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Form des Schenkungsversprechens

Pflichtteilsrecht und Schenkungsvollzug bei atypischer Unterbeteiligung

Dr. Thomas Frohnmayer, Rechtsanwalt, und Dr. Anton Ederle, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Das in §§ 2303 ff. BGB geregelte Pflichtteilsrecht gewährt engeren Familienangehörigen einen Anspruch auf eine Mindestteilhabe am Nachlass und beschränkt damit als Ausdruck der durch Art. 6 GG geschützten Familiensolidarität die Testierfreiheit des Erblassers. Weil Pflichtteilsansprüche am Verkehrswert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls ohne Rücksicht auf dessen tatsächliche Liquidität anknüpfen und mit dem Erbfall sofort und in bar zu erfüllen sind, stellen sie eine große Gefahr für den Erhalt illiquiden Vermögens dar. Für Familienunternehmen, die mit ihrem Verkehrswert regelmäßig den Großteil des gebundenen Nachlassvermögens ausmachen, kann ein Pflichtteilsanspruch die Zerschlagung bedeuten. Aber auch für die Erben von Wertpapieren oder anderen Anlagen, die zum Zeitpunkt des Erbfalls noch werthaltig waren, nach dem Erbfall aber plötzlich an Wert verloren haben, können Pflichtteilsansprüche ruinös sein, denn die Wertentwicklung, die das Vermögen nach dem Erbfall durchlaufen hat, wird bei der Höhe des Pflichtteilsanspruchs nicht berücksichtigt.

Eine Möglichkeit, diese Gefahr zu umgehen oder jedenfalls zu begrenzen, ist die Zuwendung größerer Vermögenswerte bereits unter Lebenden im Wege der vorweggenommen Erbfolge. Denn der Pflichtteilsanspruch errechnet sich ausschließlich anhand des Nachlassvermögens, also des Ver- mögens, das im Zeitpunkt des Erbfalls noch dem Erblasser zugeordnet war. Ist ein Gegenstand bereits zu Lebzeiten aus dem Vermögen des Erblassers ausgeschieden, bleibt er bei der Berechnung des Pflichtteils außer Betracht. Dann drohen zwar Pflichtteilsergänzungsansprüche zum Ausgleich lebzeitiger Vermögensübertragungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall, doch sieht das Gesetz hier für Todesfälle ab dem 01.01.2010 ein Abschmelzungsmodell vor, nach welchem pro Jahr, das zwischen der Schenkung und dem Erbfall liegt, 10 % vom Wert der Schenkung abgezogen werden. Während eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall also voll in die Berechnung einbezogen wird, wird sie im siebten Jahr nur noch zu 4/10 berücksichtigt. Frühzeitige Vermögensübertragungen sind damit ein gangbarer Weg zur Vermeidung oder Reduzierung von Ansprüchen weichender Erben.

Voraussetzung ist aber, dass die Schenkung auch zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen wurde. Denn nur, wenn der Gegenstand bereits zu Lebzeiten aus dem Vermögen des Erblassers ausgeschieden ist, fällt er nicht in den Nachlass (§ 2301 Abs. 2 BGB). Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Schenkung vollzogen wurde, ist damit insbesondere bei Zuwendungen bedeutsam, die aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt des Todes vorgenommen wurden. In der hier zu besprechenden Entscheidung ging es um eine solche Schenkung von Todes wegen.

Zum Sachverhalt

Der im Oktober 2002 verstorbene Verleger Dr. Siegfried Unseld hatte ein Jahr vor seinem Tod die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung als seine Alleinerbin eingesetzt. Der Erblasser war mehrheitlich u.a. an der Suhrkamp Verlag GmbH & Co. KG, der Insel Verlag GmbH & Co. KG sowie an der Suhrkamp Verlagsleitung GmbH beteiligt. Einer weiteren Stiftung, der gemeinnützigen Siegfried Unseld- Stiftung, räumte Unseld bereits im Oktober 2001 unentgeltlich Unterbeteiligungen in Höhe von jeweils 30 % seiner Gesellschaftsbeteiligungen ein. Der gemeinnützigen Stiftung wurden dabei neben dem schuldrechtlichen Anspruch auf Beteiligung am Gewinn der Hauptgesellschaften und einem Abfindungsanspruch auch mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte innerhalb der durch die Unterbeteiligungen begründeten bürgerlichrechtlichen Innengesellschaften zwischen dem Erblasser als Hauptbeteiligten und der Stiftung als Unterbeteiligten eingeräumt.

