BGH, Urteil vom 16.04.2013, II ZR 118 / 11
Tatbestand
1 Der Kläger ist Verwalter in dem
Insolvenzverfahren über das Vermögen der A. GmbH & Co. KG (nachstehend
Schuldnerin), das am 1. Januar 2001 eröffnet wurde. Er verlangt mit
seiner am 18. Dezember 2009 beim Landgericht eingegangenen Klage vom
Beklagten, der mit einer Einlage von 150.000 DM einziger Kommanditist der
Schuldnerin ist, die Erstattung von Kapitalertragsteuern und
Solidaritätszuschlägen (nachstehend auch als Zinsabschläge bezeichnet) i.H.v.
von insgesamt 24.589,88 ?, die auf Kapitalerträge der Schuldnerin im Zeitraum
2001 bis 2008 wie folgt abgeführt wurden:
2 Jahr | Kapitalertragssteuer | Solidaritätszuschlag | Summe |
2001 | 3.539,40 € | 194,61 € | 3.734,01 € |
2002 | 6.804,96 € | 374,19 € | 7.179,15 € |
2003 | 2.250,60 € | 123,74 € | 2.374,34 € |
2004 | 1.886,36 € | 103,71 € | 1.990,07 € |
2005 | 1.826,84 € | 100,45 € | 1.927,29 € |
2006 | 2.447,11 € | 134,57 € | 2.581,68 € |
2007 | 2.635,88 € | 144,96 € | 2.780,84 € |
2008 | 1.917,08 € | 105,42 € | 2.022,50 € |
Summe | 23.308,23 € | 1.281,65 € | 24.589,88 € |
3 Das Landgericht hat der Klage nur
hinsichtlich der seit dem Jahr 2005 abgeführten Zinsabschläge in Höhe von
9.312,31 ? nebst Zinsen stattgegeben und den Anspruch des Klägers im Übrigen
für verjährt gehalten. Die dagegen gerichteten Berufungen beider Parteien hat
das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht
zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag in Höhe der
restlichen 15.277,57 ? nebst Zinsen weiter.
Gründe
4 Die Revision hat keinen Erfolg.
5 I. Über die Revision des Klägers ist,
obwohl der Beklagte im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten war,
durch streitiges Endurteil (unechtes Versäumnisurteil), nicht durch
Versäumnisurteil, zu entscheiden, da sich die Revision auf der Grundlage des
von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist
(vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 1993 – XII ZR 239/91 , NJW 1993,
1788; Urteil vom 13. März 1997 – I ZR 215/94 , NJW 1998, 156, 157; Urteil
vom 12. Juli 2011 – II ZR 28/10 , BGHZ 190, 242 Rn. 6
).
6 II. Das Berufungsgericht hat seine
Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
7 Dem Kläger stehe gegen den Beklagten ein
bereicherungsrechtlicher Erstattungsanspruch in Höhe der Zinsabschläge für die
Jahre 2005 bis 2008 zu. Der Beklagte sei als einziger Kommanditist der
Schuldnerin nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 , § 43 Abs. 1 Nr. 7 , §
2 Abs. 1 Nr. 2 , § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG
Schuldner der auf die Insolvenzmasse zu entrichtenden Kapitalertragsteuer und
des Solidaritätszuschlags. Mit der Abführung dieser Steuer tilge die
Gesellschaft nicht eine eigene, sondern die Steuerschuld des Gesellschafters,
dem die Zinsabschläge nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 , Abs. 4 EStG
auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen oder bei einem Überschuss an diesen
auszukehren seien. Die Abführung des Zinsabschlags komme bei der werbenden
Gesellschaft einer Einnahme der Gesellschaft und einer Entnahme des
Gesellschafters gleich, zu der der Beklagte bis zur Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nach § 15 Abs. 4 des
Gesellschaftsvertrags berechtigt gewesen sei. In der Insolvenz der
Personenhandelsgesellschaft ändere sich an der steuerrechtlichen Situation
grundsätzlich nichts. Allerdings gehöre der gesamte Kapitalertrag zur Insolvenzmasse
und das Entnahmerecht des Gesellschafters sei entfallen. Einen anderen
zivilrechtlichen Grund, den mit der Abführung des Zinsabschlags verbundenen
geldwerten Vorteil behalten zu dürfen, gebe es nicht.
