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Testamentsvollstrecker

Stimmverbot und Ausübung von Gesellschafterrechten durch  den Testamentsvollstrecker

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M., Rechtsanwalt, Dr. Maximilian Hermann, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der Testamentsvollstrecker hat die Stellung eines Treuhänders über den Nachlass. Zwar ist der Erbe dessen Eigentümer, der Testamentsvollstrecker verwaltet jedoch im Rahmen seiner Befugnisse den Nachlass selbstständig in vollem Umfang aus eigenem Recht („Partei kraft Amtes“). Hat der Erblasser hinsichtlich einer Gesellschaftsbeteiligung unbeschränkte Testamentsvollstreckung angeordnet, nimmt der Testamentsvollstrecker unter Ausschluss der Erben von der Ausübung der Gesellschafterbefugnisse grundsätzlich alle den Gesellschaftsanteil betreffenden Verwaltungs- und Vermögensrechte, insbesondere auch die Stimmrechte, wahr. Ausnahmen vorrangig aus haftungsrechtlichen Gründenbestehen insoweit nur bei vollhaftenden Beteiligungen, also bei Anteilen eines Gesellschafters einer GbR oder OHG oder des Komplementärs einer KG. In seinen Kompetenzen ist der Testamentsvollstrecker neben der Bindung an den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung erbrechtlich lediglich durch das Verbot unentgeltlicher Verfügungen nach § 2205 3 BGB und seine auf den Nachlass beschränkte Verpflichtungsbefugnis (vgl. § 2206 BGB) eingeschränkt. Neben diese erbrechtlichen Einschränkungen können gesellschaftsrechtliche Gründe treten, die der Ausübung von Beteiligungsrechten durch den Testamentsvollstrecker entgegenstehen. So müssen bei Personengesellschaftsanteilen anders als bei der GmbH – die Mitgesellschafter der angeordneten Fremdverwaltung zugestimmt haben, damit der Testamentsvollstrecker seine Rechte in Bezug auf die Beteiligung ausüben kann. Der Ausübung von Stimmrechten können gesellschaftsrechtliche Stimmverbote entgegenstehen. Mit der Frage, inwieweit ein für den Testamentsvollstrecker geltendes gesellschaftsrechtliches Stimmverbot seine Verwaltungsbefugnis hinsichtlich der Gesellschaftsanteile einschließlich des Rechts zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung einschränkt, hat sich der BGH in der vorstehend genannten Entscheidung befasst. In dem vom Gericht zu entscheidenden Fall wurde über einen Kommanditanteil an einer GmbH & Co. KG und über einen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH unbeschränkte Testamentsvollstreckung angeordnet. Die Erben warfen nun dem Testamentsvollstrecker, der vormals auch Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war, vor, seinerzeit seine Geschäftsführerpflichten in schadensersatzbegründender Weise verletzt zu haben. Die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche wurde in den Gesellschafterversammlungen der GmbH und der GmbH & Co. KG beschlossen, die von den Erben in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter einberufen wurden.

Entscheidungsgründe

Der BGH erteilte diesem Vorgehen der Erben eine Absage und erklärte die gefassten Beschlüsse mangels Berechtigung der Erben zur Einberufung der Gesellschafterversammlungen für nichtig. Das Gericht hält zunächst fest, dass der Testamentsvollstrecker in den Gesellschafterversammlungen bei der Fassung der Beschlüsse über die Verfolgung der gegen ihn gerichteten Schadensersatzansprüche von der Ausübung des einen Teil seiner umfassenden Befugnis zur Verwaltung des Nachlasses bildenden Stimmrechts ausgeschlossen war, da er auch wenn er selbst nicht Gesellschafter ist einem Stimmverbot Dieses gesellschaftsrechtliche Verbot, Richter in eigener Sache zu sein, ist für die GmbH in 47 Abs. 4 GmbHG normiert und wird vom BGH ausdrücklich auch auf Personengesellschaften erstreckt. In einem solchen Fall der persönlichen Betroffenheit des Testamentsvollstreckers hätten die Erben selbst das Stimmrecht ausüben dürfen, wenn die Gesellschafterversammlungen ordnungsgemäß einberufen worden wären. Daran aber mangelte es hier. Der Umstand, dass der Testamentsvollstrecker bei der Beschlussfassung über einen bestimmten Beschlussgegenstand wegen eines Stimmverbots ausgeschlossen war und das Stimmrecht insoweit den Erben zustand, hatte nach dem BGH nämlich nicht zur Folge, dass auch das Recht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung über diesen Gegenstand vom Testamentsvollstrecker auf die Erben übergegangen war; die Einberufungsbefugnis verblieb vielmehr beim Testamentsvollstrecker. So kann beispielsweise auch ein Gesellschafter ohne Stimmrecht oder ein Gesellschafter, der in der konkreten Angelegenheit einem Stimmverbot unterliegt, ein berechtigtes Interesse daran haben, bestimmte Angelegenheiten in der Gesellschaft zur Diskussion und Abstimmung zu stellen. Diese Unabhängigkeit des Einberufungsrechts von einem hinsichtlich der Beschlussfassung bestehen- den Stimmverbot gilt nach dem BGH für den die Gesellschafterbefugnisse ausübenden Testamentsvollstrecker ebenso. Unterliegt der Testamentsvollstrecker also einem Stimmverbot, so werden seine Befugnisse nur in diesem Umfang eingeschränkt, d.h. er darf auf einer ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung nicht abstimmen. Die übrigen Gesellschafterrechte können von ihm weiterhin ausgeübt werden und verdrängen die Befugnisse der Erben als Inhaber der Gesellschafts- bzw. Geschäftsanteile.

Weitere Hinweise

Neben den Fällen, in denen es um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Testamentsvollstrecker geht, sind in der Praxis auch Stimmverbote im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers als Geschäftsführer oder Aufsichtsratsmitglied einer GmbH relevant. Denn er ist von der Ausübung des Stimmrechts auch ausgeschlossen, soweit es um seine eigene Entlastung oder die der anderen Mitglieder der Geschäftsführung oder des Aufsichtsrats geht. An seiner Stelle üben die Erben das Stimmrecht aus. Dies kann in der Praxis zu erheblichen Komplikationen führen, wenn sich die Erben bei dieser Gelegenheit an einem unliebsamen Testamentsvollstrecker rächen wollen. Es empfiehlt sich daher eine Regelung im Testament dahingehend, dass im Falle eines Stimmverbotes des Testamentsvollstreckers auch das Stimmrecht der Erben ruht.

Will sich der Testamentsvollstrecker in einer GmbH selbst zum Geschäftsführer wählen lassen, so darf er hierzu sein Stimmrecht (in analoger Anwendung des § 181 BGB) nur ausüben, wenn ihm dies vom Erblasser oder den Erben ausdrücklich gestattet wurde. Insoweit ist die Lage anders zu beurteilen als bei einem Gesellschafter, der bei derartigen Sozialakten mitstimmen darf. Bei entsprechender Interessenlage ist also eine testamentarische Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB dringend erforderlich.

