ 2009, 585) vertretenen und vom LG Frankfurt a.M. (NJW 2010, 683) in einem obiter dictum angedeuteten Auffassung – § 40 Abs. 2 GmbHG schon aus Gründen der Gesetzessystematik keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit einer Beurkundung haben kann: § 40 Abs. 2 GmbHG betreffe nur die Mitteilungspflicht. Die Regelung zur Zuständigkeit für die Einreichung der Gesellschafterliste sei von der eigentlichen Beurkundung streng zu trennen. Dass ein ausländischer Notar nicht mitteilungspflichtig ist, ändere nichts dran, dass er wirksam beurkunden kann. Auch aus der gesteigerten Bedeutung der Gesellschafterliste könne nicht auf eine besondere Richtigkeitsgewähr geschlossen werden, die nur durch Einschaltung eines deutschen Notars zu erreichen ist. Die in § 40 Abs. 2 GmbHG dem mitwirkenden Notar auferlegte Verpflichtung zur Einreichung einer aktualisierten Liste sei im Wesentlichen aus pragmatischen Gesichtspunkten erfolgt, um das Verfahren zu vereinfachen. Gegen eine besondere – nur durch die Einschaltung eines deutschen Notars – zu gewährleistende Richtigkeitskontrolle spreche, dass den Notar nur eine begrenzte Prüfungspflicht trifft: Der Notar habe zwar die Veränderungen, an denen er mitgewirkt hat, in der Gesellschafterliste zutreffend abzubilden. Darüber hinaus habe er keine Prüfungspflicht, ob die Gesellschafterliste inhaltlich zutreffend ist. Er habe insbesondere die zuvor eingereichte Liste nicht inhaltlich auf rechtliche Wirksamkeit hin zu überprüfen. Im Übrigen knüpfe der in § 16 Abs. 3 GmbHG normierte Gutglaubensschutz allein an die Liste an, ungeachtet, ob diese im Fall des § 40 Abs. 2 GmbHG durch einen Notar oder aber in den Fällen des § 40 Abs. 1 GmbHG von einem Geschäftsführer erstellt worden ist. Bei einer Änderung der Geschäftsanteile bei Erbfällen, Anwachsung oder Einziehung hätten die – regelmäßig gesellschaftsrechtlich nicht geschulten – Geschäftsführer in eigener Kompetenz zu prüfen, ob eine neue Liste einzureichen ist. Die Gesellschafterliste unterliege auch in diesem Fall keiner inhaltlichen Prüfung durch das Registergericht, sondern werde – sofern die Formalien eingehalten sind – von diesem lediglich entgegengenommen und verwahrt. Vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Wertung könne die gleiche Beurteilung durch einen i.d.R. mit dem deutschen Gesellschaftsrecht deutlich vertrauteren schweizerischen Notar nicht zum Wegfall der Gleichwertigkeit der dortigen Beurkundung führen.

Schließlich sei Ziel des MoMiG die Stärkung der Rechtsform der GmbH im internationalen Wettbewerb gewesen. Die angestrebte internationale Offenheit zeige sich etwa auch darin, dass nach Änderung des § 4a GmbHG eine GmbH ihren Verwaltungssitz ins Ausland verlegen kann. Dass durch das MoMiG angestrebte Ziel spreche aber dafür, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung nicht einschränken wollte. An dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck, die Attraktivität der deutschen GmbH gegenüber vergleichbaren ausländischen Rechtsformen durch die GmbH-Reform zu steigern, würde es zuwiderlaufen, wenn künftig eine Beurkundung in der Schweiz nicht mehr möglich wäre. Insbesondere der damit verbundene Kostenvorteil sei auch bei ausländischen Investoren ein gewichtiges Argument für eine Beurkundung in der Schweiz anstatt vor einem deutschen Notar.

Schließlich stellt das OLG Düsseldorf fest, dass ein ausländischer Notar bei einer von ihm wirksam beurkundeten Abtretung eine diese Änderung der Geschäftsanteile berücksichtigende Gesellschafterliste beim Handelsregister einreichen kann. Das Gericht räumt zwar ein, dass die in § 40 Abs. 2 GmbHG n.F. normierte Verpflichtung des Notars zur Einreichung der Liste kraft Amtes eine öffentlich- rechtliche Pflicht des Notars darstellt. Diese Pflicht könne einem ausländischen Notar durch deutsche Gesetze nicht auferlegt werden. Weder aus dem Gesetz noch aus der Gesetzesbegründung würden sich indes Hinweise für die vom Registergericht vertretene Auffassung ergeben, dass der ausländische an der Beurkundung mitwirkende Notar zur Einreichung der Gesellschafterliste nicht berechtigt ist. In den Fällen, in denen das deutsche Recht eine ausländische Beurkundung als gleichwertig und damit wirksam anerkennt, könne dem betreffenden Notar nicht die Eignung zur Einreichung der Gesellschafterliste abgesprochen werden. Gegen eine Einreichungsberechtigung könne auch nicht angeführt werden, dass die betreffenden Dokumente nach § 12 Abs. 2 HGB in elektronischer Form einzureichen sind. Es sei nicht zu beanstanden, wenn sich der ausländische Notar eines deutschen Notars als Boten bedient, der wiederum das Dokument in elektronischer Form übermittelt. Denn dann liege das Dokument in der erforderlichen Form vor und könne ohne Weiteres in Zugriff genommen werden.

