Steuerrecht

Aberkennung der Gemeinnützigkeit eines Vereins bei politischer Betätigung

Dr. Rainer Kögel, Rechtsanwalt

  1. Eine Körperschaft fördert auch dann ausschließlich ihren gemeinnützigen Zweck, wenn sie gelegentlich zu tagespolitischen Themen im Rahmen ihres Satzungszweckes Stellung
  2. Die Verfolgung allgemeinpolitischer Ziele, die über den Satzungszweck einer Körperschaft hinausgehen, ist nicht gemeinnützig.

 

Problemstellung

Die Anerkennung einer Stiftung oder eines Vereins als gemeinnützig setzt voraus, dass die Körperschaft sowohl nach ihrer Satzung als auch nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung gemeinnützige Zwecke fördert. Die Finanzverwaltung überprüft nicht nur, ob die Satzung einer gemeinnützigen Stiftung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Sie überprüft regelmäßig auch, ob die tatsächliche Geschäftsführung den gesetzlichen Bestimmungen zur Gemeinnützigkeit entspricht. Hierbei wird u.a. regelmäßig überprüft, ob die gemeinnützige Körperschaft die in der Satzung definierten steuerbegünstigten Zwecke ausschließlich verfolgt (§ 56 AO). Probleme können insbesondere dann auftreten, wenn die Stiftungszwecke in der Satzung sehr eng formuliert sind und die Praxis sich immer stärker von den in der Satzung festgelegten Stiftungszwecken entfernt. Probleme entstehen häufig auch dann, wenn Organe einer gemeinnützigen Körperschaft in hohem Maße zu allgemein- politischen Themen Stellung beziehen oder sich politisch betätigen.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Klägerin ist ein Verein, der nach seiner Satzung gemeinnützige Zwecke der Förderung von Kultur und Völkerverständigung verfolgt. Der Verein hat hierbei sehr konkrete allgemeinpolitische Forderungen, wie z.B. gegen die Agenda 2010 oder die Abschaffung der Hartz IV Reformen erhoben. Im Verfassungsschutzbericht wurde die Klägerin den kommunistischen Organisationen zugerechnet.

Das zuständige Finanzamt hat dem gemeinnützigen Verein die Anerkennung als gemeinnützig i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auf Grund seiner starken allgemeinpolitischen Betätigung versagt. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel wurden sowohl vom FG Düsseldorf als auch vom BFH zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der BFH sah es als unschädlich an, wenn eine gemeinnützige Körperschaft sich gelegentlich zu tagespolitischen Themen im Rahmen ihres Satzungszweckes äußert, sofern die Tagespolitik nicht Mittelpunkt der Tätigkeit der Körperschaft ist, sondern allein der Vermittlung der Ziele der Körperschaft dient. Im vorliegenden Fall standen die politischen Forderungen des Vereins jedoch in keinem Zusammenhang zum satzungsmäßigen Ziel des Vereins der Förderung der Kultur. Die Verfolgung politischer Ziele wurde vom BFH als eigenständiger Zweck des Vereins angesehen, der neben dem satzungsgemäßen Zweck verfolgt wurde. Bereits hierin ist ein Verstoß gegen das in § 56 AO verankerte Ausschließlichkeitsgebot der Verfolgung satzungsmäßiger Zwecke zu sehen.

Hierbei ist es unerheblich, ob die verfolgten politischen Ziele evtl. unter den als gemeinnützig anerkannten Zweck  „Förderung  des  demokratischen  Staatswesens“  i.S.v.  §  52 Abs. 2 Nr. 24 AO hätten zugeordnet werden können, da dieser Zweck in der Satzung nicht verankert war. Der Grundsatz der formellen Satzungsmäßigkeit (§ 60 AO) gebietet es, dass gemeinnützige Körperschaften nur diejenigen Zwecke verfolgen, die in ihrer Satzung festgelegt sind.

Bei der Überprüfung, ob die tatsächliche Geschäftsführung einer gemeinnützigen Körperschaft ausschließlich auf die Verwirklichung satzungsmäßiger Zwecke gerichtet war, haben die Gerichte die Selbstdarstellung einer solchen Körperschaft auf ihrer Internetseite herangezogen. Im vorliegenden Falle waren auf der Internetseite des Vereins dessen allgemeinpolitische Forderungen umfassend dargestellt. Insoweit ist bei der Konzeption von Internetseiten durch gemeinnützige Körperschaften stets darauf zu achten, dass die Selbstdarstellung der Körperschaft den von dieser verfolgten satzungsmäßigen Zwecken entspricht.