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Arten der sonstigen Einkünfte

Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen bei Verzicht auf Pflichtteils- oder Zugewinnaus- gleichsanspruch

Dr.  Bertram Layer, Steuerberater/Wirtschaftsprüfer

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die Übergabe von Vermögen an die Nachfolgegeneration, sei es im Erbfall oder aber bereits zu Lebzeiten im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge, wird in der Praxis häufig mit wiederkehrenden Leistungen als „Gegenleistung“ für die Vermögensübertragung verbunden. Die einkommensteuerliche Behandlung solcher wiederkehrenden Leistungen bei den zur Zahlung Verpflichteten ist davon abhängig, ob es sich bei der Vermögensübertragung um eine entgeltliche, teilentgeltliche oder unentgeltliche Übertragung handelt. Im Falle einer unentgeltlichen Vermögensübertragung können unter bestimmten weiteren Voraussetzungen sog. Versorgungsleistungen vorliegen, die beim Verpflichteten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG als Sonderausgaben geltend gemacht werden können. Im Gegenzug hat der Versorgungsempfänger die Versorgungsleistungen als Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG zu versteuern (sog. Korrespondenz- prinzip).

Es würde hier zu weit führen, die derzeit gültige Rechtslage für Versorgungsleistungen und die im nachfolgenden Streitfall gültige Rechtslage im Einzelnen darzustellen. Für nach dem 31.12.2007 abgeschlossene Vermögensübertragungen hat der Gesetzgeber aufgrund der Entwicklungen in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG begünstigte unentgeltliche Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sehr stark eingeschränkt. Begünstigt sind danach nur noch Versorgungsleistungen, die im Zusammenhang stehen mit der Übertragung

  • eines Anteils an einer Personenge- sellschaft, die eine land- und forstwirtschaftliche, gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausübt;
  • eines Betriebs oder Teilbetriebs, oder
  • eines mindestens 50 % betragenden Anteils an einer GmbH, wenn der Übergeber als Geschäftsführer tätig war und der Übernehmer diese Tätigkeit nach der Übertragung übernimmt.

Vor dem 31.12.2007 abgeschlossene Vermögensübergabeverträge konnten hingegen auch zu Versorgungsleistungen führen, wenn Privatvermögen übertragen wurde (z.B. Grundstücke, auch eigengenutzte oder Wertpapiere und Geldvermögen). Vom BFH wurden für die Anerkennung von Versorgungsleistungen, die auf einer Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) beruhen, weitere Voraussetzungen für deren steuerliche Anerkennung als Sonderausgaben definiert, die auch heute noch Gültigkeit haben. Wiederkehrende Leistungen, die ihren Entstehungsgrund in einer Verfügung von Todes wegen (Erbeinsetzung oder Vermächtnis) haben, sind demnach nur dann Versorgungsleistungen, wenn sie auch bei einer Vermögensübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Lebzeiten des Erblassers als Versorgungsleistungen zu beurteilen gewesen wären. Zudem muss der Empfänger der Versorgungsleistungen zum sog. Generationennachfolge-Verbund gehören, d.h. er muss gegenüber dem Erblasser Pflichtteils- oder ähnliche Ansprüche (z.B. Zugewinnausgleichsansprüche) geltend machen können; hierzu gehören bspw. der überlebende Ehegatte und die gesetzlich erb- und pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge des Erblassers. Gerade im Hinblick auf die zuletzt genannte Voraussetzung bringt die nachfolgend dargestellte Entscheidung nun eine Klarstellung, nämlich dass ein Verzicht auf Pflichtteils- oder ähnliche Ansprüche (Zugewinnausgleich) einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen nicht entgegensteht.

