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Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Antrag auf Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Praktische Bedeutung

Liegt erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen vor (z.B. Betriebsvermögen, Anteile von mehr als 25 % an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in der EU/ EWR), so unterliegt dieses begünstigte Vermögen grds. einem Regelverschonungsabschlag von 85 % (§ 13b Abs. 4 ErbStG). Weitere Voraussetzung für die Gewährung des Regelverschonungsabschlags ist, dass das begünstigte Vermögen zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

Liegt erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen vor und besteht dieses Vermögen zu nicht mehr als 10 % aus Verwaltungsvermögen, sieht § 13a Abs. 8 ErbStG die Möglichkeit vor, von der sogenannten Vollverschonung (100%-iger Verschonungsabschlag oder sogenannte Optionsverschonung) Gebrauch zu machen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist ein solcher Antrag vom Erwerber des begünstigten Vermögens unwiderruflich zu erklären.

Wird ein solcher Antrag gestellt, so ergeben sich höhere Auflagen für den vollständigen Erhalt dieses 100%-igen Verschonungsabschlags. Hierzu gehört eine auf sieben Jahre verlängerte Behaltensfrist und eine höhere Anforderung betreffend die zu erhaltende Lohnsumme (insgesamt in einem Betrachtungszeitraum von ebenfalls sieben Jahren müssen 700 % der Ausgangslohnsumme, somit im Durchschnitt 100 % der Ausgangslohnsumme, mindestens erhalten bleiben).

Da insbesondere der Anteil des Ver- waltungsvermögens mit Unsicherheiten behaftet ist, aber auch im Nachgang zu einer erbschaftsteuerlich begünstigten Übertragung ungeplante Ereignisse eintreten können, die die Behaltensfristen oder die Lohnsummenentwicklung tangieren, kann es in der Beratungspraxis durchaus sinnvoll sein, den unwiderruflich zu stellenden Antrag auf die Vollverschonung möglichst weit in die Zukunft zu verschieben. Allerdings ist dann zu berücksichtigen, dass bei einer zeitnahen Veranlagung des Schenkungs- oder Erbfalles zunächst eine Steuerfestsetzung auf Basis der Regelverschonung die Folge sein wird. Die Steuer muss dann zunächst auch entrichtet werden, sofern nicht gegen den Steuerbescheid Einspruch eingelegt und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wird.

Mit der nun vorliegenden Verfügung der OFD Karlsruhe wird jedenfalls deutlich, dass die Finanzverwaltung im Falle eines Einspruchs gegen den Steuerbescheid – ggf. verbunden mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung die Rücknahme des Einspruchs fordern wird, wenn lediglich das Ziel verfolgt wird, Zeit für die endgültige Entscheidung über den Antrag auf Optionsverschonung zu gewinnen.

Die Regelungen der Verfügung der OFD Karlsruhe vom 07.08.2014 im Einzelnen

Zunächst verweist die OFD Karlsruhe in ihrer Verfügung auf die Aussage in den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011, dass der Antrag auf Optionsverschonung bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft möglich ist. Sodann wird auf die Praxis der Finanzverwaltung hingewiesen, dass seit Mitte November 2012 die Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide gemäß 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes nur vorläufig ergehen. Durch diesen Vorläufigkeitsvermerk werden die aktuellen Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide hinsichtlich der Anwendung der §§ 13a, 13b ErbStG unabhängig vom Ausgang des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht materiell nicht bestandkräftig. Ausführlich erläutert werden sodann auch die verschiedensten Möglichkeiten, die zu einem endgültigen Steuerbescheid führen könnten, u.a. durch Ablauf der Festsetzungsfrist, die beispielsweise nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts enden wird. Dies veranlasst die OFD Karlsruhe zu der Aussage, dass die Steuerpflichtigen somit noch ausreichend Zeit haben, den Antrag auf Optionsverschonung zu stellen, ohne dass es der Einlegung eines Einspruchs bedarf.

Die OFD Karlsruhe hat mit ihrer Verfügung sicherlich Klarheit bzgl. der verfahrensrechtlichen Seite zum Antrag auf Optionsverschonung geschaffen. Es bleibt dennoch zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht bald zur Rechtssicherheit darüber beiträgt, ob und in welchem Umfang weiterhin von den Verschonungsregelungen im Erbschaftsteuergesetz Gebrauch gemacht werden kann. Vielleicht liegt ja bei der Erscheinung dieser Ausgabe der FuS schon eine Aussage aus Karlsruhe vor.

