BFH, Urteil vom 18.04.2012, X R 5 / 10

 

Tatbestand

I.
Im Streitjahr 2002 bestand eine Betriebsaufspaltung zwischen dem
Einzelunternehmen des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger) und einer GmbH,
an der er zu 100 % beteiligt war. Der Kläger vermietete das Betriebsgrundstück
an die GmbH; zum 31. Dezember 2002 hatte er in seinem Einzelunternehmen eine
kumulierte Mietforderung in Höhe von 23.008,07 € aktiviert. Außerdem gewährte
er der GmbH Darlehen, die seit dem 1. Januar 2000 zinsfrei gestellt waren
(Darlehensstand zum 31. Dezember 2002: 241.642,42 €), und bürgte für an die
Gesellschaft gewährte Bankdarlehen in Höhe von etwa 426.000 €.

Die
Ertragslage der GmbH hatte sich im Jahr 2002 nachhaltig verschlechtert. Sie
wies zum 31. Dezember 2002 einen Verlustvortrag in Höhe von 568.999 € aus. Am
9. Juli 2003 erklärte der Kläger Rangrücktritte für seine Darlehensforderungen
sowie für potentielle Regressforderungen gegen die GmbH für den Fall seiner
Inanspruchnahme aus den Bürgschaften.

Der
Kläger nahm im Jahresabschluss seines Einzelunternehmens zum 31. Dezember 2002
auf die Anteile an der GmbH eine Teilwertabschreibung in Höhe von 25.563,59 €
auf den Erinnerungswert von 1 € vor. Weiterhin schrieb er seine gegen die GmbH
bestehenden Darlehensforderungen –nicht jedoch die Mietforderungen– in vollem
Umfang ab und bildete eine Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme aus
den übernommenen Bürgschaften in Höhe von 400.000 €.

Zwischen
den Beteiligten ist unstreitig, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der
Teilwertabschreibungen und die Bildung der Rückstellung in der Steuerbilanz
gegeben sind. Im Rahmen einer das Streitjahr umfassenden Außenprüfung sah der
Prüfer unter Verweis auf § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der
im Streitjahr geltenden Fassung jedoch nur Teilbeträge in Höhe von 50 % des
Aufwands aus den Teilwertabschreibungen auf die Darlehen und der Rückstellungsbildung
als abziehbar an. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–)
in dem angefochtenen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung des
Gewinns 2002 vom 27. Januar 2006. Der hiergegen eingelegte Einspruch hatte
keinen Erfolg.

Das
Finanzgericht (FG) gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG)
2010, 1112 veröffentlichtem Urteil statt. Die vom Kläger vorgenommenen
Teilwertabschreibungen auf seine Darlehensforderungen und die Rückstellung für
eine Inanspruchnahme aus den übernommenen Bürgschaften seien in voller Höhe
gewinnmindernd zu berücksichtigen, da das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 EStG nicht
eingreife. Im Ergebnis sei der für die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG
erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit den in § 3 Nr. 40 EStG
steuerfrei gestellten Einnahmen nicht gegeben.

Mit
seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die
Vorschrift des § 3c Abs. 2 EStG unzutreffend ausgelegt. Für das Vorliegen des
wirtschaftlichen Zusammenhangs i.S. des § 3c Abs. 2 EStG genüge jede objektive
kausale oder objektivierbar finale Verknüpfung. Soweit Leistungen durch das
Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien, könnten etwaige Aufwendungen des
Gesellschafters nur anteilig abgezogen werden. Gesellschaftlich veranlasst
seien unentgeltliche oder verbilligte Leistungen des Gesellschafters an die
Kapitalgesellschaft, da ein fremder Dritter keine Veranlassung gehabt hätte,
der Kapitalgesellschaft die Leistung unentgeltlich oder verbilligt zu gewähren.

Erfolge
eine Darlehensgewährung zu fremdüblichen Konditionen, stehe das Darlehen mit
vollumfänglich steuerpflichtigen Zinserträgen in Zusammenhang, so dass der
Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2 EStG nicht eröffnet sei. Erfolge die
Darlehensgewährung hingegen unentgeltlich oder teilentgeltlich, d.h. zu nicht
fremdüblichen Konditionen, stehe das Darlehen mit nach § 3 Nr. 40 EStG steuerbefreiten
Beteiligungserträgen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang.

Da
die Darlehen des Klägers ab dem 1. Januar 2000 zinsfrei gewährt worden seien
und eine Stellung von Sicherheiten nicht erkennbar sei, sei von einer nicht
fremdüblichen Darlehensgewährung auszugehen. Gegen eine Fremdüblichkeit spreche
auch die Erklärung des Rangrücktritts.

Im
Übrigen sei die Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14.
Januar 2009 I R 52/08 (BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674) abzulehnen, da dieses
ausschließlich zum Bereich der Körperschaftsteuer ergangen sei und keine
Auswirkungen auf die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG habe.

Dies
gelte entsprechend für die Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme aus
den übernommenen Bürgschaften. Auch hier sei ein wirtschaftlicher Zusammenhang
i.S. des § 3c Abs. 2 EStG der Bürgschaften mit Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG
gegeben.

