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Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Wegfall der Steuerbegünstigung des Betriebsvermögens gemäß § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 ErbStG

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2009 ausgedehnte erbschaft- und schenkungsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen knüpft an Behaltensfristen aktuell von fünf Jahren (Regelverschonung) bzw. sieben Jahren (Optionsverschonung) an. Unter anderem durch eine Veräußerung der begünstigt erworbenen Anteile, eine Betriebsaufgabe oder eine Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen in der Nachversteuerungsfrist kommt es zu einer Nachversteuerung des erbschaft- und schenkungsteuerlich zu 100 % (Optionsverschonung) oder 85 % (Regelverschonung) befreiten Vermögens. Für die Steuerpflichtigen stellt sich im Nachversteuerungszeitraum die Frage, welche Verfügungen zulässig sind, also nicht zu einer Nachversteuerung führen und welche Maßnahmen schädlich in Bezug auf die Nachversteuerung sind. Die Verletzung der Nachversteuerungsfrist kann u.a. bei konzerninternen Umstrukturierungen, bei Veräußerung von Anlagevermögen oder bei Weiterübertragung von Gesellschaftsanteilen zu einer erheblichen Belastung führen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der neben der Erbschaft- und Schenkungsteuer für eine Veräußerung oder Betriebsaufgabe etwa zusätzlich anfallenden Ertragsteuer. In den Fällen, in denen begünstigt erworbene Anteile veräußert werden müssen, beispielsweise um Nachlassverbindlichkeiten, Pflichtteilsansprüche oder auch die Erbschaftsteuer bedienen zu können, stellt sich zudem die Frage, ob diese „zwangsläufige“ Verletzung der Nachversteuerungsfrist ebenfalls zu einer Nacherhebung von Erbschaft- und Schenkungsteuer führen kann. Der BFH hat hierzu nochmals eindeutig Stellung bezogen.

Sachverhalt

Die Klägerin war Alleinerbin ihres im Jahr  2004 verstorbenen Ehemanns.

Sie erbte u.a. einen Kommanditanteil an der E-KG und an der B-KG, an der sie auch bereits vor dem Erbfall beteiligt war. Zur Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen trat die Klägerin einem ihrer Söhne einen Kommanditanteil an der E-KG und ihrer Tochter einen Kommanditanteil an der B-KG ab. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Beteiligungsverhältnisse:

Das Finanzamt versagte aufgrund der Abtretung von Kommanditanteilen anteilig die Steuerbegünstigung gemäß § 13a ErbStG. Für die Ermittlung des steuerschädlich veräußerten Betriebsvermögens führte das Finanzamt eine Verhältnisrechnung durch, da nicht erkennbar gewesen sei, ob die schon vor dem Tod gehaltenen Anteile oder die aufgrund des Erbfalls hinzugewonnen Anteile übertragen worden sind. Die gegen die Verhältnisrechnung gerichtete Klage wurde vom Finanzgericht abgewiesen. Hiergegen legte die Klägerin Revision ein.

Entscheidungsgründe

Der BFH bestätigt zunächst nochmals seine bisherige Rechtsprechung, wonach zu einer Veräußerung im Sinne des § 13a Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 ErbStG jede entgeltliche Übertragung eines begünstigt erworbenen Mitunternehmeranteils zählt, unabhängig davon, aus welchen Gründen das begünstigt erworbene Betriebsvermögen veräußert wurde und ob die Veräußerung oder Betriebsaufgabe freiwillig oder unfreiwillig, beispielsweise durch Insolvenz, erfolgte. Folglich kommt es auch dann zu einer Verletzung der Nachversteuerungsfrist, wenn die Veräußerung der begünstigt erworbenen Mitunternehmeranteile zur Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen oder sonstigen Nachlassverbindlichkeiten erfolgt. Der BFH lässt offen, ob bei einer Veräußerung von Gesellschaftsanteilen überhaupt noch eine Unterscheidung nach ursprünglichen und neu erworbenen Anteilen vorgenommen werden kann. Jedenfalls in Bezug auf § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ist nach BFH aber die Steuervergünstigung nur insoweit zu versagen, als der Gesellschafter nach der Veräußerung nicht mehr in Höhe des begünstigt erworbenen Gesellschaftsanteils beteiligt ist. Damit wird zu Gunsten des Steuerpflichtigen unterstellt, dass zunächst die vor der unentgeltlichen Übertragung gehaltenen Gesellschaftsanteile veräußert sind und es damit nur insoweit zu einer Nachversteuerung kommen kann, als der nach der Veräußerung noch gehaltene Gesellschaftsanteil den unentgeltlich übertragenen und damit der Nachversteuerungsfrist unterliegenden Gesellschaftsanteil unterschreitet. Die Nachversteuerung wurde  entsprechend reduziert.

Praktische Bedeutung

Der BFH bestätigt die herrschende Meinung in der Literatur und weicht damit zu Gunsten des Steuerpflichtigen vom zivilrechtlichen Prinzip der Einheitlichkeit des Personengesellschaftsanteils ab, wonach es nur einen Anteil an der Personengesellschaft gibt, nicht jedoch mehrere Anteile, die etwa getrennt gehalten werden können oder separat veräußerbar sind. Auch die Finanzverwaltung vertritt zwischenzeitlich diese Auffassung (RE 13a.6 Abs. 1 Satz 4 ErbStR 2011). Die für § 13a ErbStG in der Fassung vor der Erbschaftsteuerreform getroffene Entscheidung, gilt auch für Erwerbe ab dem Jahr 2009.