8 Der Erstattungsanspruch der Schuldnerin
könne zwar weder aus dem Gesellschaftsvertrag hergeleitet werden noch bestehe
wegen der Nichterstattung des Zinsabschlags ein Schadenersatzanspruch gegen den
Gesellschafter wegen Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht. Es
handele sich vielmehr um einen Fall der Eingriffskondiktion, weil der Beklagte
den Vermögensvorteil allein auf Grund der gesetzlichen Pflicht des
Kreditinstituts zur Abführung der Quellensteuer erlangt habe. Diese
Vermögensverschiebung sei wie bei der werbenden Gesellschaft als Entnahme zu
behandeln. Die Rückforderung einer unzulässigen Entnahme erfolge aber nicht auf
gesellschaftsrechtlicher, sondern auf bereicherungsrechtlicher Grundlage.
9 Der Bereicherungsanspruch verjähre nach
§§ 195 , 199 BGB drei Jahre nach dessen Entstehung und der Kenntnis des
Insolvenzverwalters. Für die Kenntnis des Klägers komme es nicht auf den Zugang
der Steuerbescheinigungen an, sondern auf den Zugang der Kontoauszüge, in denen
die Zinsabschläge ausgewiesen würden.
10 Es bestehe auch kein auf Erstattung der
Zinsabschläge für das Jahr 2001 gerichteter Schadenersatzanspruch. Durch das
Verjährenlassen des Bereicherungsanspruchs ändere sich dessen Charakter nicht.
Die Festsetzungsverjährung habe keinen Einfluss auf die Verjährung der
Erstattungsforderung.
11 Zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf
Rückzahlung der Einlage fehle jeder nachvollziehbare Tatsachenvortrag des
Klägers. Im Übrigen habe der Kläger mit dem Verweis auf einen Anspruch auf
Rückzahlung der Einlage oder nach den Vorschriften zur Kapitalerhaltung
erstmals in der Berufung unzulässig neue Streitgegenstände eingeführt.
12 III. Diese Ausführungen halten einer
rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.
13 1. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein
bereicherungsrechtlicher Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf
Erstattung der von der Schuldnerin vor dem Jahr 2005 abgeführten
Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge besteht, wie das
Berufungsgericht zugunsten des Klägers angenommen hat, ob dem Kläger ein
Erstattungsanspruch auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage zusteht, wie die
Revision geltend macht, oder ob das Entnahmerecht des Beklagten auch in der
Insolvenz der Schuldnerin besteht. Ein etwaiger Erstattungsanspruch wäre
jedenfalls gem. §§ 195 , 199 Abs. 1 BGB (für Kapitalerträge in 2001
ggf. in Verbindung mit Art. 226 Abs. 4 Satz 1 EGBGB )
verjährt. Die Verjährungsfrist hätte für den jeweiligen Anspruch bereits mit
der Erhebung der Zinsabschläge und der Kenntnisnahme des Klägers von den entsprechenden
Abzügen begonnen und wäre nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden
Feststellungen des Berufungsgerichts abgelaufen, bevor der Kläger auf die
Hemmung der Verjährung gerichtete Maßnahmen ergriffen hat.