Das
FA beantragt,

das
angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der
Kläger beantragt,

die
Revision zurückzuweisen.

Das
dem Revisionsverfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat
keinen Antrag gestellt.

In
der Sache nimmt es Bezug auf das BMF-Schreiben vom 8. November 2010 (BStBl I
2010, 1292, unter Nr. 2), dem die im Ertragssteuerrecht anzuwendende
wirtschaftliche Betrachtungsweise zu Grunde liege. Insbesondere sei zu berücksichtigen,
dass nach der Rechtsprechung des BFH in Fällen der Betriebsaufspaltung
Besitzunternehmen und Betriebskapitalgesellschaft aufgrund der personellen und
sachlichen Verflechtung in funktionaler Hinsicht eine Einheit bildeten. Gerade
in dem vorliegenden Betriebsaufspaltungsfall könne es bei der gebotenen
wirtschaftlichen Betrachtung keinem ernsthaften Zweifel unterliegen, dass der
Besitzunternehmer die gewährten Darlehen nur deshalb in nicht fremdüblicher
Weise zinsfrei gestellt habe, um von dem erhöhten Gewinn der GmbH zu
profitieren, und zwar entweder durch anteilig steuerfreie Gewinnausschüttungen
nach § 3 Nr. 40 EStG oder –bei Thesaurierung der Gewinne– durch Erhöhung der
stillen Reserven. Dieser Umstand der gesellschaftlich veranlassten Darlehensgewährung
könne nicht „ausgeblendet“ werden.

Gründe

II.
Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der
Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Recht hat das FG das Abzugsverbot des § 3c
Abs. 2 Satz 1 EStG auf die im Streitjahr vorgenommenen Teilwertabschreibungen
auf die Darlehensforderungen gegenüber der GmbH sowie auf den Aufwand für die
Bildung der Rückstellung für die drohende Inanspruchnahme aus den übernommenen
Bürgschaften nicht angewendet.

1.
Die Voraussetzungen für die vorgenommenen Teilwertabschreibungen auf die
Darlehensforderungen sowie für die Bildung der Rückstellung waren –insoweit
unstreitig zwischen den Beteiligten– dem Grunde nach gegeben.

a)
Die Darlehensforderungen waren gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2, § 5 Abs. 1 EStG
i.V.m. § 253 des Handelsgesetzbuchs (HGB) und unter Berücksichtigung der
Rechtsprechung des BFH zu Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen in
Betriebsaufspaltungsfällen auf den Teilwert von Null abzuschreiben.

Nach
ständiger Rechtsprechung des BFH kann in Fällen der Betriebsaufspaltung eine
Forderung des Besitzunternehmens gegen die Betriebsgesellschaft nur nach
denselben Kriterien abgeschrieben werden, die für die Teilwertabschreibung der
Beteiligung am Betriebsunternehmen durch das Besitzunternehmen bestehen, wofür
eine Gesamtbetrachtung der Ertragsaussichten von Besitz- und Betriebsunternehmen
notwendig ist (z.B. BFH-Urteile vom 10. November 2005 IV R 13/04, BFHE 211,
294, BStBl II 2006, 618, und vom 14. Oktober 2009 X R 45/06, BFHE 227, 50,
BStBl II 2010, 274, m.w.N.). Diese Voraussetzungen lagen nach den bindenden
Feststellungen des FG, denen insoweit keine revisionsrechtlichen Bedenken
begegnen, vor.

Diese
Rechtsprechungsgrundsätze tragen dem Gesichtspunkt Rechnung, dass
Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft aufgrund der personellen und
sachlichen Verflechtung in funktionaler Hinsicht eine Einheit bilden und
statuieren damit die zu erfüllenden Voraussetzungen für Teilwertabschreibungen
auf Gesellschafterdarlehen in Betriebsaufspaltungsfällen dem Grunde nach.
Demgegenüber bezieht sich die noch zu erörternde Anwendbarkeit des
Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf die Frage, in welchem Umfang eine
–dem Grunde nach zulässige– Teilwertabschreibung auf Gesellschafterdarlehen
steuerlich zu berücksichtigen ist (vgl. im Übrigen BMF-Schreiben in BStBl I
2010, 1292, dessen Ausführungen zu Teilwertabschreibungen auf
Darlehensforderungen unter Nr. 2 sich allgemein auf Gesellschafterdarlehen
beziehen).

b)
Zu Recht ist das FG auch davon ausgegangen, dass die Verpflichtung aus den übernommenen
Bürgschaften gemäß § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 HGB als Rückstellung zu
passivieren war.

aa)
Die Voraussetzungen für die Bildung der Rückstellung für die drohende
Inanspruchnahme aus den vom Kläger übernommenen Bürgschaften lagen –insofern
unstreitig zwischen den Beteiligten– dem Grunde nach vor.

