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Schenkungsteuergesetz

Schenkungsteuerliche Probleme bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteils unter Nießbrauchsvorbehalt

Prof. Rainer Kirchdörfer, Rechtsanwalt

  1. Der schenkweise Erwerb eines Kommanditanteils unterfällt nur dann dem § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG vor 2009 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG, wenn die Mitunternehmerstellung durch den erworbenen Gesellschaftsanteil vermittelt wird.
  1. Es reichte daher nicht aus, wenn dem Erwerber hinsichtlich des erworbenen Kommanditanteils nur deshalb Mitunternehmerinitiative zukäme, weil er bereits Kommanditist der KG war, h. wenn sich seine bisherige Mitunternehmereigenschaft wegen Unteilbarkeit der Mitgliedschaft auf den hinzuerworbenen Anteil erstrecken sollte.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Das vorstehende Urteil des BFH ist schon älter, soll jedoch wegen der hohen praktischen Relevanz von Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt bei Familienunternehmen im Rahmen des seit 01.01.2009 gelten- den neuen Schenkungsteuer- und Erbschaftsteuersystems besprochen werden. Während der Beschenkte nach dem bis zum 31.12.2008 gelten- den § 15 ErbStG den Wert des Nießbrauchs im Rahmen der zu berechnenden Schenkungsteuer nicht von dem geschenkten Vermögen abziehen konnte, wenn sich der Schenker den Nießbrauch vorbehielt, ist dieses Abzugsverbot heute entfallen. Insbesondere im Rahmen von schenkweisen Grundstücks- oder Unternehmensübertragungen ist daher der Vorbehaltsnießbrauch (neben häufig alternativ in Betracht kommenden Rentenlösungen) in vielen Fällen eine sinnvolle Gestaltung.

Die im vorliegenden Sachverhalt beschenkte Tochter und die schenkende Mutter waren zwei von sechs Kommanditisten einer x-GmbH & Co. KG. Die Beteiligung der Mutter betrug ca. 11 % und die der Tochter ca. 42 %. Im Jahr 2002 übertrug die Mutter ihren Kommanditanteil an der Kommanditgesellschaft einschließlich ihres Anteils an offenen Rücklagen und zzgl. der Forderungen aus ihrem Darlehenskonto sowie ihren Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH auf ihre Tochter. Die Mutter behielt sich im Schenkungsvertrag den lebenslangen Nießbrauch an den übertragenen Gesellschaftsbeteiligungen vor. Im Einzelnen war der Nießbrauch so ausgestaltet, dass der Mutter als Nießbrauchsberechtigter die Ergebnisanteile aus der übertragenen Kommanditbeteiligung nebst den Zinsen auf die Darlehensforderung und auch die anteiligen Gewinnausschüttungen der Komplementär-GmbH verblieben. Darüber hinaus sollten der Mutter die mit der übertragenen Beteiligung an der Kommanditgesellschaft verbundenen „Stimm- und sonstigen Verwaltungsrechte“ zustehen und im Falle einer Veräußerung der Beteiligungen sollte sich der Nießbrauch am „Netto-Veräußerungserlös“ und ggf. an dessen Wiederanlage fortsetzen.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der Sachverhalt war noch nach der vor 2009 geltenden Fassung des Erbschaftsteuergesetzes zu beurteilen. Dieselbe Fragestellung würde sich jedoch auch in der heute geltenden Gesetzesfassung ergeben. Für den BFH stellte sich die Frage, ob die beschenkte Tochter den seinerzeitigen schenkungsteuerlichen Bewertungsabschlag von 40 % nach § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG (alt) in Anspruch nehmen konnte. Dies konnte sie nur dann, wenn ihr ein Mitunternehmeranteil i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG geschenkt worden war. Dies wiederum setzt u.a. voraus, dass der Tochter nicht nur zivilrechtlich ein Gesellschaftsanteil, sondern damit verbunden – unter steuerrechtlicher Betrachtung – auch die zum Mitunternehmeranteil gehörende Mitunternehmerinitiative geschenkt und übertragen worden war. Bei der Schenkung eines Gesellschaftsanteils unter Nießbrauchsvorbehalt muss nun zunächst im Detail geprüft werden, wer letztendlich auf Basis des konkreten Schenkungs- und Nießbrauchsvertrages Mitunternehmer ist bzw. wird: Ist dies die Beschenkte, ist dies die sich den Nießbrauch vorbehaltende Schenkerin oder sind dies beide?