Aktiengesetz

Zur  Zulässigkeit gesellschaftsvertraglicher „Russian Roulette“-Klauseln

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M., Rechtsanwalt, Stuttgart

Problemstellung

In zweigliedrigen Personen und Kapitalgesellschaften mit identischer Gesellschaftsbeteiligung der beiden Gesellschafter, bei Gemeinschaftsunternehmen oder Joint Ventures stellt sich im Rahmen der Vertragsgestaltung die Thematik, wie vor dem Hintergrund der gegebenen Pattsituation auf Streitigkeiten im Gesellschafterkreis reagiert werden kann. Der vorausschauende Vertragsgestalter wird versuchen, bereits im Vorhinein im Gesellschaftsvertrag oder in Sondervereinbarungen hierzu Antworten auf typische Konfliktsituationen zu liefern, um Konfliktpotenzial und die mit einer Nichteinigung häufig verbundene Notwendigkeit der gerichtlichen oder schiedsgerichtlichen Streitbeilegung so weit als möglich zu vermeiden. Jedoch lässt sich nicht jede denkbare Konfliktsituation antizipieren. Auch gilt es regelmäßig Wege aufzuzeigen, wie die Gemeinschaft im Gesamten aufgelöst werden kann, wenn aufgrund tiefgreifender Zwistigkeiten der Gesellschafter eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist und wegen der Pattsituation eine Selbstblockade der Gesellschaftsorgane droht.

Zur Auflösung eines entsprechenden „deadlock“ wird in der Praxis nicht selten auf Vertragsklauseln zurückgegriffen, wonach einer der Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen und auf der Grundlage eines im Voraus festgelegten Verfahrens die Beteiligung des Mitgesellschafters erwerben kann, um auf diese Weise klare Entscheidungsstrukturen und die Handlungsfähigkeit des Unternehmens wiederherzustellen. Die Spielarten entsprechender, meist plastisch bezeichneter Bestimmungen sind mannigfaltig und reichen von „Russian Roulette“-Klauseln bis hin zu sog. „Shoot-Out“ oder „Texan Shoot- Out“-Klauseln (ausf. Schulte/Sieger, NZG 2005, 24; Fleischer/Schneider, DB 2010, 2713).

Zum Sachverhalt

Gegenstand der vorliegenden Entscheidung des OLG Nürnberg war eine im Gesellschaftsvertrag einer KG als „Chinesische Klausel“ bezeichnete Bestimmung, wonach jeder der Kommanditisten berechtigt ist, dem anderen seinen Kommanditanteil unter Nennung eines bestimmten Preises zum Ankauf anzubieten. Für den Fall der Nichtannahme eines solchen Angebots sollte der Angebotsempfänger verpflichtet sein, seine Beteiligung zu den Bedingungen des Angebots an den Anbietenden zu verkaufen und zu übertragen. Flankiert wurde diese Bestimmung, die wegen der Unvorhersehbarkeit des Verfahrensausgangs in der Tat Elemente des „Russischen Roulettes“ aufweist, durch die Regelung, dass der Ausscheidende verpflichtet ist, mit Zahlung des Kaufpreises für seinen Anteil sämtliche von ihm innegehabte Ämter in der Unternehmensgruppe niederzulegen, insbesondere in einer AG, an der die KG ursprünglich in Höhe von 100 % und im Zeitpunkt des Vollzugs der Klausel noch mit 44 % beteiligt gewesen ist.

Der Beklagte unterbreitete dem Kläger ein entsprechendes Angebot zum Ankauf seines KG-Anteils zum Kaufpreis von 1,35 Mio. €, welches der Kläger annahm. Nach erfolgter Übertragung seiner Beteiligung auf den Kläger erklärte der Beklagte die Niederlegung seines Vorstandsamtes bei der Beteiligungs-AG, wurde aber von deren Aufsichtsrat keine drei Monate später wieder zum Vorstand bestellt. Hiergegen wandte sich der Kläger unter Berufung auf die getroffenen Vereinbarungen, letztlich aber ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe

Der hier interessierende Teil der Entscheidung sind die Ausführungen des OLG Nürnberg zur Zulässigkeit der Ausstiegsklausel im Gesellschaftsvertrag der KG. Insoweit wirft das Gericht die Frage nach deren Vereinbarkeit mit der ständigen Rechtsprechung des BGH auf, wonach Vereinbarungen, die es erlauben, einzelne Gesellschafter auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes, nach freiem Ermessen aus der Gesellschaft auszuschließen (Hinauskündigung) wegen des hiermit verbundenen Verstoßes gegen in § 138 BGB inkorporierte Prinzipien des Gesellschaftsrechts als nichtig anzusehen sind (vgl. etwa BGHZ 81, 263, 266 ff.; BGHZ 105, 213, 216 ff.; zur GmbH BGHZ  112, 103, 107; ausf. Darstellung der Rspr. bei Kirchdörfer/Lorz, FS Hennerkes 2009, S. 343, 350 ff.).

Begründet wird diese Haltung damit, dass entsprechende Klauseln nicht nur die Gefahr eines Ausschlus- ses aus sachfremden Erwägungen begründen, sondern zugleich einer Willkürherrschaft einzelner Gesellschafter oder der Gesellschaftermehrheit insgesamt Vorschub leisten, weil es die anderen Gesellschafter aus Furcht vor dem „Damoklesschwert der Hinauskündigung“ nicht wagen, ihre gesetzlichen oder vertraglichen Rechte wahrzunehmen. Ausnahmen sollen nach dem BGH nur dann gelten, wenn die „Hinauskündigungsklausel“ oder eine vergleichbare schuldrechtliche Vereinbarung der Gesellschafter wegen besonderer Umstände sachlich gerechtfertigt ist (vgl. etwa BGHZ 164, 98, 103 ff. für den Fall der Management-Beteiligung).

Das OLG Nürnberg richtet die Prüfung der Zulässigkeit der gesellschaftsvertraglichen „Russian Roulette“-Klausel an dieser Rechtsprechung aus, weil auch hierdurch die Möglichkeit eröffnet werde, einen Gesellschafter gegen dessen Willen aus der Gesellschaft auszuschließen. Beispielhaft wird etwa die Situation genannt, dass zwischen den beteiligten Gesellschaftern große Unterschiede in der Finanzkraft bestehen oder der Fall, dass ein Gesellschafter aus steuerlichen oder unternehmensstrategischen Gründen überhaupt nicht zu einem Erwerb der Beteiligung des anderen in der Lage ist. Eine Sittenwidrigkeit und damit Unwirksamkeit der Klausel lehnt das Gericht im Ergebnis aber ab. Zum einen würden im konkreten Fall keine wirtschaftlichen Disparitäten vorliegen, die im Kern eine nur einseitige Wirkungsweise der Klausel zur Folge haben würden. Das grundsätzlich stets bestehende Missbrauchsrisiko rechtfertige jedenfalls nicht das Eingreifen des Verdikts der Sittenwidrigkeit. In einem zweiten, weitergehenden Begründungsstrang sieht das Gericht in der spezifischen Zwecksetzung der Klausel nämlich einen Lösungsmechanismus für den Fall einer Selbstblockade der Gesellschaft zu liefern eine sachliche Rechtferti- gung im Sinne der BGH-Rechtsprechung zur Hinauskündigung.

Mit diesem Ergebnis stimmt das Gericht mit der einschlägigen Literatur überein, die entsprechende Klauseln ebenfalls als zulässig ansieht (vgl. etwa Schulte/Sieger, NZG 2995, 24, 27 ff. Fleischer/Schneider, DB 2010, 2713, 2715 ff.; ausf. Becker, Die Zulässigkeit von Hinauskündigungs- klauseln nach freiem Ermessen im Gesellschaftsvertrag, 2010, S. 137 ff.). Einschränkend gilt es allerdings anzumerken, dass die diesbezüglichen Ausführungen des Gerichts trotz ihrer Ausführlichkeit als obiter dicta anzusehen sind. Im Ergebnis wurde die Klage nämlich deshalb abgewiesen, weil die vorliegende Konstellation, bei der der Beklagte seine Vorstandsposition zunächst im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden aus der KG niedergelegt hatte, später aber vom Aufsichtsrat der operativen AG wie- der in deren Vorstand berufen wurde, von der gesellschaftsvertraglichen Regelung auch bei deren ergänzender Auslegung nicht erfasst wurde.

