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Erbrecht

Erbschaftsteuerliche Begünstigung von Betriebsvermögen gemäß § 13a f. ErbStG: Unmittelbare Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft; Übertragung eines Kommanditanteils unter Vorbehalt eines Quotennießbrauchs

Andrea Seemann, Steuerberaterin

BFH, Urteil vom 11.06.2013 – II R 4/12:

Ein Erblasser oder Schenker war nur dann i.S.d. § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F. unmittelbar am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft beteiligt, wenn er zivilrechtlich deren Gesellschafter war.

BFH, Urteil vom 16.05.2013 – II R 5/12:

Behält sich der Schenker bei der freigebigen Zuwendung einer Kommanditbeteiligung den Nießbrauch zu einer bestimmten Quote hiervon einschließlich der Stimm- und Mitverwaltungsrechte vor und vermittelt daher der mit dem Nießbrauch belastete Teil der Kommanditbeteiligung dem Erwerber für sich genommen keine Mitunternehmerstellung, können für diesen Teil die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG vor 2009 nicht beansprucht werden.

I. Problemstellungen und praktische Bedeutung

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist bei der Übertragung von Anteilen an Familienunternehmen durch Schenkung oder von Todes wegen ein wesentlicher Liquiditäts- und Kostenfaktor. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünstigung für Betriebsvermögen (derzeit 85 %ige bzw. auf Antrag 100 %ige Freistellung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer) ist daher von großer Bedeutung. Der Bundesfinanzhof hat sich in zwei Urteilen erneut mit den Voraussetzungen der erbschaftsteuerlichen Begünstigung für Betriebsvermögen

II. BFH – II R 4/12 zur Unmittelbarkeit bei einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung

Gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG a.F. bzw. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG n.F. ist die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nur dann dem erbschaftsteuerlich begünstigten Betriebsvermögen zuzurechnen, wenn der Schenker bzw. Erblasser, ggf. bei Poolung gemeinsam mit weiteren Gesellschaftern, eine unmittelbare Beteiligung von mehr als 25 % hält.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger war Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft, die wiederum Anteile an Kapitalgesellschaften hielt. Er schenkte seinen Kindern und seiner Ehefrau einen Anteil an dieser vermögensverwaltenden Personengesellschaft. Das Finanzamt berücksichtigte bei der Steuerfestsetzung die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen aufgrund der fehlenden Unmittelbarkeit der Beteiligung nicht. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Rechtsauffassung des Finanzamts.

Entscheidungsgründe:

Die Personengesellschaft war weder gewerblich tätig noch gewerblich geprägt, sodass die Begünstigung für gewerbliches oder freiberufliches Vermögen gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. bzw. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F. nicht anwendbar war. Es blieb als mögliche Begünstigung die Befreiung für die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Es stellte sich folglich die Frage, ob eine vermögensverwaltende Personengesellschaft für erbschaftsteuerliche Zwecke als transparent betrachtet und das von der Personengesellschaft gehaltene Vermögen auch für die Frage der Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünsti- gung unmittelbar den Gesellschaftern zugerechnet werden kann. Ertragsteuerlich wird eine Personengesellschaft, die nicht gewerblich tätig ist, gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO als transparent eingestuft und die von der Personengesellschaft gehaltenen Vermögensgegenstände werden anteilig den Gesellschaftern zugerechnet. Erbschaftsteuerlich wird nach Ansicht des Bundesfinanzhofs hingegen nicht durch die Personengesellschaft durchgeblickt. Da der Kläger selbst zivilrechtlich nicht Gesellschafter der Kapitalgesellschaft war, konnte die Steuerbefreiung gemäß § 13a ErbStG für die Übertragung nicht beansprucht werden. Diese Ansicht entspricht der Auffassung der Finanzverwaltung.

Weitere Hinweise:

Die vorstehende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist nicht nur bei der Übertragung von Anteilen an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft zu beachten, sondern auch dann, wenn der Erblasser oder Schenker aus anderen Gründen nicht unmittelbar zivilrechtlicher Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist. Werden die Anteile an der Kapitalgesellschaft beispielsweise von einem Dritten als Treuhänder gehalten, fehlt es an einer zivilrechtlichen Gesellschafterstellung des Schenkers oder Erblassers. Die Übertragung der Treugeberstellung an einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung wäre erbschaftsteuerlich nicht begünstigt. Vorsicht ist auch geboten, wenn im Betriebsvermögen lediglich mittelbar Anteile an einer Kapitalgesellschaft gehalten werden. Die Treugeberstellung beispielsweise wäre erbschaftsteuerlich als sogenanntes Verwaltungsvermögen einzustufen, da es an einer unmittelbaren Beteiligung von mehr als 25 % fehlt. Die vorstehenden Ausführungen gelten nicht für die Übertragung von ertragsteuerlichem Betriebsvermögen, z.B. für die Übertragung eines Anteils an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft. Insoweit fehlt es im Gesetz an einem Unmittelbarkeitserfordernis.