Zwischen Unselds zweiter Ehefrau und Unselds Sohn aus erster Ehe entstand nach dem Tode Siegfried Unselds Streit über die Höhe des Pflichtteilsanspruchs des übergangenen Sohnes. Der BGH hatte nun in dritter und letzter Instanz zu entscheiden, ob die Unterbeteiligungen an den Verlagsgesellschaften bereits mit Abschluss der darauf gerichteten Verträge im Oktober 2001 der Siegfried Unseld-Stiftung rechtswirksam eingeräumt waren, die Schenkung also schon zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen wurde und die Unterbeteiligungen damit bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs außen vor zu lassen waren.

Entscheidungsgründe

Eine Unterbeteiligung ist das Pendant zur stillen Gesellschaft, unterscheidet sich aber dadurch, dass Vertragsbeziehungen des Unterbeteiligten nicht mit dem Träger des Unternehmens als solchem bestehen, sondern mit einem der Gesellschafter der unternehmenstragenden Gesellschaft. Die Unterbeteiligung ist also eine stille Beteiligung nicht an einer Gesellschaft, sondern an einem Gesellschaftsanteil (so treffend K. Schmidt, in: Münchener Kommentar zum HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 Rdnr. 192). Das Verhältnis zwischen dem Hauptbeteiligten und dem Unterbeteiligten ist rechtlich als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) in der Sonderform der Innengesellschaft zu qualifizieren.

Typischerweise wird dem Unterbeteiligten nur eine schuldrechtliche Teilhabe an den Vermögensrechten des Gesellschaftsanteils des Hauptbeteiligten eingeräumt, ohne dass er eine dingliche Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen der Hauptgesellschaft selbst erwirbt. Der BGH nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass die unentgeltliche Zuwendung einer solch typischen Unterbeteiligung wie auch die Zuwendung einer typisch stillen Gesellschaftsbeteiligung aus Rechtsgründen nicht vollziehbar ist. Denn hier werde ein bloß schuldrechtlicher Anspruch zugewendet, worin keine Leistungsbewirkung, sondern lediglich der Austausch einer schuldrechtlichen Verpflichtung durch eine andere zu sehen sei.

Vorliegend hat der Erblasser der gemeinnützigen Stiftung über die rein schuldrechtliche Position hinaus aber auch mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung der Innengesellschaft eingeräumt, nämlich Unterrichtungs-, Anhörungs- und Zustimmungsrechte. Laut BGH ist darin eine Leistungshandlung zu sehen, die die Annahme rechtfertige, die Einräumung einer solch atypischen Unterbeteiligung sei mit dem Abschluss des Beteiligungsvertrages vollzogen. Die Unterbeteiligungen sind damit nicht in den Nachlass Siegfried Unselds gefallen und bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs des Beklagten folglich außen vor zu lassen.

Praxishinweise

Die Entscheidung zeigt, dass lebzeitige Vermögensübertragungen ein möglicher Weg sind, Risiken des Pflichtteilsrechts zu minimieren, dies allerdings nur, wenn sie frühzeitig erfolgen. Bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs des weichenden Erben Joachim Unseld konnte die Einbeziehung der Unterbeteiligungen durch die gewählte Nachfolgegestaltung zwar umgangen werden, nicht aber der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB. Der dürfte die Alleinerbin hier nicht weniger hart treffen, ist der Erbfall doch vor der Reform des Pflichtteilsrechts – und innerhalb von zehn Jahren nach Vollzug der Schenkung eingetreten– und die Schenkung daher in vollem Umfang in Ansatz zu bringen. Eine notariell beurkundete Pflichtteilsverzichtserklärung des weichenden Erben gegen Abfindung (bspw. lebzeitige Einräumung einer stillen Beteiligung) hätte retrospektiv für mehr Sicherheit gesorgt.

