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Schenkungsteuergesetz

Eintritt des Besserungsfalls nach Verkauf eines „Besserungsscheins“ zum Verkehrswert ohne schenkungsteuerliche Folgen; Verhältnis von verdeckter Gewinnausschüttung und Schenkungsteuer

Andrea Seemann, Steuerberaterin

  1. Tritt nach dem Verkauf einer Forderung mit Besserungsschein zum Verkehrswert der Besserungsfall ein, verwandelt sich der Verkauf nicht in eine freigebige Zuwendung.
  1. Im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern oder zu den Gesellschaftern einer an ihr beteiligten Kapitalgesellschaft gibt es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen, aber keine freigebigen  Zuwendungen.

 

Problemstellung

Nach Auffassung der Finanzverwaltung unterliegen disquotale verdeckte Gewinnausschüttungen der Schenkungsteuerpflicht (vgl. gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 14.03.2012, BStBl. I 2012, 331, Abschnitt 2.6.2). Nach dieser Finanzverwaltungsauffassung bergen verdeckte Gewinnausschüttungen neben den ertragsteuerlichen Folgen auch das Risiko einer schenkungsteuerlichen Belastung. So wäre z.B. bei einem überhöhten Geschäftsführergehalt oder dem verbilligten Verkauf von Vermögensgegenständen durch die Kapitalgesellschaft an einen Gesellschafter ein schenkung- steuerlicher Tatbestand erfüllt. Die Finanzverwaltung stützt diese Auffassung auf ein Urteil des BFH aus dem Jahr 2007, in dem das Gericht entschieden hatte, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person eines Gesellschafters keine Schenkung an die nahestehende Person darstellt (BFH Urteil vom 07.11.2007, Az. II R 28/06, DStR 2008, 346). Offen gelassen hatte der BFH aber die Frage, ob eine Schenkung der Kapitalgesellschaft an die nahestehende Person vorliegen kann. Der BFH hatte nun erneut Gelegenheit, sich mit dieser Fragestellung zu beschäftigen und hat diese Gelegenheit genutzt, der vorstehend dargestellten Auffassung der Finanzverwaltung zu widersprechen.

Ausgangsfall

Der Kläger war Mitgesellschafter einer GmbH (A-GmbH), die wiederum alleinige Aktionärin einer AG war. Zudem war er Mitgesellschafter einer weiteren GmbH (B-GmbH). Die B-GmbH erwirtschaftete Verluste. Sie erhielt Darlehen von der AG in Höhe von 2 Mio. `. Sodann wurden die Geschäftsanteile der B-GmbH für einen Kaufpreis von 0,– ` an die AG veräußert. Die AG veräußerte die Geschäftsanteile ihrerseits im folgenden Jahr für 1,– ` an die C-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger war. Kurz nach der Veräußerung sprach die AG im Jahr 2004 zur Vermeidung der bilanziellen Überschuldung der B-GmbH einen Forderungsverzicht gegen Besserungsschein der Gestalt aus, dass die Forderung der AG wieder aufleben sollte, soweit die Erfüllung aus einem künftigen Bilanzgewinn oder Liquidationsüberschuss der B-GmbH möglich sein würde, frühestens aber mit Wirkung ab dem Geschäftsjahr 2007 und höchstens in Höhe von 1 Mio. ` jährlich. Diesen Besserungsschein verkaufte die AG mit Vertrag v. 15.12.2005 für einen Kaufpreis von 1,– ` an R. 2007 und 2008 trat der Besserungsfall ein und R wurden Beträge in Höhe von insgesamt ca. 2 Mio. ` gutgeschrieben. Das Finanz- amt sah hierin freigebige Zuwendungen der AG an R und unterwarf die Zahlungen der Jahre 2007 und 2008 der Schenkungsteuer. Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamts. Mit seiner Revision vor dem Bundesfinanzhof war der Kläger erfolgreich.

Die Entscheidung des BFH

Der BFH stellt zunächst für die Beur- teilung, ob eine freigebige Zuwendung vorliegt, auf den Zeitpunkt der Übertragung der Forderung an R ab. Zu diesem Zeitpunkt war die Forderung nicht werthaltig und der Veräußerungspreis in Höhe von 1,– ` angemessen. Der spätere Eintritt des Besserungsfalls ist daher ohne Bedeutung. Insbesondere wurde dadurch die Übertragung nicht rückwirkend in eine freigebige Zuwendung gewandelt. Der BFH führt zudem weiter aus, dass zwischen Kapitalgesellschaften und ihren (unmittelbaren oder mittelbaren) Gesellschaftern neben den betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen möglich sind, aber keine freigebigen Zuwendungen i.S.d. §7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Im Ergebnis scheidet eine Schenkungsteuerpflicht für eine verdeckte Gewinnausschüttung damit sowohl zwischen Kapitalgesellschaft und dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter als auch zwischen Kapitalgesellschaft und dem mittelbar beteiligten Gesellschafter (nahe stehende Person) aus.