III. BFH – II R 5/12 zur Steuerbegünstigung für Betriebsvermögen bei Übertragung eines Kommanditanteils unter Vorbehalt eines Quotennießbrauchs

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Begünstigung für Betriebsvermögen sowohl gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. als auch § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F. bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils ist, dass der Beschenkte bzw. Erbe sowohl Mitunternehmerinitiative als auch Mitunternehmerrisiko entfalten kann, also der Anteil auch nach der Übertragung weiterhin im steuerlichen Sinne ein Mitunternehmeranteil ist. Bei einer Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt, also der Übertragung unter Zurückbehaltung der laufenden Erträge und meist auch gewisser Stimmrechte, stellt sich immer wieder die Frage, ob der Erwerber Mitunternehmer wird und damit die Übertragung begünstigt ist. Bisher war unklar, ob dieses Risiko dadurch vermieden werden kann, dass sich der Nießbrauch nicht auf den gesamten Mitunternehmeranteil erstreckt, sondern lediglich ein sog. Quotennießbrauch bestellt wird. Bei einem Quotennießbrauch stehen dem Erwerber zumindest bezüglich des unbelasteten Teils die Erträge und Stimmrechte uneingeschränkt zu.

Zum Sachverhalt:

Der Kläger war Kommanditist einer gewerblich tätigen Kommanditgesellschaft. Er übertrug einen Teil seines Kommanditanteils an seine Tochter und behielt sich an diesem Kommanditanteil den Quotennießbrauch i.H.v. ca. 93 % vor. Insoweit als der geschenkte Kommanditanteil mit dem Nießbrauch belastet war, sollten dem Kläger die Stimm- und Mitverwaltungsrechte zustehen. Er war u.a. bevollmächtigt, diese Stimmrechte auszuüben. Das Finanzamt gewährte die erbschaftsteuerliche Begünstigung nur für den nicht mit Nießbrauch belasteten Teilkommanditanteil. Die Klage hiergegen blieb ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Zunächst stellt der Bundesfinanzhof fest, dass die erbschaftsteuerliche Begünstigung beim Erwerb von Betriebsvermögen an die Fortführung des Unternehmens geknüpft ist. Dies bedeutet bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteils, dass der Erwerber Mitunternehmer werden muss. Es genügt nicht, wenn der Erwerber bereits vor dem Erwerb einen Mitunternehmeranteil an der Gesellschaft gehalten hat und bezüglich dieses Anteils Mitunternehmer geworden ist. Der zivilrechtliche Grundsatz der Unteilbarkeit bzw. Einheitlichkeit der Mitgliedschaft gilt insoweit also nicht für die steuerliche Betrachtung. Auch wenn ein Gesellschaftsanteil übertragen wird, der teilweise mit einem Nießbrauch belastet ist, muss sowohl der unbelastete Anteil als auch der belastete Anteil für sich eine Mitunternehmerstellung vermitteln. Es ist nicht ausreichend, dass der Bedachte bezüglich des nicht mit dem Nießbrauch belasteten Teils des übertragenen Gesellschaftsanteils Mitunternehmer wird. Im Rahmen des Quotennießbrauchs hat sich der Kläger die Stimm- und Mitverwaltungsrechte in der Kommanditgesellschaft umfassend vorbehalten. Er wurde von seiner Tochter, der Beschenkten, zur Ausübung der Stimmrechte bevollmächtigt. Seine Tochter hat sich verpflichtet, von ihrem eigenen Stimmrecht insoweit keinen Gebrauch zu machen bzw. ersatzweise auf Wunsch des Klägers nach dessen Weisungen zu handeln. Bei Zuwiderhandlung konnte die Schenkung widerrufen werden. Damit wurde die Beschenkte ertragsteuerlich bezüglich des belasteten Anteils nicht Mitunternehmerin. Die schenkungsteuerliche Begünstigung konnte insoweit nicht gewährt werden.

Weitere Hinweise:

Im Weiteren bekräftigt der BFH seine Rechtsprechung, dass ein nach den (dispositiven) Vorgaben des BGB ausgestalteter Nießbrauch die Stellung des Gesellschafters als Mitunternehmer nicht entfallen lässt. Weiterhin offen bleibt aber, welche Stimmrechte dem Nießbraucher zugewiesen werden können, um den Nießbraucher steuerlich als Mitunternehmer zu qualifizieren ohne die Mitunternehmerstellung des Gesellschafters zu gefährden. In der Praxis werden regelmäßig die laufenden Stimmrechte dem Nießbraucher zugeordnet, während der Gesellschafter die Stimmrechte bezogen auf außerordentliche Geschäfte ausübt. Es ist zu empfehlen, die Nießbrauchsgestaltung durch eine verbindliche Auskunft abzusichern.