14 a) Nach der Rechtsprechung des Senats ist
bei einer werbenden Personenhandelsgesellschaft die gem. § 43 Abs. 1
Satz 1 EStG durch Abzug auf Kapitalerträge der Gesellschaft erhobene
Einkommensteuer (Kapitalertragsteuer) vermögensmäßig als Abzug von
Gesellschaftskapital anzusehen und durch deren steuerliche Anrechnung auf die
Einkommensteuer des Gesellschafters wie eine Entnahme ihres Gesellschafters zu
behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1995 – II ZR 42/94 , ZIP
1995, 462, 464). Der Abzug der Kapitalertragsteuer von den Kapitalerträgen der
ihrerseits nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen
Personenhandelsgesellschaft bewirkt im Hinblick auf die Anrechnung nach § 36
Abs. 2 Nr. 2 EStG eine Vorauszahlung auf die
Einkommensteuerschuld der Gesellschafter als Mitunternehmer nach § 2
Abs. 1 Satz 1 , § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ,
die entweder zur Minderung der Einkommensteuerschuld des Gesellschafters oder
zu einer Steuererstattung nach § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG führt.
Der hierdurch erlangte Vorteil kann zivilrechtlich nicht anders bewertet
werden, als sei der Gesellschaft zunächst der gesamte Kapitalertrag zugeflossen
und sodann von ihr im Umfang der Kapitalertragsteuer zur Leistung einer
Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld der Gesellschafter verwendet worden
(vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1995 – II ZR 42/94 , ZIP 1995, 462,
464). Ob die Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter einen Anspruch darauf hat,
dass er ihr den einbehaltenen Teil der Kapitalertragsteuer erstattet, richtet
sich sodann nach dem Gesellschaftsvertrag ( BGH, Urteil vom 30. Januar
1995 – II ZR 42/94 , ZIP 1995, 462, 464). Diese Grundsätze gelten
entsprechend für die Erhebung der Solidaritätszuschläge ( § 1
Abs. 2 SolZG 1995).
15 Ob ein im Gesellschaftsvertrag
hinsichtlich der einbehaltenen Steuerbeträge vereinbartes Entnahmerecht des
Gesellschafters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der
Personenhandelsgesellschaft entfällt, der Insolvenzverwalter für die
Insolvenzmasse dann den vollen Kapitalertrag beanspruchen kann und der
Gesellschafter ihm somit – wie das Berufungsgericht angenommen hat – die auf
den Kapitalertrag erhobene Einkommensteuer zu erstatten hat, wird
unterschiedlich beurteilt. In der Rechtsprechung und von einem Teil des
Schrifttums wird mit unterschiedlicher Begründung ein Erstattungsanspruch der
Insolvenzmasse gegen den Gesellschafter bejaht (vgl. OLG Dresden, GmbHR 2005,
238, 239 [OLG Dresden 29.11.2004 – 2 U 1507/04] ; LG Freiburg, ZIP 1999,
2063, 2064 f.; MünchKommInsO/Kling/Schüppen/Ruh, 2. Aufl.,
Insolvenzsteuerrecht Rn. 65, 70; Mitlehner, NZI 2002, 143, 145; Onusseit,
EWiR 1999, 1169, 1170; Onusseit/ Kunz, Steuern in der Insolvenz, 2. Aufl.,
Rn. 577, 591), teils nur unter der Voraussetzung, dass der Zinsabschlag
zur Anrechnung auf die Steuerschuld des Gesellschafters gelangt (vgl. Boochs in
FK-InsO, 7. Aufl., § 155 Rn. 691; Schöne/Ley, DB 1993, 1405, 1410).
Von einem anderen Teil des Schrifttums wird dagegen erwogen, dem Gesellschafter
zur Vermeidung unangemessener Zurechnungsfolgen ein gesetzliches
Steuerentnahmerecht entsprechend § 110 HGB zuzugestehen, das er auch im
Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft ausüben kann und das aus
der Masse zu bedienen ist (vgl. K. Schmidt, Festschrift 50 Jahre
Arbeitsgemeinschaft der Fachanwälte für Steuerrecht e.V., 1999, S. 193,
198 ff.; Fischer in Westermann, Hdb Personengesellschaften, 54. Lfg., §
11 Rn. 1542, 1547 ff.; zu den sich aus dem Steuerabzug
ergebenden zivil- und steuerrechtlichen Problemen vgl. ferner BFH, BFHE 177,
257, 262 [BFH 15.03.1995 – I R 82/93] ; Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz,
7. Aufl., S. 166 f.; Kahlert in Kahlert/Rühland, Sanierungs- und
Insolvenzsteuerrecht, 2. Aufl., Rn. 9.835 f.; Olbing, Steuerrecht in
der Insolvenz, 2010, S. 78 f.; J. Roth, Insolvenz Steuerrecht, 2011,
Rn. 4.159; Uhländer in Waza/Uhländer/ Schmittmann, Insolvenzen und
Steuern, 9. Aufl., Rn. 1564; Benne, BB 2001, 1977, 1982; Neumann in
Beermann/Gosch, AO, § 251 Rn. 86).
