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Bedingung und Zeitbestimmung

Publizitätswirkung der GmbH Gesellschafterliste – Kein gutgläubiger Zweiterwerb eines zuvor bereits aufschiebend bedingt abgetretenen GmbH-Geschäftsanteils

Dr. Sabine Funke, Rechtsanwältin und Notarin, Dr. Olaf Gerber, Rechtsanwalt und Notar

  1. Das Registergericht ist berechtigt, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die entgegen §40 Abs. 1 Satz 1 , Abs. 2 Satz 1 GmbHG keine Veränderungen in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ausweist, sondern solche nur ankündigt.
  1. Ein aufschiebend bedingt abgetretener Geschäftsanteil kann nicht nach § 161 3 BGB i.V.m. § 16 Abs. 3 GmbHG vor Bedingungseintritt von einem Zweiterwerber gutgläubig erworben werden.

 

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der vorstehend mit seinen amtlichen Leitsätzen wiedergegebene Beschluss des BGH nimmt zu einer der seit Reform des GmbHG durch das MoMiG in Schrifttum und obergerichtlicher Rechtsprechung umstrittensten Fragen im Zusammenhang mit der Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen Stellung. In der Vertragspraxis ist es zur Gewährleistung einer Zug- um-Zug Abwicklung üblich, die Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen aufschiebend durch den Eingang des Kaufpreises beim Veräußerer zu bedingen. Dadurch wird sichergestellt, dass der Veräußerer die Rechtsinhaberschaft an dem veräußerten Geschäftsanteil erst dann verliert, wenn er auch den vereinbarten Kaufpreis erhalten hat. Gleichzeitig ist der Erwerber gesetzlich geschützt, falls der Veräußerer den Geschäftsanteil bis zum Bedingungseintritt an einen Dritten veräußert. § 161 Abs. 1 BGB bestimmt nämlich, dass mit Bedingungseintritt (Kaufpreiszahlung) jede in der Zwischenzeit vorgenommene weitere Verfügung (Veräußerung, Belastung) unwirksam ist. Auf dieser Schutzwirkung des § 161 Abs. 1 BGB basiert auch die Absicherung des Treugebers bei Treuhandverträgen (aufschiebend auf die Beendigung des Treuhandvertrages bedingte Abtretung des Geschäftsanteils an den Treugeber) sowie des Übergebers bei vorweggenommener Erbfolge (bedingte Rückabtretung für den Fall der Ausübung vertraglich vereinbarter Widerrufsrechte). Durch die mit dem MoMiG erstmals eingeführte Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs von GmbH-Geschäftsanteilen ist fraglich geworden, ob sich durch die aufschiebend bedingte Abtretung allein die gewünschte Absicherung der Vertragsparteien weiterhin erreichen lässt. Denn die Sicherung des Ersterwerbers bei bedingter Abtretung versagt nach § 161 Abs. 3 BGB grundsätzlich gegenüber einem gutgläubigen Zweiterwerber. Die herrschende Meinung im Schrifttum hielt die aufschiebend bedingte Abtretung von GmbH-Geschäftsanteilen für einen Anwendungsfall des § 161 Abs. 3 BGB, da die Gesellschafterliste infolge der bedingten Abtretung unrichtig sei und daher ein gutgläubiger (Zweit-)Erwerb von dem nicht mehr berechtigten, aber weiterhin in der Gesellschafterliste eingetragenen Gesellschafter in Betracht komme mit der Folge, dass der Ersterwerber bei Bedingungseintritt den Geschäftsanteil nicht erwerbe. Die Praxis hat hierauf reagiert und im Wesentlichen zwei Modelle zur Sicherung der Rechtsposition des Ersterwerbers entwickelt. Beim sog. Zwei-Listen-Modell wurde unmittelbar im Anschluss an die Beurkundung eine erste Gesellschafterliste eingereicht, die den mit Bedingungseintritt erfolgenden, zukünftigen Erwerb durch den Käufer durch einen entsprechenden Vermerk ankündigte, und eine zweite Liste nach Bedingungseintritt, d.h. nach erfolgter Abtretung. Beim Widerspruchsmodell bewilligte der Verkäufer die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit der Gesellschafterliste. Beide Varianten zielen darauf ab, die fehlende Berechtigung des Gesellschafters offenzulegen und so einen etwaigen guten Glauben auszuschließen. Nicht geeignet sind diese Sicherungsmittel allerdings bei Treuhandverträgen, bei denen typischerweise gerade keine Transparenz hinsichtlich des wirtschaftlich Berechtigten gewollt ist. Dem Sachverhalt des BGH Beschlusses lag das vorstehend beschriebene Zwei-Listen-Modell zugrunde. Das Registergericht hat die Aufnahme der unmittelbar nach der bedingten Abtretung eingereichten und mit entsprechendem Vermerk versehenen ersten Liste abgelehnt und wurde darin durch das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht bestätigt. Hiergegen richtete sich die Rechtsbeschwerde beim BGH.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der BGH hat die Entscheidungen des Registergerichts und des Oberlandesgerichts bestätigt und entschieden, dass das Registergericht berechtigt sei, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die keine Veränderungen in der Person der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung ausweist, sondern nur ankündigt. Weiterhin hat der BGH entschieden, dass das in § 161 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommende Prioritätsprinzip, das den Ersterwerber nach einer bedingten Anteilsabtretung gegen einen Zweiterwerb schützt, durch die Einführung des gutgläubigen Erwerbs in § 16 Abs. 3 GmbH nicht außer Kraft gesetzt wurde. Ein vorrangiger Schutz des gutgläubigen Zweiterwerbers nach § 161 Abs. 3 BGB komme nur dann in Betracht, wenn nach den einschlägigen Vorschriften über den jeweiligen Verfügungsgegenstand der gute Glaube in die Verfügungsbefugnis geschützt sei. Bei GmbH- Geschäftsanteilen erstrecke sich der

