BFH, Beschluss vom 31.08.2011, II B 14 / 11

 

Gründe

Die
Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der
Revision wegen Divergenz nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der
Finanzgerichtsordnung (FGO) sind nicht erfüllt.

1.
Eine die einheitliche Rechtsprechung gefährdende Divergenz liegt vor, wenn das
Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer
entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als ein anderes
Gericht (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs –​BFH-​- vom 28. Februar 2011
XI B 86/10, BFH/NV 2011, 997). Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden
abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden
Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt
(vgl. BFH-​Beschluss
vom 30. Oktober 2009 III B 6/08, BFH/NV 2010, 176, m.w.N.).

2.
Die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt –​FA-​-) gerügten Abweichungen
liegen nicht vor.

a)
Das angefochtene Urteil weicht nicht von dem BFH-​Urteil vom 28.
November 1984 II R 133/83 (BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159) ab. Das Urteil
des FG beruht nicht auf einem –​dem vorgenannten BFH-​Urteil
widersprechenden-​-
allgemeinen Rechtssatz des Inhalts, „eine zwischen den Ehegatten im
Innenverhältnis bestehende Einigkeit über die Verwendung des zu beurteilenden
Geldes reiche aus und lasse für eine unentgeltliche Zuwendung keinen
Raum“.

Das
FG hat ausgehend von der Rechtsprechung zur Schenkungsteuer (vgl. BFH-​Urteil vom 22. August
2007 II R 33/06, BFHE 218, 403, BStBl II 2008, 28) entschieden, dass der Kläger
und Beschwerdegegner (Kläger) im Verhältnis zu seiner Ehefrau tatsächlich und
rechtlich nicht frei über die in seinen Vermögensbereich übergegangenen
Geldbeträge habe verfügen können und deshalb eine schenkungsteuerpflichtige
Zuwendung an den Kläger nicht gegeben sei. Den Sachverhalt hat es nach einer
durchgeführten Beweisaufnahme dahin gewürdigt, dass die Eheleute bezüglich der
Verwendung des von der Ehefrau erzielten Veräußerungserlöses feste gemeinsame
Vorstellungen gehabt hätten, die in der Folgezeit auch umgesetzt worden seien.
Der Veräußerungserlös sei zum Erwerb eines Hauses durch die Ehefrau des Klägers
und zur Begleichung der wegen des Veräußerungserlöses anfallenden
Einkommensteuer bestimmt gewesen. Diese Umstände seien den Eheleuten trotz
fehlender ausdrücklicher Absprachen bzw. schriftlicher Vereinbarungen bewusst
gewesen. Maßgebend für die Entscheidung des FG waren danach die besonderen Umstände
des Streitfalls und nicht der vom FA bezeichnete allgemeine Rechtssatz.
Lediglich die Frage, ob der Kläger das Geld treuhänderisch für seine Ehefrau
verwaltet habe, hat das FG deshalb nicht als entscheidungserheblich angesehen,
weil sich die Eheleute über die Verwendung der aus dem Veräußerungserlös
stammenden Geldmittel (für Zwecke der Ehefrau) einig gewesen seien. Daraus kann
nicht entnommen werden, das FG habe den allgemeinen Rechtssatz aufgestellt, bei
einer Einigung von Eheleuten im Innenverhältnis über die Verwendung von
Geldmitteln könne eine unentgeltliche Zuwendung nicht angenommen werden.

Im
Übrigen widerspräche ein solcher Rechtssatz auch nicht dem BFH-​Urteil in BFHE 142,
511, BStBl II 1985, 159. Der BFH hat dort ausgeführt, dass es einer
Geldschenkung nicht entgegen stünde, wenn die Zuwendung eines Geldbetrags
lediglich mit Empfehlungen oder Wünschen für die Verwendung oder mit der
Auflage erfolgt sei, aus dem Wert des Zugewandten ein Grundstück zu erwerben.
Dies betrifft die vom Schenker empfohlene oder bestimmte Verwendung des
zugewendeten Geldbetrags, nicht aber eine Übertragung von Geldmitteln zwischen
Eheleuten, wenn die Geldmittel nach der gemeinsamen Vorstellung der Eheleute
weiterhin für Zwecke des übertragenden Ehegatten eingesetzt werden sollen, und
es damit an einer Bereicherung des Empfängers fehlt.