Weitere Hinweise

Der BFH hat sich somit sehr deutlich gegen die Auffassung der Finanzverwaltung gestellt und entschieden, dass verdeckte Gewinnausschüttungen an (unmittelbare und mittelbare) Gesellschafter nicht der Schenkungsteuerpflicht unterliegen, sondern lediglich ertragsteuerliche Folgen haben. Der BFH hat lediglich offengelassen, ob dies auch dann gilt, wenn die Zahlung an eine nahe stehende Person geleistet wird, die nicht mittelbar Gesellschafter ist. Ein Grund für eine unterschiedliche Betrachtung ist aber nicht ersichtlich. Eine andere Rechtsfolge kann sich aber durch die mit Wirkung zum 14.12.2011 zwischenzeitlich eingeführte Regelung des § 7 Abs. 8 ErbStG ergeben. Ausnahmsweise können nach § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG nicht fremdübliche Leitungen zwischen Kapitalgesellschaften mit unterschiedlicher Beteiligungsstruktur der Schenkungsteuer unterliegen.Weiterhin offen bleibt auch das Verhältnis zwischen Ertrag- und Schenkungsteuer in den Fällen, in denen beide Steuerarten zur Anwendung gelangen. Es wäre wünschenswert gewesen, dass sich der BFH auch zu dieser noch offenen Rechtsfrage positioniert. Bisher fehlt es diesbezüglich an einer eindeutigen Rechtsprechung. Teilweise hat der BFH eine Doppelbesteuerung für zulässig erachtet. In einem Beschluss über die Aussetzung der Vollziehung aus dem Jahr 2011 (BFH, Beschluss vom 12.09.2011, VIII B 70/09, ZEV 2012, 58) zur Besteuerung eines unverzinslichen Darlehens räumte der BFH jedoch der Schenkungsteuer den Vorrang ein und lehnte eine Doppelbelastung mit Schenkung- und Ertragsteuer ab.

Schenkungssteuergesetz

Verzicht auf Mehrstimmrecht keine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung

Friedrich Acker,  Rechtsanwalt, Stuttgart

Verzichtet ein Gesellschafter einer GmbH auf ein ihm persönlich zustehendes Mehrstimmrecht, liegt darin auch dann keine freigebige Zuwendung an die anderen Gesellschafter der GmbH, wenn sich der Wert von deren Anteilen an der GmbH dadurch erhöht.

I. Problemstellung und deren praktische Bedeutung

In der Vermögens- und Unternehmensnachfolge stellen Mehrstimmrechte ein häufiger genutztes Gestaltungsinstrument dar. Mehrstimmrechte werden z.B. vereinbart, wenn der Übergeber bereit ist Substanz und Erträge von Gesellschaftsanteilen zu übertragen, sich aber den Einfluss auf die Gesellschaft noch vorbehalten möchte. Mehrstimmrechte gewähren einem Gesellschafter, meist dem Übergeber, unabhängig vom Nennbetrag seiner Anteile so viele Stimmen, dass ihm z.B. mindestens 51 % oder ein höheres Stimmquorum und den anderen verbleibenden Gesellschaftern insgesamt 49 % oder ein niedrigeres Stimmquorum zur Verfügung stehen.

Häufig sind Mehrstimmrechte in vermögensverwaltenden Gesellschaften vorzufinden, deren Ziel darin besteht, die Familie aus schenkungsteuerlichen Überlegungen frühzeitig am Vermögen und den Erträgen zu beteiligen, ohne ihr Einfluss auf die Gesellschaft zu gewähren.

Während Mehrstimmrechte in der Aktiengesellschaft verboten sind (§ 12 Abs. 2 AktG), sind diese in der GmbH allgemein anerkannt (Baumbach, GmbHG, 20. Aufl. 2013, § 47 Rn. 68; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 18. Aufl. 2012, § 47 Rn. 5.). Das Stimmrecht kann in der Satzung der GmbH für bestimmte Gesellschafter oder Geschäftsanteile ausgeschlossen, beschränkt oder erhöht werden. Das Mehrstimmrecht kann an die Person des Gesellschafters oder an den Geschäftsanteil  geknüpft werden.

Bei einem Einsatz von Mehrstimmrechten sind zum einen die damit verbundenen psychologischen Auswirkungen auf die betroffenen Gesellschafter zu berücksichtigen, die in der Gesellschaft letztlich keinen nachhaltigen Einfluss ausüben können. Demgemäß ist zu empfehlen, von Mehrstimmrechten nur sehr zurückhaltend und sorgsam Gebrauch zu machen.

Das hier dargestellte Urteil zeigt aber auch, dass die mit dem Mehrstimmrecht verbundenen steuerlichen Konsequenzen im Auge behalten werden müssen.