16 b) Der Senat muss die Frage, ob und
gegebenenfalls auf welcher Rechtsgrundlage der Gesellschafter zur Erstattung
von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlägen verpflichtet ist, die auf
Kapitalerträge der Insolvenzmasse abgezogen worden sind, im Streitfall nicht
entscheiden. Ein auf Erstattung der abgeführten Zinsabschläge gerichteter
Anspruch des Klägers wäre, wenn man ihn bejahen wollte, unabhängig von seiner
rechtlichen Einordnung als bereicherungsrechtlicher oder aus dem
Gesellschaftsvertrag abgeleiteter Anspruch innerhalb von drei Jahren nach
seiner Entstehung verjährt ( §§ 195 , 199 Abs. 1 BGB ; Art. 229
§ 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB ).
17 aa) Entgegen der Ansicht der Revision wäre
ein Erstattungsanspruch bereits mit der Abführung der Zinsabschläge
entstanden.
18 (1) Ein Anspruch ist im Sinne von § 199
Abs. 1 Nr. 1 BGB entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht
und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann ( BGH, Urteil vom
16. September 2010 – IX ZR 121/09 , ZIP 2010, 2164 Rn. 22
mwN; für § 198 Satz 1 BGB aF: BGH, Urteil vom 17. Februar
1971 – VIII ZR 4/70 , BGHZ 55, 340, 341 ). Dies ist regelmäßig der Fall,
wenn die Leistung fällig ist, § 271 Abs. 1 BGB ( BGH, Beschluss vom
25. Januar 2012 – XII ZB 461/11 , NJW-RR 2012, 579 Rn. 14;
vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Mai 2010 – III ZR 209/09 , BGHZ 185,
310 Rn. 21 ).
19 (2) Der auf Erstattung einer
unberechtigten Entnahme gerichtete Anspruch der Gesellschaft ist, wie sich aus
§ 111 HGB ergibt, mit Herausnahme des Geldes aus der Gesellschaftskasse
fällig (Goette in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., §
111 Rn. 24 mwN). Wird – wie im Streitfall zu unterstellen – eine
einer unberechtigten Entnahme gleichkommende Vermögensverschiebung dadurch
bewirkt, dass die Gesellschaft durch die Abführung von Zinsabschlägen eine
Vorauszahlung auf eine Steuerschuld des Gesellschafters leistet, entsteht der
Anspruch der Gesellschaft auf Erstattung des Geleisteten bereits mit der den
Anrechnungsanspruch des Gesellschafters gem. § 36 Abs. 2
Nr. 2 EStG auslösenden Erhebung der Kapitalertragsteuer. Mit der
Entstehung des Anrechnungsanspruchs ist die für den Erstattungsanspruch
maßgebliche Vermögensverschiebung zu Gunsten des Gesellschafters bewirkt.
