Beiträge

Nichtabziehbare Aufwendungen

Wegfall der Verlustvorträge im Sinne von § 8c KStG bei An- teilsübertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge

Andrea Seemann, Steuerberaterin

I. Problemstellung und praktische Bedeutung

Werden Anteile an einer verlustbehafteten Kapitalgesellschaft übertragen, die steuerliche Verlustvorträge hat, gehen die steuerlichen Verlustvorträge gemäß § 8c KStG, § 10a GewStG bei einer Übertragung von mehr als 25 % der Anteile auf einen Erwerber bzw. auf eine Erwerbergruppe anteilig und bei Übertragung von mehr als 50 % der Anteile an einen Erwerber bzw. an eine Erwerbergruppe vollständig unter. Für die Frage, ob eine Übertragung von mehr als 25 % bzw. mehr als 50 % der Anteile vorliegt, werden die Übertragungen innerhalb von fünf Jahren zusammengerechnet. Ausnahmen gel- ten, wenn die Gesellschaft im Inland steuerpflichtige stille Reserven hat oder es sich um eine Übertragung im Konzernverbund handelt. Keine Ausnahme enthält die Regelung hingegen für unentgeltliche Übertragungen, z.B. für eine Schenkung von Anteilen an Abkömmlinge. Lediglich aufgrund eines Erlasses der Finanzverwaltung werden die unentgeltliche Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, die Erbfolge selbst sowie die Übertragung im Rahmen einer Erbauseinandersetzung vom Anwendungsbereich des § 8c KStG, § 10a GewStG ausgenommen (vgl. BMF-Schreiben vom 4.7.2008, Tz. 4, BStBl. I 2008, 736). Im Rahmen der Nachfolgeplanung ist damit auch zu beachten, ob die Übertragung von Anteilen zu einem teilweisen bzw. vollständigen Untergang steuerlicher Verlustvorträge führt. Über diese Fragestellung hatte das Finanzgericht Münster zu entscheiden.

II. Sachverhalt

An der Klägerin, einer im Jahr 1972 gegründeten GmbH, waren V zu 2/3 und S1, einer der Söhne von V zu 1/3 beteiligt. Mit notarieller Urkunde vom 17. Dezember 2008 schenkte V seinem Sohn S1 einen weiteren Geschäftsanteil an der Klägerin in Höhe von ca. 55,2 %. S1 musste die Zuwendung im Rahmen der Erbauseinandersetzung nicht gemäß § 2050, 2052 BGB zur Ausgleichung bringen. Eine Anrechnung auf den Pflichtteil von S1 wurde vereinbart. Die Klägerin hatte körperschaft- und gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Das Finanzamt setzte daraufhin die steuerlichen Verlustvorträge mit Hinweis auf § 8c KStG, § 10a Satz 10 GewStG mit 0,– EUR mit der Begründung fest, dass es sich bei der vorstehend beschriebenen Übertragung nicht um eine Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge handelte, weil es an einer Ausgleichsverpflichtung gemäß § 2050, 2052 BGB fehlte. Einen Antrag der Klägerin, von einer Anwendung des § 8c KStG aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO abzusehen, lehnte das Finanzamt ab. Gegen die Anwendung von § 8c KStG, § 10a GewStG und damit gegen den Untergang der Verlustvorträge richtete sich die Klage der Klägerin.

III. Entscheidungsgründe

Das Finanzgericht hatte zum einen zu entscheiden, ob § 8c KStG, § 10a GewStG auch für eine Übertragung im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge Anwendung findet und zum anderen, ob die Klägerin Anspruch auf eine Billigkeitsmaßnahme im Sinne des § 163 AO hat. Nach Ansicht des Finanzgerichts unterfallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen der Regelung des § 8c KStG und damit auch der Erwerb im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge. Auch für eine Billigkeitsregelung ist nach Ansicht des Gerichts kein Raum, da es an einer sachlichen Unbilligkeit fehle. Der im Rechtsstaatprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Vorbehalt des Gesetzes verbiete es zudem, dass die Finanzverwaltung eine allgemeine Billigkeitsmaßnahme für solche Fallgestaltungen erlasse, in denen die Besteuerung der Gesetzeslage ent- spreche und in denen es an einer sachlichen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Härte fehle. Vielmehr seien solche Härten nur durch eine Gesetzeskorrektur zu beheben. Selbst wenn die Regelung im BMF-Schreiben zu § 8c KStG im Einklang mit dem Vor- behalt des Gesetzes stünde, also grundsätzlich rechtlich zulässig wäre, ist die im vorliegenden Fall von dem Finanzamt vertretene Auffassung, dass eine vorweggenommene Erbfolge nur dann vorliege, wenn im Schenkungsvertrag eine Anrechnungspflicht auf die spätere Erbschaft gemäß § 2050 BGB aufgenommen ist, vertretbar. Die Klage wurde folglich als unbegründet abgewiesen. Das Finanzgericht hat die Revision gegen dieses Urteil zugelassen.