Weitere Hinweise

Die mit Inkrafttreten des MoMiG und insbesondere seit dem obiter dictum des LG Frankfurt bestehende Unsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit von Auslandsbeurkundungen ist durch den Beschluss des OLG Düsseldorf mit überzeugenden Argumenten deutlich reduziert worden. Eine der ständigen Rechtsprechung vor Inkrafttreten des MoMiG entsprechenden Sicherheit dürfte indes erst der BGH schaffen können. Bis dahin ist in der Praxis bei Auslandsbeurkundungen von Geschäftsanteilsabtretungen weiterhin Zurückhaltung geboten.

Einkommenssteuer

Anerkennung nach Tod des Stifters

Zuwendung in den Vermögensstock einer durch Erbeinsetzung von Todes wegen errichteten Stiftung ist keine Sonderausgabe des Erblassers

Andrea Seemann, Steuerberaterin

  1. Zuwendungen in den Vermögensstock einer durch Erbeinsetzung von Todes wegen errichteten Stiftung sind keine Sonderausgaben des Erblassers, da sie erst mit dem Tod abfließen
  2. § 84 BGB berührt den Abflusszeitpunkt von Stiftungsgründungsspenden nicht

 

Problemstellung und praktische Bedeutung

Im Rahmen der Vermögensnachfolge wird häufig zumindest ein Teil des Vermögens auf eine gemeinnützige Organisation – sei es durch Zuwendung in den Vermögensstock oder als laufende Spende – übertragen. Diese freiwillige Hingabe von Vermögen für gemeinnützige Zwecke kann steuerlich im Rahmen des § 10b EStG berücksichtigt und die Zuwendung in bestimmten Grenzen als Sonderausgabe steuerlich geltend gemacht werden. Die steuerliche Geltendmachung kann im besten Fall dazu führen, dass durch den Sonderausgabenabzug und die damit einhergehende Steuerentlastung der Spender nur in Höhe von ca. 50 % der Zuwendung auch tatsächlich wirtschaftlich belastet ist. Der BFH hat nun entschieden, dass diese Begünstigung nur diejenigen Spender erhalten können, die zu Lebzeiten spenden. Erfolgt eine Zuwendung hingegen von Todes wegen durch testamentarische Verfügung, ist der Spendenabzug  ausgeschlossen.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin ist eine gemeinnützige Stiftung des privaten Rechts, die im Jahr 2006 Alleinerbin der Verstorbenen R wurde. R hatte gemeinsam mit ihrem Ehemann ein Testament errichtet, wonach sich die Ehegatten gegenseitig zu alleinigen Erben eingesetzt hatten. Zudem hatten sie bestimmt, dass nach dem Tode des letztversterbenden Ehegatten Alleinerbin eine dann zu errichtende gemeinnützige Stiftung sein sollte. In der Einkommensteuererklärung für das Todesjahr 2006 der Erblasserin machte die Klägerin Aufwendungen in Höhe von 500.000 €  als Zuwendungen in den Vermögensstock einer Stiftung nach § 10b Abs. 1a EStG geltend. Das Finanzamt ließ die geltend gemachten Aufwendungen hingegen unberücksichtigt. Das Finanzgericht teilte die Rechtsauffassung des Finanzamts. Hiergegen legte die Klägerin Revision ein.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Das Gericht verweist auf § 10b EStG, wonach eine begünstigte Zuwendung voraussetzt, dass beim Spender eine endgültige wirtschaftliche Belastung eintritt. Da die Erblasserin durch die Verfügung von Todes wegen zu Lebzeiten nicht belastet war und die Zuwendung erst mit ihrem Tode gemäß § 11 EStG abgeflossen ist, könne, so der BFH, ein Spendenabzug bei R nicht erfolgen. Auch die Bindung durch ein gemeinschaftliches Testament stellt nach Auffassung des Gerichts keine wirtschaftliche Belastung bei R dar, die eine Zuwendung zu Lebzeiten und folglich einen Spendenabzug begründen würde.

