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Form des Schenkungsversprechens

Formlose Schenkung von Unterbeteiligungen

Dr. Thomas Frohnmayer, Rechtsanwalt

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Familienstiftung, ist testamentarische Alleinerbin des am 26.10.2002 verstorbenen Frank- furter Verlegers Dr. Siegfried Unseld (U). Der Beklagte ist ein (Sohn des U) war als persönlich haftender Gesellschafter an der S. Verlag GmbH & Co. KG (Verlag „Suhrkamp“) und an der I. Verlag GmbH & Co. KG (Verlag „Insel“) jeweils zu 51 %, an der Verlagsleitung (Komplementär-) GmbH zu 55 % beteiligt, außerdem an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betreffend den Grundbesitz in Frankfurt. Im Jahr 2001 räumte U in notarieller Form einer weiteren Stiftung, der Siegfried Unseld-Stiftung (SU-Stiftung), auf den Zeitpunkt seines Versterbens ohne Gegenleistung Unterbeteiligungen i.H.v. je 30 % an den genannten Gesellschaften ein mit der Maßgabe, dass nach seinem Tod sein Erbe Hauptbeteiligter sei. In 18 des notariellen Vertrages ist die Gewinnverteilung in der Unterbeteiligungsgesellschaft geregelt. In § 16 heißt es zur Geschäftsführung in der Unterbeteiligungsgesellschaft: „I. Geschäftsführer der Innengesellschaft ist der Hauptbeteiligte. Der Hauptbeteiligte hat die Unterbeteiligte zu unterrichten und anzuhören, ehe er bei der Wahrnehmung ihm als Gesellschafter der Hauptgesellschaften zustehender Rechte Handlungen von besonderer Bedeutung vornimmt. Für Handlungen, die über gewöhnliche Gesellschafterent- scheidungen in den Beteiligungen hinausgehen (entsprechend § 116 Abs. 2 HGB), ist die Zustimmung der Unterbeteiligten einzuholen.“ Seit dem Tod des Erblassers (U) streiten die Parteien darüber, ob die der SU-Stiftung eingeräumten Unterbeteiligungen in den Nachlass gefallen und bei der Berechnung des vom Beklagten (Sohn des U) geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs zu berücksichtigen sind (so der Rechts- standpunkt des Beklagten). Die Klägerin hat auf Feststellung geklagt, dass die Einräumung der Unterbeteiligungen zugunsten der SU-Stiftung im Todeszeitpunkt wirksam gewesen sei. Das Landgericht hat diesem Antrag stattgegeben. Berufung und Revision des Beklagten hiergegen blieben erfolglos.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Für die Begründetheit der Klage kam es darauf an, ob U durch die aufschiebend bedingte Einräumung der Unterbeteiligungen den Nach- lass verringert hatte. Dann wären die der SU-Stiftung eingeräumten Unterbeteiligungen bei der Berechnung des Pflichtteils des Beklagten nicht zu berücksichtigen. Damit trat ein Problem des Schenkungsrechts auf, nämlich die Frage, ob es sich um eine zu Lebzeiten vollzogene Schenkung handelte. Verträge der hier vorliegenden Art sind gleichzeitig (Innen-) Gesellschaftsverträge und Schenkungsverträge. Umstritten ist deshalb wie bei der stillen Beteiligung –, ob sie formlos abgeschlossen werden können. Denn ohne notarielle Beurkundung sind Schenkungsver- träge nur wirksam, wenn es sich um vollzogene Schenkungen handelt 518 Abs. 2 BGB. Um diese Streit- frage ging es in dem vorliegenden Fall allerdings nicht (direkt), denn die notarielle Form des § 518 Abs. 1 BGB war ja gewahrt. Da es sich aber um ein Schenkungsversprechen auf den Todesfall handelte, kam § 2301 BGB zum Tragen. Danach fällt eine auf den Todes- und Überlebensfall vereinbarte Schenkung nur dann aus dem Nachlass heraus, wenn der Schenker die Schenkung durch Leistung des zugewendeten Gegenstands vollzogen hat, § 2301 Abs. 2 BGB. Es kam also wie bei § 518 Abs. 2 BGB – darauf an, ob die aufschiebend auf den Tod vereinbarte stille Beteiligung oder Unterbeteiligung als eine bereits vollzogene Schenkung anzusehen ist. Im Gewand des § 2301 BGB war deshalb eine Frage zu entscheiden, die im Bereich des § 518 BGB seit Jahrzehnten heftig umstritten ist.