Finanzgerichtsordnung

Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung bei Erbschaftsteuerbescheiden

Günther Claß, Dipl.-Jurist, Dipl.-Betriebswirt (BA), Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung

Beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist auf Vorlage des Bundesfinanzhofs (BFH) ein Normenkontrollverfahren zu der Frage anhängig, ob die Vorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG (Tarifvorschrift) i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG (betreffend die Verschonungsabschläge von 85 % oder 100 % für betriebliches Vermögen) wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig ist. Nach Auffassung des BFH ist das ErbStG verfassungswidrig, da die in den §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilen mit großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen und dadurch die Steuerpflichtigen, die die Vergünsti- gungen nicht in Anspruch nehmen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt würden (vgl. zu diesem Vorlagebeschluss des BFH vom 27.09.2012, Az. II R 9/11, die Ausführungen in FuS 6/2012, 244). Mit einer Entscheidung des BVerfG in dieser Sache wird im 1. Halbjahr 2014 gerechnet. Bis zur Entscheidung des BVerfG stellt sich aber für die Steuerpflichtigen, die von der Festsetzung von Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer betroffen sind, die Frage, ob sie unter Berufung auf das beim BVerfG anhängige Verfahren Aussetzung der Vollziehung bezüglich der festgesetzten Steuer beantragen können. Eine Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden ist immer dann geboten, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung bestehen. Allerdings müsste dann gegen den Erbschaftsteuerbescheid Einspruch eingelegt werden.

Mit dieser Frage beschäftigt sich der hier dargestellte Beschluss des BFH vom 21.11.2013. Im Kern geht es um die Frage, ob eine Aussetzung der Vollziehung auch dann gerechtfertigt ist, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Erb- schaftsteuerbescheides einzig auf der Verfassungswidrigkeit des ErbStG beruhen. In einer solchen Konstellation bedarf es neben der Prognose der Verfassungswidrigkeit auch der Prognose über die mögliche Entschei- dung des BVerfG, welches aufgrund der Tragweite der Entscheidung möglicherweise nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Unvereinbarkeit des Gesetzes mit dem Grundgesetz feststellen und die begrenzte Weitergeltung anordnen könnte, sodass im Ergebnis trotz der Verfassungswid- rigkeit des ErbStG – die im Steuer- bescheid festgesetzte Steuerschuld bestehen bliebe.

Nach bisheriger gefestigter Rechtsprechung des BFH (zuletzt BFH v. 04.05.2011, Az. II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395; zum ErbStG 2009 BFH v. 01.04.2010, Az. II B 168/09, BStBl. II 2010, 588) wurde dem Steuerpflichtigen, sofern als Entscheidung des BVerfG die begrenzte Fortgeltung des verfassungswidrigen Rechts zu erwarten war, einstweiliger Rechtsschutz in Form der Aussetzung der Vollziehung nicht gewährt. Dies wurde in der Literatur unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG hef- tig kritisiert (vgl. u.a. Seer in Tipke/ Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rn. 96; Koch in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 69 Rn. 113).

Zum Sachverhalt

Die Antragstellerin ist die geschiedene Ehefrau des im September 2011 verstorbenen Erblassers. Aufgrund eines Vermächtnisses auf Lebenszeit erhält sie eine monatliche Rente in Höhe von 2.700 €. Die dafür festgesetzte Erbschaftsteuer betrug 71.000 €, die die Antragstellerin zunächst im Jahre 2012 entrichtete.

Die Antragstellerin legte hiergegen unter Hinweis auf die anhängigen Verfahren zur Verfassungswidrigkeit des ErbStG Einspruch ein, beantragte das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung durch das BVerfG und die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt und das Finanzgericht lehnten den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Gegen diese Entscheidung legte die Antragstellerin Beschwerde beim BFH ein.

Entscheidungsgründe

Der BFH gab der Beschwerde statt und gewährte der Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der festgesetzten Erbschaftsteuer.

