BGH, Urteil vom 06.07.2012, V ZR 122 / 11

 

Tatbestand

Mit notariellem
Vertrag vom 11. April 1980 übertrug die im Jahre 2007 verstorbene Mutter der
Parteien ihren ¾ Miteigentumsanteil des zu einem Gut gehörenden Grundbesitzes
im Wege vorweggenommener Erbfolge auf den Beklagten, dem bereits ¼
Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz gehörte.

In dem Vertrag
verpflichtete sich der Beklagte dazu, die Grundstücke während eines Zeitraums
von 35 Jahren, hilfsweise von 30 Jahren – mit Ausnahme einer Übertragung an
leibliche, eheliche Abkömmlinge – nicht zu veräußern (§ 4 Nr. 1). Der
Verstoß gegen das Veräußerungsverbot sollte den Rückfall der betroffenen Ländereien
an den Veräußerer zur Folge haben (§ 4 Nr. 2). Das Veräußerungsverbot
sollte nach dem Tod der Veräußerin fortbestehen und danach der Rückfallanspruch
dem Kläger zustehen (§ 4 Nr. 3). Der Anspruch auf Rückübertragung
sollte auch bei Eingriffen Dritter, wie Pfändungen, ebenso bei Verpfändungen
wirksam werden (§ 4 Nr. 5). Zur Sicherung des Rückübertragungsanspruchs
wurden die betroffenen Grundstücke mit Vormerkungen belastet.

Nach Eintragung von
Zwangssicherungshypotheken auf drei Grundstücken hat der Kläger von dem
Beklagten die Rückauflassung eines dieser Grundstücke verlangt. Mit der
Widerklage verlangt der Beklagte von dem Kläger, die Löschung der auf den
anderen Grundstücken des Guts eingetragenen Vormerkungen zu bewilligen. Das
Landgericht hat der Klage durch Teilurteil stattgegeben und die Widerklage
durch Schlussurteil abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat der Widerklage – unter
Zurückweisung des Löschungsanspruchs für die zwei weiteren mit
Zwangssicherungshypotheken belasteten Grundstücke – stattgegeben. Mit der von
dem Senat zugelassenen Revision will der Kläger auch im Übrigen die Abweisung
der Widerklage erreichen.

Gründe

I.

Das Berufungsgericht
meint, dass der Beklagte von dem Kläger nach § 886 BGB oder § 894 BGB
die Zustimmung zur Löschung der Vormerkungen auf den Grundstücken verlangen könne,
die bis zum 1. Juli 2010 weder veräußert, verpfändet noch von Dritten mit
Pfandrechten belastet worden seien.

Das Verfügungsverbot
sei nämlich an diesem Tage, 30 Jahre nach dem im Übergabevertrag vereinbarten
Zeitpunkt für den Übergang des Besitzes, der Nutzungen und der Lasten,
erloschen. Die primär vereinbarte Bindungsfrist von 35 Jahren komme nicht zum
Tragen, weil Unterlassungsverpflichtungen nach § 137 Satz 2 BGB nach
Ablauf von 30 Jahren nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unwirksam würden. Aber
auch dann, wenn man eine solche allgemeine zeitliche Begrenzung für
schuldrechtlich wirkende Verfügungsverbote verneine, sei die primär vereinbarte
35jährige Bindungsfrist unwirksam, da die nach § 138 Abs. 1 BGB zulässige
zeitliche Grenze für ein Verfügungsverbot, das dem Zweck diene, den übertragenen
Grundbesitz im Familienbesitz zu halten, nach 30 Jahren erreicht sei. Der durch
eine Vormerkung gesicherte Rückübertragungsanspruch verleihe dem
schuldrechtlichen Verfügungsverbot eine gewisse dingliche Wirkung, welche die
Kernbefugnisse des Eigentümers betreffe, wobei sich hier eine zusätzliche besondere
Belastung schon daraus ergebe, dass dem Beklagten bereits vor der Übertragung
ein ¼ Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz gehört habe. Die Bindung durch das
Verfügungsverbot sei deshalb gemäß dem Rechtsgedanken der erbrechtlichen
Vorschriften (§ 2044 Abs. 2 Satz 1, § 2109 Abs. 1 Satz 1, § 2162
Abs. 1, § 2210 Satz 1 BGB) mit Ablauf von 30 Jahren weggefallen.

II.

Das hält
revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Widerklage ist nicht deshalb
begründet, weil bereits 30 Jahre seit dem Wirksamwerden des
Unterlassungsanspruchs vergangen sind.