Bedeutung erlangt die Entscheidung über die bloße Pflichtteilsproblematik hinaus auch für die Frage, in welcher Form ein Unterbeteiligungs- bzw. stil- ler Gesellschaftsvertrag zu schließen ist. Ein Schenkungsversprechen bedarf zu seiner Wirksamkeit grds. notarieller Beurkundung. Nimmt man an, die Schenkung der Beteiligung wird wie im vorliegenden Fall bereits mit Ver- tragsschluss vollzogen, so wird der Formmangel sogleich geheilt (§ 518 Abs. 2 BGB). Auch wenn damit auf eine notarielle Beurkundung atypi- scher, also mitgliedschaftliche Rechte vermittelnder, stiller Beteiligungs- verträge an sich verzichtet werden könnte (entgegen BGH, WM 1967, 685), ist bis zu einer gerichtlichen Klärung auch weiterhin zu einer nota- riellen Beurkundung zu raten.

Der BGH folgt mit seiner Entscheidung einem Urteil des BFH (NJW- RR 2008, 986), nach welchem die schenkweise Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung gem. §§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG schenkungsteuerpflichtig ist, im Falle einer typischen Unterbeteiligung hingegen erst die laufenden Gewinnausschüttungen und Liquidationserlöse freigebige Zuwendungen i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellen. Ob die bisherige Rechtsprechung, wonach eine unentgeltliche Zuwendung typisch stiller Beteiligungen aus Rechtsgründen nicht vollziehbar ist, grds. zu überdenken ist, ließ der BGH ausdrücklich offen. Das wäre schon aus steuerlicher Sicht zu begrüßen, denn nach jetzigem Stand ist die Schenkungsteuer bei der typischen Unterbeteiligung laufend auf die schon gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG der Einkommensteuer unterliegenden Gewinnanteile zu veranlagen.

Schenkung

Pflichtteilsrecht und Schenkungsvollzug bei atypischer Unterbeteiligung

Dr. Thomas Frohnmayer, Rechtsanwalt, und Dr. Anton Ederle, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Das in §§ 2303 ff. BGB geregelte Pflichtteilsrecht gewährt engeren Familienangehörigen einen Anspruch auf eine Mindestteilhabe am Nachlass und beschränkt damit als Ausdruck der durch Art. 6 GG geschützten Familiensolidarität die Testierfreiheit des Erblassers. Weil Pflichtteilsansprüche am Verkehrswert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Erbfalls ohne Rücksicht auf dessen tatsächliche Liquidität anknüpfen und mit dem Erbfall sofort und in bar zu erfüllen sind, stellen sie eine große Gefahr für den Erhalt illiquiden Vermögens dar. Für Familienunternehmen, die mit ihrem Verkehrswert regelmäßig den Großteil des gebundenen Nachlassvermögens ausmachen, kann ein Pflichtteilsanspruch die Zerschlagung bedeuten. Aber auch für die Erben von Wertpapieren oder anderen Anlagen, die zum Zeitpunkt des Erbfalls noch werthaltig waren, nach dem Erbfall aber plötzlich an Wert verloren haben, können Pflichtteilsansprüche ruinös sein, denn die Wertentwicklung, die das Vermögen nach dem Erbfall durchlaufen hat, wird bei der Höhe des Pflichtteilsanspruchs nicht berücksichtigt. Eine Möglichkeit, diese Gefahr zu umgehen oder jedenfalls zu begrenzen, ist die Zuwendung größerer Vermögenswerte bereits unter Lebenden im Wege der vorweggenommen Erbfolge. Denn der Pflichtteilsanspruch errechnet sich ausschließlich anhand des Nachlassvermögens, also des Vermögens, das im Zeitpunkt des Erbfalls noch dem Erblasser zugeordnet war. Ist ein Gegenstand bereits zu Lebzeiten aus dem Vermögen des Erblassers ausgeschieden, bleibt er bei der Berechnung des Pflichtteils außer Betracht. Dann drohen zwar Pflichtteilsergänzungsansprüche zum Ausgleich lebzeitiger Vermögensübertragungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall, doch sieht das Gesetz hier für Todesfälle ab dem 01.01.2010 ein Abschmelzungsmodell vor, nach welchem pro Jahr, das zwischen der Schenkung und dem Erbfall liegt, 10 % vom Wert der Schenkung abgezogen werden. Während eine Schenkung im ersten Jahr vor dem Erbfall also voll in die Berechnung einbezogen wird, wird sie im siebten Jahr nur noch zu 4/10 berücksichtigt. Frühzeitige Vermögensübertragungen sind damit ein gangbarer Weg zur Vermeidung oder Reduzierung von Ansprüchen weichender Erben. Voraussetzung ist aber, dass die Schenkung auch zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen wurde. Denn nur, wenn der Gegenstand bereits zu Lebzeiten aus dem Vermögen des Erblassers ausgeschieden ist, fällt er nicht in den Nachlass (§ 2301 Abs. 2 BGB). Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Schenkung vollzogen wurde, ist damit insbesondere bei Zuwendungen bedeutsam, die aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt des Todes vorgenommen wurden. In der hier zu besprechenden Entscheidung ging es um eine solche Schenkung von Todes wegen.