II. Zum Sachverhalt

Der Vater der Kläger (V) gründete gemeinsam mit einem Dritten (D) im Jahre 1984 eine GmbH an der er mit 97 % beteiligt war. Im Jahre 1993 wurde im Rahmen einer Kapitalerhöhung der Gesellschaftsvertrag der GmbH dahingehend geändert, dass die von V gehaltenen Geschäftsanteile an der GmbH, unabhängig von ihrem Nennbetrag, so viele Stimmen gewähren, dass ihm mindesten 51 % der Stimmen zustehen, während den anderen Gesellschaftern die restlichen 49 % zustehen. Diese Regelung sollte solange gelten, wie V Gesellschafter der GmbH ist. Im Jahre 1994 übertrug V seinen drei Söhnen (Kläger) je 24 % seiner Geschäftsanteile, sodass er noch mit 25 % an der GmbH beteiligt war. Da die geschenkten Anteile keinen Einfluss auf die Geschäftsführung vermittelten, wurde bei der Festsetzung der Schenkungsteuer, der nach den damals gültigen Erbschaftsteuerrichtlinien ermittelte gemeine Wert der Anteile um einen Abschlag von 10 % gekürzt. Im Oktober 2000 erwarben die Kläger je 1 % Geschäftsanteile von den Erben des D, sodass sie, wie V, mit je 25 % an der Gesellschaft beteiligt waren. Im Dezember 2000 wurde das Stamm- kapital der GmbH erhöht. Zugleich entfiel im Rahmen der Änderung der Satzung das Mehrheitsstimmrecht des V.

Das beklagte Finanzamt (FA) sah im Verzicht auf das Mehrstimmrecht eine steuerpflichtige Zuwendung des V an seine Söhne (Kläger). Der Wert der Anteile der Söhne habe sich dadurch erhöht, dass kein Abschlag wegen fehlenden Einflusses auf die Geschäftsführung mehr vorzunehmen sei. Das FA setzte demgemäß gegen die Söhne (Kläger) Schenkungsteuer fest, weil es im Verzicht des V auf das Mehrstimmrecht eine freigebige Zuwendung des V an die Klägerin sah. Die Einsprüche der Kläger gegen die Schenkungsteuerbescheide blieben erfolglos. Das Finanzgericht Baden Württemberg (FG) gab der Klage mit der Begründung statt, es läge keine freigebige Zuwendung vor. Die Revision beim BFH hat die Auffassung des FG bestätigt.

III. Entscheidungsgründe

In der Urteilsbegründung legt der BFH zunächst dar, dass der Schenkungsteuer als Schenkung unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) jede freigebige Zuwendung unterliegt, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Erforderlich ist demgemäß:

  1. Eine Vermögensverschiebung, d.h. eine Vermögensminderung auf Seiten des Schenkers, vorliegend V, und eine Vermögensmehrung auf Seiten der Beschenkten, vorliegend der Kläger.
  1. Die Vermögensverschiebung muss sich auf die Vermögenssubstanz beziehen, nämlich auf den Zugang aktiver Wirtschaftsgüter oder Wegfall negativer Vermögenswerte, wie z.B.

Eine bloße Werterhöhung des Vermögens bei den Klägern würde ebensowenig wie die bloße Wertminderung des Vermögens des V zu einem Schenkungsteuertatbestand  führen.

Der BFH weist darauf hin, dass sich auch aus dem Institut der mittelbaren Schenkung nichts anderes ergibt. Auch dort wird eine Vermögensverschiebung zwischen Schenker und Beschenktem gefordert, wobei der Entreicherungsgegenstand und der Bereicherungsgegenstand nicht identisch sein müssen. Wendet z.B. der Schenker einen Geldbetrag mit der Auflage an den Beschenkten zu, eine bestimmte Immobilie zu erwerben, ist mittelbar die Immobilie geschenkt. Der Entreicherungsgegenstand beim Schenker ist der hingegebene Geldbetrag, der Bereicherungsgegenstand beim Beschenkten ist die Immobilie.

Der Verzicht auf das Mehrstimmrecht durch V stellt demnach nach Auffassung des Gerichts keine freigebige Zuwendung dar, weil es an einer substanziellen Vermögensverschiebung zwischen V und dem Kläger fehlt. Das Mehrstimmrecht des V stellt demnach keinen  Vermögensgegenstand dar, sondern lediglich eine an die Person des V gebundene unselbstständige Ausgestaltung des Stimmrechts von V in der Gesellschafterversammlung der GmbH ohne Bezug auf das Vermögen des V. Dadurch, so der BFH, unterscheidet sich das Mehrstimmrecht von selbstständigen Rechtspositionen wie etwa Geldforderungen, Nießbrauchrechten etc. Dem Mehrstimmrecht des V komme jedenfalls kein Vermögensbezug zu, sodass es an einer Vermögensverschiebung fehle. Denn das früher dem V zustehende Mehrstimmrecht erhöhte nach Auffassung des BFH den Wert seiner Beteiligung nicht.