Eine
Bürgschaftsverpflichtung ist als Rückstellung zu passivieren, wenn eine
Inanspruchnahme des Bürgen droht (vgl. BFH-Urteile vom 24. Juli 1990 VIII R
226/84, BFH/NV 1991, 588, und vom 15. Oktober 1998 IV R 8/98, BFHE 187, 201,
BStBl II 1999, 333). Da allein die Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG
auf den Aufwand aus der Rückstellungsbildung zwischen den Beteiligten streitig
ist, kann offenbleiben, ob die Rückgriffsforderung gegen den Hauptschuldner
(nach § 774 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) zu aktivieren und wegen
Wertminderung abzuschreiben oder –im Falle einer rechtlich und wirtschaftlich
noch nicht entstandenen Rückgriffsforderung– bei der Bemessung der Rückstellung
betragsmindernd zu berücksichtigen war (vgl. BFH-Urteile vom 17. Februar 1993 X
R 60/89, BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437, m.w.N.; vom 8. Februar 1995 I R
72/94, BFHE 176, 575, BStBl II 1995, 412; vom 4. Februar 1999 IV R 54/97, BFHE
187, 418, BStBl II 2000, 139, und vom 11. Dezember 2001 VIII R 58/98, BFHE 197,
411, BStBl II 2002, 420).

bb)
Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass der Bildung der Rückstellung § 5
Abs. 4a EStG nicht entgegenstand, nach dem in Steuerbilanzen Rückstellungen für
drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nicht gebildet werden dürfen. Rückstellungen
für Risiken aus einseitig verpflichtenden Verträgen –wie die Bürgschaftsverpflichtungen
des Klägers– werden nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. Beschlüsse vom
11. April 2003 IV B 176/02, BFH/NV 2003, 919, und vom 22. August 2006 X B
30/06, BFH/NV 2006, 2253; ebenso Oberfinanzdirektion München, Verfügung vom 12.
April 2002, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2002, 1303 f.) von § 5 Abs. 4a EStG
nicht erfasst, da es insoweit an einem schwebenden Geschäft fehlt (vgl.
Beschluss des Großen Senats des BFH vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BFHE 183, 199,
BStBl II 1997, 735).

cc)
Im Übrigen ergeben sich aus den Rangrücktrittserklärungen des Klägers für seine
Darlehensforderungen sowie für Rückgriffsforderungen aus den übernommenen Bürgschaften
schon aufgrund des Stichtagsprinzips (§ 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 242 Abs. 1 Satz
1, § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB) keine steuerlichen Folgen für den grundsätzlichen
Ausweis im Streitjahr, da sie erst am 9. Juli 2003 ausgesprochen worden sind.

2.
Zu Recht hat das FG entschieden, dass –entgegen der Auffassung des FA– das
Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf die im Streitjahr vorgenommenen
Teilwertabschreibungen auf die Darlehensforderungen gegenüber der GmbH keine Anwendung
findet.

a)
Nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen,
Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den § 3 Nr.
40 EStG zu Grunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in
wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem
Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen,
bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden.

b)
Maßgebend für die Auslegung des Begriffs des wirtschaftlichen Zusammenhangs
i.S. des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ist der in der Vorschrift zum Ausdruck
kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut
der Norm und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist
(Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– vom 17. Mai 1960 2
BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, unter B.I.1.; BFH-Urteil vom 14. Mai 1974
VIII R 95/72, BFHE 112, 546, BStBl II 1974, 572, unter B.I.1.a, m.w.N.). Im
Rahmen des möglichen Wortsinns hat die Auslegung den Bedeutungszusammenhang des
Gesetzes, die systematische Stellung der Norm sowie den Gesetzeszweck zu
beachten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 112, 546, BStBl II 1974, 572, unter B.I.1.a;
BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2006 GrS 1/05, BFHE 216, 168, BStBl II 2007, 508,
unter C.II.2.c bb). Ergänzend kommt der Entstehungsgeschichte der Vorschrift für
deren Auslegung Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1987 IV R 150/84, BFHE
150, 130, BStBl II 1987, 670, unter 1.a).

aa)
Aus dem Wortlaut des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG ergibt sich, dass ein rechtlicher
Zusammenhang nicht erforderlich ist und –im Gegensatz zu § 3c Abs. 1 EStG–
auch ein nur mittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang für das Eingreifen des
Abzugsverbots ausreicht (ebenso Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 3c Rz 37;
v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3c Rz C 4 ff.; Otto, Die
Besteuerung von gewinnausschüttenden Körperschaften und Anteilseignern nach dem
Halbeinkünfteverfahren, Diss. 2006, S. 453 ff.; zwischen Veranlassungszusammenhang
und wirtschaftlichem Zusammenhang differenzierend Desens in
Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 3c EStG Rz 55).

bb)
Nach dem Normzweck des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG sollen alle Ausgaben, die mit
nach § 3 Nr. 40 EStG nur hälftig besteuerten Einnahmen in Zusammenhang stehen,
ebenfalls nur hälftig steuerlich berücksichtigt werden, um eine inkongruente
Begünstigung auszuschließen.

