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Vorbehaltsnießbrauch

Vorbehaltsnießbrauch

Dr. Sebastian Matenaer, Steuerberater, Hennerkes, Kirchdörfer & Lorz

Die Anwendung des § 6 Abs. 3 S. 1 EStG setzt voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt.  Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen  Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird (Bestätigung von BFH v. 2.9.1992 –XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161, und v. 12.6.1996 –XI R 56, 57/95, BFHE 180, 436, BStBl. II 1996, 527 = DStR 1996, 1399; in Abgrenzung zur Rechtsprechung zur  Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, vgl. BFH v. 26.2.1987 – IV R 325/84, BFHE 150, 321, BStBl. II  1987, 772 = BeckRS 1987, 22007992, und v. 7.4.2016 – IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl. II 2016, 765 = DStRE 2016, 968). Es ist insoweit unerheblich, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter Betrieb unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen  wird.

   I.        Problemstellung

Der Bestellung von Nießbrauchsrechten an Einzelunternehmen und an Anteilen von Personengesellschaften kommt im  Rahmen der Beratungspraxis der vorweggenommenen Erbfolge von Familienunternehmen eine hohe Bedeutung zu. Auf diese Weise kann der Übertragende weiter Einfluss auf das Unternehmensgeschehen ausüben und an den Erträgen  partizipieren, während die Vermögenssubstanz bereits an die nachfolgende Generation übergeben wird. Auch für Zwecke der  Erbschaft- und Schenkungsteuer ist die Vereinbarung eines Nießbrauchs attraktiv, insbesondere wenn die Steuerbefreiung  für Betriebsvermögen nicht genutzt werden kann. Denn der kapitalisierte Wert des Nießbrauchs kann von der  Bemessungsgrundlage des Übertragungsgegenstands abgezogen werden. Die Vereinbarung von Nießbrauchsrechten im Zusammenhang mit Betriebsvermögen ist aber ertragsteuerlich nur ohne Aufdeckung von stillen Reserven möglich, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG erfüllt werden. Im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen der steuerneutralen Übertragung bestand schon bisher aufgrund divergierender Rechtsprechung der Finanzgerichte Rechtsunsicherheit, sodass Übertragungen regelmäßig mit einer verbindlichen Auskunft abgesichertwerden mussten.

  II.        Problemstellung

Die Klägerin hatte ein bebautes Grundstück auf ihren Sohn unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen. Im Gebäude  befanden sich eine Gaststätte sowie vermietete Wohnungen und Büros. Die Gaststätte wurde zunächst selbst zur Erzielung von gewerblichen Einkünften genutzt, später verpachtet und als sog. Betriebsverpachtung im Ganzen weiter als gewerblich behandelt. Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Voraussetzungen einer  unentgeltlichen Betriebsübertragung nicht erfüllt waren. Der streitbefangene Vorgang wurde als Entnahmegewinn im Zuge einer Betriebsaufgabe behandelt. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

   III.        Entscheidungsgründe

Zunächst stellte der BFH fest, dass trotz der Bestellung des Nießbrauchsrechts der Kläger wirtschaftlicher und rechtlicher Eigentümer des Grundstücks geworden ist. Sodann führte der BFH weiter aus, dass die Betriebsübertragung unentgeltlich erfolgte, da die Bestellung des Nießbrauchs keine Gegenleistung des Klägers als Erwerber darstellt. Insoweit hielt der BFH an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Weiterhin könne auch ein ruhender, verpachteter und nicht aufgegebener Betrieb  Übertragungsgegenstand des § 6 Abs. 3 EStG sein. Nach Meinung des BFH setzte die Steuerneutralität der Übertragung allerdings voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs erfordere, dass das Eigentum an den wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang unter Aufrechterhaltung des geschäftlichen Organismus auf einen Erwerber übertragen wird. Dabei sei der Begriff des Betriebs nicht nur gegenstandsbezogen, sondern auch tätigkeitsbezogen zu verstehen.Im Übrigen könne die Rechtsprechung des IV.  Senats zum Vorbehaltsnießbrauch bei der unentgeltlichen Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht auf den Übergang eines Gewerbebetriebs übertragen werden. Außerdem sei es für die Frage der Anwendbarkeit des § 6 Abs. 3 EStG auch unerheblich, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter und insofern ruhender Betrieb unter  Vorbehaltsnießbrauch übertragen wird. Im Ergebnis waren im Streitfall die  Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung des Verpachtungsbetriebs nicht erfüllt und die Übertragung des Betriebs stellte eine gewinnrealisierende Entnahme dar.