In diesem Zusammenhang verweist der BFH in der Urteilsbegründung auf die Vorschriften zur Ermittlung des Verkehrswerts in § 9 Abs. 2 BewG. Nach § 9 Abs. 2 S. 2 dürfen bei der Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse nicht berücksichtigt werden. Da es sich bei dem Mehrstimmrecht des V um einen persönlichen Umstand handelt, darf sich dieser nach der genannten Vorschrift nicht auf den Wert der Beteiligung auswirken. Die Folge daraus ist, dass sich der Verkehrswert oder gemeine Wert des Vermögens des V durch den Verzicht auf das Mehrstimmrecht steuerlich nicht auswirkt. Damit wäre nach Auffassung des Gerichts auch für den Fall keine Schenkung anzunehmen, dass eine bloße Änderung des Werts des Vermögens des Schenkers und des Bedachten zu einer steuerpflichtigen Schenkung führen würde.

IV. Weitere Hinweise

Die Entscheidung des BFH bezog sich auf ein Mehrstimmrecht, das an die Person von V geknüpft war. Wäre das Mehrstimmrecht sachlich an einen Geschäftsanteil geknüpft gewesen, läge jedenfalls anders als bei der Anknüpfung an die Person des V ein sachlicher Bezug zum Vermögen des V vor. Dennoch dürfte es aber gleichwohl an dem vom BFH für eine schenkungsteuerpflichtige freigebige Zuwendung geforderten Zugang aktiver Wirtschaftsgüter fehlen, da das Mehrstimmrecht keinen gesonderten Vermögensgegenstand darstellt. Die Entscheidung des BFH erfolgte nach alter Rechtslage. Der BFH hatte daher den durch Gesetz vom 07.12.2011 eingeführten § 7 Abs. 8 ErbStG bei seiner Entscheidung nicht zu berücksichtigen, da dieser gemäß § 37 Abs. 7 Satz 1 ErbStG nur auf Erwerbe Anwendung findet, für die die Steuer nach dem 13.12.2011 entsteht.

Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesell- schaft, die eine an der Kapitalge- sellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung durch die Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft erhält. Demgemäß ist die Frage aufzuwerfen, ob der Verzicht auf ein Mehrstimmrecht als eine Schenkung i.S. des § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG gilt. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG setzt die Leistung an die Gesellschaft voraus, die zu einer Werterhöhung der Anteile natürlicher Gesellschafter oder Stiftungen führt.

Die Aufgabe eines Mehrstimmrechts stellt von vornherein keine Leistung an die Gesellschaft dar, sodass bereits insoweit § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG nicht erfüllt ist. Das Gesellschaftsvermögen wird durch die Gesellschaftervereinbarung nicht berührt.

Vielmehr ist das Stimmrecht nach dem hier dargestellten Urteil des BFH ein unselbstständiger Bestandteil des Mitgliedschaftsrechts des Gesellschafters, über das nicht getrennt verfügt werden kann (Siehe hierzu auch die Anmerkungen von Wach- ter zum BFH Urteil vom 30.01.2013, ZEV 2013, 349 (352)). Demgemäß ist davon auszugehen, dass der Verzicht auf ein persönliches Mehrstimmrecht auch nicht gemäß § 7 Abs. 8 ErbStG der Schenkungsbesteuerung unterliegt.

Allerdings verdeutlicht die Entscheidung auch die Bedeutung des § 9 Abs. 2 BewG, der verfassungsrechtlich als nicht unproblematisch angesehen wird (So zutreffend der Hinweis von Wachter in den o.g. Anmerkungen zu dem hier diskutierten BFH-Ur- teil, ZEV 2013, 349 (352)). Denn es entspricht keinesfalls der Bewertungspraxis, dass Anteile mit oder ohne Stimmrechtsbeschränkungen oder mit Mehrstimmrechten nicht in ihrem Wert tangiert werden. Man betrachte nur den Bewertungsunterschied zwischen Stamm- und Vorzugsaktien. Für Familienunternehmen hat die Bewertungsvorschrift des § 9 Abs. 2 BewG auch noch an anderer Stelle Bedeutung, wenn es beispielsweise um die Berücksichtigung von Verfügungsbeschränkungen oder aber um Abfindungsbeschränkungen bei der Wertermittlung für Anteile geht. Auch diese Einschränkungen dürfen bei der Bewertung der Anteile für Zwecke der Schenkungsteuer nicht berücksichtigt werden, was unter dem Aspekt der vom BVerfG geforderten realitätsnahen Bewertung kritisch zu sehen ist.