Der
IX. Senat des BFH hat in seiner Entscheidung vom 27. Oktober 2005 IX R 15/05
(BFHE 211, 273, BStBl II 2006, 171) zu privaten Veräußerungsgeschäften i.S. der
§§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG darauf abgestellt, dass dem
einkommensteuerrechtlich nur zur Hälfte berücksichtigten Veräußerungspreis auch
nur die Hälfte der korrespondierenden Anschaffungskosten gegenübergestellt
werden könne. In seinen Entscheidungen zur Frage der Anwendbarkeit des
Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 EStG im Zusammenhang mit Einkünften aus § 17 Abs.
1 und 4 EStG (vom 25. Juni 2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220;
vom 14. Juli 2009 IX R 8/09, BFH/NV 2010, 399, und vom 18. März 2010 IX B
227/09, BFHE 229, 177, BStBl II 2010, 627) hat der IX. Senat auch auf den Zweck
des Abzugsverbots abgestellt, eine inkongruente Begünstigung auszuschließen:
Bei steuerbefreiten Einnahmen solle kein doppelter steuerlicher Vorteil durch
den zusätzlichen Abzug von mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen
erzielt werden.

Der
erkennende Senat teilt die Auffassung des IX. Senats des BFH zum Normzweck des
Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 EStG. Da dem Halbeinkünfteverfahren die grundsätzliche
gesetzgeberische Entscheidung zu Grunde liegt, den Gewinn aus der Veräußerung
von Anteilen an einer Körperschaft wie eine Gewinnausschüttung zu besteuern,
weil „die Veräußerung einer Beteiligung einer Totalausschüttung
wirtschaftlich gleichkommt“ (so ausdrücklich die Begründung des Entwurfs
eines Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der
Unternehmensbesteuerung/Steuersenkungsgesetz –StSenkG–, BTDrucks 14/2683, S.
96), greift der in den Entscheidungen des IX. Senats dargestellte Normzweck des
§ 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht nur in Bezug auf substanzverwertende Veräußerungsfälle
i.S. von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a bis c und j EStG, sondern auch für den
Bereich der laufenden Einnahmen i.S. von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d bis i
EStG.

cc)
Der Entstehungsgeschichte des Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG lassen
sich keine eindeutigen Aussagen zur Auslegung des Begriffs des wirtschaftlichen
Zusammenhangs entnehmen. In der Begründung des Entwurfs des StSenkG wird zu §
3c Abs. 2 EStG im Wesentlichen nur der Wortlaut der Vorschrift wiedergegeben
(vgl. BTDrucks 14/2683, S. 113).

dd)
Auch der Umstand, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum
Jahressteuergesetz 2008 –JStG 2008– (BGBl I 2007, 3150) die Initiative des
Bundesrats (BRDrucks 544/07 –Beschluss–, S. 10) nicht aufgegriffen worden
ist, in § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG eine entsprechende Anwendung von § 8b Abs. 3 Sätze
4 bis 8 des Körperschafsteuergesetzes (KStG) festzuschreiben, ist für die
Auslegung des Abzugsverbots des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht ergiebig. Den
Gesetzesmaterialien kann nicht entnommen werden, warum § 3c Abs. 2 EStG
insoweit nicht ergänzt worden ist; außerdem ließen sich insoweit lediglich Rückschlüsse
auf das gesetzgeberische Verständnis der Vorschrift im Jahr 2007 herleiten.

Im
Schrifttum wird teilweise vertreten, die Einfügung eines entsprechenden
Verweises sei nicht erforderlich gewesen, da sich die Anwendung des § 3c Abs. 2
Satz 1 EStG bereits aus dem Veranlassungszusammenhang ergebe (Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/
Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, § 3c EStG, Rz 55; Neumann in
Neumann/Watermeyer, Die Unternehmensbesteuerung –Ubg– 2008, 748, 760). Nach
anderer Auffassung spreche dieser Umstand im Umkehrschluss dafür, dass im
betrieblichen Bereich außerhalb des Anwendungsbereichs des § 8b KStG
Gewinnminderungen aufgrund von Teilwertabschreibungen auf Darlehensforderungen
weiterhin steuerlich voll abzugsfähig seien (in diesem Sinne: Forst/Schaaf/Küpper,
Der Ertrag-Steuer-Berater 2009, 442, 443; Fuhrmann/Strahl, DStR 2008, 125;
Watermeyer in Neumann/Watermeyer, Ubg 2008, 748, 758). Durch die Nichtaufnahme
der entsprechenden Anwendung von § 8b Abs. 3 Sätze 4 bis 8 KStG in § 3c Abs. 2
EStG wäre –bei unterstellter Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG auf
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen– insbesondere das einschränkende
Erfordernis einer qualifizierten Beteiligung mit mehr als 25 % am Grund- oder
Stammkapital der Gesellschaft gemäß § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG nicht übertragbar,
so dass nicht qualifiziert beteiligte Gesellschafter –je nach
Regelungsbereich– unterschiedlich behandelt würden (vgl. Watermeyer in
Neumann/ Watermeyer, Ubg 2008, 748, 760).

c)
Nach Auffassung des Senats ist für die Frage der Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2
Satz 1 EStG auf Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen im
Ausgangspunkt entscheidend, dass Darlehensforderungen selbständige Wirtschaftsgüter
sind, welche von der Beteiligung als solcher zu unterscheiden sind (BFH-Urteile
vom 20. April 2005 X R 2/03, BFHE 210, 29, BStBl II 2005, 694, und vom 14.
Januar 2009 I R 52/08, BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674, zu § 8b Abs. 3 KStG
in der Fassung vor dessen Ergänzung durch das JStG 2008; so auch im Ansatz BMF-Schreiben
in BStBl I 2010, 1292, Nr. 2).