Praktische Bedeutung

Die Entscheidung des OLG Nürnberg ist für die Praxis insoweit von Bedeutung, als sie eine erste ober- gerichtliche Leitlinie für die Beurteilung  gesellschaftsvertraglicher „Russian Roulette“-Klauseln liefert. Der formale Prüfungsmaßstab der Hinauskündigungs-Rechtsprechung des BGH passt jedoch nur in den Fällen, in denen die Regelung im Kern auf ein einseitiges Übernahmerecht hinausläuft, insbesondere, weil aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten nur einer der Gesellschafter in der Lage ist, die Beteiligung zu übernehmen. Die weitergehende Argumentation des OLG Nürnberg, wonach die Verwendung einer „Russian Roulette“-Klausel aufgrund des hiermit verbundenen Zweckes sachlich gerechtfertigt und somit als Ausnahme vom Grundsatz der Sittenwidrigkeit der Hinauskündigung anzusehen sei, erscheint allerdings etwas apodiktisch. Ohnehin spricht mehr dafür, die vom BGH noch praktizierte Inhaltskontrolle der Hinauskündigungsklausel durch eine bloße nachträgliche Kontrolle der Rechtsausübung als den schlüssigeren und konsequenteren Lösungsansatz zu ersetzen (i.d.S. etwa Grunewald, DStR 2004, 1750, 1751; Sosnitza, DStR 2006, 99, 103; ausf. Kirchdörfer/Lorz, FS Hennerkes, 2009, S. 343, 352 f.). Hierdurch würden sich auch die Fälle der missbräuchlichen Ausnutzung solcher „Russian Roulette“-Klauseln angemessen bewältigen lassen, die das OLG Nürnberg bei seiner Argumentation vor allem im Blick hat.

Erbrecht

Volljährig Adoptierter als Kind des Erblassers i.S. einer qualifizierten Nachfolgeklausel

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M., Rechtsanwalt/Dr. Maximilian Hermann, Rechtsanwalt

Bei einer auf Kinder beschränkten qualifizierten Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag einer Personenhandelsgesellschaft umfasst der Begriff „Kind“ auch einen als Kind angenommenen volljährigen Enkel.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Bei der Gestaltung der Erbfolge in Personengesellschaften ist es in rechtlicher Hinsicht unerlässlich, die erbrechtliche Verfügung mit den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben abzustimmen, um Komplikationen bei einer erbrechtlichen Übertragung von Gesellschaftsanteilen zu vermeiden. Hierbei entsprechen die gesetzlich angeordneten Folgen des Todes eines Gesellschafters in Familienunternehmen in der Regel nicht der typischen Interessenlage der Gesellschafter. Sie spielen in der Praxis daher meist nur eine subsidiäre Rolle und werden durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen ergänzt oder ersetzt.

Der Gesellschaftsvertrag kann insbesondere einfache oder qualifizierte Nachfolgeklauseln enthalten, wenn die Beteiligung vererblich gestellt werden soll. Die einfache Nachfolgeklausel sieht die freie Vererblichkeit des Gesellschaftsanteils und die Fortführung der Gesellschaft allgemein „mit dem/den Erben“ des verstorbenen Gesellschafters vor. Die Bestimmung der in die Gesellschaft im Wege der Sonderrechtsnachfolge unmittelbar nachrückenden Personen erfolgt allein nach den erbrechtlichen Vorgaben (gesetzliche Regelung bzw. Verfügung von Todes wegen), wobei die Höhe der Erbquote über die Höhe der Beteiligung an der Gesellschaft entscheidet. Durch die Verwendung einer – vor allem bei Familienunternehmen häufig gewählten – qualifizierten Nachfolgeklausel wird demgegenüber sichergestellt, dass die Beteiligung des Erblassers nur auf einen oder einzelne, durch Alter, Ausbildung, Familienzugehörigkeit etc. besonders qualifizierten Erben unter Ausschluss der übrigen Erben übergeht. Die Beteiligung wird direkt und in voller Höhe auf den wiederum kraft Sonderrechtsnachfolge einrückenden, die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllenden Erben übergeleitet. Sind mehrere Miterben als Nachfolger vorgesehen, wird die Mitgliedschaft nicht Gesamthandseigentum der Erbengemeinschaft, sondern geht unmittelbar im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf die Miterben über. Der Umfang des Rechtserwerbs richtet sich nach dem Verhältnis der Erbquoten der bedachten Miterben untereinander.

Die Nachfolge im Wege einer qualifizierten Nachfolgeklausel vollzieht sich kraft Erbrechts. Aus diesem Grund muss der gesellschaftsvertraglich vorgesehene Nachfolger zum Kreis der Erben gehören, zumindest zu einem Bruchteil, da die Klausel andernfalls bildlich gesprochen „ins Leere“ geht. Umgekehrt bleibt die Erbenstellung ohne Bedeutung in Bezug auf die Nachfolge in den Anteil, sofern der Erbe nicht die gesellschaftsvertraglichen Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt. Mit dem Problem, ob ein Erbe die in der Nachfolgeklausel definierten Eigenschaften aufweist, hatte sich das OLG Stuttgart zu beschäftigen.

Entscheidungsgründe

In dem vom OLG Stuttgart zu entschei- denden Fall war im Gesellschaftsvertrag eine qualifizierte Nachfolgeklausel enthalten, die die Berechtigung der Gesellschafter vorsah, ihre Anteile erbrechtlich auf ihre Kinder zu übertragen. Nur diese sollten also nachfolgeberechtigt sein. Der Senat hatte die Frage zu klären, ob der Begriff „Kind“ im Sinne der Nachfolgeklausel auch volljährig Adoptierte umfasst. Anderenfalls wäre der vom Erblasser volljährig adoptierte Enkel aufgrund der testamentarischen Verfügung zwar Erbe, jedoch nicht Gesellschafter geworden, hätte also nicht in die Gesellschafterstellung nachrücken können. Im Ausgangspunkt seiner Überlegungen geht das Gericht vom allgemeinen Sprachgebrauch aus und stellt fest, dass der Begriff „Kind“ – sofern nicht ausdrücklich durch das Attribut „leiblich“ eingeschränkt – neben leiblichen Kindern auch adoptierte Kinder umfasst. Der Begriff „Kind“  lege anders als  der Begriff „Abkömmling“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch keine leibliche Abstammung nahe. Dieses Verständnis liegt nach Ansicht des Gerichts auch dem juristischen Sprachgebrauch zugrunde, da nach § 1754 Abs. 1 und 2 BGB der Adoptierte die rechtliche Stellung eines (leiblichen) Kindes hat. Insoweit sei nicht zwischen einer Volljährigenadoption und Minderjährigenadoption zu unterscheiden. Dem Verweis auf die „schwache“ Wirkung der Volljährigenadoption erteilt der Senat eine Absage, da diese „schwa- che“ Wirkung im Wesentlichen darin bestehe, dass ein Verwandtschaftsverhältnis nach § 1770 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zum Annehmenden selbst, nicht aber zu dessen Verwandten begründet wird; dies – so der Senat – ändere nichts daran, dass der Angenommene durch die Adoption zum Kind des Annehmenden Damit hat das OLG Stuttgart die Nachfolgeberechtigung eines als Kind angenommenen volljährigen Enkels bei einer auf Kinder beschränkten qualifizierten Nachfolgeklausel zutreffend bejaht. Bei mehrdeutigen Begriffen sollte man sich jedoch nicht auf die Auslegung durch Gerichte verlassen, sondern sinnvollerweise den Kreis der Nachfolger genau bezeichnen (Kind, Abkömmling, (nicht) ehelich, leiblich, adoptiert).