Finanzgerichtsordnung

Schenkungsteuerpflicht bei Zahlungen zwischen Ehegatten

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Problemstellung und praktische Bedeutung

Hinter dem oben genannten Beschluss des Bundesfinanzhofs versteckt sich eine schenkungsteuerliche Falle, die den meisten Ehegatten nicht bewusst ist. Entgegen dem weitgehend verbreiteten Glauben, dass den im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten das beiderseitige Vermögen bereits in Zeiten der Ehe, also vor dem tatsächlichen Ausgleich eines während der Ehe erwirtschafteten Zugewinns, gemeinsam gehört, bleibt jeder Ehegatte zivilrechtlich Eigentümer der Vermögensgegenstände, die er in die Ehe eingebracht hat oder die er während der Ehe erwirbt. Allein aufgrund der Ehe entsteht auch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft kein gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten. Dementsprechend können auch Zahlungen oder Zuwendungen zwischen Ehegatten, sofern der persönliche Freibetrag von 500.000,– % überschritten wird, schenkungsteuerpflichtig sein. Eröffnen Ehegatten beispielsweise ein Konto über das jeder Ehegatte alleine verfügen kann (sogenann- tes Oder-Konto), gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Ehegatten als Gesamtgläubiger gem. § 430 BGB zu gleichen Teilen – also jeweils zu 50 % – berechtigt sind, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Nach der gesetzlichen Vermutung also beschenkt der Ehegatte, der überproportional auf das Konto einzahlt, den anderen Ehegatten. Möchten die Ehegatten von dieser gesetzlichen Regelung abweichen, verlangt die Finanzverwaltung als Nachweis hierfür regelmäßig eine im Voraus getroffene schriftliche Vereinbarung über die anderweitige Aufteilung des Guthabens auf dem Konto und erlegt damit den Eheleuten die Beweislast auf. An einer eindeutigen schriftlichen Vereinbarung fehlt es aber regelmäßig zwischen den Ehegatten, sodass sich die Finanzgerichte und der Bundesfinanzhof bereits mehrmals mit der Frage beschäftigen mussten. Zur Schenkungsteuerpflicht bei Überweisung auf ein Oder-Konto hat sich bisher schriftlich aber nur – soweit ersichtlich – die Finanzverwaltung Koblenz geäußert (OFD Koblenz, Verfügung vom 19.02.2002, DStR 2002, 591). Eine Schenkung kann ebenso vorliegen, wenn ein Ehegatte – z.B. nach dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen – dem anderen Ehegatten einen Teil des Veräußerungserlöses zur Vermögensverwaltung anvertraut und eine eindeutige Vereinbarung über die Rückzahlung des Vermögens fehlt.

Zum Sachverhalt

In dem Sachverhalt, der dem Beschluss des BFH zu Grunde lag, floss der Ehefrau ein Veräußerungserlös zu, der auf ihrem Konto verbucht wurde. Der Veräußerungserlös wurde zum einen für den Erwerb einer Immobilie durch die Ehefrau und zum anderen zur Begleichung der auf den Veräußerungserlös anfallenden Einkommensteuer verwendet. Da die Einkommensteuer nicht unmittelbar im Anschluss zu zahlen war, sollte der Ehemann diesen Teil des Veräußerungserlöses zunächst investieren. Der Ehemann investierte in Aktien, die in einem auf den Namen des Ehemanns laufenden Depot verwaltet wurden. Eine ausdrückliche mündliche oder schriftliche Vereinbarung über die Rückzahlung hatten die Ehegatten nicht geschlossen. Das Finanzamt sah hierin eine Schenkung zwischen den Ehegatten. Das Finanzgericht ging hingegen trotz fehlender ausdrücklicher Absprache bzw. schriftlicher Vereinbarung nicht von einer schenkungsteuerpflichtigen Zuwendung zwischen den Ehegatten aus, da der Ehemann weder rechtlich noch tatsächlich frei über die überwiesenen Geldbeträge verfügen konnte. Die Eheleute hätten vielmehr bezüglich der Verwendung des von der Ehefrau erzielten Veräußerungserlöses feste gemeinsame Vorstellungen gehabt und diese Vorstellungen in der Folgezeit auch umgesetzt. Das Finanzgericht hat die Revision nicht zugelassen. Das Finanzamt hat hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Entscheidungsgründe

Der Bundesfinanzhof sah die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision als nicht erfüllt an. Vielmehr ging das Gericht davon aus, dass das Finanzgericht sich nicht in Divergenz zur BFH-Rechtsprechung befindet. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auch ohne schriftliche Vereinbarung zwischen den Ehegatten dargelegt werden kann, dass keine freigebige Zuwendung erfolgen sollte. Es können damit auch weitere Umstände des Einzelfalls – so z.B. die gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten über die Verwendung des Guthabens – für die Beurteilung der Frage, ob eine Schenkung vorliegt, herangezogen werden. Damit bestätigt der Bundesfinanzhof erneut, dass eine Schenkung nur dann vorliegt, wenn der Beschenkte rechtlich und tatsächlich frei über das übertragene Vermögen verfügen kann und für diese Beurteilung die getroffenen Vereinbarungen, die gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten sowie deren konkretes Handeln herangezogen werden kann (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 07.10.1998, Az.: II R 30/97; BFH-Urteil vom 25.01.2001, Az.: II R 39/98; BFH-Urteil vom 22.08.2007, Az.: II R 33/06).