1. Richtig ist, dass
der Beklagte, soweit innerhalb der vereinbarten Frist nicht gegen das
schuldrechtliche Veräußerungs- und Belastungsverbot (§ 137 Satz 2 BGB)
verstoßen worden ist, nach Fristablauf von dem Widerbeklagten die Zustimmung
zur Löschung der auf seinen Grundstücken eingetragenen Vormerkungen verlangen
kann. Worauf dieser Anspruch beruht, kann offen bleiben.

a) Er ergäbe sich aus § 894
BGB, wenn mit dem Ablauf der Befristung für das Verbot zugleich der durch die
Vormerkung gesicherte Rückübertragungsanspruch erloschen wäre. Mit dem
gesicherten Anspruch erlischt auch die akzessorische Vormerkung (vgl.
Senatsurteile vom 15. Dezember 1972 – V ZR 76/71, BGHZ 60, 46, 50 und vom 26.
November 1999 – V ZR 432/98, BGHZ 143, 175, 181), und das Grundbuch wird
unrichtig (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 1972 – V ZR 76/71, aaO und vom
28. Oktober 1989 – V ZR 94/87, NJW-​RR 1989, 201).

b) § 886 BGB wäre
dagegen einschlägig, wenn nur das schuldrechtliche Verfügungsverbot, jedoch
nicht der gesicherte Rückübertragungsanspruch befristet wäre. Der Grundeigentümer
kann nach § 886 BGB von dem Gläubiger die Beseitigung der Vormerkung
verlangen, wenn der gesicherte Anspruch zwar noch besteht, aber demjenigen,
dessen Grundstück oder Recht von der Vormerkung betroffen ist, eine die
Geltendmachung des Anspruchs auf Dauer ausschließende materiell-​rechtliche
Einrede zusteht (vgl. BayObLGZ 1997, 223, 226).

2. Das Verfügungsverbot
ist – entgegen der von dem Berufungsgericht vertretenen Ansicht – nicht bereits
infolge Zeitablaufs erloschen. Unterlassungsverpflichtungen nach § 137
Satz 2 BGB werden nicht nach 30 Jahren nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen
unwirksam.

a) Das Berufungsgericht
ist allerdings einer im Schrifttum weit verbreiteten Auffassung gefolgt, nach
der schuldrechtliche Verfügungsverbote mit Ablauf von 30 Jahren erlöschen (Großfeld/Gersch,
JZ 1988, 937, 943 f.; Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen,
S. 116 f.; MünchKomm-​BGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 137 Rn. 25;
Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 137 Rn. 5; Wiesmann, Zur
Tragweite des § 137 BGB, S. 101 f.). Gestützt wird diese
Auffassung – bei Unterschieden in der Begründung im Einzelnen – auf eine Rechtsanalogie
zu den Vorschriften in § 462 Satz 1, § 544, § 2044 Abs. 2
Satz 1, § 2109 Abs. 1, § 2262 Abs. 2 Satz 1, § 2210
Satz 1 BGB (MünchKommBGB/Armbrüster, § 137, 6. Aufl., aaO, mwN).

b) Andere verweisen
darauf, dass es keinen allgemeinen Rechtssatz gibt, der die Geltung
vertraglicher Verpflichtungen auf eine Frist von 30 Jahren begrenzt (Schack, JZ
1989, 609, 612; Staudinger/Kohler, BGB [2011], § 137 Rn. 45), und
daher auch rechtsgeschäftliche Verfügungsverbote nach § 137 Satz 2 BGB
nicht schon wegen Ablaufs dieser Frist erlöschen, weil dem vereinbarten
Untersagungsanspruch auch noch nach dieser Zeit ein anerkennenswertes Interesse
zugrunde liegen könne (Staudinger/Kohler, BGB [2011], § 137 Rn. 45;
Schippers, MittRhNotK 1998, 69, 73).

c) Die letztgenannte
Auffassung ist richtig. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält keine Bestimmung zur
höchstzulässigen Geltungsdauer vertraglicher Verpflichtungen nach § 137
Satz 2 BGB.