   IV.        Kontext der Entscheidung

Der Streitfall betrifft einen eher speziell gelagerten Fall der Betriebsverpachtung im Ganzen. Bei dieser wird dem  Steuerpflichtigen ein Wahlrecht nach § 16 Abs. 3b EStG zugestanden, den gewerblichen Betrieb fortzuführen (grundlegend BFH, Urteil vom 13.11.1963, GrS 1/63 S, BStBl. III 1964, 124), obwohl die Verpachtung eigentlich die Einstellung der  gewerblichen Tätigkeit bedeuten würde. Bei Ausübung des Wahlrechts entstehen zwei Gewerbebetriebe: der durch den Pächter fortgeführte ursprüngliche Betrieb und der in der Verpachtung des ursprünglichen Betriebes bestehende Betrieb des ehemaligen Unternehmers.
Daran anknüpfend hat der IV. Senat des BFH für land- und forstwirtschaftliche Betriebe  entschieden, dass bei Vereinbarung eines Nießbrauchs zwei Forstbetriebe entstehen, ein ruhender in der Hand des  nunmehrigen Eigentümers (und Nießbrauchsverpflichteten) und ein wirtschaftender in der Hand des   Nießbrauchsberechtigten und bisherigen Eigentümers (BFH, Urteil vom 25.1.1996, IV R 19/94, BFH/NV 1996, 600).  Insoweit ist es durchaus diskussionswürdig, ob ein Verpachtungsbetrieb, wie im vorliegenden Streitfall, nochmals auf zwei Betriebe aufgeteilt werden kann, da die gewerbliche Tätigkeit schon vor der Übertragung nur in der Verpachtung eines  Betriebes bestand. Andererseits hat der X. Senat in seinem Beschluss vom 26.7.2005 (X R 10/05, BFH/NV 2006, 2072) entschieden, dass trotz eines Zuwendungsnießbrauchs zugunsten der Ehefrau des Verstorbenen die   Tatbestandsvoraussetzungen einer unentgeltlichen Betriebsaufgabe gemäß § 7 Abs. 1 EStDV (heute § 6 Abs. 3 S. 1 EStG)  erfüllt sein können. Insoweit scheint es in der Rechtsprechung des BFH entscheidend darauf anzukommen, dass der  Gewerbetreibende die im Rahmen des übertragenen Betriebs ausgeübte gewerbliche Tätigkeit aufgibt (so auch schon BFH, Urteil vom 2.9.1992, XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161).
Der X. Senat scheint seine Rechtsprechungsgrundsätze auch auf  originär gewerblich tätige Betriebe übertragen zu wollen. Sollte dies zutreffend sein, könnten zukünftig ggf. noch   Übertragungen gegen Einräumung von Versorgungsleistungen im Sinne des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG erfüllen, wenn hierin aus Sicht des BFH keine Fortsetzung der gewerblichen Tätigkeit zu sehen wäre.  Alternativ könnte ggf. auch durch Vereinbarung eines Ertragsnießbrauchs die Einstellung der bisherigen gewerblichen Tätigkeit erreicht werden. Allerdings wäre im Hinblick auf die Vereinbarung eines Ertragsnießbrauchs wiederrum die  Tatbestandsvoraussetzung der Unentgeltlichkeit stärker infrage zu stellen (so Wälzholz, DStR 2010, 1931). Mittelbar wird das Besprechungsurteil schließlich auch die Inanspruchnahme der Befreiungsvorschriften nach §§ 13a, 13b und 13c ErbStG  gefährden, weil § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG für den Betriebsbegriff auf § 15 EStG verweist.
Darüber hinaus ist für die  Beratungspraxis von großer Bedeutung, ob das Urteil des X. Senats auch auf die Zuwendung von Mitunternehmeranteilen unter Nießbrauchsvorbehalt übertragbar ist. Bisher gingen sowohl die herrschende Meinung (Gratz/ Uhl-Ludäscher, in:  Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 6 Rn. 1222 m.w.N.) als auch die Finanzverwaltung von Übertragungen mit der  Möglichkeit der Buchwertfortführung aus (BMF vom 13.1.1993, IV B 3 – S 2190 – 37/92, BStBl. I 1993, 80 Tz. 10 und 24).
Bei der Übertragung von Mitunternehmeranteilen können nach inzwischen ständiger und von der Finanzverwaltung  anerkannter (BMF vom 2.11.2012, BStBl. I 2012, 1101) BFH-Rechtsprechung (BFH, Urteil vom 1.9.2011, II R 67/09, BStBl. II 2013, 210) sowohl der Nießbraucher als auch der Erwerber Mitunternehmer sein. Darüber hinaus ist auch bei einer   Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 EStG die Fortführung der Buchwerte  vorgesehen. Wird nur ein Teil eines Mitunternehmeranteils übertragen, kann der Übertragende seine gewerbliche Tätigkeit nicht gleichzeitig einstellen, sondern führt diese als Mitunternehmer weiter. Der Gesetzgeber schreibt daher im Hinblick auf Mitunternehmeranteile keine Beendigung der gewerblichen Tätigkeit vor, um die Voraussetzungen der Buchwertfortführung zu erfüllen.
Sollte der BFH, trotz der aufgezeigten Unterschiede bei der Zuwendung von Mitunternehmeranteilen, dennoch  eine Übertragung seiner Rechtsprechungsgrundsätze auf die Übergabe von Mitunternehmeranteilen vornehmen, könnte  über die Vereinbarung eines Ertragsnießbrauchs grundsätzlich die Mitunternehmerstellung des Übertragenden vermieden werden (Reiß, in: Kirchhof, EStG, 16. Auflage 2017, § 15 Rn. 201). Alternativ wäre, analog zur Übertragung von Betrieben,  eine Übertragung gegen Versorgungsleistungen denkbar, um eine Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden.