In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der BFH, dass auch bei eingeschränkten Erfolgsaussichten des Einspruchs im Hauptsacheverfahren aufgrund der denkbaren Anordnung der zeitlich begrenzten Weitergeltung des verfassungswidrigen ErbStG durch das BVerfG eine Aussetzung der Vollziehung gewährt werden kann, sofern ein qualifiziertes Interesse des Steuerpflichtigen vorhanden ist. Dies sei ein Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Denn auch im Falle einer begrenzten Weitergeltung des als verfassungswidrig eingestuften Gesetzes sei es denkbar, dass Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet wird, auf Antrag von einer zukünftigen gesetzlichen Neuregelung, die den Anforderungen des BVerfG Rechnung trägt, Gebrauch zu machen.

Nach Auffassung des BFH bedarf es der Abwägung der widerstreitenden Interessen, wobei das besondere Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung des Steuerbescheids auf der einen Seite dem Vollzugsinteresse der öffentlichen Hand auf der anderen Seite gegenüberstehe. Dabei sei auf Seiten der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, ob der steuerpflichtige Erwerb aus liquiden Mitteln in Form von Bargeld, Bankguthaben, fälligen Versicherungsforderungen etc. bestünde, oder ob zur Begleichung der fälligen Erbschaftsteuerschuld eigenes Vermögen eingesetzt oder die erworbenen (illiquiden) Vermögensgegenstände ggf. unter Wert veräußert oder belastet werden müssten.

Vorliegend sei entscheidend, dass die Antragstellerin aufgrund der ratierlichen Rentenzahlung mangels ausreichendem Zufluss aus dem Vermächtnis überwiegend eigenes Vermögen zur Begleichung der fälligen Erbschaftsteuer einsetzen müsse. Daher trete das öffentliche Interesse an einem ordnungsgemäßen Gesetzesvollzug und an einer geordneten Haushaltsführung hinter das Interesse der Antragstellerin zurück.

Weitere Hinweise und Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des BFH ist aus Sicht der Beratungspraxis zu begrüßen. Einen weitergehenden Rückschluss hinsichtlich des Ausgangs des beim BVerfG anhängigen Verfahrens in Bezug auf die grundsätzliche Frage der Verfassungswidrigkeit des ErbStG lässt sich dieser Entscheidung aber nicht entnehmen.

In der Praxis stellt die Erbschaftsteuer für den Steuerpflichtigen regelmäßig eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bereicherung des Erben oder Vermächtnisnehmers nicht aus Barvermögen, sondern aus betrieblich gebundenem Vermögen, Immobilienwerten oder anderweitig nicht liquiden Mitteln, wie beispielsweise eines (zukünftigen) Rentenanspruchs besteht. In diesen Fällen eröffnet die dargestellte Rechtsprechung des BFH dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, durch Antrag auf Aussetzung der Vollziehung die Fälligkeit der Erbschaftsteuerschuld bis zur endgültigen Entscheidung des BVerfG über die Frage der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG aufzuschieben.

Für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung bedarf es allerdings eines berechtigten Interesses, sodass nicht in jedem Fall unter Hinweis auf das anhängige Verfahren vor dem BVerfG die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist. In den vorgenannten Fällen, in denen die Erbschaft aus nicht liquiden Mitteln besteht, ist dieses berechtigte Interesse aber mit Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 21.11.2013  regelmäßig darstellbar.

In diesem Zusammenhang dürfen aber auch die Zinsrisiken bei Erfolglosigkeit des dem Aussetzungsantrags zu Grunde liegenden Einspruchs nicht verkannt werden. Hat die Steuerfestsetzung aufgrund der Entscheidung des BVerfG weiterhin Bestand, werden für die „Steuerstundung“ Aussetzungszinsen gem. § 237 AO in Höhe von 0,5 % je Monat (6,0 % p.a.) fällig. Aufgrund des derzeitigen Zinsniveaus kann dies einen teuren Kredit vom Fiskus darstellen. Es gilt daher in jedem Einzelfall abzuwägen, ob ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung festgesetzter Erbschaftsteuer sinnvoll ist.

Erbrecht

Doppelbesteuerung ausländischen Kapitalvermögens mit Erbschaftsteuer wegen fehlender Anrechnungsmöglichkeit

Andrea Seemann, Steuerberaterin

I. Die Erbschaftsteuer, die ein ausländischer Staat auf den Erwerb von Kapitalvermögen erhebt, das ein inländischer Erblasser in dem Staat angelegt hat, ist bei Fehlen eines DBA weder auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen noch als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen.