b)
Nicht zutreffend ist die Rüge, das FG sei von dem BFH-​Beschluss vom 18.
November 2004 II B 176/03 (BFH/NV 2005, 355) abgewichen, weil es seiner
Entscheidung den abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt habe, unbenannte
Zuwendungen zwischen Ehegatten seien im Falle verplanter Geldmittel auch ohne
glaubhaft gemachtes Treuhandverhältnis oder vergleichbare schriftliche
Vereinbarungen über die Verwendung des Geldes keine Schenkung. Das FG hat –​wie bereits ausgeführt-​- das Bestehen eines
Treuhandverhältnisses nicht für entscheidungserheblich gehalten. Soweit das FA
darin sinngemäß eine fehlerhafte Umsetzung der vom BFH entwickelten
Rechtsprechung sieht, führt dies nicht zur Zulassung der Revision (vgl. BFH-​Beschluss vom 29. März
2011 VIII B 170/10, BFH/NV 2011, 1169).

c)
Soweit das FA vorträgt, das FG setze eine erklärte Einigkeit über die
Unentgeltlichkeit der Zuwendung voraus und stehe damit im Widerspruch zu dem
BFH-​Urteil
vom 2. März 1994 II R 59/92 (BFHE 173, 432, BStBl II 1994, 366), kann eine
solche Voraussetzung nicht den Ausführungen im angefochtenen Urteil entnommen
werden.

d)
Eine Abweichung des FG-​Urteils
von dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. November 1991 IV ZR 164/90
(BGHZ 116, 167) ist ebenfalls nicht gegeben. Die Entscheidungen betreffen
unterschiedliche Rechtsfragen. Das FG hat eine Schenkung i.S. des § 7 Abs. 1
Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes im Ergebnis wegen der
fehlenden Bereicherung des Klägers verneint, weil die übertragenen Geldmittel für
Zwecke seiner Ehefrau verwendet werden sollten. Demgegenüber ging es in der
Entscheidung des BGH um die Frage, ob unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten im
Erbrecht als Schenkung zu behandeln sind oder ob eine Schenkung wegen
ehebedingter Gegenleistungen des Empfängers ausscheidet.

e)
Die voneinander abweichende Entscheidung der Frage, ob eine unentgeltliche Zuwendung
an den Kläger vorliegt, in dem angefochtenen Urteil einerseits und in dem zur
Inanspruchnahme des Klägers nach § 278 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)
ergangenen Urteil des FG vom 23. November 2007 7 K 4409/04 E
andererseits, rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen Divergenz.

Das
angefochtene Urteil ist –​wie
oben bereits ausgeführt-​-
nicht auf der Grundlage des vom FA genannten allgemeinen Rechtssatzes ergangen.
Zudem sind die unterschiedlichen Entscheidungen auch darauf zurückzuführen,
dass der konkrete Sachverhalt jeweils in anderer Weise gewürdigt wurde. Dabei
hat das FG in der zu § 278 Abs. 2 AO ergangenen Entscheidung das Bestehen eines
Treuhandverhältnisses für eine Zurechnung der Wertpapiere bei der Ehefrau des
Klägers für erforderlich gehalten und mangels hinreichender Darstellung bzw.
eines Nachweises des Treuhandverhältnisses eine unentgeltliche Zuwendung von
Geldmitteln durch die Ehefrau des Klägers bejaht. Dagegen war in der
angefochtenen Entscheidung das Bestehen eines Treuhandverhältnisses wegen der
Umstände des Streitfalls nicht (mehr) von Bedeutung. Eine Divergenz in der Würdigung
von Tatsachen oder eine fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen
auf die Besonderheiten des Einzelfalles bzw. schlichte Subsumtionsfehler des FG
reichen indes für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2.
Alternative FGO nicht aus (vgl. BFH-​Beschluss vom 19.
Februar 2008 VIII B 49/07, BFH/NV 2008, 1158). Denn nicht die Unrichtigkeit des
angefochtenen Urteils im Einzelfall, sondern nur die Abweichung im Grundsätzlichen
rechtfertigt eine Zulassung der Revision wegen Divergenz (vgl. BFH-​Beschluss vom 14.
Dezember 2010 X B 120/10, BFH/NV 2011, 446).
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