   V. Praktische Bedeutung

Die Entscheidung führt zu einem hohen Risiko, dass bei der Übertragung von Betrieben unter Nießbrauchsvorbehalt die stillen Reserven aufgedeckt werden müssen. Zudem ist zu befürchten, dass die erbschaftsteuerlichen Befreiungsvorschriften nicht in Anspruch genommen werden können. Unklar bleibt, ob die Rechtsprechungsgrundsätze des Besprechungsurteils analog auch auf die Zuwendung von Mitunternehmeranteilen unter Bestellung von Nießbrauchsrechten anzuwenden sind. Im Ergebnis verbleiben daher nach dem Urteil des X. Senats erhebliche Unsicherheiten für den Rechtsanwender, die sich durch alternative Gestaltungen zwar reduzieren, aber nicht vermeiden lassen. Das Besprechungsurteil des X. Senats wird daher die Tendenz in der Beratungspraxis, Übertragungen unter Vereinbarung eines Nießbrauchs durch verbindliche Auskünfte abzusichern, weiter verstärken.

Nichtabziehbare Aufwendungen

Wegfall der Verlustvorträge im Sinne von § 8c KStG bei An- teilsübertragung im Wege vorweggenommener Erbfolge

Andrea Seemann, Steuerberaterin

I. Problemstellung und praktische Bedeutung

Werden Anteile an einer verlustbehafteten Kapitalgesellschaft übertragen, die steuerliche Verlustvorträge hat, gehen die steuerlichen Verlustvorträge gemäß § 8c KStG, § 10a GewStG bei einer Übertragung von mehr als 25 % der Anteile auf einen Erwerber bzw. auf eine Erwerbergruppe anteilig und bei Übertragung von mehr als 50 % der Anteile an einen Erwerber bzw. an eine Erwerbergruppe vollständig unter. Für die Frage, ob eine Übertragung von mehr als 25 % bzw. mehr als 50 % der Anteile vorliegt, werden die Übertragungen innerhalb von fünf Jahren zusammengerechnet. Ausnahmen gel- ten, wenn die Gesellschaft im Inland steuerpflichtige stille Reserven hat oder es sich um eine Übertragung im Konzernverbund handelt. Keine Ausnahme enthält die Regelung hingegen für unentgeltliche Übertragungen, z.B. für eine Schenkung von Anteilen an Abkömmlinge. Lediglich aufgrund eines Erlasses der Finanzverwaltung werden die unentgeltliche Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, die Erbfolge selbst sowie die Übertragung im Rahmen einer Erbauseinandersetzung vom Anwendungsbereich des § 8c KStG, § 10a GewStG ausgenommen (vgl. BMF-Schreiben vom 4.7.2008, Tz. 4, BStBl. I 2008, 736). Im Rahmen der Nachfolgeplanung ist damit auch zu beachten, ob die Übertragung von Anteilen zu einem teilweisen bzw. vollständigen Untergang steuerlicher Verlustvorträge führt. Über diese Fragestellung hatte das Finanzgericht Münster zu entscheiden.

II. Sachverhalt