Zum Sachverhalt

Der im Oktober 2002 verstorbene Verleger Dr. Siegfried Unseld hatte ein Jahr vor seinem Tod die Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung als seine Alleinerbin eingesetzt. Der Erblasser war mehrheitlich u.a. an der Suhrkamp Verlag GmbH & Co. KG, der Insel Verlag GmbH & Co. KG sowie an der Suhrkamp Verlagsleitung GmbH beteiligt. Einer weiteren Stiftung, der gemeinnützigen Siegfried Unseld- Stiftung, räumte Unseld bereits im Oktober 2001 unentgeltlich Unterbeteiligungen in Höhe von jeweils 30 % seiner Gesellschaftsbeteiligungen ein. Der gemeinnützigen Stiftung wurden dabei neben dem schuldrechtlichen Anspruch auf Beteiligung am Gewinn der Hauptgesellschaften und einem Abfindungsanspruch auch mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte innerhalb der durch die Unterbeteiligungen begründeten bürgerlich-rechtlichen Innengesellschaften zwischen dem Erblasser als Hauptbeteiligten und der Stiftung als Unterbeteiligten eingeräumt. Zwischen Unselds zweiter Ehefrau und Unselds Sohn aus erster Ehe entstand nach dem Tode Siegfried Unselds Streit über die Höhe des Pflichtteilsanspruchs des übergangenen Sohnes. Der BGH hatte nun in dritter und letzter Instanz zu entscheiden, ob die Unterbeteiligungen an den Verlagsgesellschaften bereits mit Abschluss der darauf gerichteten Verträge im Oktober 2001 der Siegfried Unseld-Stiftung rechtswirksam eingeräumt waren, die Schenkung also schon zu Lebzeiten des Erblassers vollzogen wurde und die Unterbeteiligungen damit bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs außen vor zu lassen waren.

Entscheidungsgründe

Eine Unterbeteiligung ist das Pendant zur stillen Gesellschaft, unterscheidet sich aber dadurch, dass Vertragsbeziehungen des Unterbeteiligten nicht mit dem Träger des Unternehmens als solchem bestehen, sondern mit einem der Gesellschafter der unternehmenstragenden Gesellschaft. Die Unterbeteiligung ist also eine stille Beteiligung nicht an einer Gesellschaft, sondern an einem Gesellschaftsanteil (so treffend K. Schmidt, in: Münche- ner Kommentar zum HGB, 3. Aufl. 2012, § 230 Rdnr. 192). Das Verhältnis zwischen dem Hauptbeteiligten und dem Unterbeteiligten ist rechtlich als Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff. BGB) in der Sonderform der Innengesellschaft zu qualifizieren. Typischerweise wird dem Unterbeteiligten nur eine schuldrechtliche Teilhabe an den Vermögensrechten des Gesellschaftsanteils des Hauptbeteiligten eingeräumt, ohne dass er eine dingliche Mitberechtigung am Gesellschaftsvermögen der Hauptgesellschaft selbst erwirbt. Der BGH nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass die unentgeltliche Zuwendung einer solch typischen Unterbeteiligung wie auch die Zuwendung einer typisch stillen Gesellschaftsbeteiligung aus Rechtsgründen nicht vollziehbar ist. Denn hier werde ein bloß schuldrechtlicher Anspruch zugewendet, worin keine Leistungsbewirkung, sondern lediglich der Austausch einer schuldrechtlichen Verpflichtung durch eine andere zu sehen sei. Vorliegend hat der Erblasser der gemeinnützigen Stiftung über die rein schuldrechtliche Position hinaus aber auch mitgliedschaftliche Mitwirkungsrechte an der Geschäftsführung der Innengesellschaft eingeräumt, nämlich Unterrichtungs-, Anhörungs- und Zustimmungsrechte. Laut BGH ist darin eine Leistungshandlung zu sehen, die die Annahme rechtfertige, die Einräumung einer solch atypischen Unterbeteiligung sei mit dem Abschluss des Beteiligungsvertrages vollzogen. Die Unterbeteiligungen sind damit nicht in den Nachlass Siegfried Unselds gefallen und bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs des Beklagten folglich außen vor zu lassen.