Dies
gilt auch für sog. eigenkapitalersetzende Darlehen, die –unbeschadet ihrer
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis– eigenständige Schuldverhältnisse
und damit von der Beteiligung zu unterscheidende Wirtschaftsgüter darstellen
(BFH-Urteil in BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674; vgl. auch Senatsurteil in
BFHE 210, 29, BStBl II 2005, 694).

Dem
steht nicht entgegen, dass bei Beteiligungen im Privatvermögen i.S. des § 17
EStG Wertminderungen eigenkapitalersetzender Darlehen zu nachträglichen
Anschaffungskosten auf die Beteiligung führen können, die nach § 3c Abs. 2 Satz
1 EStG nur hälftig zu berücksichtigen sind (vgl. BFH-Urteile vom 27. Oktober
1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 24. April 1997 VIII R
23/93, BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342, und vom 10. November 1998 VIII R
6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348, jeweils m.w.N.). Nach der
Rechtsprechung des BFH darf dieser im Wege der extensiven Auslegung des § 17
EStG gewonnene und am spezifischen Normzweck orientierte erweiterte
Anschaffungskostenbegriff nicht dahingehend verallgemeinert werden, dass er
auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 17 EStG zur Geltung kommt (z.B.
BFH-Urteile vom 18. Dezember 2001 VIII R 27/00, BFHE 197, 483, BStBl II 2002,
733, und in BFHE 210, 29, BStBl II 2005, 694). Außerhalb des Anwendungsbereichs
des § 17 EStG –insbesondere in dem hier einschlägigen betrieblichen Bereich–
verbleibt es vielmehr bei dem allgemeinen Anschaffungskostenbegriff (BFH-Urteil
in BFHE 197, 483, BStBl II 2002, 733).

d)
Wertminderungen (Substanzverluste) eines (eigenkapitalersetzenden)
Gesellschafterdarlehens, wie sie durch Teilwertabschreibungen abgebildet
werden, unterliegen –unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der
Darlehensüberlassung und einer etwaigen gesellschaftlichen Veranlassung–
mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig
steuerbefreiten Beteiligungserträgen nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2
Satz 1 EStG.

aa)
Wegen der Selbständigkeit von Darlehensforderung und Beteiligung sind
Wertminderungen getrennt nach den für das jeweilige Wirtschaftsgut zur
Anwendung kommenden Vorschriften zu beurteilen (ebenso z.B. Eberhard, DStR
2009, 2226, 2228).

bb)
Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise
steuerbefreiten Beteiligungserträgen ergibt sich nicht im Hinblick darauf, dass
die Darlehen seit dem 1. Januar 2000 zinsfrei gestellt waren.

(1)
Wird ein Darlehen durch einen Gesellschafter an seine Gesellschaft zu
Konditionen überlassen, die einem Fremdvergleich standhalten, ist davon
auszugehen, dass voll steuerpflichtige Zinserträge erwirtschaftet werden
sollen. Insoweit ist die Darlehensgewährung nicht durch das Gesellschaftsverhältnis
veranlasst. Eine Teilwertabschreibung des Gesellschafters auf die
Darlehensforderung ist dann vollumfänglich abziehbar; mangels eines
wirtschaftlichen Zusammenhangs mit hälftig steuerbefreiten Einnahmen nach § 3
Nr. 40 EStG greift das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht ein
(ebenso HHR/Desens, § 3c EStG Rz 61; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt,
a.a.O., § 3c EStG, Rz 55; BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292, Nr. 2).

(2)
Mit dem FA und dem BMF vertreten Teile des Schrifttums die Auffassung, dass bei
zinsloser Überlassung von Gesellschafterdarlehen die Erzielung zukünftiger
Beteiligungserträge angestrebt werde, so dass damit im wirtschaftlichen
Zusammenhang stehende Aufwendungen vom Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG
erfasst seien (HHR/Desens, § 3c EStG Rz 62; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt,
a.a.O., § 3c EStG, Rz 59, 55; Herrmann in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 3c
Rz 46). Am erforderlichen Zusammenhang i.S. des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG fehle
es jedoch, wenn der Verzicht auf Zinsen für die Darlehensgewährung dadurch
motiviert sei, nach Beendigung der Krise wieder voll steuerpflichtige
Zinseinnahmen zu erzielen, also der Zinsverzicht einem Fremdvergleich standhalte
und damit nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei (ebenso Forst,
Ubg 2010, 194, 197; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/ Witt, a.a.O., § 3c EStG,
Rz 55).