Bei Übertragung von Vermögen auf eine gemeinnützige Organisation gilt es folglich abzuwägen, ob eine Übertragung zu Lebzeiten erfolgt und damit der Sonderausgabenabzug für die Spende steuerlich geltend gemacht werden kann oder aber ob das Vermögen erst von Todes wegen übertragen wird. In der Praxis wird meist die gemeinnützige Organisation – häufig in der Rechtsform einer Stiftung oder GmbH – zu Lebzeiten gegründet und zu Lebzeiten zumindest einen Teil des Vermögens auf diese übertragen. Dies bietet nicht nur den Vorteil der steuerlichen Berücksichtigung dieser (ersten) Zuwendung, sondern ermöglicht dem Spender auch eine aktive Mitwirkung bei diesem gemeinnützigen Engagement. Möchte der Steuerpflichtige sein Vermögen hingegen zu Lebzeiten noch nicht aus der Hand geben, bezahlt er dies mit dem steuerlichen Nachteil des fehlenden Sonderausgabenabzugs.

Aktiengesetz

Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern

Beratungsverträge mit Mitgliedern von Aufsichtsräten und Beiräten

Prof. Dr. Andreas Wiedemann, Rechtsanwalt

Zahlungen des Vorstandes an ein Aufsichtsratsmitglied für Dienstverpflichtungen außerhalb seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat sind nur dann erlaubt, wenn der Gesamtaufsichtsrat vorher zustimmt. Die nachträgliche Genehmigung des Gesamtaufsichtsrates ändert an der Pflichtwidrigkeit der Zahlungen nichts.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Aufsichtsräte und Beiräte spielen in Familienunternehmen eine wesentliche Rolle. Zu unterscheiden sind dabei sog. Pflichtaufsichtsräte, also Aufsichtsräte, die nach den gesetzlichen Vorschriften zwingend zu errichten sind, und fakultative Beiräte, also freiwillig von den Gesellschaftern eingesetzte Gremien, für die es keine gesetzlichen Regelungen gibt. Für die Einsetzung von freiwilligen Beiräten bestehen in der Praxis unterschiedlichste Motive, beispielsweise die Kontinuitätssicherung in der Unternehmensnachfolge, die Moderation zwischen verschiedenen Gesellschaftern oder Familienstämmen, die Beratung und Überwachung bei Einsetzung eines Fremdmanagements oder die Koordination auseinanderstrebender Gesellschafterinteressen (vgl. dazu Wiedemann/Kögel, Beirat und Aufsichtsrat  im Familienunternehmen, §4, S. 9 ff.). Häufig spielen Aufsichtsräte in Familienaktiengesellschaften oder freiwillig eingesetzte Beiräte bei der Umsetzung der Unternehmensnachfolge eine wesentliche Rolle, geben sie doch dem Unternehmer, der die operative Führung auf die nächste Generation überleitet, die Möglichkeit für einen stufenweisen Ausstieg durch die Wahrnehmung einer Funktion im Aufsichtsrat oder Beirat des Unternehmens. Eine solche Konstellation bietet einerseits die Möglichkeit, dass der übergebende Unternehmer den „Junioren“ weiterhin mit Rat und Tat zur Seite steht, gleichzeitig aber seine Funktion „kanalisiert“ wird. Häufig werden solche Mandate in Aufsichtsrats- und Beiratsgremien durch entsprechende Beraterverträge begleitet.

Die Rechtsprechung hat sich in den vergangenen Jahren sehr intensiv mit der Frage der Zulässigkeit solcher Beratungsverträge beschäftigt. Hintergrund hierfür ist die Vorschrift des § 114 AktG, die klarstellt, dass ein Aufsichtsratsmitglied keine besonderen Vergütungen für Leistungen erhalten kann, die zum Bereich seiner Aufsichtsratstätigkeit gehören. Insofern hat die durch die Hauptversammlung bzw. Satzung festgelegte Aufsichtsratsvergütung abschließenden Charakter. Das Aktiengesetz lässt es aber zu, dass mit Aufsichtsratsmitgliedern Beratungsverträge abgeschlossen werden, stellt diese jedoch unter den Vorbehalt der Zustimmung durch das Gesamtgremium. Solchen Beratungsverträgen zugänglich sind aber nur Tätigkeiten, die von der eigentlichen Aufsichtsratstätigkeit klar getrennt sind. Ob es sich im Einzelfall um eine einer vertraglichen Regelung zugänglichen Tätigkeit handelt, war in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand von höchstrichterlichen Entscheidungen. So hat der BGH bspw. klargestellt, dass die Aufgabe des Aufsichtsrats, die Geschäftsführung zu überwachen, auch die Pflicht beinhaltet, den Vorstand in übergeordneten Fragen der Unternehmensführung zu beraten (vgl. dazu BGHZ 114, 127, 129 f. = NJW 1991, 1830, 1831). In einer anderen Entscheidung hat der BGH dargelegt, dass es nicht ausreicht, wenn der Beratungsvertrag die Beratung „in betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fragen“ durch das Aufsichtsratsmitglied vorsieht. Durch einen solchen Beratungsgegenstand ist keine hinreichende Abgrenzung zwischen der Beratungstätigkeit und der Organtätigkeit gewährleistet (vgl. dazu BGH, BB 2007, 1185 ff.).