Praxishinweise

Die Entscheidung zeigt, dass lebzeitige Vermögensübertragungen ein möglicher Weg sind, Risiken des Pflichtteilsrechts zu minimieren, dies allerdings nur, wenn sie frühzeitig erfolgen. Bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs des weichenden Erben Joachim Unseld konnte die Einbeziehung der Unterbeteiligungen durch die gewählte Nachfolgegestaltung zwar umgangen werden, nicht aber der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB. Der dürfte die Alleinerbin hier nicht weniger hart treffen, ist der Erbfall doch vor der Reform des Pflichtteilsrechts – und innerhalb von zehn Jahren nach Vollzug der Schenkung eingetreten– und die Schenkung daher in vollem Umfang in Ansatz zu bringen. Eine notariell beurkundete Pflichtteilsverzichtserklärung des weichenden Erben gegen Abfindung (bspw. lebzeitige Einräumung einer stillen Beteiligung) hätte retrospektiv für mehr Sicherheit gesorgt. Bedeutung erlangt die Entscheidung über die bloße Pflichtteilsproblematik hinaus auch für die Frage, in welcher Form ein Unterbeteiligungs- bzw. stiller Gesellschaftsvertrag zu schließen ist. Ein Schenkungsversprechen bedarf zu seiner Wirksamkeit grds. notarieller Beurkundung. Nimmt man an, die Schenkung der Beteiligung wird wie im vorliegenden Fall bereits mit Vertragsschluss vollzogen, so wird der Formmangel sogleich geheilt (§ 518 Abs. 2 BGB). Auch wenn damit auf eine notarielle Beurkundung atypischer, also mitgliedschaftliche Rechte vermittelnder, stiller Beteiligungsverträge an sich verzichtet werden könnte (entgegen BGH, WM 1967, 685), ist bis zu einer gerichtlichen Klärung auch weiterhin zu einer notariellen Beurkundung zu raten. Der BGH folgt mit seiner Entscheidung einem Urteil des BFH (NJW- RR 2008, 986), nach welchem die schenkweise Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung gem. §§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG schenkungsteuerpflichtig ist, im Falle einer typischen Unterbeteiligung hingegen erst die laufenden Gewinnausschüttungen und Liquidationserlöse freigebige Zuwendungen i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellen. Ob die bisherige Rechtsprechung, wonach eine unentgeltliche Zuwendung typisch stiller Beteiligungen aus Rechtsgründen nicht vollziehbar ist, grds. zu überdenken ist, ließ der BGH ausdrücklich offen. Das wäre schon aus steuerlicher Sicht zu begrüßen, denn nach jetzigem Stand ist die Schenkungsteuer bei der typischen Unterbeteiligung laufend auf die schon gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG der Einkommensteuer unterliegenden Gewinnanteile zu veranlagen.