IV. Praktische Bedeutung

Es gibt viele Beispiele, in denen die Finanzverwaltung im Rahmen einer allgemeinen  Billigkeitsregelung vom Wortlaut des Gesetzes abweicht, beispielsweise im Umwandlungssteuererlass zu § 22 Abs. 3 UmwStG bzw. im BMF-Schreiben zu § 50i EStG. Vorstehendes Urteil macht deutlich, dass es nicht genügt, wenn die Finanzverwaltung missglückte Gesetzesregelungen durch Billigkeitsregelungen im Erlasswege heilt. Vielmehr bedarf es einer gesetzlichen Korrektur zur Schaffung einer Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen. Bei Übertragung von verlustbehafteten Gesellschaften gilt, dass das Vorliegen einer vorweggenommenen Erbfolge und damit das Fortbestehen der Verlustvorträge nach dem Erlass der Finanzverwaltung durch eine verbindliche Auskunft abgesichert werden muss.

Form des Schenkungsversprechens

Formlose Schenkung von Unterbeteiligungen

Dr. Thomas Frohnmayer, Rechtsanwalt

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Familienstiftung, ist testamentarische Alleinerbin des am 26.10.2002 verstorbenen Frank- furter Verlegers Dr. Siegfried Unseld (U). Der Beklagte ist ein (Sohn des U) war als persönlich haftender Gesellschafter an der S. Verlag GmbH & Co. KG (Verlag „Suhrkamp“) und an der I. Verlag GmbH & Co. KG (Verlag „Insel“) jeweils zu 51 %, an der Verlagsleitung (Komplementär-) GmbH zu 55 % beteiligt, außerdem an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffend den Grundbesitz in Frankfurt. Im Jahr 2001 räumte U in notarieller Form einer weiteren Stiftung, der Siegfried Unseld-Stiftung (SU-Stiftung), auf den Zeitpunkt seines Versterbens ohne Gegenleistung Unterbeteiligungen i.H.v. je 30 % an den genannten Gesellschaften ein mit der Maßgabe, dass nach seinem Tod sein Erbe Hauptbeteiligter sei. In 18 des notariellen Vertrages ist die Gewinnverteilung in der Unterbeteiligungsgesellschaft geregelt. In § 16 heißt es zur Geschäftsführung in der Unterbeteiligungsgesellschaft: „I. Geschäftsführer der Innengesellschaft ist der Hauptbeteiligte. Der Hauptbeteiligte hat die Unterbeteiligte zu unterrichten und anzuhören, ehe er bei der Wahrnehmung ihm als Gesellschafter der Hauptgesellschaften zustehender Rechte Handlungen von besonderer Bedeutung vornimmt. Für Handlungen, die über gewöhnliche Gesellschafterent- scheidungen in den Beteiligungen hinausgehen (entsprechend § 116 Abs. 2 HGB), ist die Zustimmung der Unterbeteiligten einzuholen.“ Seit dem Tod des Erblassers (U) streiten die Parteien darüber, ob die der SU-Stiftung eingeräumten Unterbeteiligungen in den Nachlass gefallen und bei der Berechnung des vom Beklagten (Sohn des U) geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs zu berücksichtigen sind (so der Rechts- standpunkt des Beklagten). Die Klägerin hat auf Feststellung geklagt, dass die Einräumung der Unterbeteiligungen zugunsten der SU-Stiftung im Todeszeitpunkt wirksam gewesen sei. Das Landgericht hat diesem Antrag stattgegeben. Berufung und Revision des Beklagten hiergegen blieben erfolglos.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Für die Begründetheit der Klage kam es darauf an, ob U durch die aufschiebend bedingte Einräumung der Unterbeteiligungen den Nach- lass verringert hatte. Dann wären die der SU-Stiftung eingeräumten Unterbeteiligungen bei der Berechnung des Pflichtteils des Beklagten nicht zu berücksichtigen. Damit trat ein Problem des Schenkungsrechts auf, nämlich die Frage, ob es sich um eine zu Lebzeiten vollzogene Schenkung handelte. Verträge der hier vorliegenden Art sind gleichzeitig (Innen-) Gesellschaftsverträge und Schenkungsverträge. Umstritten ist deshalb wie bei der stillen Beteiligung –, ob sie formlos abgeschlossen werden können. Denn ohne notarielle Beurkundung sind Schenkungsver- träge nur wirksam, wenn es sich um vollzogene Schenkungen handelt 518 Abs. 2 BGB. Um diese Streit- frage ging es in dem vorliegenden Fall allerdings nicht (direkt), denn die notarielle Form des § 518 Abs. 1 BGB war ja gewahrt. Da es sich aber um ein Schenkungsversprechen auf den Todesfall handelte, kam § 2301 BGB zum Tragen. Danach fällt eine auf den Todes- und Überlebensfall vereinbarte Schenkung nur dann aus dem Nachlass heraus, wenn der Schenker die Schenkung durch Leistung des zugewendeten Gegenstands vollzogen hat, § 2301 Abs. 2 BGB. Es kam also wie bei § 518 Abs. 2 BGB – darauf an, ob die aufschiebend auf den Tod vereinbarte stille Beteiligung oder Unterbeteiligung als eine bereits vollzogene Schenkung anzusehen ist. Im Gewand des § 2301 BGB war deshalb eine Frage zu entscheiden, die im Bereich des § 518 BGB seit Jahrzehnten heftig umstritten ist.