Ob diese Grundsätze auch für freiwillige Beiräte gelten, bei denen die vorgenannte Vorschrift des § 114 AktG nicht unmittelbar Anwendung findet, wurde von der Rechtsprechung bislang nicht entschieden. In der Literatur wird dies zumindest dann teilweise bejaht, wenn dem Beirat eine einem Pflichtaufsichtsrat vergleichbare Funktion und Aufgabenstellung zukommt (vgl. dazu bspw. Weiss BB 2007, 1853, 1858 ff.).

Großes Aufsehen hatte vor einigen Jahren eine Entscheidung des OLG Frankfurt erregt, die sich mit der Frage beschäftigt hat, ob ein Aufsichtsratsmitglied bei der Beschlussfassung über die Zustimmung zu dem ihn betreffenden Beratungsvertrag stimmberechtigt ist (OLG Frankfurt, AG 2005, 925). Das Gericht hat dies verneint und weiter ausgeführt, dass der Beschluss eines dreiköpfigen Aufsichtsrats über die Zustimmung mangels Beschlussfähigkeit auch dann unwirksam sei, wenn sich das betroffene Aufsichtsratsmitglied der Stimme enthalte (vgl. OLG Frankfurt AG 2005, 925). Folge dieser Entscheidung wäre gewesen, dass Beratungsverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern in Aufsichtsräten, die sich lediglich aus drei Personen zusammensetzen, nicht genehmigungsfähig wären, da für die Beschlussfähigkeit eines Aufsichtsrats mindestens drei Personen an der Beschlussfassung teilnehmen müssen. Der BGH, der die Frage, ob diese Rechtsauffassung zutreffend ist, zunächst offengelassen hatte (vgl. BGH, NZG 2007, 103, 105), hat in einer späteren Entscheidung entgegen dem OLG Frankfurt entschieden, dass die Beschlussfähigkeit eines dreiköpfigen Aufsichtsrats auch dann besteht, wenn ein Aufsichtsratsmitglied nicht stimmberechtigt ist. Das vom Stimmverbot betroffene Aufsichtsratsmitglied kann – und muss – sich der Stimme enthalten und so durch seine „Teilnahme“ an der Abstimmung über die Genehmigung des Beratungsvertrags die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats herstellen (vgl. BGH, BB 2007, 1185, 1187).

Kaum hat sich nunmehr die Diskus- sion über die Zulässigkeit von Bera- tungsverträgen mit Aufsichtsrats- mitgliedern etwas beruhigt, ist es erneut das OLG Frankfurt, das für erhebliche Unruhe in der Gestaltungspraxis sorgt, indem es entgegen der ganz herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. dazu die Hinweise bei Wiedemann/Kögel, a.a.O., §11, Rn. 13, Fn. 25 und Drygala ZIP 2011, 428, Fn. 3) die nachträgliche Genehmigung von Beratungshonoraren als Gesetzesverstoß einstuft.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Das OLG Frankfurt hatte sich mit der Berufung der Fresenius SE gegen ein erstinstanzliches Urteil zu beschäftigen, mit dem die Entlastungsbeschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat aus der Hauptversammlung 2009 für nichtig erklärt worden waren. Diese Entlastungsbeschlüsse waren mit dem Argument von zwei Aktionären angefochten worden, dass einem Aufsichtsratsmitglied Beratungshonorare auf der Grundlage eines Beratungsvertrags ausgezahlt wurden, die nicht vorherig, also vor Zahlung der Beratungshonorare, durch den Aufsichtsrat, sondern erst nachträglich genehmigt wurden. Die beklagte Fresenius SE machte u.a. geltend, dass der Aufsichtsrat ein jährliches Budget vorab freigegeben hatte und nur die konkreten Zahlungen nachträglich genehmigt wurden.

Das OLG Frankfurt sieht in dieser der Praxis entsprechenden Handhabung „schwere und eindeutige Gesetzesverstöße, die zur Versagung der (Gesamt-)Entlastung nach § 120 Abs. 1 AktG führen mussten.“ Nach Ansicht des OLG Frankfurt beinhaltet § 114 AktG eine Verhaltensregelung mit dem Zweck, eine Abhängigkeit des überwachenden Organs vom überwachenden Organ zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund sollen Zahlungen an Aufsichtsratsmitglieder für Beratungsleistungen nur bei vorheriger Zustimmung durch den Aufsichtsrat erlaubt sein. Auch die nachträgliche Genehmigung kann nach Ansicht des OLG Frankfurt das „tatsächliche Fehlverhalten nicht ungeschehen machen“. Das OLG Frankfurt stellt dabei auf die „Pflichtwidrigkeit der Zahlung“ ab.