II. Führt die Doppelbesteuerung zu einer übermäßigen, konfiskatorischen Steuerbelastung, kann eine Billigkeitsmaßnahme geboten

 

I. Problemstellung und praktische Bedeutung

Zum Nachlass eines deutschen Erblassers gehören häufig ausländische Vermögenswerte. In diesem Fall stellt sich die Frage, welche Erbschaftsteuer im Ausland auf die Vermögenswerte erhoben wird und wie diese im Inland auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden kann. Für die Ertragsteuer, also die Besteuerung laufender Einkünfte, gibt es zahlreiche Doppelbesteuerungsabkommen, die die Zuordnung der Besteuerungsrechte und die Vermeidung der Doppelbesteuerung regeln. Nur zwischen wenigen Staaten, beispielsweise zwischen Deutschland und Brasilien, gibt es kein solches Doppelbesteuerungsabkommen. Für die Zuordnung der Besteuerungsrechte bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist dies nicht so. Nur mit der Schweiz (nur für Erbschaften), Frankreich, den USA, Dänemark, Schweden (Schweden erhebt seit 2005 keine Erbschaft- und Schenkungsteuer mehr), Österreich und Griechenland hat Deutschland entsprechende Abkommen geschlossen. Das Abkommen mit Frankreich ist erst im Jahr 2009 in Kraft getreten. Das Abkommen mit Österreich wurde mit Wirkung zum 01.01.2008 gekündigt. Bei der Erbschaftsteuer sind damit Doppelbesteuerungen die Regel, nicht die Ausnahme. Dieser missliche Befund resultiert auch aus den engen Grenzen, die § 21 ErbStG für eine Anrechenbarkeit ausländischer Erbschaftsteuer zieht. § 121 BewG definiert das sogenannte Inlandsvermögen. Im Rahmen einer beschränkten Erbschaftsteuerpflicht würde Deutschland nur dieses Vermögen besteuern. Im Wesentlichen handelt es sich um inländisches Betriebsvermögen, inländische Immobilien, Anteile an deutschen Kapitalgesellschaften, wenn die Beteiligungsquote 10 % übersteigt, partiarische Darlehen oder stille Beteiligungen, wenn der Gläubiger bzw. Geschäftsinhaber seinen Sitz im Inland hat und anderweitige Forderungen, wenn diese durch inländischen Grundbesitz abgesichert sind. Nicht zum Inlandsvermögen zählen beispielsweise bei einer deutschen Bank unterhaltene Konten bzw. Wertpapierdepots. Im Gegenzug rechnet Deutschland, wenn der Erblasser im Inland lebte, nur die ausländische Erbschaftsteuer an, die auch Deutschland im Falle der beschränkten Steuerpflicht auf das nach § 121  BewG definierte Inlandsvermögen erhoben hätte. Eine ausländische Erbschaftsteuer auf im Ausland unterhaltene Konten wird in Deutschland nicht angerechnet. Länder wie beispielsweise Spanien und Frankreich zählen aber auch diese Vermögenswerte zu ihrem Inlandsvermögen und unterwerfen diese der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht. Es kommt damit zu einer Doppelbesteuerung.

II. Zum Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin ist zu einem Viertel Miterbin ihrer im April 2000 verstorbenen Großtante, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Der Nachlass bestand zum großen Teil aus in Frankreich angelegtem Kapitalvermögen (Bankguthaben und festverzinsliche Wertpapiere). Die französische Erbschaftsteuer für das in Frankreich angelegte Kapitalvermögen wurde gegenüber der Klägerin mit einem Steuersatz von 55 % festgesetzt. Das deutsche Finanzamt rechnete die französische Erbschaftsteuer weder an noch ließ es diese als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zu. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit Frankreich war im Jahr 2000 noch nicht in Kraft und kam daher nicht zur Anwendung. Das Finanzamt erließ allerdings einen Teilbetrag der deutschen Erbschaftsteuer gemäß § 227 AO. Das Finanzgericht wies die gegen die Steuerfestsetzung gerichtete Klage ab.