aa) Eine zeitliche
Obergrenze lässt sich (entgegen Großfeld/Gersch, JZ 1988, 937, 944 und
Wiesmann, aaO) nicht daraus ableiten, dass durch langfristige
Unterlassungsverpflichtungen nach § 137 Satz 2 BGB die Bestimmung in § 137
Satz 1 BGB unterlaufen werde. Angesichts der ausdrücklichen Regelung in § 137
Satz 2 BGB, nach der die Wirksamkeit schuldrechtlicher
Unterlassungsverpflichtungen nicht davon berührt wird, dass nach Satz 1 BGB die
Verfügungsbefugnis des Rechtsinhabers durch ein Rechtsgeschäft nicht mit
dinglicher Wirkung ausgeschlossen werden kann, sind schuldrechtlich wirkende
Verfügungsverbote, auch wenn sie für eine lange Zeit vereinbart werden, nicht
als Umgehung von § 137 Satz 1 BGB anzusehen. Diese Norm bezweckt zudem
nicht den Schutz der persönlichen Freiheit des Rechtsinhabers, sondern dient
der Sicherung des numerus clausus der Sachenrechte und der Zwangsvollstreckung
(Senatsbeschluss vom 5. Dezember 1996 – V ZB 27/96, BGHZ 134, 182, 186 mwN),
die der Gesetzgeber durch allein schuldrechtlich wirkende Verfügungsbeschränkungen
nicht als gefährdet angesehen hat.

bb) Eine Höchstdauer
von 30 Jahren für schuldrechtliche Verfügungsverbote lässt sich (entgegen
Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S. 117) auch nicht
daraus herleiten, dass für unbefristete Wiederkaufsrechte eine solche Frist
gilt (§ 462 Satz 1 BGB). Diese Vorschrift enthält schon deshalb kein
gesetzliches Leitbild für eine 30jährige Höchstdauer vereinbarter
Unterlassungsverpflichtungen nach § 137 Satz 2 BGB (so jedoch Berger,
aaO), weil die gesetzliche Ausschlussfrist für das Wiederkaufsrecht subsidiär
ist und die Vertragsparteien auch längere, über 30 Jahre hinausgehende Fristen
für die Geltendmachung eines Wiederkaufsrechts vereinbaren können
(Senatsurteile vom 21. April 1967 – V ZR 75/64, BGHZ 47, 387, 392 und vom 29.
Oktober 2010 – V ZR 48/10, NJW 2011, 515, 516 Rn. 8).

cc) Aus § 544
BGB, wonach für eine längere Zeit als 30 Jahre abgeschlossene Mietverträge nach
Ablauf von 30 Jahren gekündigt werden können, ergibt sich (entgegen Großfeld/Gersch,
aaO; MünchKomm-​BGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 137 Rn. 25) ebenfalls
keine allgemeine Höchstgrenze für die Dauer schuldrechtlicher Verpflichtungen.
Diese Vorschrift soll „ewige“, vertraglich begründete Nutzungsrechte,
sog. „Erbmieten“ oder ähnliche Verhältnisse, verhindern (RGZ 66, 216,
220; Senatsurteil vom 20. Mai 1994 – V ZR 292/92, NJW-​RR 1994, 971), schließt
jedoch Verpflichtungen für darüber hinausgehende Zeiträume nicht aus (vgl. BGH,
Urteil vom 26. Juni 2008 – I ZR 221/05, NJW 2008, 2995, 2996 Rn. 16 – 40jährige
Haltbarkeitsgarantie).

dd) Schließlich lässt
sich auch nicht aus den Befristungen in erbrechtlichen Vorschriften (§ 2044
Abs. 2 Satz 1, § 2109 Abs. 1, § 2262 Abs. 2 Satz 1, § 2210
Satz 1 BGB) der Rechtssatz herleiten, dass Verpflichtungen nach § 137 Abs. 2
BGB nach Ablauf von 30 Jahren unwirksam werden.

Das Erbrecht beschränkt
die Geltungsdauer bestimmter letztwilliger Verfügungen auf einen Zeitraum von
30 Jahren nach dem Erbfall. Diese Befristungen verfolgen das Ziel, den Erben
nicht 30 Jahre über den Tod des Erblassers hinaus an dessen Anordnungen zu
binden (Schack, JZ 1989, 609, 612). Das Erbrecht trifft jedoch keine
Bestimmungen für die Abreden, welche die Vertragsparteien im Zusammenhang mit
einer Übertragung von Vermögensgegenständen zu Lebzeiten des Übertragenden vereinbaren.
Ihm lässt sich demzufolge auch nicht entnehmen, dass die Geltungsdauer der in
einem Übergabevertrag vereinbarten Unterlassungspflichten nach § 137 Satz
2 BGB auf einen Zeitraum von 30 Jahren nach dem Übergang des Eigentums auf den Übernehmer
begrenzt ist, was im Übrigen zur Folge hätte, dass die Bindung des Übernehmers
unter Umständen schon vor dem Ableben des Übertragenden endete.