Im vorliegenden Sachverhalt behielt sich die Mutter als Nießbraucherin – wie in der Praxis beim Vollnießbrauch häufig – sämtliche Ergebnisanteile aus der übertragenen Kommanditbeteiligung, der übertragenen Darlehensforderung und den übertragenen GmbH-Anteilen vor. Außerdem sollte sich der Nießbrauch im Falle einer Veräußerung der Beteiligung am „Netto-Veräußerungserlös“ und ggf. an dessen Wiederanlage fortsetzen. Problematisch war nun aber, dass sich die Mutter auch noch sämtliche mit der Beteiligung verbundene „Stimm- und sonstige Verwaltungsrechte“ zurückbehielt. Damit war das für die Mitunternehmerschaft (neben dem sog. Mitunternehmerrisiko) wesentliche Kriterium der Mitunternehmerinitiative, bezogen auf den geschenkten Gesellschaftsanteil, nicht auf die Beschenkte übertragen worden. Es genügt zum Erhalt des schenkungsteuerlichen Bewertungsabschlages aber nicht, dass ein Mitunternehmeranteil in der Hand des Schenkers vorlag, dieser muss als Mitunternehmeranteil auch auf den Beschenkten übergehen.

Die Besonderheit des vorliegenden Falles lag nun darin, dass die Tochter bereits vor der Schenkung Mitunternehmerin war, nachdem ihr bisheriger Kommanditanteil selbstverständlich auch die notwendige Mitunternehmerinitiative vermittelte. Weil ein Gesellschaftsanteil im Personengesellschaftsrecht – anders als bei Aktien oder GmbH-Anteilen im Kapitalgesellschaftsrecht – nach bisher herrschen- dem Verständnis nicht teilbar ist, ein Kommanditist also nur mit einem Kommanditanteil an der Kommanditgesellschaft beteiligt sein kann, und weil ein geschenkter Kommanditanteil nach dieser Auffassung mit dem beim Beschenkten schon vorhandenen Kommanditanteil zusammenwächst, stellte sich die naheliegende Frage, ob es zur Gewährung des schenkung- steuerlichen Bewertungsabschlages nicht ausreichte, dass die Beschenkte bereits auf der Grundlage ihres bisherigen Kommanditanteils von 42 % Mitunternehmerin war. Der BFH verneint dies und verlangt für die schenkungsteuerliche Begünstigung, dass die Mitunternehmerstellung gerade durch den erworbenen (geschenkten) Kommanditanteil vermittelt wird.

Ob dies rechtsdogmatisch letztendlich dazu führt, dass der Grundsatz der Unteilbarkeit der Mitgliedschaft des Kommanditisten in Fällen des vorbehaltenen Nießbrauchs aufgegeben wird, ließ der BFH offen. Er tendiert allerdings unter Hinweis auf den strukturell gleich liegenden Fall der Testamentsvollstreckung an einem (Teil-) Mitunternehmeranteil dazu.

In Konsequenz aus dem vorliegenden Sachverhalt ist bei Schenkungen von Personengesellschaftsanteilen unter Nießbrauchsvorbehalt auch dann besonders darauf zu achten, wem auf der Basis des konkreten Schenkungs- und Nießbrauchsvertrages die Mitunternehmereigenschaft zukommt, wenn der Beschenkte bereits Mitunternehmer war. Möchte der Schenker dem Beschenkten Mitunternehmerinitiative durch den geschenkten Kommanditanteil vermitteln, so sollte der Beschenkte die Stimmrechte aus dem geschenkten Kommanditanteil zumindest im Bereich der Grundlagengeschäfte persönlich ausüben dürfen; in diesem Fall hatte der BFH (Urteil v. 16.12.2009 – II R 44/08) die Mitunternehmerstellung des Beschenkten bejaht. In zweifelhaften Grenzfällen empfiehlt es sich, eine verbindliche Auskunft der Finanzverwaltung einzuholen.