III. Entscheidungsgründe

Der BFH hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die erbschaftsteuerliche Belastung mit dem deutschen Grundgesetz, mit den europäischen Grundfreiheiten sowie mit der europäischen Menschenrechtskonvention vereinbart werden kann. Die gesamte erbschaftsteuerliche Belastung für das in Frankreich angelegte Kapitalvermögen betrug immerhin selbst nach dem teilweisen Billigkeitserlass noch 72 % (ohne Billigkeitsmaßnahme 83 %). Trotz dieser hohen steuerlichen Belastung wies der BFH die Revision als unbegründet zurück. Eine Anrechnung der französischen Erbschaftsteuer bzw. ein Abzug der französischen Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit kommt gemäß § 21 ErbStG, § 10 Abs. 8 ErbStG nicht in Betracht. Die Festsetzung der Erbschaftsteuer verstößt nach dem BFH auch nicht gegen Unionsrecht, Verfassungsrecht oder Art. 1 des ersten Zusatzprotokolls zur europäischen Menschenrechtskonvention. Der BFH hielt es nicht für notwendig, die Rechtsfrage dem EuGH vorzulegen. Die Rechtslage sei bereits durch ein früheres EuGH-Urteil geklärt; die europäischen Grundfreiheiten stehen der doppelten Belastung einer Kapitalforderung mit Erbschaftsteuer nicht entgegen. Die Anrechnungsmöglichkeiten ausländischer Erbschaftsteuer wären zwar weitergehender, wenn die Erblasserin ihren Wohnsitz nicht in Deutschland gehabt hätte. Aber auch dies stellt nach Ansicht des BFH keine Verletzung europäischer Grundfreiheiten dar. Die Anlage von Kapitalvermögen im Ausland kann zur Anwendbarkeit ausländischen Erbschaftsteuerrechts führen und bedingt dadurch das Risiko, dass es im Erbfall zu einer Doppelbesteuerung kommt. Auch die gesamte Höhe der Steuerbelastung führt nicht entsprechend dem Eigentumsschutz nach Art. 14 Abs. 1 Satz GG und dem auf dem allgemeinen verfassungsrechtlichen Verhältniskeitsgrundsatz beruhenden Übermaßverbot zu einer Anrechnung der ausländischen Steuer. Vielmehr kann in einem solchen Fall nach dem BFH nur eine Billigkeitsmaßnahme nach den §§ 163, 227 AO als verfassungsrechtlich ausreichende Abhilfemaßnahme in Betracht kommen. Das Finanzamt hatte von dieser Möglichkeit teilweise Gebrauch gemacht und die Erbschaftsteuer teilweise erlassen. Der Erlassbescheid war aber nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens, sodass der BFH hierzu keine weiteren Ausführungen machte. Gleiches gilt für Billigkeitsmaßnahmen, die nach dem französischen Steuerrecht ggf. möglich sind. Auch hierauf geht der BFH nicht weiter ein. Im Ergebnis sah der BFH damit keine Möglichkeit, die französische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer anzurechnen bzw. diese als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen.

IV. Weitere Hinweise und Folgen für die Praxis

Der dem Urteil des Bundesfinanzhofs zu Grunde liegende Sachverhalt macht zum einen deutlich, dass die Rechtsgrundlagen für die Besteuerung von Erbschaften und Schenkungen sehr uneinheitlich sind und es keine europäische Handhabung für eine Vereinheitlichung gibt. Dies hat auch die Europäische Kommission zwischenzeitlich erkannt (vgl. Mitteilung der EU-Kommission vom 15.12.2011). In absehbarer Zeit ist aber weder mit einer Harmonisierung des Rechts, einer Erweiterung der Anrechnungsmöglichkeit ausländischer Erbschaftsteuer noch mit dem Abschluss weiterer Doppelbesteuerungsabkommen zu rechnen. Bei international strukturiertem Vermögen sind daher neben der laufenden ertragsteuerlichen Belastung auch die erbschaftsteuerlichen Folgewirkungen bei der Entscheidung über die Anlage des Vermögens zu berücksichtigen. Teilweise kann eine Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer bereits durch Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft, die das ausländische Vermögen hält, vermieden werden.

Erbrecht

Erbschaftsteuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen gemäß § 13a f. ErbStG: Unmittelbare Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; Übertragung eines Kommanditanteils unter Vorbehalt eines Quotennießbrauchs

Andrea Seemann, Steuerberaterin

BFH, Urteil vom 11.06.2013 – II R 4/12:

Ein Erblasser oder Schenker war nur dann i.S.d. § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F. unmittelbar am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft beteiligt, wenn er zivilrechtlich deren Gesellschafter war.