Erbrecht – Pflichtteil

Pflichtteilsberechnung bei einer als „vorweggenommene Erbfolge“ bezeichneten lebzeitigen unentgeltlichen Zuwendung  des Erblassers

von Prof. Dr. Knut Werner Lange, Bayreuth

  1. Erfolgt eine Zuwendung „im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“, ist für die Pflichtteilsberechnung im Auslegungsweg zu ermitteln, ob der Erblasser damit eine Ausgleichung gemäß §§ 2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB, eine Anrechnung gemäß § 2315 Abs. 1 BGB oder kumulativ Ausgleichung und Anrechnung gemäß § 2316 Abs. 4 BGB anordnen  wollte.
  2. Ausschlaggebend für den Willen des Erblassers ist, ob mit seiner Zuwendung zugleich auch eine Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung festgelegt (Anrechnung) oder aber nur klargestellt werden sollte, dass der Empfänger lediglich zeitlich vorgezogen bedacht wird, es im Übrigen aber bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll (Ausgleichung).
  3. Genügen Erben im Rahmen ihrer Darlegungs- und Beweislast – soweit ihnen möglich – konkret zum Wert der Zuwendung vorzutragen, obliegt es dem Pflichtteilsberechtigten im Rahmen der ihn treffenden Auskunftspflichten, diesem Vorbringen seinerseits substantiiert zu entgegnen.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der vorausschauenden Gestaltung der Nachfolge kommt in Familienunternehmen eine herausgehobene Bedeutung zu. Mit Blick auf den bei jeder Unternehmensnachfolge drohenden Liquiditätsverlust spielt neben der steueroptimierenden Gestaltung eine rechtzeitige Auseinandersetzung mit den Pflichtteilsansprüchen weichender Erben eine zentrale Rolle. Völlig zu Recht wird immer wieder geraten, die Thematik bei Zeiten systematisch anzugehen, die Unternehmensnachfolge aktiv zu gestalten, Freibeträge mehrfach auszunutzen und die Dinge nicht einfach treiben zu lassen. Allerdings muss man dabei stets sehr sorgfältig und umsichtig vorgehen, wie der vom 4. Zivilsenat des BGH entschiedene Fall eindrucksvoll verdeutlicht. Die Erblasserin hatte mehr als zwanzig Jahre vor ihrem Tod einen von ihr geführten Großhandelsbetrieb für Herrentextilien und -accessoires auf ihren Sohn übertragen. Diese Übertragung erfolgte mittels Übergabevertrag, wie es dort hieß „im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“. Wenige Jahre später setzte sie in einem notariellen Testament ihre Tochter zur Erbin ein. Nach dem Tod seiner Mutter machte der enterbte Sohn gegen seine Schwester als Alleinerbin Pflichtteilsansprüche geltend. Gestritten wurde nun, ob und wenn ja in welcher Höhe sich der Sohn den Wert des bereits auf ihn übergegangenen Großhandelsbetriebs auf seinen Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen muss. Dazu kam es entscheidend auf den Willen der Erblasserin an, als sie ihrem Sohn das Unternehmen „im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“ übertragen hatte.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Lebzeitige Vorempfänge, wie hier der Familienbetrieb, können sich höchst unterschiedlich auf die Pflichtteilsberechnung auswirken, kennt doch das BGB drei denkbare Gestaltungs- formen: die Bestimmung, wonach die Zuwendung auf den Pflichtteil anzurechnen ist (§ 2315 Abs. 1 BGB), die Anordnung, die Zuwendung zur Ausgleichung zu bringen (§§ 2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB) und die Möglichkeit, beide Bestimmungen miteinander zu verbinden (§ 2316 Abs. 4 BGB). Die Ermittlung von Ausgleichs-, Anrechnungs- oder Ausgleichs-/Anrechnungspflichtteil folgt wegen der jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen ganz unterschiedlichen Berechnungsweisen. Wie wichtig diese Unterscheidung ist, verdeutlicht folgendes Rechenbeispiel. Der Wert des Großhandelsbetriebs soll sich auf 400.000 € belaufen, derjenige des Nachlasses soll 800.000 € betragen. Bei einer Anrechnung nach § 2315 Abs. 1 BGB stünde dem Sohn kein weiterer Pflichtteilsanspruch mehr zu. Denn in diesem Fall wird zunächst sein Pflichtteil unter Einbeziehung der lebzeitigen Zuwendung berechnet und davon sodann die Zuwendung abgezogen (800.000 € + 400.000 € = 1.200.000 € : 4 [Pflichtteilsquote] = 300.000 € abzüglich 400.000 € = – 100.000 €). Wäre hingegen eine Ausgleichung nach § 2316 Abs. 1 BGB vorzunehmen, so müsste der Wert der Zuwendung vom Erbteil abgezogen und erst danach der Pflichtteil berechnet werden (800.000 €  + 400.000 €  = 1.200.000 € : 2 [Zahl der Abkömmlinge] = 600.000 € – 400.000 € = 200.000 € : 2 = 100.000 €). In diesem Falle stünde dem Sohn also noch ein Pflichtteilsanspruch gegen seine Schwester zu. Ist schließlich von einer gleichzeitigen Ausgleichungs- und Anrechnungsanordnung nach § 2316 Abs. 4 BGB auszugehen, ist der Pflichtteil zunächst im Wege der Ausgleichung zu ermitteln. Dieser Wert ist sodann um die Hälfte des Zuwendungswertes zu kürzen (100.000 € – 200.000 € = – 100.000 €). Dem Sohn stünde in diesem Fall kein weiterer Anspruch mehr zu.