Entscheidungsgründe

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1952, 1412; NJW 1953, 138; offen gelassen in NJW 1990, 2616) konnte die unent- geltliche Einräumung einer Unterbeteiligung – ebenso wie die unentgeltliche Zuwendung der stillen Beteiligung an einer Gesellschaft – mangels dinglicher Mitberechtigung des Unterbeteiligten am Gesellschaftsvermögen der Hauptgesellschaft nicht vollzogen werden. Dies sollte weder durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages über die Begründung der Innengesellschaft noch durch die Einbuchung des Gesellschaftsanteils in die Bücher der Gesellschaft geschehen können. Das Wesen der Unterbeteiligung als Innengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen bestehe gerade darin, dass nur der Hauptbeteiligte an der Hauptgesellschaft beteiligt ist und dass er dem anderen nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags lediglich schuldrechtlich zur Teilhabe zumindest am Gewinn seines Gesellschaftsanteils verpflichtet ist. Geht die Verpflichtung des Hauptbeteiligten dahin, einen anderen durch Einräumung einer Unterbeteiligung lediglich schuldrechtlich an den Vermögensrechten des ihm an der Hauptgesellschaft zustehenden Gesellschaftsanteils zu beteiligen, solle es nach dem Parteiwillen gerade nicht zu einer Vermögensübertragung kommen. Vielmehr erschöpfe sich die Zusage in einer schuldrechtlichen Verpflichtung, die im Falle der unentgeltlichen Erteilung des Versprechens der notariellen Form bedarf. Ein solches Schenkungsversprechen könne auch nicht dadurch vollzogen werden, dass der Hauptbeteiligte den vereinbarten Anteil des Unterbeteiligten buchmäßig, steuerlich oder in anderer Weise als Vermögen des anderen führt. Denn auch durch eine derartige Handhabung werde der Unterbeteiligte nicht stärker als schuldrechtlich an dem Gesellschaftsanteil des Hauptbeteiligten als Partner der Innengesellschaft beteiligt. Auch wenn nur ein schuld- rechtlicher Anspruch zugewendet werden soll, so stelle doch dessen Anerkennung in den Geschäftsbüchern oder gegenüber dem Finanzamt nicht die Bewirkung der versprochenen Leistung dar; vielmehr werde lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung des Schenkers durch eine andere ersetzt. Für den vorliegenden Fall hat der Bundesgerichtshof mit dem hier zu besprechenden Urteil festgestellt, dass der Erblasser (U) der SU-Stiftung nicht nur schuldrechtliche Ansprüche auf Beteiligung am Gewinn des Hauptbeteiligten in den Hauptgesellschaften und auf eine Abfindung bei der Ablösung der Innengesellschaft eingeräumt hat. Vielmehr soll die SU-Stiftung auch mitgliedschaftsrechtliche Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung der Innengesellschaft erhalten haben. Nach § 16 Abs. 2 des notariellen Vertrages aus dem Jahre 2001 habe der Hauptbeteiligte die Unterbeteiligte zu unterrichten und anzuhören, bevor er bei der Ausübung der ihm als Gesellschafter der Hauptgesellschaft zustehenden Rechte Handlungen von besonderer Bedeutung vornimmt. Für Verhandlungen, die über gewöhnliche Entscheidungen i.S. von § 116 Abs. 2 HGB in den Beteiligungsgesellschaften hinausgehen, sei sogar die Zustimmung der Unterbeteiligten einzuholen.