BFH, Urteil vom 16.05.2013 – II R 5/12:

Behält sich der Schenker bei der freigebigen Zuwendung einer Kommanditbeteiligung den Nießbrauch zu einer bestimmten Quote hiervon einschließlich der Stimm- und Mitverwaltungsrechte vor und vermittelt daher der mit dem Nießbrauch belastete Teil der Kommanditbeteiligung dem Erwerber für sich genommen keine Mitunternehmerstellung, können für diesen Teil die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG vor 2009 nicht beansprucht werden.

I. Problemstellungen und praktische Bedeutung

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist bei der Übertragung von Anteilen an Familienunternehmen durch Schenkung oder von Todes wegen ein wesentlicher Liquiditäts- und Kostenfaktor. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünstigung für Betriebsvermögen (derzeit 85 %ige bzw. auf Antrag 100 %ige Freistellung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer) ist daher von großer Bedeutung. Der Bundesfinanzhof hat sich in zwei Urteilen erneut mit den Voraussetzungen der erbschaftsteuerlichen Begünstigung für Betriebsvermögen

II. BFH – II R 4/12 zur Unmittelbarkeit bei einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung

Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F. bzw. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG n.F. ist die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nur dann dem erbschaftsteuerlich begünstigten Betriebsvermögen zuzurechnen, wenn der Schenker bzw. Erblasser, ggf. bei Poolung gemeinsam mit weiteren Gesellschaftern, eine unmittelbare Beteiligung von mehr als 25 % hält.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger war Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, die wiederum Anteile an Kapitalgesellschaften hielt. Er schenkte seinen Kindern und seiner Ehefrau einen Anteil an dieser vermögensverwaltenden Personengesellschaft. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Steuerfestsetzung die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen aufgrund der fehlenden Unmittelbarkeit der Beteiligung nicht. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Rechtsauffassung des Finanzamts.

Entscheidungsgründe:

Die Personengesellschaft war weder gewerblich tätig noch gewerblich geprägt, sodass die Begünstigung für gewerbliches oder freiberufliches Vermögen gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. bzw. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F. nicht anwendbar war. Es blieb als mögliche Begünstigung die Befreiung für die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Es stellte sich folglich die Frage, ob eine vermögensverwaltende Personengesellschaft für erbschaftsteuerliche Zwecke als transparent betrachtet und das von der Personengesellschaft gehaltene Vermögen auch für die Frage der Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünsti- gung unmittelbar den Gesellschaftern zugerechnet werden kann. Ertragsteuerlich wird eine Personengesellschaft, die nicht gewerblich tätig ist, gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als transparent eingestuft und die von der Personengesellschaft gehaltenen Vermögensgegenstände werden anteilig den Gesellschaftern zugerechnet. Erbschaftsteuerlich wird nach Ansicht des Bundesfinanzhofs hingegen nicht durch die Personengesellschaft durchgeblickt. Da der Kläger selbst zivilrechtlich nicht Gesellschafter der Kapitalgesellschaft war, konnte die Steuerbefreiung gemäß § 13a ErbStG für die Übertragung nicht beansprucht werden. Diese Ansicht entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung.

Weitere Hinweise:

Die vorstehende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist nicht nur bei der Übertragung von Anteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zu beachten, sondern auch dann, wenn der Erblasser oder Schenker aus anderen Gründen nicht unmittelbar zivilrechtlicher Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist. Werden die Anteile an der Kapitalgesellschaft beispielsweise von einem Dritten als Treuhänder gehalten, fehlt es an einer zivilrechtlichen Gesellschafterstellung des Schenkers oder Erblassers. Die Übertragung der Treugeberstellung an einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung wäre erbschaftsteuerlich nicht begünstigt. Vorsicht ist auch geboten, wenn im Betriebsvermögen lediglich mittelbar Anteile an einer Kapitalgesellschaft gehalten werden. Die Treugeberstellung beispielsweise wäre erbschaftsteuerlich als sogenanntes Verwaltungsvermögen einzustufen, da es an einer unmittelbaren Beteiligung von mehr als 25 % fehlt. Die vorstehenden Ausführungen gelten nicht für die Übertragung von ertragsteuerlichem Betriebsvermögen, z.B. für die Übertragung eines Anteils an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft. Insoweit fehlt es im Gesetz an einem Unmittelbarkeitserfordernis.