Diese
Auffassung beruft sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des BFH zur
unentgeltlichen Nutzungsüberlassung, die auf die Entscheidung des Großen Senats
vom 26. Oktober 1987 GrS 2/86 (BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348) zurückgeht.
Der Große Senat hat in seinem Beschluss in BFHE 151, 523, BStBl II 1988, 348
entschieden, dass der von einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gewährte
Vorteil, ein Darlehen zinslos nutzen zu können, steuerrechtlich kein einlagefähiges
Wirtschaftsgut sei. Der BFH hat in mehreren Folgeentscheidungen zur Frage der
Einkünfteerzielungsabsicht bzw. zur Abgrenzung zwischen Betriebsausgaben bzw.
Werbungskosten und privat veranlasstem Aufwand betont, dass sich
Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten für einen Gesellschafter bei Nutzungsüberlassungen
an seine Gesellschaft trotz der Unentgeltlichkeit ergeben könnten. Dies beruhe
auf der Überlegung, dass der von dem Gesellschafter gewährte Nutzungsvorteil in
der Regel den Gewinn der Kapitalgesellschaft erhöhe, an dem der Gesellschafter
nach Maßgabe der Gewinnausschüttung teilnehmen und –je nach Zuordnung zum
Betriebs- oder Privatvermögen– entsprechende betriebliche oder private
Beteiligungserträge erzielen könne (vgl. Urteile vom 24. Mai 1989 I R 45/85,
BFH/NV 1989, 697; vom 28. März 2000 VIII R 68/96, BFHE 191, 505; vom 25. Juli
2000 VIII R 35/99, BFHE 193, 264, BStBl II 2001, 698, und vom 2. Mai 2001 VIII
R 32/00, BFHE 195, 302, BStBl II 2001, 668).

(3)
Der erkennende Senat kann offenlassen, ob das Zinslosstellen des Darlehens ab
dem 1. Januar 2000 gesellschaftlich veranlasst war. Auch kann offenbleiben, ob
bzw. inwieweit § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in den Fällen der unentgeltlichen Gewährung
von Nutzungsvorteilen anwendbar ist. Entscheidend ist nämlich, dass ein
wirtschaftlicher Zusammenhang mit den in § 3 Nr. 40 EStG genannten Einnahmen
jedenfalls bei Substanzverlusten von Darlehensforderungen, wie sie im Wege der
Teilwertabschreibung abgebildet werden, nicht gegeben ist.

(a)
Das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG erstreckt sich –aufgrund der
Selbständigkeit von Darlehensforderung und Beteiligung als Wirtschaftsgüter–
nicht auf substanzbezogene Wertminderungen oder Verluste von
Gesellschafterdarlehen (ebenso: Herrmann in Frotscher, a.a.O., § 3c Rz 46; Förster,
GmbH-Rundschau –GmbHR– 2011, 393, 400; ders., Die Steuerberatung –Stbg–
2010, 199, 207; Watermeyer in Neumann/ Watermeyer, Ubg 2008, 748, 759 f.; vgl.
Ott, Steuern und Bilanzen –StuB– 2011, 178, 183; vgl. Eberhard, DStR 2009,
2226, 2227 ff.; a.A. hingegen Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/ Witt, a.a.O., §
3c EStG, Rz 55; BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292, Nr. 2).

§
3c Abs. 2 Satz 1 EStG bezieht sich auf § 3 Nr. 40 EStG. Die Vorschriften des §
3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a bis c und j EStG, die insbesondere Einnahmen aus der
Verwertung der Substanz des Kapitalanteils betreffen, verknüpfen das Halbeinkünfteverfahren
ausweislich ihres Wortlauts nur mit dem Kapitalanteil als solchem.
Substanzgewinne aus einer Wertsteigerung oder Veräußerung einer
Darlehensforderung sind von § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a bis c und j EStG nicht
erfasst und damit voll steuerpflichtig. Umgekehrt kann das Abzugsverbot des §
3c Abs. 2 Satz 1 EStG nicht substanzbezogene Wertminderungen oder Verluste von
Darlehensforderungen erfassen (ebenso Gosch, Festschrift Herzig,
Unternehmensbesteuerung, 2010, 63, 79; Förster, GmbHR 2011, 393, 400; ders.,
Stbg 2010, 199, 207; Eberhard, DStR 2009, 2226, 2228; Watermeyer in Neumann/
Watermeyer, Ubg 2008, 748, 759; im Ergebnis a.A. HHR/Desens, § 3c EStG Rz 62).
Gleichermaßen scheidet ein wirtschaftlicher Zusammenhang von
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen mit den in § 3 Nr. 40 Satz 1
Buchst. d bis i EStG bezeichneten laufenden Einnahmen aus. Jedenfalls bei
substanzbezogenen Wertminderungen oder Verlusten der Darlehensforderung ist
nicht erkennbar, dass damit zukünftige Beteiligungserträge angestrebt werden
(ebenso Förster, GmbHR 2011, 393, 400; Eberhard, DStR 2009, 2226, 2228).