Jedenfalls für den Fall der unentgeltli- chen Einräumung einer so ausgestal- teten Unterbeteiligung ist der Bundesgerichtshof nunmehr der Auffassung, dass die Schenkung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags vollzogen sei. Zwar komme es auch bei der Zuwen- dung einer solchen Unterbeteiligung anders als bei der Zuwendung einer Beteiligung an einer Außengesellschaft nicht zu einer dinglichen Mitberechtigung an der Hauptgesellschaft, da die Innengesellschaft wie bei einer solchen Fallgestaltung regelmäßig über kein Gesamthandsvermögen verfügt. Beschränkt sich aber die Unterbeteiligung nicht nur auf schuldrechtliche Ansprüche gegen den zuwendenden Hauptbeteiligten auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös, sondern werden dem Unterbeteiligten in der Innengesellschaft darüber hinaus mitgliedschaftsrechtliche Rechte eingeräumt, durch die er Einfluss auf die Innengesellschaft nehmen kann, erhalte er nicht nur die Stellung eines schuldrechtlichen Gläubigers, sondern eine in dem Anteil an der Innengesellschaft verkörperte mitgliedschaftsrechtliche Rechtsposition. Dies rechtfertige die Annahme, dass die unentgeltliche Zuwendung einer derartigen Beteiligung an einer Innengesellschaft ebenso wie die unentgeltliche Einräumung einer Beteiligung an einer Außengesellschaft mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages vollzogen ist.

Folgen für die Praxis

Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Differenzierung zwischen einer mitgliedschaftsrechtlichen und einer (bloßen) schuldrechtlichen Rechtsposition ist keineswegs zwingend. Denn die mitgliedschaftliche Rechtsposition wird mit dem Gesellschaftsvertrag der Unterbeteiligungsgesellschaft bzw. der stillen Gesellschaft allein durch eine schuldrechtliche Vereinbarung begründet. Streng genommen wird auch in diesem Fall die schuldrechtliche Verpflichtung des Schenkers lediglich durch eine andere schuldrechtliche Vereinbarung ersetzt.

Für die Praxis ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs gleichwohl mit einer deutlichen Vereinfachung und Kostenersparnis verbunden: Immer dann, wenn mit der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung oder einer stillen Beteiligung an einer Gesellschaft auch eine mitgliedschaftliche Rechtsposition eingeräumt wird, ist eine notarielle Beurkundung entbehrlich. Wird dem Beschenkten hingegen keine mitgliedschaftliche Rechtsposition eingeräumt – wie beispielsweise bei der schenkweisen Einräumung einer Treugeberstellung –, bleibt es bei der Beurkundungspflicht nach § 518 Abs. 1 BGB; eine Heilung des Formmangels nach § 518 Abs. 2 BGB scheidet dann weiterhin aus.

Schenkungssteuergesetz

Kann für die (isolierte) Schenkung eines variablen Kapitalkontos eines Kommanditisten der schenkungsteuerliche  Verschonungsabschlag  gewährt werden?