Ob Verfügungsbeschränkungen,
zu denen sich der Übernehmer in einem zur vorweggenommenen Erbfolge
abgeschlossenen Übergabevertrag verpflichtet hat, 30 Jahre nach dem Tod des Übergebers
unwirksam werden, weil sich aus dem Erbrecht ein Rechtssatz ergibt, dass der
Erblasser nicht über diesen Zeitraum hinaus über sein Vermögen bestimmen können
soll (so Schack, JZ 1989, 609, 612), kann dahinstehen. Diese Frist endete nämlich
erst im Jahr 2037, mithin lange nach Ablauf der vertraglich vereinbarten 35jährigen
Bindungsfrist.

3. Entgegen der
Ansicht des Berufungsgerichts verstößt ein in einem Übertragungsvertrag dem Übernehmer
auferlegtes Verfügungsverbot nach § 137 Satz 2 BGB auch dann nicht gegen
die guten Sitten, wenn es länger als 30 Jahre dauert. Die 35jährige Bindung des
Beklagten ist nicht deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.

a) Rechtsgeschäftliche
Verfügungsverbote sind allerdings wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138
Abs. 1 BGB nichtig, wenn sie die Verfügungsbefugnis des Schuldners auf übermäßige
Dauer einschränken (Senatsbeschluss vom 5. Dezember 1996 – V ZB 27/96, BGHZ
134, 182, 190). Ob das der Fall ist, ist unter Würdigung aller Umstände,
insbesondere des Maßes der Beeinträchtigung des Schuldners, der Dauer der
Bindung und des durch die Verfügungsbeschränkung geschützten Interesses des Begünstigten
zu entscheiden (vgl. Staudinger/Kohler, BGB [2011], § 137 Rn. 46).

b) Das vereinbarte
Verfügungsverbot mit einer Geltungsdauer von mehr als 30 Jahren stellt sich
nicht – wie das Berufungsgericht meint – deswegen als sittenwidrig dar, weil
der Zweck, dem das Verbot dienen soll, nach Ablauf von 30 Jahren erreicht ist.
Der Zweck, das zum Gut gehörende Grundvermögen im Familienbesitz zu halten, ist
zeitlos. Er ist nicht verwirklicht, wenn der Beklagte in einem Zeitraum von 30
Jahren nach der Übergabe keine den Zweck beeinträchtigenden Verfügungen
vorgenommen hat. Der Beklagte wird dadurch auch nicht unverhältnismäßig
belastet. Er hat mit dem Vertragsschluss das durch das Verfügungsverbot
gesicherte Familieninteresse anerkannt und ist eine entsprechende vertragliche
Bindung gegenüber der Übergeberin und seinen Geschwistern eingegangen, ohne die
er das Vermögen nicht übertragen bekommen hätte.

III.

Das angefochtene
Urteil ist deshalb aufzuheben, soweit darin der Widerklage stattgegeben worden
ist. Die Sache ist jedoch insoweit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen,
da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1
Satz 1 ZPO).

1. Die
Sittenwidrigkeit eines Verfügungsverbots nach § 137 Satz 2 BGB kann sich nämlich
nicht nur aus der Dauer, sondern auch aus dem Umfang der Verfügungsbeschränkung
ergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Dezember 1996 – V ZB 27/96, BGHZ 134,
182, 190). Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt ist die Zulässigkeit des
vereinbarten Verfügungsverbots allerdings bisher in den Tatsacheninstanzen
nicht geprüft worden.

a) Das wäre hier
jedoch geboten gewesen, weil das in § 4 des Übergabevertrags enthaltene
Verfügungsverbot, das dem Beklagten jedwede Veräußerung oder Verpfändung eines der
zum Gut gehörenden Grundstücke untersagt, wegen übermäßiger Beschränkung der
wirtschaftlichen Handlungsfreiheit nicht sein kann, § 138 Abs. 1 BGB.

b) Vertragliche Verfügungsverbote
nach § 137 Satz 2 BGB beschränken zwar dann die wirtschaftliche Handlungsfreiheit
des Schuldners in der Regel nicht übermäßig, wenn sie sich nur auf einen
Gegenstand beziehen (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Dezember 1996 – V ZB 27/96,
aaO); sie sind aber unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Knebelung des
Schuldners als sittenwidrig anzusehen, wenn sie sich auf dessen gesamtes Vermögen
erstrecken (vgl. Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S. 114;
MünchKomm-​BGB/Armbrüster, 6. Aufl., § 137 Rn. 25; Staudinger/Kohler,
BGB [2011], § 137 Rn. 46).