(b)
Für die Verneinung des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit Beteiligungserträgen
bei Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen spricht außerdem, dass
eine spätere Wertaufholung nach vorgenommener Teilwertabschreibung in voller Höhe
steuerpflichtig wäre, da die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens für einen
solchen Fall nicht vorgesehen ist. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. a EStG ist nicht
anwendbar, da dort die Wertaufholung nur in Bezug auf den Anteil und nicht im
Hinblick auf die Darlehensforderung geregelt ist (ebenso Watermeyer in
Neumann/Watermeyer, Ubg 2008, 748, 760; Förster, GmbHR 2011, 393, 400; ders.,
Stbg 2010, 199, 207).

Insbesondere
die Finanzverwaltung befürwortet insoweit eine „umgekehrte“ Anwendung
des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG, d.h. der spätere Gewinn aus der Wertaufholung soll
nur hälftig steuerpflichtig sein (BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292, Nr. 4; Dötsch/Pung
in Dötsch/Jost/Pung/Witt, a.a.O., § 3c EStG, Rz 56).

Dieser
Schritt ist nach Auffassung des entscheidenden Senats unzulässig; der Wortlaut
bleibt nicht hinter dem vom Gesetzgeber verfolgten Normzweck zurück. Nach ständiger
Rechtsprechung des BVerfG und der Fachgerichte (vgl. Nachweise bei Drüen in
Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Rz 355) und nach der
ganz herrschenden Lehre sind die Gerichte zur (ergänzenden) Rechtsfortbildung
berechtigt und verpflichtet. Führt die wortgetreue Auslegung des Gesetzes
ausnahmsweise zu einem sinnwidrigen Ergebnis, besteht also eine Divergenz
zwischen dem Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck, sind die Gerichte nach ständiger
höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. Nachweise bei Drüen in Tipke/Kruse,
a.a.O., § 4 AO Rz 380) sogar zu einer (gesetzeswortlaut-) abändernden
Rechtsfortbildung berufen. Als Instrumente werden hierbei die teleologische
Reduktion und die –im Streitfall allenfalls– einschlägige Extension
verwendet. Eine teleologische Extension zielt darauf ab, den zu engen Wortlaut
eines Gesetzes auf dessen weitergehenden Zweck auszudehnen (vgl. Nachweise bei
Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 4 AO Rz 382). Allerdings ist sie nicht bereits
dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Entscheidung
rechtspolitisch fehlerhaft erscheint. Vielmehr muss die auf den Wortlaut
abstellende Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis (BFH-Urteil vom 26. Juni
2007 IV R 9/05, BFHE 219, 173, BStBl II 2007, 893), zu einem der wirtschaftlichen
Vernunft widersprechenden Ergebnis (BFH-Urteil vom 12. August 1997 VII R
107/96, BFHE 184, 198, BStBl II 1998, 131) oder zu einem so unsinnigen Ergebnis
führen, dass es vom Gesetzgeber nicht gewollt sein kann (BFH-Urteil vom 17.
Januar 1995 IX R 37/91, BFHE 177, 58, BStBl II 1995, 410).

Bei
Zugrundelegung dieses Maßstabs besteht keine Divergenz zwischen
Gesetzeswortlaut und Gesetzeszweck. Erst die Einbeziehung von
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen in den Anwendungsbereich des §
3c Abs. 2 Satz 1 EStG würde zu dem Wertungswiderspruch führen, der eine
„umgekehrte“ Anwendung dieser Vorschrift notwendig erscheinen ließe.
Unterwirft man dagegen Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen nicht
dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG, stehen Gesetzeswortlaut und
Normzweck in Einklang. Auf das Vorbringen des BMF, die „umgekehrte“
Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG sei keine unzulässige Analogie, da sie für
den Steuerpflichtigen günstig sei, kommt es insoweit nicht an.

cc)
Damit begründet der eigenkapitalersetzende Charakter des Darlehens –auch im
Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG– allenfalls einen Zusammenhang
zwischen Darlehen und Beteiligung, nicht jedoch zwischen der substanzbezogenen
Wertminderung des Darlehens, wie bei einer Teilwertabschreibung, und nach § 3
Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen (vgl. BFH-Urteil in
BFHE 224, 132, BStBl II 2009, 674, zu § 8b Abs. 3 KStG 2002 in der Fassung vor
dessen Ergänzung durch das JStG 2008; im Ergebnis ebenso: Schmidt/Kulosa,
a.a.O., § 6 Rz 307; Bitz in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht,
Kommentar, § 15 Rz 385; Herrmann in Frotscher, a.a.O., § 3c Rz 47; Gosch,
a.a.O, 63, 78 f.; Förster, GmbHR 2011, 393, 400; ders., Stbg 2010, 199, 206;
Forst, Ubg 2010, 194, 196; Ott, StuB 2011, 178, 183; ders., StuB 2010, 540, 541
ff.; Eberhard, DStR 2009, 2226, 2227 ff.; a.A. BMF-Schreiben in BStBl I 2010,
1292, Nr. 2; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/ Pung/Witt, a.a.O., § 3c EStG, Rz 55,
59; wohl auch Schmidt/ Wacker, a.a.O., § 15 Rz 869).

dd)
Der Verneinung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen
Teilwertabschreibungen auf Gesellschafterdarlehen und nach § 3 Nr. 40 EStG
teilweise steuerbefreiten Beteiligungserträgen steht auch nicht die finanzgerichtliche
Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG in Fällen der
unentgeltlichen Überlassung wesentlicher Betriebsgrundlagen im Rahmen einer
Betriebsaufspaltung entgegen.