Abschließende Hinweise

Der Beschluss des Bundesfinanzhofs entschärft die schenkungsteuerlichen Risiken bei Zahlungen zwischen Ehegatten. Insbesondere der von der Finanzverwaltung in der Praxis vertretenen Auffassung, dass die Ehegatten eine Vereinbarung über die Verwendung bzw. Rückzahlung des Vermögens nachweisen müssen, wird damit erneut eine Absage erteilt. Auch ohne schriftliche oder mündliche Vereinbarung kann vielmehr anhand der tatsächlichen Handhabung dargelegt werden, dass keine Schenkung erfolgt ist. In einem am 18.04.2012 veröffentlichten Urteil geht der Bundesfinanzhof für Überweisungen auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder- Konto) noch weiter (BFH, Urteil vom 23.11.2011, II R 33/10), indem er die Beweislast für das Vorliegen einer Schenkung dem Finanzamt auferlegt. Das Finanzamt muss demnach anhand objektiver Tatsachen nachweisen, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann. Nur bei objektiven Anhaltspunkten, dass die Eheleute zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind – so z.B. wenn der nicht einzahlende Ehegatte zur eigenen Vermögensbildung Abhebungen von dem gemeinsamen Konto tätigt –, soll der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Beweislast tragen. In der Praxis werden sich Ehegatten aber weiterhin mit der Auffassung der Finanzverwaltung konfrontiert sehen, dass beispielsweise die Einzahlung auf ein gemeinsames Oder-Konto eine Schenkung darstellt. Daher sollte insbesondere in den Fällen, in denen hohe Geldbeträge auf ein gemein- sames Konto fließen, vorsorglich im Vorfeld eine schriftliche Vereinbarung über die Zuordnung des Guthabens getroffen werden, um entsprechende Nachweise zweifelsfrei führen zu können.

Schenkungssteuergesetz

Schenkungen unter Lebenden

Schenkungsteuer bei disquotalen Einlagen und verdeckten  Gewinnausschüttungen

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Wesentliche Aspekte der Verwaltungsverfügung

Die Finanzverwaltung nennt in dem Erlass zunächst Fallgestaltungen, in denen eine Einlage in eine Kapitalgesellschaft zu einer Schenkungsteuerpflicht führt. § 7 Abs. 8 ErbStG ist insbesondere dann anzuwenden, wenn bei einer bestehenden Kapitalgesellschaft in Folge einer verdeckten oder offenen Einlage wirtschaftlich eine Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern stattfindet. Diese Vermögensverschiebung kann beispielsweise auch im Rahmen einer Ausgliederung oder Verschmelzung erfolgen. Leistungen i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG können neben Bar- oder Sacheinlagen zudem insbesondere auch Nutzungseinlagen sein. Das heißt, dass wohl auch die unentgeltliche Tätigkeit eines Gesellschafters zu einer Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern und damit zu einer Schenkungsteuerpflicht gemäß .7 Abs. 8 ErbStG führen kann. Eine Schenkungsteuerpflicht soll aber dann nicht gegeben sein, wenn der Gesellschafter als Gegenleistung für seine Leistungen zusätzliche Rechte in der Gesellschaft erlangt, wie z.B. eine Verbesserung seines Gewinnanteils (disquotale Gewinnverteilung), zusätzliche Anteile an der Gesellschaft oder eine von den Geschäftsanteilen abweichende Verteilung des Vermögens bei späterer Liquidation. Die Höhe der Bereicherung ist durch eine Gegenüberstellung des Werts der Geschäftsanteile vor und nach Einlage gemäß § 11 Abs. 2 BewG, ggf. in Verbindung mit § 199 ff. BewG (vereinfachtes Ertragswertverfahren) zu ermitteln. Die Werterhöhung kann allerdings nicht höher sein, als der gemeine Wert der bewirkten Leistung des Zuwendenden. Die gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingierte steuerpflichtige Zuwendung im Rahmen der Werterhöhung der Anteile kann nicht gemäß §§ 13a, 13b ErbStG (Begünstigung für Betriebsvermögen) freigestellt werden. Nicht gelöst ist weiterhin die Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift in Sanierungsfällen. Da § 7 Abs. 8 ErbStG nicht auf den subjektiven Schenkungswillen abstellt, sind nach dem Gesetzeswortlaut auch disquotale Zuwendungen zum Zwecke der Sanierung einer Gesellschaft schenkungsteuerpflichtig. Als Alternative zum Forderungsverzicht könnte in diesen Fällen über einen Rangrücktritt, einen Verzicht mit Besserungsabrede oder eine Umwandlung in Mezzanine- Kapital nachgedacht werden. In allen weiteren Fällen – insbesondere bei disquotaler Einlage von Vermögens- werten – kann eine Schenkungsteuer nur dann vermieden werden, wenn im Rahmen der Unternehmensbewertung dargestellt werden kann, dass sich durch die Einlage der Wert der Geschäftsanteile der anderen Gesellschafter nicht verändert hat. Dies könnte in Sanierungsfällen ggf. möglich sein, müsste aber im Vorfeld geprüft werden. Der gleichlautende Ländererlass enthält schließlich Aussagen zur Leistung zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern. Insoweit sind ver- deckte Gewinnausschüttungen nur ausnahmsweise der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Im Gegensatz zu 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG stellt diese Konzernregelung des Satzes 2 auf den Willen der Unentgeltlichkeit ab. Die Vorschrift bringt damit zum Ausdruck, dass § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG bei Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften nur dann anwendbar ist, wenn dadurch die Anteile von Gesellschaftern im Wert steigen und die Wertverschiebung durch den Willen zur Unentgeltlichkeit, z.B. eines Mitgesellschafters, veranlasst ist. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter oder an eine nahe stehende Person eines Gesellschafters können der Schenkungsteuer unterliegen. Bis zur Einführung der Regelung des § 15 Abs. 4 ErbStG war für solche Schenkungen das Verhältnis der Kapitalgesellschaft zum Leistungsempfänger maßgeblich, mit der Konsequenz einer Einstufung in die ungünstigste Steuerklasse III. Insoweit hat der Gesetzgeber für Besserung gesorgt, da ab 14.12.2011 das Verwandtschaftsverhältnis des die Zuwendung veranlassenden Gesellschafters zum Leistungsempfänger maßgeblich ist. Auch insoweit hat die Finanzverwaltung im Ländererlass insbesondere zur Frage der Veranlassung einer Zahlung durch mehrere Gesellschafter Stellung genommen.