III. BFH – II R 5/12 zur Steuerbegünstigung für Betriebsvermögen bei Übertragung eines Kommanditanteils unter Vorbehalt eines Quotennießbrauchs

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Begünstigung für Betriebsvermögen sowohl gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. als auch § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F. bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils ist, dass der Beschenkte bzw. Erbe sowohl Mitunternehmerinitiative als auch Mitunternehmerrisiko entfalten kann, also der Anteil auch nach der Übertragung weiterhin im steuerlichen Sinne ein Mitunternehmeranteil ist. Bei einer Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt, also der Übertragung unter Zurückbehaltung der laufenden Erträge und meist auch gewisser Stimmrechte, stellt sich immer wieder die Frage, ob der Erwerber Mitunternehmer wird und damit die Übertragung begünstigt ist. Bisher war unklar, ob dieses Risiko dadurch vermieden werden kann, dass sich der Nießbrauch nicht auf den gesamten Mitunternehmeranteil erstreckt, sondern lediglich ein sog. Quotennießbrauch bestellt wird. Bei einem Quotennießbrauch stehen dem Erwerber zumindest bezüglich des unbelasteten Teils die Erträge und Stimmrechte uneingeschränkt zu.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger war Kommanditist einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft. Er übertrug einen Teil seines Kommanditanteils an seine Tochter und behielt sich an diesem Kommanditanteil den Quotennießbrauch i.H.v. ca. 93 % vor. Insoweit als der geschenkte Kommanditanteil mit dem Nießbrauch belastet war, sollten dem Kläger die Stimm- und Mitverwaltungsrechte zustehen. Er war u.a. bevollmächtigt, diese Stimmrechte auszuüben. Das Finanzamt gewährte die erbschaftsteuerliche Begünstigung nur für den nicht mit Nießbrauch belasteten Teilkommanditanteil. Die Klage hiergegen blieb ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Zunächst stellt der Bundesfinanzhof fest, dass die erbschaftsteuerliche Begünstigung beim Erwerb von Betriebsvermögen an die Fortführung des Unternehmens geknüpft ist. Dies bedeutet bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteils, dass der Erwerber Mitunternehmer werden muss. Es genügt nicht, wenn der Erwerber bereits vor dem Erwerb einen Mitunternehmeranteil an der Gesellschaft gehalten hat und bezüglich dieses Anteils Mitunternehmer geworden ist. Der zivilrechtliche Grundsatz der Unteilbarkeit bzw. Einheitlichkeit der Mitgliedschaft gilt insoweit also nicht für die steuerliche Betrachtung. Auch wenn ein Gesellschaftsanteil übertragen wird, der teilweise mit einem Nießbrauch belastet ist, muss sowohl der unbelastete Anteil als auch der belastete Anteil für sich eine Mitunternehmerstellung vermitteln. Es ist nicht ausreichend, dass der Bedachte bezüglich des nicht mit dem Nießbrauch belasteten Teils des übertragenen Gesellschaftsanteils Mitunternehmer wird. Im Rahmen des Quotennießbrauchs hat sich der Kläger die Stimm- und Mitverwaltungsrechte in der Kommanditgesellschaft umfassend vorbehalten. Er wurde von seiner Tochter, der Beschenkten, zur Ausübung der Stimmrechte bevollmächtigt. Seine Tochter hat sich verpflichtet, von ihrem eigenen Stimmrecht insoweit keinen Gebrauch zu machen bzw. ersatzweise auf Wunsch des Klägers nach dessen Weisungen zu handeln. Bei Zuwiderhandlung konnte die Schenkung widerrufen werden. Damit wurde die Beschenkte ertragsteuerlich bezüglich des belasteten Anteils nicht Mitunternehmerin. Die schenkungsteuerliche Begünstigung konnte insoweit nicht gewährt werden.

Weitere Hinweise:

Im Weiteren bekräftigt der BFH seine Rechtsprechung, dass ein nach den (dispositiven) Vorgaben des BGB ausgestalteter Nießbrauch die Stellung des Gesellschafters als Mitunternehmer nicht entfallen lässt. Weiterhin offen bleibt aber, welche Stimmrechte dem Nießbraucher zugewiesen werden können, um den Nießbraucher steuerlich als Mitunternehmer zu qualifizieren ohne die Mitunternehmerstellung des Gesellschafters zu gefährden. In der Praxis werden regelmäßig die laufenden Stimmrechte dem Nießbraucher zugeordnet, während der Gesellschafter die Stimmrechte bezogen auf außerordentliche Geschäfte ausübt. Es ist zu empfehlen, die Nießbrauchsgestaltung durch eine verbindliche Auskunft abzusichern.