Weitere Hinweise

Die Ausgleichsansprüche weichender Erben bei Verwendung einer qualifizierten Nachfolgeklausel sind erbrechtlicher Natur und richten sich gegen den qualifizierten Erben. Er schuldet also den nichtqualifizierten und somit nicht in die Gesellschafterstellung nachrückenden Miterben einen Wertausgleich, sofern der Wert der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung den Betrag übersteigt, der ihm aufgrund seiner Erbquote zustehen würde. Anders ist dies nur dann, wenn der Erblasser dem qualifizierten Nachfolger den Anteil ohne Anrechnung auf den Erbteil zukommen lassen wollte (Vorausvermächtnis). Obwohl – aufgrund der ungeschmälerten Vererbung der Mitgliedschaft – keine Abfindungsansprüche gegen die Gesellschaft entstehen, bleibt deren Liquidität von einer Erbauseinandersetzung dennoch regelmäßig nicht unberührt. Ist der qualifizierte Erbe zu hohen Zahlungen an die weichenden Miterben verpflichtet, die er aus seinen sonstigen Vermögenswerten nicht leisten kann, wird er zur Erfüllung des Ausgleichsanspruchs etwa durch Entnahmen oder durch Privatdarlehen auf die Aktiva der Gesellschaft zurückgreifen. In diesem Zusammenhang kann sich eine testamentarische Anordnung empfehlen, wonach den ausgleichsberechtigten Miterben anstelle einer Ausgleichszahlung eine Unterbeteiligung am Anteil des Erblassers ein- zuräumen ist. Zur Streitvermeidung empfiehlt es sich ferner, ein Verfahren zur Wertermittlung vorzugeben oder mit den weichenden Erben eine Abfindungsvereinbarung bzgl. der zu erbringenden Ausgleichsleistung – in der Gestalt eines Erbverzichts oder Pflichtteilsverzichts – zu treffen.

Dauervollstreckung

Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks in das Handelsregister

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung gehört regelmäßig zu den tragenden Bestandteilen des Unternehmertestaments. Während beim gesetzlichen Regelfall der Abwicklungstestamentsvollstreckung die streitfreie Bewirkung der Auseinandersetzung unter den Erben im Vordergrund der Überlegungen steht, rückt die dauerhafte Verwaltung des Nachlasses in den Vordergrund, wenn die eingesetzten Erben – etwa aufgrund noch geringen Alters oder noch fehlender beruflicher Erfahrung zumindest für einen Übergangszeitraum von dessen Verwaltung ausgeschlossen werden sollen. Dieser Gesichtspunkt spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn für den Fall des vorzeitigen, unerwarteten Unternehmertodes mit Hilfe der Anordnung einer Dauer- oder Verwaltungstestamentsvollstreckung eine sachgerechte und effiziente Fremdverwaltung des Unternehmens für einen bestimmten Zeitraum sichergestellt werden soll. Hier war lange umstritten, inwieweit sich die erbrechtlich bis zur gesetzlichen Höchstdauer von 30 Jahren (vgl. § 2210 BGB) zulässige dauerhafte Fremdverwaltung von unternehmerischen Beteiligungen mit dem gesellschaftsrechtlichen Haftungsgefüge verträgt. Insbesondere die dauerhafte Fremdverwaltung der Beteiligung eines persönlich haftenden Personengesellschafters sieht sich haftungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, die weiterhin den Rückgriff auf kautelarjuristische Ersatzkonstruktionen erforderlich machen (vgl. Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 139 Rdnr. 66 ff.). In Bezug auf die Beteiligung eines Kommanditisten hat der BGH mit seinem grundlegenden Beschluss vom 03.07.1989 (BGHZ 108, 187, 191 ff.) hingegen Klarheit geschaffen: Eine Dauertestamentsvollstreckung wird hier als zulässig angesehen, sofern die übrigen Gesellschafter einverstanden sind oder der Gesellschaftsvertrag diese Fremdverwaltung erlaubt. Bei den kraft Gesetzes vererblichen Kapitalgesellschaftsanteilen ist eine Testamentsvollstreckung ohnehin per se zulässig, sofern die Satzung keinen expliziten Ausschluss enthält.

Die weitergehende Frage, ob die Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung durch die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks im Handelsregister verlautbart werden kann, um dritte Parteien auf diese Weise von der Fremdverwaltung in Kenntnis zu setzen, hatte der BGH bislang offengelassen und nunmehr beantwortet.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

In dem zu entscheidenden Fall war eine Dauertestamentsvollstreckung über die Anteile an einer GmbH & Co. KG angeordnet worden. Nachdem der Antrag des eingesetzten Testamentsvollstreckers auf Eintragung eines entsprechenden Vermerks im Handelsregister vom Registergericht abgelehnt worden war, verfolgte der Testamentsvollstrecker diese Eintragung im Wege der nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde weiter. Somit hatte der BGH die Rechtsfrage zu beantworten, ob bei einer Vererbung eines Kommanditanteils mit Anordnung der Testamentsvollstreckung ein entsprechender Vermerk („Es ist Testamentsvollstreckung angeordnet“) in das Handelsregister eingetragen werden kann. Diese Frage bejahte das Gericht in Übereinstimmung mit der wohl überwiegenden Auffassung im Schrifttum, jedoch in Abweichung von einer in 1995 ergangenen Entscheidung des Kammergerichts (vgl. KG vom 04.07.1995, ZEV 1996, 760 m. abl. Anm. Schaub).

Die jetzt ergangene Entscheidung liegt auf der Linie des BGH zum Umfang eintragungsfähiger Tatsachen und Rechtsverhältnisse. Demnach werden auch über das gesetzlich vorgesehene Maß hinausgehende Eintragungen zugelassen, wenn ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs an der entsprechenden Information besteht. Ein solches Bedürfnis bejahte das Gericht im vorliegenden Fall, vor allem mit Blick auf das Recht des Testamentsvollstreckers, über den Anteil zu verfügen (§§ 2205, 2211 BGB) sowie im Hinblick auf die durch die Testamentsvollstreckung geschaffenen Haftungsverhältnisse. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung bewirkt nämlich, dass die Eigengläubiger des Gesellschaftererben nicht auf das Nachlassvermögen Zugriff nehmen können (vgl. § 2214 BGB). Haftungsrechtliche Auswirkungen hat die Anordnung der Testamentsvollstreckung auch insoweit, als der Testamentsvollstrecker nicht berechtigt ist, die Haftsumme des als Kommanditisten in die Gesellschaft nachgerückten Erben ohne dessen Zustimmung zu erhöhen. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen bejahte der BGH das berechtigte Interesse des Rechtsverkehrs daran, über die angeordnete Testamentsvollstreckung unterrichtet zu werden.

Für die Praxis ist mit dieser Entscheidung die Notwendigkeit verbunden, mit dem durch den Erbfall eingetretenen Gesellschafterwechsel auch eine etwaige Testamentsvollstreckung zum Handelsregister anzumelden. Dies gilt zumindest für den Fall einer Dauer- oder Verwaltungstestamentsvollstreckung, bei der die Verwaltung des Nachlasses für einen bestimmten Zeitraum zum Selbstzweck erhoben wird. In Bezug auf die Rechtslage bei einer Abwicklungstestamentsvollstreckung hat der BGH keine Aussage getroffen. Vor voreiligen „Erstrecht“-Schlüssen ist hier allerdings zumindest dann zu warnen, wenn der Kommanditanteil gemäß dem gesetzlichen Regelfall (vgl. § 177 HGB) auf den oder die Erben übergeht. Da die Kommanditbeteiligung im Wege der Sonderrechtsnachfolge in Höhe der jeweiligen Erbquote auf die Erben übergeht, also insoweit keine Erbengemeinschaft entsteht, bleibt eine solche Abwicklungstestamentsvollstreckung zumindest in Bezug auf den Anteil selbst ohne Bedeutung, da hier nichts auseinandergesetzt werden muss. Gleiches gilt auch für den Fall der sog. qualifizierten Nachfolgeklausel, bei der nur einzelne Erben nachrücken dürfen. Ein Bedürfnis für die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks sollte hier also regelmäßig nicht gegeben sein.