Zum Sachverhalt

Gegenstand der vorliegenden Entscheidung des BFH war die steuerliche Behandlung von Zahlungen eines Erben (Sohn S), die dieser aufgrund eines zwischen seinem Vater (V) und dessen künftige Ehefrau und Stiefmutter des S (M) im Jahre 1991 abgeschlossenen Ehe- und Erbvertrages zu leisten hatte. In diesem Ehe- und Erbvertrag wurden zwischen V und M Gütertrennung und ein wechselseitiger Pflichtteilsverzicht vereinbart. Darüber hinaus setzte V seiner zukünftigen Ehefrau ein Vermächtnis aus. Dieses Vermächtnis wurde im Laufe der Zeit mehrmals verändert und bestand schließlich in einer monatlichen Rentenzahlung und einem lebenslangen Nießbrauch an dem selbst genutzten Haus. Ebenfalls mit notariellem Testament im Jahre 1991 setzte V den Sohn S sowie dessen Bruder je zur Hälfte als Erben ein. Nach dem Tod von V leistete S die erbvertraglich vereinbarten Vermächtniszahlungen. Die in den Jahren 2003 bis 2005 geleisteten Rentenzahlungen an M machte S als dauernde Last geltend. Der Abzug der dauernden Last als Sonderausgabe wurde vom Finanzamt nicht anerkannt. Die dagegen beim Finanzgericht Köln erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG Köln hat einer Entscheidung vom 30.06.2011,  Az. 10  K 1682/08, die Rentenzahlungen als dauernde Last anerkannt. Hiergegen hat das Finanzamt Revision eingelegt, der vom BFH stattgegeben wurde und die zu einer Zurückverweisung an die Vorinstanz geführt hat.

Entscheidungsgründe

Zunächst bestätigt der BFH die Auffassung der Vorinstanz, dass die Zahlungen des Klägers (Sohn S) an seine Stiefmutter M Versorgungsleistungen 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sein können. Im Ergebnis verweist der BFH aber die Sache zurück an das Finanzgericht, das noch zu prüfen hat, ob der Kläger von seinem Vater V Vermögen geerbt hat, dessen Erträge die Versorgungsleistungen abdecken und ob die Versorgungsleistungen auch tatsächlich entsprechend der aus dem Vermächtnis resultierenden Verpflichtung erfüllt wurde.

In seinem Urteil stellt der BFH die Grundsätze zur Anerkennung von Versorgungsleistungen dar, die er bereits in früheren Urteilen entwickelt hat. Er bestätigt, dass sowohl Leistungen, die auf einer vorweggenommenen Erbfolge beruhen als auch Leistungen, die ihren Rechtsgrund in einer letztwilligen Verfügung haben (z.B. in einem Vermächtnis), als Versorgungsleistungen zu Sonderausgaben führen können. Das Gericht bestätigt ferner, dass der Empfänger der Versorgungsleistungen zum sog. Generationennachfolge-Verbund gehören muss. In dem Urteil kommt der BFH zum Ergebnis, dass auch die Stiefmutter des Klägers diesem Generationennachfolge-Verbund angehört und deshalb Empfängerin von Versorgungsleistungen i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG sein kann. Dem stehe auch nicht entgegen, dass M im notariellen Ehe- und Erbvertrag noch vor der Eheschließung mit V einen Pflichtteilsverzicht erklärt hat, da ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang mit der Eheschließung gegeben sei. Der BFH führt, auch klarstellend zu früher ergangener Rechtsprechung aus, dass es für eine Anerkennung einer vermächtnisweisen zugewendeten Versorgungsrente als Versorgungsleistung nicht erforderlich ist, dass der Begünstigte im Zeitpunkt des Erbfalls noch Pflichtteils- oder Zugewinnausgleichsansprüche geltend machen kann. Entscheidend sei vielmehr, dass sich der Begünstigte mit der vermächtnisweisen Zuwendung von Versorgungsleistungen anstelle von Pflichtteils- oder Zugewinnausgleichsansprüchen begnügt.

In dem Urteil setzt sich der BFH auch mit der Frage auseinander, ob – wie im vorliegenden Streitfall der Fall – ein ursprünglich im Wege des Vermächtnisses zugewendetes Nießbrauchsrecht durch eine private Versorgungsrente abgelöst werden kann. Der BFH verweist in diesem Zusammenhang auf seine Rechtsprechung, wonach ein Nießbrauchsrecht, das sich der Übergeber eines Vermögens vorbehalten hatte, grds. durch eine Versorgungsrente abgelöst werden kann, sofern die vereinbarten Versorgungsleistungen aus den Nettoerträgen des überlassenen Grundstücks bestritten werden können. Entsprechendes muss nach Auffassung des BFH gelten, wenn eine Änderung des ausgesetzten Vermächtnisses durch den Erblasser dahingehend erfolgt, dass eine Versorgungsleistung anstelle eines Nießbrauchsrechts oder eine zusätzliche Rente neben einem Nießbrauchsrecht gewährt wird.