Stiftung

Gutglaubensschutz der Gesellschafterliste nach § 16 Abs. 3 GmbHG aber nur auf den guten Glauben an die Rechtsinhaberschaft des eingetragenen Gesellschafters. Die Gesellschafterliste begründe dagegen keinen Vertrauenstatbestand für die Freiheit des Geschäftsanteils von Belastungen (Nießbrauch, Pfandrecht) oder dafür, dass der Gesellschafter gesellschaftsvertraglich in seiner Verfügungsmacht beschränkt ist. Für die Praxis bedeutet die Entscheidung ein erhebliches Maß an Rechtssicherheit. Da ein gutgläubiger Erwerb der Geschäftsanteile von demjenigen, der diese bereits aufschiebend bedingt übertragen hat, nicht möglich ist, bedarf es keiner weiteren Maßnahmen zur Sicherung des endgültigen Erwerbs durch den Käufer. Die damit einhergehende und dem gesetzgeberischen Plan, die Due Diligence Prüfung bei Anteilskäufern zu erleichtern zuwiderlaufende weitere Beschränkung der Reichweite des § 16 Abs. 3 GmbHG ist zugunsten dieses Zugewinns an Rechtssicherheit hinzunehmen. Entschieden hat der BGH ferner, dass es nicht im Belieben der Beteiligten steht, den Inhalt der von ihnen eingereichten Gesellschafterliste abweichend von den gesetzlichen Vorgaben um weitere, ihnen sinnvoll erscheinende Bestandteile zu ergänzen. Außer dem Tatbestand der erfolgten aufschiebend bedingten Abtretung können somit auch keine sonstigen Verfügungsbeschränkungen und wohl auch keine Belastungen (z.B. Pfandrechte) in die Gesellschafterliste aufgenommen werden. Hierzu hat das OLG München jüngst entschieden, dass das Registergericht berechtigt sei, eine Gesellschafterliste zurückzuweisen, die einen Testamentsvollstreckervermerk enthält, da die Gesellschafterliste gerade keinen Vertrauenstatbestand dafür begründe, dass der Gesellschafter in seiner Verfügungsmacht über den Geschäftsanteil beschränkt sei (OLG München, Beschl. v. 15.11.2011, 31 Wx 274/11).