An der Klägerin, einer im Jahr 1972 gegründeten GmbH, waren V zu 2/3 und S1, einer der Söhne von V zu 1/3 beteiligt. Mit notarieller Urkunde vom 17. Dezember 2008 schenkte V seinem Sohn S1 einen weiteren Geschäftsanteil an der Klägerin in Höhe von ca. 55,2 %. S1 musste die Zuwendung im Rahmen der Erbauseinandersetzung nicht gemäß § 2050, 2052 BGB zur Ausgleichung bringen. Eine Anrechnung auf den Pflichtteil von S1 wurde vereinbart. Die Klägerin hatte körperschaft- und gewerbesteuerliche Verlustvorträge. Das Finanzamt setzte daraufhin die steuerlichen Verlustvorträge mit Hinweis auf § 8c KStG, § 10a Satz 10 GewStG mit 0,– EUR mit der Begründung fest, dass es sich bei der vorstehend beschriebenen Übertragung nicht um eine Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge handelte, weil es an einer Ausgleichsverpflichtung gemäß § 2050, 2052 BGB fehlte. Einen Antrag der Klägerin, von einer Anwendung des § 8c KStG aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO abzusehen, lehnte das Finanzamt ab. Gegen die Anwendung von § 8c KStG, § 10a GewStG und damit gegen den Untergang der Verlustvorträge richtete sich die Klage der Klägerin.

III. Entscheidungsgründe

Das Finanzgericht hatte zum einen zu entscheiden, ob § 8c KStG, § 10a GewStG auch für eine Übertragung im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge Anwendung findet und zum anderen, ob die Klägerin Anspruch auf eine Billigkeitsmaßnahme im Sinne des § 163 AO hat. Nach Ansicht des Finanzgerichts unterfallen alle rechtsgeschäftlichen entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen der Regelung des § 8c KStG und damit auch der Erwerb im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge. Auch für eine Billigkeitsregelung ist nach Ansicht des Gerichts kein Raum, da es an einer sachlichen Unbilligkeit fehle. Der im Rechtsstaatprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Vorbehalt des Gesetzes verbiete es zudem, dass die Finanzverwaltung eine allgemeine Billigkeitsmaßnahme für solche Fallgestaltungen erlasse, in denen die Besteuerung der Gesetzeslage ent- spreche und in denen es an einer sachlichen, vom Gesetzgeber nicht gewollten Härte fehle. Vielmehr seien solche Härten nur durch eine Gesetzeskorrektur zu beheben. Selbst wenn die Regelung im BMF-Schreiben zu § 8c KStG im Einklang mit dem Vor- behalt des Gesetzes stünde, also grundsätzlich rechtlich zulässig wäre, ist die im vorliegenden Fall von dem Finanzamt vertretene Auffassung, dass eine vorweggenommene Erbfolge nur dann vorliege, wenn im Schenkungsvertrag eine Anrechnungspflicht auf die spätere Erbschaft gemäß § 2050 BGB aufgenommen ist, vertretbar. Die Klage wurde folglich als unbegründet abgewiesen. Das Finanzgericht hat die Revision gegen dieses Urteil zugelassen.