Ergänzende Hinweise

Die vorstehend erläuterte Entscheidung betrifft zwar einen Fall, der nach den derzeit gültigen Regelungen für Versorgungsleistungen in § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG wohl keine als Sonderausgabe abzugsfähigen Versorgungsleistung mehr begründen würde, da es an den zuvor dargestellten engen Voraussetzungen für begünstigte Vermögensübertragun- gen (im wesentlichen Mitunternehmeranteile, Teilbetriebe oder Anteile an Kapitalgesellschaften) fehlt.

Allerdings ist die Entscheidung auch für die heutige Rechtslage von Bedeutung, wenn es um nach neuem Recht begünstigte Vermögensübergaben geht und der durch eine Versorgungsleistung Begünstigte auf Pflichtteils- oder ähnliche Ansprüche (Zugewinnausgleich) verzichtet. Ein solcher Verzicht, wie er in der Praxis durchaus zwischen Ehegatten üblich ist, v.a. in Verbindung mit unternehmerisch gebundenen Vermögen, wäre somit für eine Anerkennung einer Versorgungsrente nicht mehr schädlich.

Einkommensteuergesetz

Einkommensteuergesetz – Versorgungsleistungen

Steuerliche Folgen einer vorübergehenden Reduzierung der Zahlung von Versorgungsleistungen

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

  1. Änderungen eines Versorgungsvertrags können nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie von den Vertragsparteien schriftlich fixiert worden
  2. Werden die auf der Grundlage eines Vermögensübergabevertrages geschuldeten Versorgungsleistungen „willkürlich“ ausgesetzt, so dass die Versorgung des Übergebers gefährdet ist, sind die weiteren Zahlungen auch nach Wiederaufnahme der ursprünglich vereinbarten Leistungen nicht als Sonderausgaben abziehbar.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Versorgungsleistungen stellen in der Beratungspraxis eine wichtige Gestaltung zur Absicherung der Versorgungsbedürfnisse von Eltern bei Übertragung von Vermögen auf ihre Kinder dar. Deshalb sind Versorgungsleistungen als wiederkehrende Leistungen definiert, die im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung, insbesondere im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge, geleistet werden. Das Einkommensteuergesetz regelt in § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG die Voraussetzungen, unter denen die Versorgungsleistungen beim Verpflichteten als Sonderausgaben abziehbar sind. Beim Versorgungsberechtigten sind diese Zahlungen dann nach § 22 Nr. 1b EStG als sonstige  Einkünfte steuerpflichtig.

Zum Sachverhalt

Der Vater des Klägers übertrug diesem im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Eigentum an einem Grundstück sowie an dem auf dem Grundstück befindlichen Bäckereibetrieb. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, seinen Eltern eine monatliche Rente in Höhe von 4.000,- DM zu bezahlen. Der Bäckereibetrieb wurde von dem Kläger nach der Übertragung im Rahmen einer GmbH fortgeführt. Dabei wurden dieser GmbH auch die betrieblichen Grundstücke vermietet. Auf Grund einer schlechten Ertragslage des Bäckereibetriebs musste die Pacht für das Grundstück deutlich reduziert werden. Es kam auch zu weiteren Anpassungsmaßnahmen bezüglich der Ausgaben des Bäckereibetriebs, u.a. zu Tilgungsaussetzungen.

In Folge der schlechten Ertragslage wurde vom Kläger nur ein Teil der vereinbarten Rentenzahlungen geleistet.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Im Urteil wird ausgeführt, dass nach einer Phase einer schwerwiegenden Abweichung von der vereinbarten Rentenzahlung eine Rückkehr zum vertragsgerechten Verhalten nicht mehr in Betracht kommt. Nach Auffassung des BFH zeigt das gravierende vertragswidrige Verhalten während eines längeren Zeitraums (im Streitfall 17 Monate) den fehlenden Rechtsbindungswillen der Parteien und lässt den Übergabevertrag als Ganzes deshalb nicht unberührt. Erfüllt demgemäß der Übernehmer in späteren Jahren die  vereinbarten Versorgungsleistungen vertragsgemäß, sind deshalb auch diese Aufwendungen nicht als Sonderausgaben abziehbar. Andererseits hat der Vermögensübergeber, der über einen längeren Zeitraum vertragswidrig keine Versorgungsleistungen erhalten hat, bei Wiederaufnahme der Zahlungen keine sonstigen Einkünfte zu versteuern.

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung sollten die Vertragsparteien eines Versorgungsvertrages die Gründe einer vorübergehenden Reduzierung von Zahlungen von Versorgungsleistungen schriftlich dokumentieren.