Willenserklärung

Sittenwidriges Rechtsgeschäft

Nichtigkeit eines gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbots trotz gesellschaftsvertraglicher Befreiungsmöglichkeit

Prof. Dr. Andreas Wiedemann, Rechtsanwalt

Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit eines GmbH- Gesellschafters, der durch ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot bewirkt wird, das in gegenständlicher Hinsicht über die schützenswerten Interessen der Gesellschaft hinausgeht und den verpflichteten Gesellschafter übermäßig beschränkt, kann nicht durch eine gesellschaftsvertragliche Regelung gerechtfertigt werden, wonach durch Gesellschafterbeschluss Befreiung von dem Wettbewerbsverbot erteilt werden kann.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Familienunternehmen verfügen häufig über ein spezielles Know-how, das es ihnen ermöglicht, in bestimmten Nischen erfolgreich zu agieren. Der Schutz dieses Know-hows hat für Familienunternehmen erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Ein wichtiges Instrument, um dieses Ziel zu erreichen, stellen gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote für Gesellschafter und Geschäftsführer dar. Vor diesem Hintergrund verdient die Entscheidung des OLG München Beachtung. Das OLG München hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot, das in gegenständlicher Hinsicht über die schützenswerten Interessen der Gesellschaft hinausgeht, dadurch Wirksamkeit erlangen kann, dass im Gesellschaftsvertrag eine Regelung vorhanden ist, wonach die Gesellschafter Befreiung von dem Wettbewerbsverbot erteilen können.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der Entscheidung des OLG München lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die klagende GmbH macht gegen einen ihrer Minderheitsgesellschafter einen Vertragsstrafenanspruch gemäß den gesellschaftsvertraglichen Regelungen wegen des Verstoßes gegen ein Wettbewerbsverbot durch Entwicklung und Vertrieb eines Konkurrenzprodukts geltend. Das im Gesellschaftsvertrag geregelte Wettbewerbsverbot hat folgenden wesentlichen Inhalt:

„[…] dementsprechend ist es den Gesellschaftern […] nicht gestattet, unmittelbar oder mittelbar, in eigenem oder fremdem Namen, für eigene oder fremde Rechnung, selbstständig oder unselbstständig in einem Betrieb tätig zu sein, der dem Betrieb einer Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft der Gesellschaft gleichartig ist oder mit ihm im Wettbewerb steht oder stehen könnte oder im wesentlichen Umfang Geschäftsbeziehungen mit einer Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft unterhält. Wesentlich i.d.S. sind Geschäftsbeziehungen mit Leistungsvergütungen im Wert von mindestens 10.000,- p.a.. Unzulässig ist insoweit auch eine freiberufliche oder beratende Tätigkeit […].

Das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot enthält sodann noch eine Regelung für den räumlichen Anwendungsbereich (geografische Begrenzung) und die angesprochene Vertragsstrafenklausel.

Der Gesellschaftsvertrag weist schließlich folgende Regelung auf:

„Durch Gesellschafterbeschluss kann Befreiung von dem vorstehenden Wettbewerbsverbot erteilt werden.“

Das OLG München führt in seinen Entscheidungsgründen zutreffend aus, dass gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbote vom Grundsatz zulässig sind, sich aber hinsichtlich ihrer Wirksamkeit an den von § 1 GWB und von Art. 101 Abs. 1 AEUV vorgegebenen Grenzen messen lassen müssen. Ferner sind Wettbewerbsverbote am Maßstab von Art. 12 GG, § 138 Abs. 1 BGB zu prüfen, da sie regelmäßig die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit tangieren. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. zuletzt BGH, GmbHR 2010, 256) ist ein gesellschaftsvertragliches Wettbewerbsverbot nur zulässig, wenn es nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht über die schützenswerten Interessen der begünstigten Gesellschaft hinausgeht und den verpflichteten Gesellschafter nicht übermäßig beschränkt. Hierzu ist eine Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls anzustellen.

Im vorliegenden Fall hatte das OLG München die Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots angenommen, weil es in gegenständlicher Hinsicht über die schützenswerten Interessen der GmbH hinausgeht und den Gesellschafter übermäßig beschränkt, da ihm jegliche unmittelbare oder mittelbare Tätigkeit in einem Betrieb untersagt ist, der dem Betrieb einer Tochter- oder Beteiligungsgesellschaft der GmbH gleichartig ist oder mit ihm im Wettbewerb steht „oder stehen könnte“. Entscheidend war dabei für das OLG München, dass sich das Wettbewerbsverbot auch auf Tätigkeiten in Unternehmen erstreckt, die potentiell mit der Gesellschaft im Wettbewerb stehen könnten.