Prof. Rainer Kirchdörfer, Rechtsanwalt

Eigenkapital einer Kommanditgesellschaft i.S.d. Handels- und Gesellschaftsrechts liegt nur dann vor, wenn der Posten für Verluste der Gesellschaft voll haftet, im Insolvenzfall der Gesellschaft nicht als Insolvenzforderung geltend gemacht werden darf und bei der Liquidation der Gesellschaft erst nach der Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger auszugleichen ist.

Die Schenkung eines danach (LS 1) als Forderung des Kommanditisten gegenüber der Gesellschaft zu qualifizierenden variablen Kapitalkontos an nicht an der Gesellschaft beteiligte Dritte ist keine Schenkung von Betriebsvermögen, für die der Bewertungsabschlag nach § 13a Abs. 2 ErbStG zu gewähren wäre.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Das dem FG München zugrunde liegende Urteil ist für sich betrachtet kaum einer ausführlichen Besprechung Wert, es ermöglicht aber die Korrektur eines in der Praxis im Familienunternehmen immer wieder auftretenden Fehlverständnisses im Rahmen der Schenkung von Betriebsvermögen. In dem dem Urteil des FG München zugrunde liegenden Sachverhalt war der Schenker einer von vier Kommanditisten der X-GmbH & Co. KG. Nach dem Gesellschaftsvertrag der X-GmbH & Co. KG wurde für die Kommanditisten je ein festes Kapitalkonto I und je ein variables Kapitalkonto II geführt. Über die Kapitalkonten II wurden laut Gesellschaftsvertrag – wie in der Praxis häufig – die Gewinnanteile, die Entnahmen und die Einlagen der Kommanditisten verbucht. Außerdem war im Gesellschaftsvertrag geregelt, in welchem Umfang die Kommanditisten zu Entnahmen aus Ihren jeweiligen Kapitalkonten II berechtigt waren. Der Schenker schloss nun Schenkungsverträge mit zwei Beschenkten und übertrug diesen jeweils zur Hälfte schenkweise sein Kapitalkonto II. Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer fest, ohne den damals geltenden 40%igen Betriebsvermögensabschlag zu gewähren.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Nach dem heute geltenden Erbschaftsteuergesetz würde sich die mit dem vorliegenden Fall vergleichbare Frage stellen, ob der 85 %ige Verschonungsabschlag auf die Übertragung der Kapitalkonten II Anwendung findet. Die Kläger gingen offensichtlich davon aus, dass es sich bei den schenkweise zugewendeten Kapitalkonten II um gewerbliches Betriebsvermögen handelt und schon deshalb die Voraussetzungen für den damaligen Bewertungsabschlag in Höhe von 40 % gegeben waren. Sowohl nach der seinerzeit geltenden Vorschrift des § 13a ErbStG als auch nach der heutigen Fassung der §§ 13a und 13b ErbStG reichte die Qualifikation eines Vermögensgegenstandes als Betriebsvermögen jedoch nicht aus, um den damaligen Bewertungsabschlag und den heutigen Verschonungsabschlag zu erhalten.

Zu dem begünstigten Vermögen gehört inländisches Betriebsvermögen nämlich nur beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils. Nicht begünstigt war – und ist auch heute noch – die schenkweise Übertragung nur einzelner Wirtschaftsgü- ter aus dem Betriebsvermögen. Um den Bewertungsabschlag zu erhalten, hätte demnach ein Mitunternehmeranteil geschenkt werden müssen. Bei dem tatsächlich geschenkten Kapitalkonto II handelte es sich jedoch ganz offensichtlich nicht um das Kapitalkonto, welches die Stimmrechte, die Gewinnrechte, das gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungsguthaben und anderweitige gesellschaftsrechtliche Sozialansprüche, kurz gesagt, welches den Mitunternehmeranteil vermittelt. Vielmehr handelt es sich zivilrechtlich betrachtet um die Schenkung von Fremdkapital. Als solches unterliegt es jedoch allenfalls dann dem Verschonungsabschlag, wenn es als Sonderbetriebsvermögen zusammen mit einem Mitunternehmeranteil geschenkt wird. Nach alledem hätte das Kapitalkonto II zusammen mit dem Kapitalkonto I geschenkt werden müssen, um den schenkungsteuerlichen Bewertungsabschlag zu erhalten.