Entscheidungsgründe

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 1952, 1412; NJW 1953, 138; offen gelassen in NJW 1990, 2616) konnte die unent- geltliche Einräumung einer Unterbeteiligung – ebenso wie die unentgeltliche Zuwendung der stillen Beteiligung an einer Gesellschaft – mangels dinglicher Mitberechtigung des Unterbeteiligten am Gesellschaftsvermögen der Hauptgesellschaft nicht vollzogen werden. Dies sollte weder durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages über die Begründung der Innengesellschaft noch durch die Einbuchung des Gesellschaftsanteils in die Bücher der Gesellschaft geschehen können. Das Wesen der Unterbeteiligung als Innengesellschaft ohne Gesellschaftsvermögen bestehe gerade darin, dass nur der Hauptbeteiligte an der Hauptgesellschaft beteiligt ist und dass er dem anderen nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrags lediglich schuldrechtlich zur Teilhabe zumindest am Gewinn seines Gesellschaftsanteils verpflichtet ist. Geht die Verpflichtung des Hauptbeteiligten dahin, einen anderen durch Einräumung einer Unterbeteiligung lediglich schuldrechtlich an den Vermögensrechten des ihm an der Hauptgesellschaft zustehenden Gesellschaftsanteils zu beteiligen, solle es nach dem Parteiwillen gerade nicht zu einer Vermögensübertragung kommen. Vielmehr erschöpfe sich die Zusage in einer schuldrechtlichen Verpflichtung, die im Falle der unentgeltlichen Erteilung des Versprechens der notariellen Form bedarf. Ein solches Schenkungsversprechen könne auch nicht dadurch vollzogen werden, dass der Hauptbeteiligte den vereinbarten Anteil des Unterbeteiligten buchmäßig, steuerlich oder in anderer Weise als Vermögen des anderen führt. Denn auch durch eine derartige Handhabung werde der Unterbeteiligte nicht stärker als schuldrechtlich an dem Gesellschaftsanteil des Hauptbeteiligten als Partner der Innengesellschaft beteiligt. Auch wenn nur ein schuld- rechtlicher Anspruch zugewendet werden soll, so stelle doch dessen Anerkennung in den Geschäftsbüchern oder gegenüber dem Finanzamt nicht die Bewirkung der versprochenen Leistung dar; vielmehr werde lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung des Schenkers durch eine andere ersetzt. Für den vorliegenden Fall hat der Bundesgerichtshof mit dem hier zu besprechenden Urteil festgestellt, dass der Erblasser (U) der SU-Stiftung nicht nur schuldrechtliche Ansprüche auf Beteiligung am Gewinn des Hauptbeteiligten in den Hauptgesellschaften und auf eine Abfindung bei der Ablösung der Innengesellschaft eingeräumt hat. Vielmehr soll die SU-Stiftung auch mitgliedschaftsrechtliche Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung der Innengesellschaft erhalten haben. Nach § 16 Abs. 2 des notariellen Vertrages aus dem Jahre 2001 habe der Hauptbeteiligte die Unterbeteiligte zu unterrichten und anzuhören, bevor er bei der Ausübung der ihm als Gesellschafter der Hauptgesellschaft zustehenden Rechte Handlungen von besonderer Bedeutung vornimmt. Für Verhandlungen, die über gewöhnliche Entscheidungen i.S. von § 116 Abs. 2 HGB in den Beteiligungsgesellschaften hinausgehen, sei sogar die Zustimmung der Unterbeteiligten einzuholen.

Jedenfalls für den Fall der unentgeltli- chen Einräumung einer so ausgestal- teten Unterbeteiligung ist der Bundesgerichtshof nunmehr der Auffassung, dass die Schenkung mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags vollzogen sei. Zwar komme es auch bei der Zuwen- dung einer solchen Unterbeteiligung anders als bei der Zuwendung einer Beteiligung an einer Außengesellschaft nicht zu einer dinglichen Mitberechtigung an der Hauptgesellschaft, da die Innengesellschaft wie bei einer solchen Fallgestaltung regelmäßig über kein Gesamthandsvermögen verfügt. Beschränkt sich aber die Unterbeteiligung nicht nur auf schuldrechtliche Ansprüche gegen den zuwendenden Hauptbeteiligten auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös, sondern werden dem Unterbeteiligten in der Innengesellschaft darüber hinaus mitgliedschaftsrechtliche Rechte eingeräumt, durch die er Einfluss auf die Innengesellschaft nehmen kann, erhalte er nicht nur die Stellung eines schuldrechtlichen Gläubigers, sondern eine in dem Anteil an der Innengesellschaft verkörperte mitgliedschaftsrechtliche Rechtsposition. Dies rechtfertige die Annahme, dass die unentgeltliche Zuwendung einer derartigen Beteiligung an einer Innengesellschaft ebenso wie die unentgeltliche Einräumung einer Beteiligung an einer Außengesellschaft mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages vollzogen ist.

Folgen für die Praxis

Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Differenzierung zwischen einer mitgliedschaftsrechtlichen und einer (bloßen) schuldrechtlichen Rechtsposition ist keineswegs zwingend. Denn die mitgliedschaftliche Rechtsposition wird mit dem Gesellschaftsvertrag der Unterbeteiligungsgesellschaft bzw. der stillen Gesellschaft allein durch eine schuldrechtliche Vereinbarung begründet. Streng genommen wird auch in diesem Fall die schuldrechtliche Verpflichtung des Schenkers lediglich durch eine andere schuldrechtliche Vereinbarung ersetzt.

Für die Praxis ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs gleichwohl mit einer deutlichen Vereinfachung und Kostenersparnis verbunden: Immer dann, wenn mit der schenkweisen Einräumung einer Unterbeteiligung oder einer stillen Beteiligung an einer Gesellschaft auch eine mitgliedschaftliche Rechtsposition eingeräumt wird, ist eine notarielle Beurkundung entbehrlich. Wird dem Beschenkten hingegen keine mitgliedschaftliche Rechtsposition eingeräumt – wie beispielsweise bei der schenkweisen Einräumung einer Treugeberstellung –, bleibt es bei der Beurkundungspflicht nach § 518 Abs. 1 BGB; eine Heilung des Formmangels nach § 518 Abs. 2 BGB scheidet dann weiterhin aus.