Einsetzung eines Nacherben

Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks in das Handelsregister

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die Anordnung einer Testamentsvollstreckung gehört regelmäßig zu den tragenden Bestandteilen des Unternehmertestaments. Während beim gesetzlichen Regelfall der Abwicklungstestamentsvollstreckung die streitfreie Bewirkung der Auseinandersetzung unter den Erben im Vordergrund der Überlegungen steht, rückt die dauerhafte Verwaltung des Nachlasses in den Vordergrund, wenn die eingesetzten Erben – etwa aufgrund noch geringen Alters oder noch fehlender beruflicher Erfahrung –zumindest für einen Übergangszeitraum von dessen Verwaltung ausgeschlossen werden sollen. Dieser Gesichtspunkt spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn für den Fall des vorzeitigen, unerwarteten Unternehmertodes mit Hilfe der Anordnung einer Dauer- oder Verwaltungstestamentsvollstreckung eine sachgerechte und effiziente Fremdverwaltung des Unternehmens für einen bestimmten Zeitraum sichergestellt werden soll. Hier war lange umstritten, inwieweit sich die erbrechtlich bis zur gesetzlichen Höchstdauer von 30 Jahren (vgl. § 2210 BGB) zulässige dauerhafte Fremdverwaltung von unternehmerischen Beteiligungen mit dem gesellschaftsrechtlichen Haftungsgefüge verträgt. Insbesondere die dauerhafte Fremdverwaltung der Beteiligung eines persönlich haftenden Personengesellschafters sieht sich haftungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt, die weiterhin den Rückgriff auf kautelarjuristische Ersatzkonstruktionen erforderlich machen (vgl. Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 139 Rdnr. 66 ff.). In Bezug auf die Beteiligung eines Kommanditisten hat der BGH mit seinem grundlegenden Beschluss vom 03.07.1989 (BGHZ 108, 187, 191 ff.) hingegen Klarheit geschaffen: Eine Dauertestamentsvollstreckung wird hier als zulässig angesehen, sofern die übrigen Gesellschafter einverstanden sind oder der Gesellschaftsvertrag diese Fremdverwaltung erlaubt. Bei den kraft Gesetzes vererblichen Kapitalgesellschaftsanteilen ist eine Testamentsvollstreckung ohnehin per se zulässig, sofern die Satzung keinen expliziten Ausschluss enthält. Die weitergehende Frage, ob die Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung durch die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks im Handelsregister verlautbart werden kann, um dritte Parteien auf diese Weise von der Fremdverwaltung in Kenntnis zu setzen, hatte der BGH bislang offengelassen und nunmehr beantwortet.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

In dem zu entscheidenden Fall war eine Dauertestamentsvollstreckung über die Anteile an einer GmbH & Co. KG angeordnet worden. Nachdem der Antrag des eingesetzten Testamentsvollstreckers auf Eintragung eines entsprechenden Vermerks im Handelsregister vom Registergericht abgelehnt worden war, verfolgte der Testamentsvollstrecker diese Eintragung im Wege der nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde weiter. Somit hatte der BGH die Rechtsfrage zu beantworten, ob bei einer Vererbung eines Kommanditanteils mit Anordnung der Testamentsvollstreckung ein entsprechender Vermerk („Es ist Testamentsvollstreckung angeordnet“) in das Handelsregister eingetragen werden kann. Diese Frage bejahte das Gericht in Übereinstimmung mit der wohl überwiegenden Auffassung im Schrifttum, jedoch in Abweichung von einer in 1995 ergangenen Entscheidung des Kammergerichts (vgl. KG vom 04.07.1995, ZEV 1996, 760 m. abl. Anm. Schaub). Die jetzt ergangene Entscheidung liegt auf der Linie des BGH zum Umfang eintragungsfähiger Tatsachen und Rechtsverhältnisse. Demnach werden auch über das gesetzlich vorgesehene Maß hinausgehende Eintragungen zugelassen, wenn ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs an der entsprechenden Infor- mation besteht. Ein solches Bedürfnis bejahte das Gericht im vorliegenden Fall, vor allem mit Blick auf das Recht des Testamentsvollstreckers, über den Anteil zu verfügen (§§ 2205, 2211 BGB) sowie im Hinblick auf die durch die Testamentsvollstreckung geschaffenen Haftungsverhältnisse. Die Anordnung der Testamentsvollstreckung bewirkt nämlich, dass die Eigengläubiger des Gesellschaftererben nicht auf das Nachlassvermögen Zugriff nehmen können (vgl. § 2214 BGB). Haftungsrechtliche Auswirkungen hat die Anordnung der Testamentsvollstreckung auch insoweit, als der Testamentsvollstrecker nicht berechtigt ist, die Haftsumme des als Kommanditisten in die Gesellschaft nachgerückten Erben ohne dessen Zustimmung zu erhöhen. Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen bejahte der BGH das berechtigte Interesse des Rechtsverkehrs daran, über die angeordnete Testamentsvollstreckung unterrichtet zu werden. Für die Praxis ist mit dieser Entschei- dung die Notwendigkeit verbunden, mit dem durch den Erbfall eingetretenen Gesellschafterwechsel auch eine etwaige Testamentsvollstreckung zum Handelsregister anzumelden. Dies gilt zumindest für den Fall einer Dauer- oder Verwaltungstestamentsvollstreckung, bei der die Verwaltung des Nachlasses für einen bestimmten Zeitraum zum Selbstzweck erhoben wird. In Bezug auf die Rechtslage bei einer Abwicklungstestamentsvollstreckung hat der BGH keine Aussage getroffen. Vor voreiligen „Erstrecht“-Schlüssen ist hier allerdings zumindest dann zu warnen, wenn der Kommanditanteil gemäß dem gesetzlichen Regelfall (vgl. § 177 HGB) auf den oder die Erben übergeht. Da die Kommanditbeteiligung im Wege der Sonderrechtsnachfolge in Höhe der jeweiligen Erbquote auf die Erben übergeht, also insoweit keine Erbengemeinschaft entsteht, bleibt eine solche Abwicklungstestamentsvollstreckung zumindest in Bezug auf den Anteil selbst ohne Bedeutung, da hier nichts auseinandergesetzt werden muss. Gleiches gilt auch für den Fall der sog. qualifizierten Nachfolgeklausel, bei der nur einzelne Erben nachrücken dürfen. Ein Bedürfnis für die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks sollte hier also regelmäßig nicht gegeben sein.

