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Finanzgerichtsordnung

Schenkungsteuerpflicht bei Zahlungen zwischen Ehegatten

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Problemstellung und praktische Bedeutung

Hinter dem oben genannten Beschluss des Bundesfinanzhofs versteckt sich eine schenkungsteuerliche Falle, die den meisten Ehegatten nicht bewusst ist. Entgegen dem weitgehend verbreiteten Glauben, dass den im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten das beiderseitige Vermögen bereits in Zeiten der Ehe, also vor dem tatsächlichen Ausgleich eines während der Ehe erwirtschafteten Zugewinns, gemeinsam gehört, bleibt jeder Ehegatte zivilrechtlich Eigentümer der Vermögensgegenstände, die er in die Ehe eingebracht hat oder die er während der Ehe erwirbt. Allein aufgrund der Ehe entsteht auch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft kein gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten. Dementsprechend können auch Zahlungen oder Zuwendungen zwischen Ehegatten, sofern der persönliche Freibetrag von 500.000,– % überschritten wird, schenkungsteuerpflichtig sein. Eröffnen Ehegatten beispielsweise ein Konto über das jeder Ehegatte alleine verfügen kann (sogenann- tes Oder-Konto), gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Ehegatten als Gesamtgläubiger gem. § 430 BGB zu gleichen Teilen – also jeweils zu 50 % – berechtigt sind, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Nach der gesetzlichen Vermutung also beschenkt der Ehegatte, der überproportional auf das Konto einzahlt, den anderen Ehegatten. Möchten die Ehegatten von dieser gesetzlichen Regelung abweichen, verlangt die Finanzverwaltung als Nachweis hierfür regelmäßig eine im Voraus getroffene schriftliche Vereinbarung über die anderweitige Aufteilung des Guthabens auf dem Konto und erlegt damit den Eheleuten die Beweislast auf. An einer eindeutigen schriftlichen Vereinbarung fehlt es aber regelmäßig zwischen den Ehegatten, sodass sich die Finanzgerichte und der Bundesfinanzhof bereits mehrmals mit der Frage beschäftigen mussten. Zur Schenkungsteuerpflicht bei Überweisung auf ein Oder-Konto hat sich bisher schriftlich aber nur – soweit ersichtlich – die Finanzverwaltung Koblenz geäußert (OFD Koblenz, Verfügung vom 19.02.2002, DStR 2002, 591). Eine Schenkung kann ebenso vorliegen, wenn ein Ehegatte – z.B. nach dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen – dem anderen Ehegatten einen Teil des Veräußerungserlöses zur Vermögensverwaltung anvertraut und eine eindeutige Vereinbarung über die Rückzahlung des Vermögens fehlt.

Zum Sachverhalt

In dem Sachverhalt, der dem Beschluss des BFH zu Grunde lag, floss der Ehefrau ein Veräußerungserlös zu, der auf ihrem Konto verbucht wurde. Der Veräußerungserlös wurde zum einen für den Erwerb einer Immobilie durch die Ehefrau und zum anderen zur Begleichung der auf den Veräußerungserlös anfallenden Einkommensteuer verwendet. Da die Einkommensteuer nicht unmittelbar im Anschluss zu zahlen war, sollte der Ehemann diesen Teil des Veräußerungserlöses zunächst investieren. Der Ehemann investierte in Aktien, die in einem auf den Namen des Ehemanns laufenden Depot verwaltet wurden. Eine ausdrückliche mündliche oder schriftliche Vereinbarung über die Rückzahlung hatten die Ehegatten nicht geschlossen. Das Finanzamt sah hierin eine Schenkung zwischen den Ehegatten. Das Finanzgericht ging hingegen trotz fehlender ausdrücklicher Absprache bzw. schriftlicher Vereinbarung nicht von einer schenkungsteuerpflichtigen Zuwendung zwischen den Ehegatten aus, da der Ehemann weder rechtlich noch tatsächlich frei über die überwiesenen Geldbeträge verfügen konnte. Die Eheleute hätten vielmehr bezüglich der Verwendung des von der Ehefrau erzielten Veräußerungserlöses feste gemeinsame Vorstellungen gehabt und diese Vorstellungen in der Folgezeit auch umgesetzt. Das Finanzgericht hat die Revision nicht zugelassen. Das Finanzamt hat hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Entscheidungsgründe

Der Bundesfinanzhof sah die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision als nicht erfüllt an. Vielmehr ging das Gericht davon aus, dass das Finanzgericht sich nicht in Divergenz zur BFH-Rechtsprechung befindet. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auch ohne schriftliche Vereinbarung zwischen den Ehegatten dargelegt werden kann, dass keine freigebige Zuwendung erfolgen sollte. Es können damit auch weitere Umstände des Einzelfalls – so z.B. die gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten über die Verwendung des Guthabens – für die Beurteilung der Frage, ob eine Schenkung vorliegt, herangezogen werden. Damit bestätigt der Bundesfinanzhof erneut, dass eine Schenkung nur dann vorliegt, wenn der Beschenkte rechtlich und tatsächlich frei über das übertragene Vermögen verfügen kann und für diese Beurteilung die getroffenen Vereinbarungen, die gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten sowie deren konkretes Handeln herangezogen werden kann (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 07.10.1998, Az.: II R 30/97; BFH-Urteil vom 25.01.2001, Az.: II R 39/98; BFH-Urteil vom 22.08.2007, Az.: II R 33/06).

Abschließende Hinweise

Der Beschluss des Bundesfinanzhofs entschärft die schenkungsteuerlichen Risiken bei Zahlungen zwischen Ehegatten. Insbesondere der von der Finanzverwaltung in der Praxis vertretenen Auffassung, dass die Ehegatten eine Vereinbarung über die Verwendung bzw. Rückzahlung des Vermögens nachweisen müssen, wird damit erneut eine Absage erteilt. Auch ohne schriftliche oder mündliche Vereinbarung kann vielmehr anhand der tatsächlichen Handhabung dargelegt werden, dass keine Schenkung erfolgt ist. In einem am 18.04.2012 veröffentlichten Urteil geht der Bundesfinanzhof für Überweisungen auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder- Konto) noch weiter (BFH, Urteil vom 23.11.2011, II R 33/10), indem er die Beweislast für das Vorliegen einer Schenkung dem Finanzamt auferlegt. Das Finanzamt muss demnach anhand objektiver Tatsachen nachweisen, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann. Nur bei objektiven Anhaltspunkten, dass die Eheleute zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind – so z.B. wenn der nicht einzahlende Ehegatte zur eigenen Vermögensbildung Abhebungen von dem gemeinsamen Konto tätigt –, soll der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Beweislast tragen. In der Praxis werden sich Ehegatten aber weiterhin mit der Auffassung der Finanzverwaltung konfrontiert sehen, dass beispielsweise die Einzahlung auf ein gemeinsames Oder-Konto eine Schenkung darstellt. Daher sollte insbesondere in den Fällen, in denen hohe Geldbeträge auf ein gemein- sames Konto fließen, vorsorglich im Vorfeld eine schriftliche Vereinbarung über die Zuordnung des Guthabens getroffen werden, um entsprechende Nachweise zweifelsfrei führen zu können.