Die Entscheidung des OLG München verdeutlicht unter Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung des BGH, dass bei einem gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbot hohe Sorgfalt bei der Formulierung des räumlichen und gegenständlichen, aber auch zeitlichen Anwendungsbereichs verwendet werden muss. Der zeitliche Anwendungsbereich war im vorliegenden Fall nicht kritisch, da kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Gesellschaftsvertrag enthalten war. Insofern sollte eine zeitliche Erstreckung des Wettbewerbsverbots auf einen Zeitraum von mehr als zwei bis drei Jahren nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters nicht in Erwägung gezogen werden. Bei der Ausgestaltung des räumlichen und gegenständlichen Anwendungsbereichs ist stets darauf zu achten, dass ein Wettbewerbsverbot nur gerechtfertigt ist, um zu verhindern, dass die Gesellschaft durch einen Gesellschafter von innen her ausgehöhlt und ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt wird (vgl. dazu BGH, GmbHR 2010, 256). Zu berücksichtigen sind ferner die Besonderheiten des Einzelfalls, also beispielsweise, ob es sich bei dem von dem Wettbewerbsverbot betroffenen Gesellschafter um einen Mehrheitsgesellschafter handelt, der die Möglichkeit hat, strategischen Einfluss auf die Gesellschaft auszuüben, oder ob er auch als Geschäftsführer der Gesellschaft fungiert. Beides war im vorliegenden Fall nicht gegeben, was das OLG München zugunsten des von der Vertragsstrafe betroffenen Gesellschafters gewürdigt hatte.

Die sorgfältige Formulierung des gegenständlichen Anwendungsbereichs eines gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbots hat auch vor folgendem Hintergrund hohe Relevanz: So ist ein Wettbewerbsverbot, das in gegenständlicher Hinsicht unzulässig ist, stets nichtig, ohne Rücksicht darauf, ob im Außenverhältnis tatsächlich eine Wettbewerbsbeschränkung spürbar ist (vgl. hierzu BGH, NZG 2010, 76, BGH, NJW 2009, 1751). Zudem kommt eine sog. geltungserhaltende Reduktion, also eine Zurückführung des Wettbewerbsverbots auf den zulässigen Umfang, bei einem Verstoß gegen die gegenständlichen Grenzen nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht in Betracht. Etwas anderes gilt, wenn das Wettbewerbsverbot lediglich das zeitlich zulässige Maß überschreitet.

Das OLOG München hat schließlich festgestellt, dass eine gesellschaftsvertragliche Regelung, wonach einem Gesellschafter von dem Wettbewerbsverbot durch Gesellschafterbeschluss Befreiung erteilt werden kann, nicht genügt, um eine Überschreitung des gegenständlichen Anwendungsbereichs des Wettbewerbsverbots zu rechtfertigen. Wird das Verlangen eines Gesellschafters, im konkreten Einzelfall Befreiung von dem gesellschaftsvertraglichen Wettbewerbsverbot erteilt zu bekommen, durch Gesellschafterbeschluss aus sachwidrigen Gründen zurückgewiesen, hätte der hiervon betroffene Gesellschafter zwar die Möglichkeit, den Gesellschafterbeschluss anzufechten, bis zum rechtskräftigen Ausgang des Gerichtsverfahrens bliebe er aber von dem Wettbewerbsverbot und insbesondere der Vertragsstrafenklausel betroffen. Eine solche Befreiungsregelung im Gesellschaftsvertrag ist deswegen nach Ansicht des OLG München nicht geeignet, einen unzulässigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Befreiungsklausel im Gesellschaftsvertrag sachliche Kriterien enthält, bei deren Vorliegen jedem Gesellschafter ein Anspruch auf Befreiung von dem Wettbewerbsverbot zusteht. Kriterium hierfür kann beispielsweise die tatsächliche wesentliche Beeinträchtigung des in Rede stehenden Verhaltens eines Gesellschafters für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens sein.

Das OLG München hat die Revision nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist derzeit beim BGH anhängig.