Schenkungsteuergesetz

Schenkungsteuerliche Probleme bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteils unter Nießbrauchsvorbehalt

Prof. Rainer Kirchdörfer, Rechtsanwalt

  1. Der schenkweise Erwerb eines Kommanditanteils unterfällt nur dann dem § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG vor 2009 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG, wenn die Mitunternehmerstellung durch den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt wird.
  1. Es reichte daher nicht aus, wenn dem Erwerber hinsichtlich des erworbenen Kommanditanteils nur deshalb Mitunternehmerinitiative zukäme, weil er bereits Kommanditist der KG war, h. wenn sich seine bisherige Mitunternehmereigenschaft wegen Unteilbarkeit der Mitgliedschaft auf den hinzuerworbenen Anteil erstrecken sollte.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Das vorstehende Urteil des BFH ist schon älter, soll jedoch wegen der hohen praktischen Relevanz von Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt bei Familienunternehmen im Rahmen des seit 01.01.2009 gelten- den neuen Schenkungsteuer- und Erbschaftsteuersystems besprochen werden. Während der Beschenkte nach dem bis zum 31.12.2008 gelten- den § 15 ErbStG den Wert des Nießbrauchs im Rahmen der zu berechnenden Schenkungsteuer nicht von dem geschenkten Vermögen abziehen konnte, wenn sich der Schenker den Nießbrauch vorbehielt, ist dieses Abzugsverbot heute entfallen. Insbesondere im Rahmen von schenkweisen Grundstücks- oder Unternehmensübertragungen ist daher der Vorbehaltsnießbrauch (neben häufig alternativ in Betracht kommenden Rentenlösungen) in vielen Fällen eine sinnvolle Gestaltung.

Die im vorliegenden Sachverhalt beschenkte Tochter und die schenkende Mutter waren zwei von sechs Kommanditisten einer x-GmbH & Co. KG. Die Beteiligung der Mutter betrug ca. 11 % und die der Tochter ca. 42 %. Im Jahr 2002 übertrug die Mutter ihren Kommanditanteil an der Kommanditgesellschaft einschließlich ihres Anteils an offenen Rücklagen und zzgl. der Forderungen aus ihrem Darlehenskonto sowie ihren Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH auf ihre Tochter. Die Mutter behielt sich im Schenkungsvertrag den lebenslangen Nießbrauch an den übertragenen Gesellschaftsbeteiligungen vor. Im Einzelnen war der Nießbrauch so ausgestaltet, dass der Mutter als Nießbrauchsberechtigter die Ergebnisanteile aus der übertragenen Kommanditbeteiligung nebst den Zinsen auf die Darlehensforderung und auch die anteiligen Gewinnausschüttungen der Komplementär-GmbH verblieben. Darüber hinaus sollten der Mutter die mit der übertragenen Beteiligung an der Kommanditgesellschaft verbundenen „Stimm- und sonstigen Verwaltungsrechte“ zustehen und im Falle einer Veräußerung der Beteiligungen sollte sich der Nießbrauch am „Netto-Veräußerungserlös“ und ggf. an dessen Wiederanlage fortsetzen.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der Sachverhalt war noch nach der vor 2009 geltenden Fassung des Erbschaftsteuergesetzes zu beurteilen. Dieselbe Fragestellung würde sich jedoch auch in der heute geltenden Gesetzesfassung ergeben. Für den BFH stellte sich die Frage, ob die beschenkte Tochter den seinerzeitigen schenkungsteuerlichen Bewertungsabschlag von 40 % nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG (alt) in Anspruch nehmen konnte. Dies konnte sie nur dann, wenn ihr ein Mitunternehmeranteil i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG geschenkt worden war. Dies wiederum setzt u.a. voraus, dass der Tochter nicht nur zivilrechtlich ein Gesellschaftsanteil, sondern damit verbunden – unter steuerrechtlicher Betrachtung – auch die zum Mitunternehmeranteil gehörende Mitunternehmerinitiative geschenkt und übertragen worden war. Bei der Schenkung eines Gesellschaftsanteils unter Nießbrauchsvorbehalt muss nun zunächst im Detail geprüft werden, wer letztendlich auf Basis des konkreten Schenkungs- und Nießbrauchsvertrages Mitunternehmer ist bzw. wird: Ist dies die Beschenkte, ist dies die sich den Nießbrauch vorbehaltende Schenkerin oder sind dies beide?