Praktische Bedeutung und Ausblick

Mit dem gleichlautenden Ländererlass vom 14.03.2012 nimmt die Finanzverwaltung sehr zeitnah zu der Neuregelung des § 7 Abs. 8 ErbStG und 15 Abs. 4 ErbStG Stellung. Von besonderer praktischer Bedeutung ist, dass auch Nutzungseinlagen – so z.B. die unentgeltliche Überlassung eines Grundstücks, die niedrig verzinsliche Forderung und wohl auch die unentgeltliche Tätigkeit für die Gesellschaft – als Einlage i.S.d. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG angesehen werden können. Die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen ist für die wirtschaftliche Vermögensverschiebung i.S.d. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG nicht anwendbar, da es formal an der Übertragung von Gesellschaftsanteilen fehlt. Auch im Rahmen einer Sanierungssituation droht grds. eine Schenkungsteuerpflicht. Nur die Höhe ist ungewiss und müsste durch eine Bewertung der Gesellschaftsanteile vor und nach der Zuwendung dargelegt werden. Insbesondere im Rahmen von verdeckten Gewinnausschüttungen droht zudem eine steuerliche Doppelbelastung mit Einkommen- und Schenkungsteuer. Hierzu hat sich die Finanzverwaltung nicht geäußert. Daher gilt es in jedem Fall anzuraten, offene oder verdeckten Einlagen ebenso wie verdeckte Gewinnausschüttungen sorgfältig zu planen und neben den ertragsteuerlichen Konsequenzen auch die schenkungsteuerlichen Folgen im Blick zu behalten

Erbrecht

Schenkungen unter Lebenden

Schenkungsteuerfreier Verzicht auf eine Darlehensforderung im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Familienwohnheims  vor Eheschließung

Prof. Rainer Kirchdörfer, Rechtsanwalt

  1. Im Zusammenhang mit Familienwohnheimen/Familienheimen stehende Zuwendungen unter Lebenden sind auch dann nach Maßgabe des 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG steuerfrei, wenn die Ehe bei der Anschaffung oder Herstellung des Objekts noch nicht bestanden hatte.
  2. Zu den Zuwendungen unter Lebenden i.S.d. 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG gehören auch Abfindungen für einen Erbverzicht.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Das vorstehende Urteil des BFH ist schon für sich genommen interessant. Es gibt aber darüber hinaus auch Gelegenheit, auf schenkung- steuerliche Probleme hinzuweisen, die in der Praxis immer wieder daraus resultieren, dass Ehegatten in der Vergangenheit relativ unreflektiert Vermögensverschiebungen unterei- nander vorgenommen haben. Sachverhalte, in welchen Ehegatten, auch wenn sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, wesentliche Vermögenswerte untereinander übertragen, sei es, weil man gemeinsame (auf beide Ehegatten lautende) Konten führt, die nur  ein Ehegatte dotiert, sei es, weil der eine Ehegatte Verbindlichkeiten des anderen Ehegatten tilgt oder sei es, weil man  gemeinsame Vermögenswerte, z.B. Grundbesitz, im Grundbuch auf beide Ehegatten eintragen lässt, aber nur einer der Ehegatten die Anschaffungskosten hieraus trägt, sind unter schenkungsteuerlichen Gesichtspunkten hoch problematisch.