Der Erblasser hat es selbst in der Hand, durch rechtzeitige und eindeutige Bestimmung die konkret gewollte Form der Berücksichtigung der Zuwendung festzulegen (vgl. Lange in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 2315 Rn. 10). Vom BGH zu entscheiden war die Frage, für welche Gestaltungsmöglichkeit sich die Erblasserin entschieden hatte, da jede von ihnen zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Die von ihr gewählte Formulierung „im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich“ war diesbezüglich auslegungsbedürftig. Die dazu notwendige Ermittlung des Erblasserwillens ist nur im Wege einer Gesamtbewertung aller relevanten Umstände möglich, da es an einer gesetzlichen Vermutungsregel fehlt. Dabei seien, so der BGH, insbesondere der zeitliche Zusammenhang zwischen Zuwendung und Testamentserrichtung, der Vermögensgegenstand und seine wirtschaftliche Verwertbarkeit durch den Empfänger vor dem Erbfall, sowie die Größenordnung der vorgezogenen Vermögenszuwendung zu berücksichtigen. Bedeutsam könnte auch die Motivation der Erblasserin sein, ihre Kinder gleichmäßig zu behandeln. Der BGH geht davon aus, dass ein Erblasser, der mit seiner Zuwendung zugleich eine Enterbung des Empfängers festlegt, regelmäßig eine Pflichtteilsanrechnung wünscht. Möchte er nur klarstellen, dass der Empfänger zeitlich vorgezogen bedacht wird, es im Übrigen aber bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll, ist eine Ausgleichung gewollt. Gerade bei der lebzeitigen Übergabe eines Betriebs macht man sich aber regelmäßig keine Gedanken über eine mögliche Enterbung des Zuwendungsempfängers, da das Familienunternehmen nicht auf ein Kind übertragen wird, mit dem sich der Erblasser nicht versteht. Dies kann sich aber nach dem Vollzug der Übertragung ändern, namentlich wenn Meinungsverschiedenheiten zwischen Junior und Senior über die Unternehmensführung auftreten.

Der BGH hat sich nun schon zum dritten Mal intensiver mit dem Begriff der „vorweggenommenen Erbfolge“ befassen müssen (zuvor NJW 1982, 43; NJW-RR 1989, 259). Deutlich geworden ist dabei stets, dass diese Paraphrase keinesfalls ein „rechtliches Nichts“ ist, was vor allem deshalb bedeutsam ist, da sich in vielen alten Notarverträgen eine solche Formulierung findet. So griffig der Ausdruck auch sein mag, so juristisch unbestimmt und auslegungsbedürftig ist er. Die Gestaltungspraxis ist vor diesem Hintergrund gehalten, die  pflichtteilsrechtlichen Wirkungen einer „vorweggenommenen Erbfolge“ in der Vertragsurkunde eindeutig darzustellen, um Rechtssicherheit zu schaffen. Dies gilt umso mehr, als eine nachträgliche Anordnung der Anrechnung nicht möglich ist (Lange in Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2010, § 2315 Rn. 10) und der Übergebende sich daher spätestens bei der Übergabe festlegen muss.