20 (3) Entgegen der Ansicht der Revision ist
der Senatsentscheidung vom 30. Januar 1995 ( II ZR 42/94 , ZIP 1995, 462)
nicht zu entnehmen, dass der Anspruch stets nur in dem Umfang be- und entsteht,
in welchem dem Gesellschafter die von der Gesellschaft abgeführten
Zinsabschläge tatsächlich vom Finanzamt aufgrund deren Geltendmachung im Rahmen
seiner Einkommensteuererklärung angerechnet worden sind. Die von der Revision
in Bezug genommenen Ausführungen des Senats sind vor dem Hintergrund der im
damaligen Streitfall maßgeblichen Regelung im Gesellschaftsvertrag der
werbenden Gesellschaft zu sehen, nach der ein Steuerentnahmerecht der beklagten
Kommanditistin nur beschränkt auf die von ihr tatsächlich zu entrichtenden
persönlichen Steuern bestand. Danach war die in Anspruch genommene
Gesellschafterin befugt, den auf ihre persönliche Steuerlast entfallenden
Anteil der Kapitalertragsteuer zu entnehmen und der Anspruch der Gesellschaft
war von vornherein auf den Teil der von der Gesellschaft abgeführten Steuer
begrenzt, der bei der Gesellschafterin zu einem Erstattungsanspruch gegen das
Finanzamt führte. Nur deshalb entstand im dortigen Fall ein Erstattungsanspruch
der Gesellschaft erst zu einem Zeitpunkt, zu dem aufgrund des
Einkommensteuerbescheids der Gesellschafterin feststand, dass sie einen
Erstattungsanspruch gegen das Finanzamt hatte. Dies ändert jedoch nichts daran,
dass auch im dortigen Fall die Gesellschafterin bereits mit der Erhebung der
Kapitalertragsteuer einen Vermögensvorteil in Gestalt des Anrechnungsrechts
nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG erlangt hatte (vgl. BGH, Urteil vom
30. Januar 1995 – II ZR 42/94 , ZIP 1995, 462, 464; Palandt/Sprau,
BGB, 72. Aufl., § 812 Rn. 10; siehe auch BFH, DStR 1994, 97; BFH,
DStR 1996, 1526; Uhländer in Waza/Uhländer/ Schmittmann, Insolvenzen und
Steuern, 9. Aufl., Rn. 1566).
21 bb) Nach den von der Revision nicht
angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Kläger von der
Erhebung der Zinsabschläge für die Jahre 2001 bis 2004 vor dem
31. Dezember 2005 Kenntnis. Er kannte damit die mögliche
Erstattungsansprüche der Schuldnerin begründenden Tatsachen, so dass diese
Ansprüche spätestens mit dem Ablauf des Jahres 2008 verjährt wären, ohne dass
der Kläger auf die Hemmung der Verjährung gerichtete Maßnahmen ergriffen
hat.
22 2. Einen Schadenersatzanspruch gegen den
Beklagten bezüglich der Zinsabschläge für das Jahr 2001 wegen der
Nichtrealisierung des Anrechnungsrechts gem. § 36 Abs. 2
Nr. 2 EStG hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint.
Wie oben unter III. 1. c) bb) aufgezeigt, würde ein – vom Berufungsgericht
angenommener – Anspruch der Gesellschaft auf Erstattung der aus ihren Zinseinkünften
abgeführten Kapitalertragsteuern unabhängig davon bestehen, ob der
Gesellschafter sein daraus folgendes Anrechnungsrecht gem. § 36 Abs. 2
Nr. 2 EStG wirtschaftlich im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung
verwertet (aA OLG Dresden, GmbHR 2005, 238, 240 [OLG Dresden 29.11.2004 –
2 U 1507/04] ). Der Gesellschafter ist damit unter dem Gesichtspunkt der
gesellschafterlichen Treuepflicht schon nicht verpflichtet, sein
Anrechnungsrecht zu realisieren. Vor allem entsteht der Gesellschaft aber durch
die Nichtrealisierung kein Schaden.
23 3. Entgegen den Rügen der Revision hat das
Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei davon abgesehen, die Berechtigung des
Klageanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer Haftung des Beklagten gem. §§ 171
, 172 HGB und entsprechend §§ 30 , 31 GmbHG zu prüfen. Der Senat hat
die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen geprüft und nicht für durchgreifend
erachtet ( § 564 ZPO ).
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