Im Kern geht es auch im Sachverhalt des vorstehenden Urteils um einen solchen Fall: Etwa ein Jahr vor der Eheschließung erhielt die spätere Ehefrau von ihrem späteren Ehemann ein zinsverbilligtes Darlehen in Millionenhöhe, welches sie vereinbarungsgemäß zum Erwerb eines landund forstwirtschaftlichen Betriebes mit einem Herrenhaus verwendete. Sieben Jahre nach der Eheschließung erließ der Ehemann seiner Frau dieses Darlehen und zwar als Gegenleistung für einen Erb- und Pflichtteilsverzicht. Im Jahr des Darlehenserlasses wurde der Sachverhalt dem Finanzamt bekannt und dieses vertrat die Auffassung, der Verzicht auf das Darlehen sei – neben weiteren, hier nicht im Einzelnen besprochenen Schenkungen – ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang des Ehemannes an seine Frau. Die beschenkte Ehefrau wehrte sich mit mehreren Argumenten gegen den Schenkungsteuerbescheid, u.a. unter Hinweis auf § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG. Danach waren nämlich in der zum Zeitpunkt des Urteils geltenden Fassung des Gesetzes „Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum … an einem … zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus … verschafft oder den anderen Ehegatten von eingegangenen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder der Herstellung des Familienwohnheims freistellt“ steuerfrei. Der zum Zeitpunkt des vorliegenden Falles geltende § 13a Abs. 1 Nr. 4a ErbStG ist zwar heute neu gefasst, die vom BFH beantworteten Fragestellungen bleiben jedoch dieselben.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Im Hinblick auf das vor der Eheschließung erhaltene zinsverbilligte Darlehen hat der BFH zunächst in Fortführung seiner ständigen Rechtsprechung entschieden, dass in der zinslosen bzw. einer mit einem niedrigen Zinssatz verbundenen Gewährung eines Darlehens eine steuerpflichtige Schenkung in Höhe des ersparten Zinsaufwandes (dieser liegt nach § 15 Abs.1 BewG mangels anderer feststellbarer Werte in der Differenz zwischen 5,5 % und dem vereinbarten Zinssatz) liegt. Für diese Schenkung konnten die Kläger freilich schon deshalb nicht auf die Steuerfreiheit der Zuwendung eines Familienwohnheimes zurückgreifen, weil § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG lediglich Zuwendungen unter Ehegatten betrifft, Schenker und Beschenkte zum Zeitpunkt der zinsverbilligten Überlassung des Darlehens aber noch nicht verheiratet waren.

Der BFH hatte weiter zu entscheiden, ob der nach Eheschließung erfolgte Erlass des Darlehens unter die Steuerbefreiung fällt. Insoweit waren zwei Fragen zu beantworten:

Da das Herrenhaus Teil eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens war, stellte sich zunächst die Frage, ob die allgemeine schenkungsteuerliche Begünstigung des Betriebsvermögens in § 13a ErbStG Vorrang hat vor der Begünstigungsvorschrift für Familienwohnheime in § 13 ErbStG, was das Finanzgericht als Vorinstanz bejaht hatte. Darüber hinaus stellte sich die zweite Frage, ob der Einwand des Finanzamtes zutreffend war, dass nämlich die Ehegatten die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG nicht beanspruchen konnten, da das Herrenhaus bei dessen Anschaffung (mangels Eheschließung) noch kein Familienwohnheim gewesen sei.

Die erste Frage beantwortete der BFH dahin, dass das Herrenhaus schon nicht Betriebsvermögen sei und aus diesem Grunde nicht von der Begünstigungsvorschrift für Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG erfasst sein könne. Aber selbst dann, wenn man dies anders sehen wollte, würden nach Auffassung des BFH die Steuerbefreiungsvorschrift des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG und die Steuervergünstigung für Betriebsvermögen nach § 13a ErbStG parallel anwendbar sein; es gebe nämlich keinen Vorrang der Betriebsvermögensvergünstigungen des § 13a ErbStG vor den Vergünstigungen des § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG.

Die zweite Frage beantwortete der BFH dahingehend, dass im Darlehenserlass eine Freistellung von eingegangenen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Familienwohnheims liege. Der Steuerbefreiung stehe insoweit nicht entgegen, dass das Herrenhaus bei der Anschaffung noch kein Familienwohnheim war (weil die Ehegatten seinerzeit noch nicht miteinander verheiratet waren). Zwar setze § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG voraus, dass die Ehegatten, zwischen welchen die Zuwendung erfolgt, zum Zeitpunkt der Zuwendung auch verheiratet waren. Insoweit spiele also eine nach der Zuwendung durchgeführte Eheschließung keine Rolle. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Darlehens waren die Ehegatten aber verheiratet. Nach Ansicht des BFH ist nicht zusätzlich erforderlich, dass es sich bereits bei der Anschaffung oder Herstellung um ein Familienwohnheim gehandelt hat. Diese Erwägung gelte sowohl für die Übertragung des Eigentums an dem Familienwohnheim als auch bei der Freistellung von eingegangenen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Familienwohnheims.