(1)
Der BFH hat diese Frage bislang noch nicht entschieden.

In
der finanzgerichtlichen Rechtsprechung wird teilweise vertreten, dass –während
der Zeit der entgeltlichen Überlassung des Grundstücks im Rahmen einer
Verpachtung– die Grundstücksaufwendungen in Zusammenhang mit den erzielten
Pachtzinsen stünden. Mit dem durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Übergang
in die unentgeltliche Überlassung durch Verzicht auf zukünftige Pachtzahlungen ändere
sich diese Veranlassung, so dass ab diesem Zeitpunkt die Aufwendungen für das
verpachtete Grundstück nicht mehr mit etwaigen Pachtzinsen in einem
Zusammenhang stünden, sondern mit zukünftigen Gewinnausschüttungen und
Betriebsvermögensmehrungen aus der Veräußerung oder Entnahme der Anteile an der
GmbH, die gemäß § 3 Nr. 40 EStG dem Halbeinkünfteverfahren unterlägen. Damit dürften
die mit der Nutzungsüberlassung zusammenhängenden Betriebsausgaben nach § 3c
Abs. 2 Satz 1 EStG nur noch zur Hälfte berücksichtigt werden (so ausdrücklich
das FG Bremen in seinem Urteil vom 27. April 2006 1 K 204/05 (6),
EFG 2006, 1234, rkr.; im Ergebnis ebenso: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.
Oktober 2006 6 K 202/06, EFG 2007, 568, rkr.; FG Münster, Urteil vom
23. März 2011 7 K 2793/07 E, EFG 2011, 1135, Rev. X R 17/11; a.A.
hingegen FG Düsseldorf, Beschluss vom 19. April 2006 15 V 346/06 A
(F), nicht veröffentlicht, juris, rkr.; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.
September 2009 2 K 1486/08, EFG 2011, 861, Rev. IV R 4/11).

In
der Literatur wird vertreten, dass die dargestellte Argumentation auf Fälle der
Darlehensgewährung übertragbar sei (Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt,
a.a.O., § 3c EStG, Rz 55, 59).

(2)
Der Senat kann offenlassen, ob und inwieweit das Abzugsverbot des § 3c Abs. 2
Satz 1 EStG auf Aufwendungen im Zusammenhang mit einer unentgeltlichen Überlassung
wesentlicher Betriebsgrundlagen anzuwenden ist. Jedenfalls ist die dargestellte
Rechtsauffassung eines Teils der Instanzrechtsprechung aus den bereits angeführten
Gründen nicht auf Substanzverluste von Gesellschafterdarlehen, wie bei
Teilwertabschreibungen, übertragbar.

3.
Das FG hat es ebenso zu Recht verneint, die im Streitjahr eingestellte Rückstellung
für die drohende Inanspruchnahme aus den übernommenen Bürgschaften dem
Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zu unterwerfen, da es auch insoweit an
dem notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang fehlt.

Zwar
wird teilweise die Auffassung vertreten, § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG sei auf
Teilwertabschreibungen auf Rückgriffsforderungen aus übernommenen Bürgschaften
anwendbar, wenn die Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst
sei, insbesondere zu nicht fremdüblichen Konditionen übernommen worden sei
(BMF-Schreiben in BStBl I 2010, 1292, Nr. 6; Dötsch/Pung in Dötsch/Jost/Pung/Witt,
a.a.O., § 3c EStG, Rz 57, 55).

Jedoch
liegen sowohl der Bürgschaft –selbst, wenn sie eigenkapitalersetzenden
Charakter hätte– als auch der Rückgriffsforderung aus einer Bürgschaftsinanspruchnahme
eigenständige Schuldverhältnisse zu Grunde, die unbeschadet ihrer etwaigen
Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis von der Beteiligung als solcher
zu unterscheiden sind. Jedenfalls eine substanzbezogene Wertminderung einer
solchen Rückgriffsforderung unterliegt daher –unabhängig von der Frage der
Fremdüblichkeit der Bürgschaftsbedingungen– mangels eines wirtschaftlichen
Zusammenhangs mit nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen
nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG (vgl. oben 2.d bb (3);
ebenso Hoffmann, Anmerkung zum BFH-Urteil vom 18. Dezember 2001 VIII R 27/00,
GmbHR 2002, 331, 334 f.).

Gleiches
gilt für den Aufwand aus der Rückstellungsbildung, da dieser nicht anders
behandelt werden kann als die Teilwertabschreibung auf eine zu aktivierende Rückgriffsforderung.
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