c) Die Einschränkungen
der Verfügungsbefugnisse des Beklagten durch die in dem Übergabevertrag
vereinbarten Veräußerungs- (§ 4 Nr. 1) und Verpfändungsverbote (§ 4
Nr. 4) liegen dazwischen. Das Verfügungsverbot erfasst zwar das gesamte
Immobiliarvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einschließlich
des dem Beklagten bereits zuvor gehörenden ¼ Anteils; es erstreckt sich aber
nicht auf das bewegliche Betriebs- und auf das Privatvermögen.

aa) Die Zulässigkeit
solcher Verfügungsbeschränkungen wird allerdings im Schrifttum meistens bejaht
(Faßbender, DNotZ 1986, 67, 75; von Hoyenberg, Vorweggenommene Erbfolge, Rn. 204;
Krauß, Überlassungsverträge in der Praxis, Rn. 1559; Wegmann, Grundstücksüberlassung,
2. Aufl., Rn. 180) und nur von eigenen Autoren als bedenklich angesehen (Lüdtke-​Handjery,
DNotZ 1985, 332, 351; Mayer, Der Übergabevertrag, 2. Aufl., Rn. 228).

bb) Die Rechtsprechung
sieht in solchen Verfügungsbeschränkungen indessen eine wesentliche Einschränkung
bei der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung eines übernommenen Betriebs, zu der
auch die Aufnahme von Krediten und deren dingliche Absicherung gehört (vgl.
Senat, Urteil vom 17. Oktober 2008 – V ZR 14/08, NJW 2009, 1135, 1136 Rn. 8
– zu einem Rentenkaufvertrag; OLG Celle, RdL 2002, 45 – zu einem Hofübergabevertrag).
Ein Verfügungsverbot, das dem Erwerber ohne Ausnahme jede Verfügung über das
Vermögen des Betriebs oder über dessen Grundvermögen untersagt, beschränkt die
wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten des Übernehmers in einem Maße, dass
dieser seine Selbständigkeit und wirtschaftliche Handlungsfreiheit in einem
wesentlichen Teil einbüßt, und stellt sich damit als sittenwidrige Knebelung
dar (vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2008 – V ZR 14/08, aaO).

cc) Verfügungsverbote
in Verträgen zur Übertragung der Grundstücke eines Guts sind, auch wenn sich
der Grundbesitz seit vielen Generationen im Besitz einer Familie befindet,
nicht anders zu beurteilen. Die mit dem Verbot verbundenen Einschränkungen bei
der Bewirtschaftung des Betriebs, die die wirtschaftliche Existenz des Übernehmers
gefährden können (vgl. Lüdtke-​Handjery, DNotZ 1985, 332, 351, Krauß, Überlassungsverträge
in der Praxis, Rn. 1564), stellen sich auch unter Berücksichtigung des
grundsätzlich anzuerkennenden Interesses des Übergebenden, das übertragene Vermögen
weiterhin im Familienbesitz zu halten, als eine unverhältnismäßige Einschränkung
der Selbständigkeit und wirtschaftlichen Handlungsfreiheit des Übernehmers dar.
Sie sind daher nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der Übernehmer von
dem Übergeber nicht die Zustimmung zu einer mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer
Wirtschaft zu vereinbarenden und den Zweck des Verfügungsverbots nicht
wesentlich gefährdenden Verfügung (Veräußerung oder Belastung) verlangen kann.

d) Gemessen daran ist
das Verfügungs- und Belastungsverbot mit dem in § 4 vereinbarten Inhalt
nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Dem Beklagten sind danach alle Veräußerungen
(sofern nicht an eheliche, leibliche Abkömmlinge) und ausnahmslos auch alle
Verpfändungen verboten. Der Rückfallanspruch entsteht bei jedem Verstoß gegen
das Verbot. Der Befugnisse des Übernehmers sind – solange das Verbot gilt – auf
die aus dem Grundvermögen zu ziehenden Nutzungen beschränkt; jede Verfügung über
das Eigentum an den Grundstücken ist ihm dagegen untersagt.