 

 

Einkommensteuergesetz

Teilentgeltlichkeit bei Erwerb durch Vermächtnis

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der Erwerb von Vermögen aufgrund eines erbrechtlichen Vermächtnisses ist zwar regelmäßig ein unentgeltlicher Vorgang. Anders ist dies jedoch in der Gestaltungsvariante des sog. Kaufrechtsvermächtnisses. Hierbei wird dem Vermächtnisnehmer das Recht eingeräumt, einen bestimmten Gegenstand des Nachlasse zu einem bestimmten Kaufpreis zu erwerben. Konkret wird ihm also ein Übernahmerecht eingeräumt. Bereits in einer älteren Entscheidung hatte der BFH festgestellt, dass ein solches Kaufrechtsvermächtnis zu einem ertragsteuerlich in vollem Umfang entgeltlichen Vorgang führt, wenn für den Erwerb des vermachten Gegenstands eine Gegenleistung zu erbringen ist, die dem Wert des betreffenden Gegenstands entspricht (vgl. BFH vom 13.11.2002, ZEV 2003, 255 m. Anm. Buciek). Nunmehr hat der IX. Senat des BFH entschieden, dass ein Kaufrechtsvermächtnis auch zu einem teilentgeltlichen Vorgang führen kann, wenn der bei Übernahme zu zahlende Kaufpreis den Wert des übernommenen Wirtschaftsguts nicht ausgleicht. In diesem Fall ist der Erwerbsvorgang also in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

In dem vom BFH zu entscheidenden Fall hatte die Mutter ihre zwei Töchter jeweils zur Hälfte als Erbinnen eingesetzt und der späteren Klägerin zugleich das Recht eingeräumt, den gesamten Grundbesitz (Grundstück mit Wohnhaus und Landwirtschaftsflächen) zu übernehmen. Hierfür sollte sie an ihre Schwester 25 % des auf den Tod der Erblasserin festzustellenden Verkehrswerts des Grundbesitzes bezahlen. Nachdem die Klägerin das Übernahmerecht ausgeübt und ihrer Schwester den Betrag von 59.700,– ` (= 25 % des geschätzten Verkehrswerts von 238.800,– `) für den Grundbesitz bezahlt hatte, veräußerte sie diesen ein Jahr später zu einem Preis von 240.000,– `. Dies führte insoweit zu einer steuerpflichtigen Veräußerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, als die Klägerin das Grundstück entgeltlich erworben hatte. Hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Anteils war ihr hingegen die Besitzzeit der Rechtsvorgängerin zuzurechnen, sodass der Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts nicht erfüllt war (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG). Problematisch war nun die Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin die nicht auf ihren eigenen Erbanteil entfallende Grundstückshälfte entgeltlich von ihrer Schwester erworben hatte und ermittelte den zu besteuernden Gewinn in der Weise, dass es vom erzielten Grundstücksveräußerungspreis 120.000,– ` der Grundstückhälfte der Schwester zurechnete und hiervon die Anschaffungskosten von 59.700,– ` abzog.

Diese Sichtweise, der auch das Finanz- amt Baden-Württemberg als Vorinstanz gefolgt war, wurde vom BFH verworfen. Das Gericht stufte das testamentarisch angeordnete Übernahmerecht zutreffend als Vorausvermächtnis (§ 2150 BGB) ein, aufgrund dessen die Klägerin eine Forderung gegen die Erbengemeinschaft auf Übertragung des Grundstücks gegen Zahlung des von der Erblasserin festgelegten Preises erwarb. Da der Wert der Zuwendung nicht voll auszugleichen war, handelte es sich nach dem BFH um ein teilentgeltliches Erwerbsgeschäft, das in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen war. Nur im Verhältnis des nach dem Testament bestimmten Kaufpreises zum Verkehrswert des Grundstücks, also in Höhe von einem Viertel, war vorliegend ein entgeltlicher Erwerb gegeben, während der Erwerb des restlichen Teils des Grundbesitzes unentgeltlich erfolgte. Damit war den Anschaffungskosten von 59.700,– ` ein anteiliger Veräußerungspreis von 60.000,– ` gegenzustellen, so dass sich unter Berücksichtigung der geltend gemachten Veräußerungskosten kein Gewinn nach § 23 Abs. 3 EStG ergab.

Das Urteil schafft weitere Rechtssicher- heit zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kaufrechtsvermächtnissen (zur erbschaftsteuerlichen Behandlung vgl. Gebel in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rdnr. 181). Aus Sicht der mit dem Kaufrechtsvermächtnis beschwerten Erben ist zu beachten, dass die Vermächtniserfüllung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn auslösen kann. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn ein solches Vermächtnis Betriebsvermögen betrifft oder Immobilien zu übertragen sind, für die die Zehn-Jahres-Frist des § 23 EStG noch nicht abgelaufen ist. Finden die Rechtsgrundsätze des teilentgeltlichen Erwerbs hier Anwendung, weil der zu bezahlende Kaufpreis den Wert der zu übernehmenden Wirtschaftsgüter nicht ausgleicht, können diesem Kaufpreis auch nur die anteiligen Anschaffungskosten bzw. die anteiligen Buchwerte gegenüber gestellt werden.

 

Einkommensteuergesetz

Teilentgeltlichkeit bei Erwerb durch Vermächtnis

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der Erwerb von Vermögen aufgrund eines erbrechtlichen Vermächtnisses ist zwar regelmäßig ein unentgeltlicher Vorgang. Anders ist dies jedoch in der Gestaltungsvariante des sog. Kaufrechtsvermächtnisses. Hierbei wird dem Vermächtnisnehmer das Recht eingeräumt, einen bestimmten Gegenstand des Nachlasse zu einem bestimmten Kaufpreis zu erwerben. Familienunternehmen Konkret wird ihm also ein Übernahmerecht eingeräumt. Bereits in einer älteren Entscheidung hatte der BFH festgestellt, dass ein solches Kaufrechtsvermächtnis zu einem ertragsteuerlich in vollem Umfang entgeltlichen Vorgang führt, wenn für den Erwerb des vermachten Gegenstands eine Gegenleistung zu erbringen ist, die dem Wert des betreffenden Gegenstands entspricht (vgl. BFH vom 13.11.2002, ZEV 2003, 255 m. Anm.Buciek). Nunmehr hat der IX. Senat
des BFH entschieden, dass ein Kaufrechtsvermächtnis auch zu einem teilentgeltlichen Vorgang führen kann, wenn der bei Übernahme zu zahlende Kaufpreis den Wert des übernommenen Wirtschaftsguts nicht ausgleicht. In diesem Fall ist der Erwerbsvorgang also in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Entscheidungsgründe und weitere Hinweise In dem vom BFH zu entscheidenden Fall hatte die Mutter ihre zwei Töchter jeweils zur Hälfte als Erbinnen eingesetzt und der späteren Klägerin zugleich das Recht eingeräumt, den gesamten Grundbesitz (Grundstück mit Wohnhaus und Landwirtschaftsflächen) zu übernehmen. Hierfür sollte sie an ihre Schwester 25 % des
auf den Tod der Erblasserin festzustellenden Verkehrswerts des Grundbesitzes bezahlen. Nachdem die Klägerin das Übernahmerecht ausgeübt und ihrer Schwester den Betrag von 59.700,–`(= 25 % des geschätzten Verkehrswerts von 238.800,–`) für den Grundbesitz bezahlt hatte, veräußerte sie diesen ein Jahr später zu einem Preis von 240.000,–`. Dies führte insoweit zu einer steuerpflichtigen Veräußerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, als die Klägerin das Grundstück entgeltlich erworben hatte. Hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Anteils war ihr hingegen die Besitzzeit der Rechtsvorgängerin
zuzurechnen, sodass der Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts nicht erfüllt war (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG). Problematisch war nun die Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin die nicht auf ihren eigenen Erbanteil entfallende Grundstückshälfte entgeltlich von ihrer Schwester erworben hatte und ermittelte den zu besteuernden Gewinn in der Weise, dass es vom erzielten Grundstücksveräußerungspreis 120.000,–` der Grundstückhälfte der Schwester zurechnete und hiervon die Anschaffungskosten von 59.700,–` abzog.
Diese Sichtweise, der auch das Finanzamt Baden-Württemberg als Vorinstanz gefolgt war, wurde vom BFH verworfen. Das Gericht stufte das testamentarisch angeordnete Übernahmerecht zutreffend als Vorausver-81 FuSs 2/2012 Rechtsprechung mächtnis (§ 2150 BGB) ein, aufgrund dessen die Klägerin eine Forderung gegen die Erbengemeinschaft auf Übertragung des Grundstücks gegen Zahlung des von der Erblasserin festgelegten Preises erwarb. Da der Wert der Zuwendung nicht voll auszugleichen war, handelte es sich nach dem BFH um ein teilentgeltliches Erwerbsgeschäft, das in einen entgeltlichen und
einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen war. Nur im Verhältnis des nach dem Testament bestimmten Kaufpreises zum Verkehrswert des Grundstücks, also in Höhe von einem Viertel, war vorliegend ein entgeltlicher Erwerb gegeben, während der Erwerb des restlichen Teils des Grundbesitzes unentgeltlich erfolgte. Damit war den Anschaffungskosten von 59.700,–`ein anteiliger Veräußerungspreis von 60.000,–` gegenzustellen, so dass sich unter Berücksichtigung der geltend gemachten Veräußerungskosten kein Gewinn nach § 23 Abs. 3 EStG ergab. Das Urteil schafft weitere Rechtssicherheit zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kaufrechtsvermächtnissen (zur erbschaftsteuerlichen Behandlung vgl.Gebel in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rdnr. 181). Aus Sicht der mit dem Kaufrechtsvermächtnis beschwerten Erben ist zu beachten, dass die Vermächtniserfüllung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn auslösen kann. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn ein solches Vermächtnis Betriebsvermögen betrifft oder Immobilien zu übertragen sind, für die die Zehn-Jahres-Frist des § 23 EStG noch nicht abgelaufen ist. Finden die Rechtsgrundsätze des teilentgeltlichen Erwerbs hier Anwendung, weil der zu bezahlende Kaufpreis den Wert der zu übernehmenden Wirtschaftsgüter nicht ausgleicht, können diesem Kaufpreis auch nur die anteiligen Anschaffungskosten bzw. die anteiligen Buchwerte gegenüber gestellt werden.