IV. Praktische Bedeutung

Es gibt viele Beispiele, in denen die Finanzverwaltung im Rahmen einer allgemeinen  Billigkeitsregelung vom Wortlaut des Gesetzes abweicht, beispielsweise im Umwandlungssteuererlass zu § 22 Abs. 3 UmwStG bzw. im BMF-Schreiben zu § 50i EStG. Vorstehendes Urteil macht deutlich, dass es nicht genügt, wenn die Finanzverwaltung missglückte Gesetzesregelungen durch Billigkeitsregelungen im Erlasswege heilt. Vielmehr bedarf es einer gesetzlichen Korrektur zur Schaffung einer Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen. Bei Übertragung von verlustbehafteten Gesellschaften gilt, dass das Vorliegen einer vorweggenommenen Erbfolge und damit das Fortbestehen der Verlustvorträge nach dem Erlass der Finanzverwaltung durch eine verbindliche Auskunft abgesichert werden muss.

Erbrecht

Kein Abzug von Notarkosten im Zusammenhang mit der Übertragung von Kommanditanteilen im Zuge einer Unternehmensnachfolge

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die Regelung der Unternehmensnachfolge kann erhebliche Kosten verursachen, wozu insbesondere die sich aus dem Gegenstandswert abzuleitenden Kosten der notariellen Beurkundung zu treffender Vereinbarungen gehören. Der dem Urteil des Finanzgerichts Nürnberg zu Grunde liegende Fall betrifft Notarkosten, die im Zusammenhang mit der schenkweisen Übertragung von Kommanditanteilen entstanden sind, und setzt sich mit der praktisch bedeutsamen Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit dieser Kosten auseinander. Der Entscheidung kommt aber auch Bedeutung für andere, im Zusammenhang mit der Planung und Durchführung einer Unternehmensnachfolge anfallenden Kosten zu. Um eine solche Übertragung auch aus einkommensteuerlicher und erbschaftsteuerlicher Sicht optimal zu gestalten, bedarf es vielfach erheblicher und kostenträchtiger Beratungstätigkeiten. Beispielsweise kann eine Unternehmensbewertung erforderlich werden, um die mit der Übertragung verbundenen schenkungsteuerlichen Folgen einzuschätzen. Ferner können steuerliche Detailanalysen erforderlich sein, um zu beurteilen, in welchem Umfang überhaupt erbschaftsteuerliche Begünstigungen in Anspruch genommen werden können. Unentgeltliche Anteilsübertragungen können auch mit ertragsteuerlichen Folgewirkungen (z.B. Behaltensfristen, schädliche Entnahmevorgänge) verbunden sein, deren Analyse oder Vermeidung mit Kosten verbunden ist.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