Sollte sich die Ansicht des OLG Frankfurt durchsetzen, wird dies sicherlich zu einer Neustrukturierung der Beratungsmandate in der Praxis in dem Sinne führen, dass Vergütungen vor deren Auszahlung stets dem Zustimmungsvorbehalt durch den Gesamtaufsichtsrat unterworfen werden. Diese Vorgehensweise kann wiederum im Widerspruch zu einem anderen oben bereits erwähnten Vorteil des OLG Frankfurt stehen, wonach eine nachträgliche Konkretisierung eines Beratungsvertrags ebenfalls unzulässig sein soll (vgl. AG 2005, 925). Die Anwendung beider Vorteile des OLG Frankfurt würde faktisch dazu führen, dass nur solche Beratungsleistungen genehmigungsfähig wären, die erstens vor Erbringung der Leistungen konkret definiert werden können und die zweitens einschließlich des dafür vorgesehen Beratungshonorars zuvor durch den Aufsichtsrat genehmigt werden. Ein Verfahren, das in vielen Fällen kaum praktikabel ist und dem Wortlaut des § 114 AktG, der gerade von der Zulässigkeit von Beratungsverträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern ausgeht, zuwiderläuft.

Für die Gestaltungspraxis bleibt zu hoffen, dass der BGH, wie bereits in dem oben geschilderten Fall, nochmals die Möglichkeit bekommt, auch dieses Urteil des OLG Frankfurt „geradezurücken“. Anlass hierfür hätte der BGH ausreichend, spricht doch beispielsweise § 114 Abs. 1 AktG von „Zustimmung“, die, sofern das Gesetz hierzu keine andere Aussage trifft, sowohl als vorherige Einwilligung als auch als nachträgliche Genehmigung zu verstehen ist. Ferner hat sich das OLG Frankfurt überhaupt nicht mit dem Wortlaut des § 114 Abs. 2 AktG auseinandergesetzt, der explizit die (nachträgliche) Genehmigung durch den Aufsichtsrat zulässt. Das OLG Frankfurt hat die Revision zwar nicht zugelassen; die Nichtzulassungsbeschwerde ist aber derzeit beim BGH anhängig.

Steuerrecht

Aberkennung der Gemeinnützigkeit eines Vereins bei politischer Betätigung

Dr. Rainer Kögel, Rechtsanwalt

  1. Eine Körperschaft fördert auch dann ausschließlich ihren gemeinnützigen Zweck, wenn sie gelegentlich zu tagespolitischen Themen im Rahmen ihres Satzungszweckes Stellung
  2. Die Verfolgung allgemeinpolitischer Ziele, die über den Satzungszweck einer Körperschaft hinausgehen, ist nicht gemeinnützig.

 

Problemstellung

Die Anerkennung einer Stiftung oder eines Vereins als gemeinnützig setzt voraus, dass die Körperschaft sowohl nach ihrer Satzung als auch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung gemeinnützige Zwecke fördert. Die Finanzverwaltung überprüft nicht nur, ob die Satzung einer gemeinnützigen Stiftung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Sie überprüft regelmäßig auch, ob die tatsächliche Geschäftsführung den gesetzlichen Bestimmungen zur Gemeinnützigkeit entspricht. Hierbei wird u.a. regelmäßig überprüft, ob die gemeinnützige Körperschaft die in der Satzung definierten steuerbegünstigten Zwecke ausschließlich verfolgt (§ 56 AO). Probleme können insbesondere dann auftreten, wenn die Stiftungszwecke in der Satzung sehr eng formuliert sind und die Praxis sich immer stärker von den in der Satzung festgelegten Stiftungszwecken entfernt. Probleme entstehen häufig auch dann, wenn Organe einer gemeinnützigen Körperschaft in hohem Maße zu allgemein- politischen Themen Stellung beziehen oder sich politisch betätigen.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin ist ein Verein, der nach seiner Satzung gemeinnützige Zwecke der Förderung von Kultur und Völkerverständigung verfolgt. Der Verein hat hierbei sehr konkrete allgemeinpolitische Forderungen, wie z.B. gegen die Agenda 2010 oder die Abschaffung der Hartz IV Reformen erhoben. Im Verfassungsschutzbericht wurde die Klägerin den kommunistischen Organisationen zugerechnet.

Das zuständige Finanzamt hat dem gemeinnützigen Verein die Anerkennung als gemeinnützig i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auf Grund seiner starken allgemeinpolitischen Betätigung versagt. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel wurden sowohl vom FG Düsseldorf als auch vom BFH zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der BFH sah es als unschädlich an, wenn eine gemeinnützige Körperschaft sich gelegentlich zu tagespolitischen Themen im Rahmen ihres Satzungszweckes äußert, sofern die Tagespolitik nicht Mittelpunkt der Tätigkeit der Körperschaft ist, sondern allein der Vermittlung der Ziele der Körperschaft dient. Im vorliegenden Fall standen die politischen Forderungen des Vereins jedoch in keinem Zusammenhang zum satzungsmäßigen Ziel des Vereins der Förderung der Kultur. Die Verfolgung politischer Ziele wurde vom BFH als eigenständiger Zweck des Vereins angesehen, der neben dem satzungsgemäßen Zweck verfolgt wurde. Bereits hierin ist ein Verstoß gegen das in § 56 AO verankerte Ausschließlichkeitsgebot der Verfolgung satzungsmäßiger Zwecke zu sehen.