Scheidung der Ehe

Die Wertermittlung einer freiberuflichen Praxis für einen Zugewinnausgleich

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M. Rechtsanwalt/Dr. Olivia Sarholz, Rechtsanwältin

a. Der Goodwill einer freiberuflichen Praxis ist als immaterieller Vermögenswert grundsätzlich in den Zugewinnausgleich einzubeziehen.

b. Bei der Bemessung eines solchen Goodwill ist im Rahmen der modifizierten Ertragswertmethode ein Unternehmerlohn abzusetzen, der sich an den individuellen Verhältnissen des Inhabers

c. Die stichtagsbezogene Bewertung einer Inhaberpraxis im Zugewinnausgleich setzt eine Verwertbarkeit der Praxis vor- Deswegen sind bereits bei der stichtagsbezogenen Bewertung dieses Endvermögens latente Ertragssteuern abzusetzen, und zwar unabhängig davon, ob eine Veräußerung tatsächlich beabsichtigt ist.

d. Die Berücksichtigung eines Goodwills im Zugewinnausgleich verstößt nicht gegen das Doppelverwertungsverbot, weil er den am Stichtag vorhandenen immateriellen Vermögenswert unter Ausschluss der konkreten Arbeitsleistung des Inhabers betrifft, während der Unterhaltsanspruch auf der Arbeitsleistung des Inhabers und weiteren Vermögenserträgen

Problemstellung und praktische Bedeutung

Wird eine Ehe ohne Ehevertrag geschlossen, so gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit der Folge der Entstehung eines Ausgleichsanspruchs im Scheidungsfall. Die während der Ehe erzielten Vermögenszuwächse bei- der Ehegatten werden miteinander verglichen und dem Ehepartner, der während der Ehe weniger Vermögen erwirtschaftet hat, steht ein Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns in Höhe der Hälfte des Unterschiedsbetrags zwischen den jeweiligen Vermögenszuwächsen zu. Die Problematik des Zugewinnausgleichs im unternehmerischen Bereich liegt in der Bewertung aller Vermögenspositionen zu Verkehrswerten und in der Ausgestaltung des Ausgleichsanspruchs als sofort fällige, in „cash“ zu erbringende Leistung begründet. Diese Ausgestaltung, die derjenigen der erbrechtlichen Pflichtteile enterbter Kinder entspricht, nimmt keine Rücksicht auf die konkrete Bindung des Vermögens im Unternehmen oder auf dessen eingeschränkte Fungibilität; äußerstenfalls kann der Scheidungsfall also auch die Notwendigkeit einer Veräußerung des unternehmerischen Vermögens mit sich bringen, um den Ausgleichsanspruch befriedigen zu können.

Mit der vorliegenden, zur Veröffentlichung in der amtlichen Sammlung vorgesehenen Entscheidung beackert der BGH kein juristisches Neuland. Das Gericht setzt sich aber in detaillierter Form mit den Fragestellungen auseinander, die im Rahmen der Bewertung des Vermögens von Unternehmern und Freiberuflern für die Zwecke der Berechnung von Zugewinnausgleichs-und Pflichtteilsansprüchen immer eine Rolle spielen.

Konkret geht es darum, mit welchem Wert eine zahnärztliche Praxis bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs zu berücksichtigen ist, insbesondere, in welchem Umfang hierbei ein Goodwill anzusetzen ist, und inwieweit die latenten Ertragssteuerlasten als Abzugsposten zuzulassen sind, obwohl zu dem für die Bewertung maßgeblichen Stichtag eine Veräußerung der Praxis weder stattgefunden hatte noch beabsichtigt war.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Ausführlich geht der BGH vor allem auf die aufgeworfenen bewertungsrechtlichen Fragestellungen ein. Die Bewertung von Vermögensgegenständen für die Zwecke der Berechnung von Zugewinnausgleichs- und Pflichtteilsansprüchen erfolgt mit dem Ziel, deren „objektiven Verkehrswert“ zum Stichtag zu ermitteln. Nachdem das Gesetz sich einer Aussage dazu enthält, wie dies zu erfolgen hat, ist es Aufgabe des „sachverständig beratenen“ Tatrichters, die richtige Bewertungsmethode sachverhaltsspezifisch auszuwählen und anzuwenden. Die Aufgabe des BGH als Revisionsgericht beschränkt sich hingegen auf die Überprüfung, ob die tatrichterliche Entscheidung gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht.

Diese einleitenden Aussagen des Gerichts sind ebenso wohlbekannt wie die weitergehende Festlegung, dass die Anwendung des in der deutschen Bewertungspraxis ansonsten vorherrschenden Ertragswertverfahrens (vgl. Lorz in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 131 Rn. 69 m.w.N.) für die Bewertung einer freiberuflichen Praxis nicht sachgerecht ist, weil sich die hierfür erforderliche Ertragsprognose kaum von der Person des jeweiligen Inhabers trennen lässt. Anstelle dessen billigt der BGH den Ansatz des OLG Hamm als Vorinstanz, welches den Verkehrswert der fraglichen Zahnarztpraxis als Summe von Substanzwert und Goodwill ermittelt hatte. Während dem „materiellen“ Substanzwert in der Praxis meist eine untergeordnete Bedeutung zukommt, ist die sachgerechte Ermittlung des „immateriellen“ Goodwill, über den Faktoren wie Standort, Größe und Zusammensetzung von Mandanten- oder Patientenstamm, Konkurrenzsituation und ähnliche Faktoren berücksichtigt werden, regelmäßig von umso größerer Bedeutung.