An der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, war der Vater alleiniger Kommanditist. Im Jahr 2002 hat der Vater seinen Kommanditanteil teilweise an seine Ehefrau und teilweise an seinen Sohn schenkweise übertragen. Die Anteilsabtretung an den Sohn erfolgte aufgrund einer damit verbundenen Grundstücksübertragung im Rahmen einer notariellen Urkunde. Der beurkundende Notar stellte Ende 2002 Beurkundungskosten in Rechnung. Die Beurkundungskosten wurden von der Klägerin als Betriebsausgabe gebucht. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurden die Notarkosten als Entnahme behandelt. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. Mit ihrer Klage beantragte die Klägerin, die Notarkosten bei dem Sohn als Übernehmer des Kommanditanteils als Sonderbetriebsausgaben anzusetzen. Ferner wurde beantragt, für den Fall des Unterliegens in dieser Klage die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Das Finanzgericht Nürnberg hat die Klage abgewiesen. Das Gericht ist auch der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vorliegen, da die Entscheidung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Anerkennung von Betriebsausgaben folge. Allerdings wurde gegen diese Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg zwischenzeitlich Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt. Das Finanzgericht Nürnberg verneint zunächst eine betriebliche Veranlassung auf Ebene der Kommanditgesellschaft. Nach Auffassung des Gerichts sind Aufwendungen in Folge einer Unternehmensnachfolge grundsätzlich nicht betrieblich veranlasst, da der Betrieb kein eigenes Interesse daran habe, dass die Nachkommen des jetzigen Betriebsinhabers den Betrieb übernehmen. Die Aufnahme des Sohnes in die Gesellschaft sei kein betriebliches, sondern ein privates Interesse. Ein betriebliches Interesse soll nach Auffassung des Finanzgerichts Nürnberg nur in den Fällen denkbar sein, in denen eine Person über besondere, singuläre Eigenschaften verfüge, die sie für den Betrieb quasi unersetzlich macht. Sodann führt das Finanzgericht Nürnberg aus, dass auch der Sohn die angefallenen Notarkosten nicht als Sonderbetriebsausgaben geltend machen kann, da sie nicht betrieblich veranlasst seien. Der dem privaten Bereich zuzuordnende Aspekt der Vorwegnahme der Erbschaft würde andere evtl. vorhandene betriebliche Veranlassungszusammenhänge vollständig überlagern. Das Finanzgericht verweist in seiner Begründung noch auf die Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragung. Aus der steuerlichen Wertung als unentgeltlicher Erwerb folgt nach Auffassung des Finanzgerichts die ertragsteuerliche Unbeachtlichkeit der Erwerbsnebenkosten. Auch ein Veranlassungszusammenhang zwischen den Notarkosten einerseits und den späteren Einnahmen aus dem schenkweise übertragenen Kommanditanteil andererseits wird vom Finanzgericht Nürnberg abgelehnt. Die Aufwendungen, die ein Erbe auf dem Weg bzw. in Folge des Erbantritts tätigen muss, sind demnach privat veranlasst. Das Gleiche müsse auch für die Vorwegnahme der Erbschaft durch Schenkung gelten. Andere hierzu im Schrifttum geäußerte Auffassungen wurden vom Finanzgericht Nürnberg abgelehnt. Das Finanzgericht Nürnberg sieht sich mit dieser Entscheidung in vollem Umfang auf der Linie der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Anerkennung von Betriebsausgaben und hat deshalb die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen. Interessanterweise hat das Finanzgericht Münster in einem Urteil vom 25.10.2011, Az.: 13 K 1907/10, entschieden, dass Erwerbsnebenkosten auch bei einem unentgeltlichen Erwerb – hier im Rahmen einer Erbauseinandersetzung über Privatvermögen – im Wege der Abschreibung steuerlich abzugsfähig sind. Zu dieser Frage wurde die Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen. Es bleibt daher abzuwarten, wie die von der Klägerin im Verfahren vor dem Finanzgericht Nürnberg eingelegte Beschwerde gegen die nicht zugelassene Revision ausgehen wird. Mit dem im Urteil des Finanzgerichts Nürnberg enthaltenen Hinweis, wonach ein betriebliches Interesse an der Person des Betriebsinhabers in Fällen denkbar sein könnte, in denen eine Person über besondere, singuläre Eigenschaften verfüge, die sie für den Betrieb quasi unersetzlich machen, ist zumindest für bestimmte Ausnahmefälle ein Ansatzpunkt vorhanden, um eine betriebliche Veranlassung von Aufwendungen im Zuge der Regelung der vorweggenommenen Erbfolge zu begründen. Darüber hinaus wird es in der Beratungspraxis erforderlich sein, sehr strikt auf den Veranlassungszusammenhang für einzelne Beratungskosten zu achten. Insbesondere solche Beratungstätigkeiten, die eindeutig im betrieblichen Interesse erfolgen (z.B. Sicherung der Erfolgsneutralität eines Übertragungsvorgangs), können eine betriebliche Veranlassung begründen und sollten daher als Betriebsausgabe abgezogen werden können.