Hierbei ist es unerheblich, ob die verfolgten politischen Ziele evtl. unter den als gemeinnützig anerkannten Zweck  „Förderung  des  demokratischen  Staatswesens“  i.S.v.  §  52 Abs. 2 Nr. 24 AO hätten zugeordnet werden können, da dieser Zweck in der Satzung nicht verankert war. Der Grundsatz der formellen Satzungsmäßigkeit (§ 60 AO) gebietet es, dass gemeinnützige Körperschaften nur diejenigen Zwecke verfolgen, die in ihrer Satzung festgelegt sind.

Bei der Überprüfung, ob die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft ausschließlich auf die Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gerichtet war, haben die Gerichte die Selbstdarstellung einer solchen Körperschaft auf ihrer Internetseite herangezogen. Im vorliegenden Falle waren auf der Internetseite des Vereins dessen allgemeinpolitische Forderungen umfassend dargestellt. Insoweit ist bei der Konzeption von Internetseiten durch gemeinnützige Körperschaften stets darauf zu achten, dass die Selbstdarstellung der Körperschaft den von dieser verfolgten satzungsmäßigen Zwecken entspricht.

Scheidung der Ehe

Die Wertermittlung einer freiberuflichen Praxis für einen Zugewinnausgleich

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M. Rechtsanwalt/Dr. Olivia Sarholz, Rechtsanwältin

a. Der Goodwill einer freiberuflichen Praxis ist als immaterieller Vermögenswert grundsätzlich in den Zugewinnausgleich einzubeziehen.

b. Bei der Bemessung eines solchen Goodwill ist im Rahmen der modifizierten Ertragswertmethode ein Unternehmerlohn abzusetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers

c. Die stichtagsbezogene Bewertung einer Inhaberpraxis im Zugewinnausgleich setzt eine Verwertbarkeit der Praxis vor- Deswegen sind bereits bei der stichtagsbezogenen Bewertung dieses Endvermögens latente Ertragssteuern abzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist.

d. Die Berücksichtigung eines Goodwills im Zugewinnausgleich verstößt nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, weil er den am Stichtag vorhandenen immateriellen Vermögenswert unter Ausschluss der konkreten Arbeitsleistung des Inhabers betrifft, während der Unterhaltsanspruch auf der Arbeitsleistung des Inhabers und weiteren Vermögenserträgen

Problemstellung und praktische Bedeutung

Wird eine Ehe ohne Ehevertrag geschlossen, so gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit der Folge der Entstehung eines Ausgleichsanspruchs im Scheidungsfall. Die während der Ehe erzielten Vermögenszuwächse bei- der Ehegatten werden miteinander verglichen und dem Ehepartner, der während der Ehe weniger Vermögen erwirtschaftet hat, steht ein Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns in Höhe der Hälfte des Unterschiedsbetrags zwischen den jeweiligen Vermögenszuwächsen zu. Die Problematik des Zugewinnausgleichs im unternehmerischen Bereich liegt in der Bewertung aller Vermögenspositionen zu Verkehrswerten und in der Ausgestaltung des Ausgleichsanspruchs als sofort fällige, in „cash“ zu erbringende Leistung begründet. Diese Ausgestaltung, die derjenigen der erbrechtlichen Pflichtteile enterbter Kinder entspricht, nimmt keine Rücksicht auf die konkrete Bindung des Vermögens im Unternehmen oder auf dessen eingeschränkte Fungibilität; äußerstenfalls kann der Scheidungsfall also auch die Notwendigkeit einer Veräußerung des unternehmerischen Vermögens mit sich bringen, um den Ausgleichsanspruch befriedigen zu können.

Mit der vorliegenden, zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehenen Entscheidung beackert der BGH kein juristisches Neuland. Das Gericht setzt sich aber in detaillierter Form mit den Fragestellungen auseinander, die im Rahmen der Bewertung des Vermögens von Unternehmern und Freiberuflern für die Zwecke der Berechnung von Zugewinnausgleichs-und Pflichtteilsansprüchen immer eine Rolle spielen.