Als Basis für die Bemessung eines solchen Goodwill akzeptiert der BGH wie auch bereits in früheren Entscheidungen eine modifizierte Ertragswertmethode, die sich an den durchschnittlichen Erträgen orientiert und hiervon einen Unternehmerlohn absetzt, um auf diese Weise den persönlichen und nicht auf einen Übernehmer übertragbaren Einsatz des Inhabers adäquat zu berücksichtigen (ebenso bereits BGHZ 175, 207 = FamRZ 2008, 761; BGH FamRZ 1999, 361, 362; BGH FamRZ 1991, 43, 44). Von Bedeutung ist vor allem die Aussage des Gerichts, dass hierbei der pauschale Ansatz eines kalkulatorischen Unternehmerlohnes nicht in Betracht kommt, sondern eine Orientierung an den individuellen Verhältnissen und dem persönlichen Einsatz des jeweiligen Inhabers erforderlich ist. Mit dem Abzug eines nach den individuellen Verhältnissen konkret gerechtfertigten Unternehmerlohns wird zugleich der Zweck verfolgt, einen Verstoß gegen das sog. Doppelverwertungsverbot auszuschließen, wonach ein güterrechtlicher Ausgleich eines Vermögenswerts dann nicht in Betracht kommt, wenn die betreffende Vermögensposition bereits beim Unterhalt oder beim Versorgungsausgleich berücksichtigt wurde.

Für die Praxis bedeutsam sind vor allem aber auch die Ausführungen des Gerichts zu der Frage, inwieweit eine latente Ertragsteuerbelastung bei der Bewertung als Abzugsposten zuzulassen ist, auch wenn zum Bewertungsstichtag eine Veräußerung des zu bewertenden Betriebs- oder Praxisvermögens weder stattgefunden hatte noch beabsichtigt war. Eine solche Veräußerung hätte zur Folge, dass der hierbei entstehende Veräußerungsgewinn voll der Ertragsteuer unterliegt (vgl. § 16 Abs. 1, 2 EStG). Nur bei Steuerpflichtigen, die mindestens 55 Jahre alt sind, wird einmal im Leben ein ermäßigter Steuersatz von 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes als Begünstigung gewährt, allerdings beschränkt auf Gewinne bis 5 Mio. E. Bei (wesentlichen) Anteilen an Kapitalgesellschaften unterliegt der Veräußerungsgewinn dem Teileinkünfteverfahren, wird also zu 60 % der Besteuerung unterworfen (§ 3 Nr. 40 EStG).

Die Frage, inwieweit diese Steuerbelastung bei der Bewertung für Zwecke der Ermittlung von Zugewinnausgleichs- und Pflichtteilsansprüchen zu berücksichtigen ist, scheint auf den ersten Blick durch das Stichtagsprinzip vorbestimmt. Hat bis zu dem jeweils maßgeblichen Stichtag keine Veräußerung stattgefunden, sind noch keine entsprechenden Steuerverbindlichkeiten begründet worden, so dass eine Berücksichtigung als Abzugsposten bei der Ermittlung der entsprechenden Ansprüche auszuscheiden scheint. Gerade im Bereich des Zugewinnausgleichs hat der BGH allerdings schon frühzeitig eine differenzierte Haltung eingenommen, indem er mit Urteil vom 24.10.1990 bei der Bewertung einer Arztpraxis für die Zwecke des Zugewinnausgleichs zwar die bis zum Bewertungsstichtag gedanklich entstandene, jedoch erst mit Ablauf des Kalenderjahres entstehende laufende Einkommensteuer unter Berufung auf das Stichtagsprinzip nicht zum Abzug zugelassen hat, wohl aber die latente Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn (BGH FamRZ 1991, 43, 48 = NJW 1991, 1547, 1551).

Nach dem BGH ist diese Berücksichtigung „gedachter Steuern“ eine Konsequenz der Bewertungsmethode: Soweit der Wert danach ermittelt wird, was bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, dürfe nicht außer Betracht bleiben, dass dem Verkäufer im Ergebnis nur der um die fraglichen Steuern verminderte Erlös verbleibt; insoweit würde es sich um „unvermeidbare Veräußerungskosten“ handeln, die bei der Bewertung stets zu berücksichtigen sein sollen.

Diese Sichtweise bestätigt der BGH in seiner jetzigen Entscheidung, in der er den Praxiswert auf der Grundlage einer fiktiven Veräußerung bestimmt. Da eine solche Veräußerung Steuern auslösen würde, seien diese bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichsanspruchs als Abzugsposten im Endvermögen des ausgleichsverpflichteten Ehemannes zu berücksichtigen, ohne dass es auf die konkrete Absicht einer Veräußerung ankommen kann. Die Berücksichtigung latenter Steuern folge aus der Prämisse der Verwertbarkeit und sei somit auch eine Konsequenz der Bewertungsmethode. Andernfalls hätte die Ehefrau in Höhe der hälftigen latenten Ertragsteuer einen Zugewinnausgleichsanspruch, obwohl dieser Betrag im Falle der Veräußerung nicht dem Arzt verbleibt und daher auch seinem Vermögen nicht zuzurechnen ist. Dass es eventuell nie zu einer Veräußerung kommt, spielt hierbei keine Rolle.

Diese Sichtweise des BGH ist richtigerweise auch dann zugrunde zu legen, wenn es um die Bewertung von Unternehmen für Pflichtteilszwecke geht. In Ermangelung eindeutiger Rechtsprechung wird dort überwiegend noch danach differenziert, welches Verwertungsszenario die Basis der Bewertung bildet. Während ein Abzug latenter Ertragssteuern dann möglich sein soll, wenn das Unternehmen unter Ansatz von Substanz- oder Liquidationswerten bewertet wird, soll ein solcher Abzug ausscheiden, wenn die Bewertung nach der Ertragswertmethode vorgenommen wird, weil der Erbe das Unternehmen etwa fortführt (vgl. etwa Lange in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 2311 Rn. 41). Dies überzeugt aber nicht. Richtigerweise ist vielmehr auch im Pflichtteilsrecht davon auszugehen, dass latente Steuerlasten unabhängig davon zu berücksichtigen sind, welche Bewertungsmethode Anwendung finden. Da die latenten Steuern nicht als künftige Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, sondern einen Faktor bei der Bewertung des Vermögensgegenstandes bilden, liegt auch kein Verstoß gegen das Stichtagsprinzip vor (ausf. Lorz, ZErb 2003, 302, 303; ebenso Haas in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2006, § 2311 Rn. 82 m.w.N. zu den vertretenen Auffassungen).

Aus Sicht der Gestaltungspraxis belegt die Entscheidung vor allem die Notwendigkeit, dem Liquiditätsabfluss, der im Scheidungsfall mit der Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen verbunden ist, durch den Abschluss sachgerechter Eheverträge zu begegnen. Zu empfehlen ist hierbei eine interessengerechte Modifizierung der Zugewinngemeinschaft, etwa in der Weise, dass das unternehmerische oder freiberufliche Vermögen bei der Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs unberücksichtigt bleibt oder streitvermeidende und liquiditätsschonende Vorgaben für dessen Bewertung gemacht werden. Gegenüber der auch heute noch häufig zu findenden Vereinbarung der Gütertrennung ist eine derart „modifizierte Zugewinngemeinschaft“ erbschaftsteuerlich regelmäßig von Vorteil, wird doch bei der Gütertrennung der Freibetrag in Höhe des fiktiven Zugewinnausgleichsanspruchs verschenkt, den der überlebende Ehegatte bei einer güterrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft als Ausgleichsforderung geltend machen könnte (vgl. § 5 Abs. 1 ErbStG; ausf. Lorz/ Kirchdörfer, Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 2011, Kap. 4 Rn. 66 f.).