2. Ist ein solches
Verfügungsverbot in einem Übertragungsvertrag vereinbart worden, muss jedoch
geprüft werden, ob die nichtige Verfügungsbeschränkung im Wege einer ergänzenden
Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) um einen Anspruch des Schuldners auf
Zustimmung des Begünstigten zu den ordnungsgemäßer Bewirtschaftung
entsprechenden Verfügungen zu ergänzen ist, um die Nichtigkeit des ganzen
Vertrags zu vermeiden.

a) Die Nichtigkeit des
Verfügungsverbots beträfe nämlich in diesen Fällen den Übergabevertrag
insgesamt, weil vor dem Hintergrund der weitreichenden vertraglichen Regelungen
zum Erhalt des Guts im Familienbesitz nicht davon ausgegangen werden kann, dass
der Vertrag auch ohne eine diesen Zweck sichernde Verfügungsbeschränkung
abgeschlossen worden wäre. Die Gesamtnichtigkeit des Übergabevertrags nach § 139
BGB widerspräche jedoch ersichtlich dem Willen der Vertragsparteien. Sie führte
nämlich oft dazu, dass mit dem Tod des Übergebers auf den Nachlass das
gesetzliche Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden wäre, was zum
Entstehen einer Miterbengemeinschaft nach § 2032 BGB und damit in der
Regel zu einer Auseinandersetzung durch Teilung (§ 2049 i.V.m. §§ 750,
751 BGB) führte. Das stünde in einem klaren Gegensatz zu dem mit den Übergabeverträgen
verfolgten Ziel, das gesamte Grundvermögen der Familie ungeteilt auf einen Abkömmling
zu übertragen.

b) Danach wäre von
einer Regelungslücke auszugehen, weil sich die vereinbarte Vertragsbestimmung über
das Verfügungsverbot als nichtig erweist, die Parteien den Übergabevertrag
jedoch nicht ohne eine der unwirksamen Bestimmung vergleichbare Abrede
abgeschlossen hätten (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 1973 – VII ZR 140/71, BGHZ
60, 353, 362, vom 30. Oktober 1974 – VIII ZR 69/73, BGHZ 63, 132, 135; vom 1.
Februar 1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 77 und vom 3. November 1999 – VIII
ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 120). In diesen Fällen wird es in der Regel dem
Willen der Parteien entsprechen, das unwirksame Verfügungsverbot durch ein
weniger weitreichendes zu ersetzen oder durch einen Anspruch auf Zustimmung zu
ergänzen, um die ersichtlich nicht gewollte Rechtsfolge der Nichtigkeit des Übergabevertrags
insgesamt zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1967 – III ZR 68/66,
FamRZ 1967, 470, 471; Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, 2. Aufl., § 137 Rn. 17;
Staudinger/Kohler, BGB [2011], § 137 Rn. 46).

c) Eine solche Ergänzung
des Vertrags setzt allerdings voraus, dass unter Anlegung des in § 157 BGB
normierten Auslegungsmaßstabs bestimmt werden kann, wie die Parteien den
Vertrag gestaltet hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Abrede bekannt
gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 1973 – VII ZR 140/71, BGHZ 60,
353, 362, vom 30. Oktober 1974 – VIII ZR 69/73, BGHZ 63, 132, 135; vom 1.
Februar 1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 77 und vom 3. November 1999 – VIII
ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 120). Die Vereinbarungen über den Umfang und die
Dauer der Verfügungsbeschränkung sprechen dafür, dass die Vertragsparteien den
von ihnen verfolgten Zweck, das zum Gut gehörende Grundvermögen im Eigentum der
Familie zu halten, so weit wie möglich sichern wollten und daher statt des
unwirksamen Verfügungsverbots die im Rahmen des rechtlich Zulässigen am
weitesten gehende Verfügungsbeschränkung vereinbart hätten. Dem entspräche eine
Regelung, die das vereinbarte Verfügungsverbot um die Abrede ergänzt, dass der Übernehmer
von der Übergeberin eine Zustimmung zu einer Veräußerung oder Belastung
verlangen kann, wenn diese Maßnahme den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft
entspricht und den mit dem Verfügungsverbot verfolgten Zweck, das Eigentum in
der Familie zu halten, nicht wesentlich beeinträchtigt oder gefährdet.

d) Diese rechtlichen
Gesichtspunkte sind bisher von beiden Parteien nicht bedacht und in den
Tatsacheninstanzen auch nicht erörtert worden. Die Zurückverweisung gibt den
Parteien Gelegenheit zu einer Ergänzung des Vorbringens, insbesondere zu der
hier in Betracht kommenden ergänzenden Vertragsauslegung.
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