Konkret geht es darum, mit welchem Wert eine zahnärztliche Praxis bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen ist, insbesondere, in welchem Umfang hierbei ein Goodwill anzusetzen ist, und inwieweit die latenten Ertragssteuerlasten als Abzugsposten zuzulassen sind, obwohl zu dem für die Bewertung maßgeblichen Stichtag eine Veräußerung der Praxis weder stattgefunden hatte noch beabsichtigt war.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Ausführlich geht der BGH vor allem auf die aufgeworfenen bewertungsrechtlichen Fragestellungen ein. Die Bewertung von Vermögensgegenständen für die Zwecke der Berechnung von Zugewinnausgleichs- und Pflichtteilsansprüchen erfolgt mit dem Ziel, deren „objektiven Verkehrswert“ zum Stichtag zu ermitteln. Nachdem das Gesetz sich einer Aussage dazu enthält, wie dies zu erfolgen hat, ist es Aufgabe des „sachverständig beratenen“ Tatrichters, die richtige Bewertungsmethode sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwenden. Die Aufgabe des BGH als Revisionsgericht beschränkt sich hingegen auf die Überprüfung, ob die tatrichterliche Entscheidung gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht.

Diese einleitenden Aussagen des Gerichts sind ebenso wohlbekannt wie die weitergehende Festlegung, dass die Anwendung des in der deutschen Bewertungspraxis ansonsten vorherrschenden Ertragswertverfahrens (vgl. Lorz in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 131 Rn. 69 m.w.N.) für die Bewertung einer freiberuflichen Praxis nicht sachgerecht ist, weil sich die hierfür erforderliche Ertragsprognose kaum von der Person des jeweiligen Inhabers trennen lässt. Anstelle dessen billigt der BGH den Ansatz des OLG Hamm als Vorinstanz, welches den Verkehrswert der fraglichen Zahnarztpraxis als Summe von Substanzwert und Goodwill ermittelt hatte. Während dem „materiellen“ Substanzwert in der Praxis meist eine untergeordnete Bedeutung zukommt, ist die sachgerechte Ermittlung des „immateriellen“ Goodwill, über den Faktoren wie Standort, Größe und Zusammensetzung von Mandanten- oder Patientenstamm, Konkurrenzsituation und ähnliche Faktoren berücksichtigt werden, regelmäßig von umso größerer Bedeutung.

Als Basis für die Bemessung eines solchen Goodwill akzeptiert der BGH wie auch bereits in früheren Entscheidungen eine modifizierte Ertragswertmethode, die sich an den durchschnittlichen Erträgen orientiert und hiervon einen Unternehmerlohn absetzt, um auf diese Weise den persönlichen und nicht auf einen Übernehmer übertragbaren Einsatz des Inhabers adäquat zu berücksichtigen (ebenso bereits BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761; BGH FamRZ 1999, 361, 362; BGH FamRZ 1991, 43, 44). Von Bedeutung ist vor allem die Aussage des Gerichts, dass hierbei der pauschale Ansatz eines kalkulatorischen Unternehmerlohnes nicht in Betracht kommt, sondern eine Orientierung an den individuellen Verhältnissen und dem persönlichen Einsatz des jeweiligen Inhabers erforderlich ist. Mit dem Abzug eines nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigten Unternehmerlohns wird zugleich der Zweck verfolgt, einen Verstoß gegen das sog. Doppelverwertungsverbot auszuschließen, wonach ein güterrechtlicher Ausgleich eines Vermögenswerts dann nicht in Betracht kommt, wenn die betreffende Vermögensposition bereits beim Unterhalt oder beim Versorgungsausgleich berücksichtigt wurde.

Für die Praxis bedeutsam sind vor allem aber auch die Ausführungen des Gerichts zu der Frage, inwieweit eine latente Ertragsteuerbelastung bei der Bewertung als Abzugsposten zuzulassen ist, auch wenn zum Bewertungsstichtag eine Veräußerung des zu bewertenden Betriebs- oder Praxisvermögens weder stattgefunden hatte noch beabsichtigt war. Eine solche Veräußerung hätte zur Folge, dass der hierbei entstehende Veräußerungsgewinn voll der Ertragsteuer unterliegt (vgl. § 16 Abs. 1, 2 EStG). Nur bei Steuerpflichtigen, die mindestens 55 Jahre alt sind, wird einmal im Leben ein ermäßigter Steuersatz von 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes als Begünstigung gewährt, allerdings beschränkt auf Gewinne bis 5 Mio. E. Bei (wesentlichen) Anteilen an Kapitalgesellschaften unterliegt der Veräußerungsgewinn dem Teileinkünfteverfahren, wird also zu 60 % der Besteuerung unterworfen (§ 3 Nr. 40 EStG).