Im vorliegenden Sachverhalt behielt sich die Mutter als Nießbraucherin – wie in der Praxis beim Vollnießbrauch häufig – sämtliche Ergebnisanteile aus der übertragenen Kommanditbeteiligung, der übertragenen Darlehensforderung und den übertragenen GmbH-Anteilen vor. Außerdem sollte sich der Nießbrauch im Falle einer Veräußerung der Beteiligung am „Netto-Veräußerungserlös“ und ggf. an dessen Wiederanlage fortsetzen. Problematisch war nun aber, dass sich die Mutter auch noch sämtliche mit der Beteiligung verbundene „Stimm- und sonstige Verwaltungsrechte“ zurückbehielt. Damit war das für die Mitunternehmerschaft (neben dem sog. Mitunternehmerrisiko) wesentliche Kriterium der Mitunternehmerinitiative, bezogen auf den geschenkten Gesellschaftsanteil, nicht auf die Beschenkte übertragen worden. Es genügt zum Erhalt des schenkungsteuerlichen Bewertungsabschlages aber nicht, dass ein Mitunternehmeranteil in der Hand des Schenkers vorlag, dieser muss als Mitunternehmeranteil auch auf den Beschenkten übergehen.

Die Besonderheit des vorliegenden Falles lag nun darin, dass die Tochter bereits vor der Schenkung Mitunternehmerin war, nachdem ihr bisheriger Kommanditanteil selbstverständlich auch die notwendige Mitunternehmerinitiative vermittelte. Weil ein Gesellschaftsanteil im Personengesellschaftsrecht – anders als bei Aktien oder GmbH-Anteilen im Kapitalgesellschaftsrecht – nach bisher herrschen- dem Verständnis nicht teilbar ist, ein Kommanditist also nur mit einem Kommanditanteil an der Kommanditgesellschaft beteiligt sein kann, und weil ein geschenkter Kommanditanteil nach dieser Auffassung mit dem beim Beschenkten schon vorhandenen Kommanditanteil zusammenwächst, stellte sich die naheliegende Frage, ob es zur Gewährung des schenkung- steuerlichen Bewertungsabschlages nicht ausreichte, dass die Beschenkte bereits auf der Grundlage ihres bisherigen Kommanditanteils von 42 % Mitunternehmerin war. Der BFH verneint dies und verlangt für die schenkungsteuerliche Begünstigung, dass die Mitunternehmerstellung gerade durch den erworbenen (geschenkten) Kommanditanteil vermittelt wird.

Ob dies rechtsdogmatisch letztendlich dazu führt, dass der Grundsatz der Unteilbarkeit der Mitgliedschaft des Kommanditisten in Fällen des vorbehaltenen Nießbrauchs aufgegeben wird, ließ der BFH offen. Er tendiert allerdings unter Hinweis auf den strukturell gleich liegenden Fall der Testamentsvollstreckung an einem (Teil-) Mitunternehmeranteil dazu.

In Konsequenz aus dem vorliegenden Sachverhalt ist bei Schenkungen von Personengesellschaftsanteilen unter Nießbrauchsvorbehalt auch dann besonders darauf zu achten, wem auf der Basis des konkreten Schenkungs- und Nießbrauchsvertrages die Mitunternehmereigenschaft zukommt, wenn der Beschenkte bereits Mitunternehmer war. Möchte der Schenker dem Beschenkten Mitunternehmerinitiative durch den geschenkten Kommanditanteil vermitteln, so sollte der Beschenkte die Stimmrechte aus dem geschenkten Kommanditanteil zumindest im Bereich der Grundlagengeschäfte persönlich ausüben dürfen; in diesem Fall hatte der BFH (Urteil v. 16.12.2009 – II R 44/08) die Mitunternehmerstellung des Beschenkten bejaht. In zweifelhaften Grenzfällen empfiehlt es sich, eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung einzuholen.