Die Frage, inwieweit diese Steuerbelastung bei der Bewertung für Zwecke der Ermittlung von Zugewinnausgleichs- und Pflichtteilsansprüchen zu berücksichtigen ist, scheint auf den ersten Blick durch das Stichtagsprinzip vorbestimmt. Hat bis zu dem jeweils maßgeblichen Stichtag keine Veräußerung stattgefunden, sind noch keine entsprechenden Steuerverbindlichkeiten begründet worden, so dass eine Berücksichtigung als Abzugsposten bei der Ermittlung der entsprechenden Ansprüche auszuscheiden scheint. Gerade im Bereich des Zugewinnausgleichs hat der BGH allerdings schon frühzeitig eine differenzierte Haltung eingenommen, indem er mit Urteil vom 24.10.1990 bei der Bewertung einer Arztpraxis für die Zwecke des Zugewinnausgleichs zwar die bis zum Bewertungsstichtag gedanklich entstandene, jedoch erst mit Ablauf des Kalenderjahres entstehende laufende Einkommensteuer unter Berufung auf das Stichtagsprinzip nicht zum Abzug zugelassen hat, wohl aber die latente Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn (BGH FamRZ 1991, 43, 48 = NJW 1991, 1547, 1551).

Nach dem BGH ist diese Berücksichtigung „gedachter Steuern“ eine Konsequenz der Bewertungsmethode: Soweit der Wert danach ermittelt wird, was bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, dürfe nicht außer Betracht bleiben, dass dem Verkäufer im Ergebnis nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt; insoweit würde es sich um „unvermeidbare Veräußerungskosten“ handeln, die bei der Bewertung stets zu berücksichtigen sein sollen.

Diese Sichtweise bestätigt der BGH in seiner jetzigen Entscheidung, in der er den Praxiswert auf der Grundlage einer fiktiven Veräußerung bestimmt. Da eine solche Veräußerung Steuern auslösen würde, seien diese bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichsanspruchs als Abzugsposten im Endvermögen des ausgleichsverpflichteten Ehemannes zu berücksichtigen, ohne dass es auf die konkrete Absicht einer Veräußerung ankommen kann. Die Berücksichtigung latenter Steuern folge aus der Prämisse der Verwertbarkeit und sei somit auch eine Konsequenz der Bewertungsmethode. Andernfalls hätte die Ehefrau in Höhe der hälftigen latenten Ertragsteuer einen Zugewinnausgleichsanspruch, obwohl dieser Betrag im Falle der Veräußerung nicht dem Arzt verbleibt und daher auch seinem Vermögen nicht zuzurechnen ist. Dass es eventuell nie zu einer Veräußerung kommt, spielt hierbei keine Rolle.

Diese Sichtweise des BGH ist richtigerweise auch dann zugrunde zu legen, wenn es um die Bewertung von Unternehmen für Pflichtteilszwecke geht. In Ermangelung eindeutiger Rechtsprechung wird dort überwiegend noch danach differenziert, welches Verwertungsszenario die Basis der Bewertung bildet. Während ein Abzug latenter Ertragssteuern dann möglich sein soll, wenn das Unternehmen unter Ansatz von Substanz- oder Liquidationswerten bewertet wird, soll ein solcher Abzug ausscheiden, wenn die Bewertung nach der Ertragswertmethode vorgenommen wird, weil der Erbe das Unternehmen etwa fortführt (vgl. etwa Lange in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 2311 Rn. 41). Dies überzeugt aber nicht. Richtigerweise ist vielmehr auch im Pflichtteilsrecht davon auszugehen, dass latente Steuerlasten unabhängig davon zu berücksichtigen sind, welche Bewertungsmethode Anwendung finden. Da die latenten Steuern nicht als künftige Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, sondern einen Faktor bei der Bewertung des Vermögensgegenstandes bilden, liegt auch kein Verstoß gegen das Stichtagsprinzip vor (ausf. Lorz, ZErb 2003, 302, 303; ebenso Haas in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2006, § 2311 Rn. 82 m.w.N. zu den vertretenen Auffassungen).

Aus Sicht der Gestaltungspraxis belegt die Entscheidung vor allem die Notwendigkeit, dem Liquiditätsabfluss, der im Scheidungsfall mit der Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen verbunden ist, durch den Abschluss sachgerechter Eheverträge zu begegnen. Zu empfehlen ist hierbei eine interessengerechte Modifizierung der Zugewinngemeinschaft, etwa in der Weise, dass das unternehmerische oder freiberufliche Vermögen bei der Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs unberücksichtigt bleibt oder streitvermeidende und liquiditätsschonende Vorgaben für dessen Bewertung gemacht werden. Gegenüber der auch heute noch häufig zu findenden Vereinbarung der Gütertrennung ist eine derart „modifizierte Zugewinngemeinschaft“ erbschaftsteuerlich regelmäßig von Vorteil, wird doch bei der Gütertrennung der Freibetrag in Höhe des fiktiven Zugewinnausgleichsanspruchs verschenkt, den der überlebende Ehegatte bei einer güterrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft als Ausgleichsforderung geltend machen könnte (vgl. § 5 Abs. 1 ErbStG; ausf. Lorz/ Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2011, Kap. 4 Rn. 66 f.).