Schenkungssteuergesetz

Schenkungen unter Lebenden

Schenkungsteuer bei disquotalen Einlagen und verdeckten  Gewinnausschüttungen

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Wesentliche Aspekte der Verwaltungsverfügung

Die Finanzverwaltung nennt in dem Erlass zunächst Fallgestaltungen, in denen eine Einlage in eine Kapitalgesellschaft zu einer Schenkungsteuerpflicht führt. § 7 Abs. 8 ErbStG ist insbesondere dann anzuwenden, wenn bei einer bestehenden Kapitalgesellschaft in Folge einer verdeckten oder offenen Einlage wirtschaftlich eine Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern stattfindet. Diese Vermögensverschiebung kann beispielsweise auch im Rahmen einer Ausgliederung oder Verschmelzung erfolgen. Leistungen i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG können neben Bar- oder Sacheinlagen zudem insbesondere auch Nutzungseinlagen sein. Das heißt, dass wohl auch die unentgeltliche Tätigkeit eines Gesellschafters zu einer Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern und damit zu einer Schenkungsteuerpflicht gemäß .7 Abs. 8 ErbStG führen kann. Eine Schenkungsteuerpflicht soll aber dann nicht gegeben sein, wenn der Gesellschafter als Gegenleistung für seine Leistungen zusätzliche Rechte in der Gesellschaft erlangt, wie z.B. eine Verbesserung seines Gewinnanteils (disquotale Gewinnverteilung), zusätzliche Anteile an der Gesellschaft oder eine von den Geschäftsanteilen abweichende Verteilung des Vermögens bei späterer Liquidation. Die Höhe der Bereicherung ist durch eine Gegenüberstellung des Werts der Geschäftsanteile vor und nach Einlage gemäß § 11 Abs. 2 BewG, ggf. in Verbindung mit § 199 ff. BewG (vereinfachtes Ertragswertverfahren) zu ermitteln. Die Werterhöhung kann allerdings nicht höher sein, als der gemeine Wert der bewirkten Leistung des Zuwendenden. Die gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingierte steuerpflichtige Zuwendung im Rahmen der Werterhöhung der Anteile kann nicht gemäß §§ 13a, 13b ErbStG (Begünstigung für Betriebsvermögen) freigestellt werden. Nicht gelöst ist weiterhin die Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift in Sanierungsfällen. Da § 7 Abs. 8 ErbStG nicht auf den subjektiven Schenkungswillen abstellt, sind nach dem Gesetzeswortlaut auch disquotale Zuwendungen zum Zwecke der Sanierung einer Gesellschaft schenkungsteuerpflichtig. Als Alternative zum Forderungsverzicht könnte in diesen Fällen über einen Rangrücktritt, einen Verzicht mit Besserungsabrede oder eine Umwandlung in Mezzanine- Kapital nachgedacht werden. In allen weiteren Fällen – insbesondere bei disquotaler Einlage von Vermögens- werten – kann eine Schenkungsteuer nur dann vermieden werden, wenn im Rahmen der Unternehmensbewertung dargestellt werden kann, dass sich durch die Einlage der Wert der Geschäftsanteile der anderen Gesellschafter nicht verändert hat. Dies könnte in Sanierungsfällen ggf. möglich sein, müsste aber im Vorfeld geprüft werden. Der gleichlautende Ländererlass enthält schließlich Aussagen zur Leistung zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern. Insoweit sind ver- deckte Gewinnausschüttungen nur ausnahmsweise der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Im Gegensatz zu 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG stellt diese Konzernregelung des Satzes 2 auf den Willen der Unentgeltlichkeit ab. Die Vorschrift bringt damit zum Ausdruck, dass § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG bei Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften nur dann anwendbar ist, wenn dadurch die Anteile von Gesellschaftern im Wert steigen und die Wertverschiebung durch den Willen zur Unentgeltlichkeit, z.B. eines Mitgesellschafters, veranlasst ist. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter oder an eine nahe stehende Person eines Gesellschafters können der Schenkungsteuer unterliegen. Bis zur Einführung der Regelung des § 15 Abs. 4 ErbStG war für solche Schenkungen das Verhältnis der Kapitalgesellschaft zum Leistungsempfänger maßgeblich, mit der Konsequenz einer Einstufung in die ungünstigste Steuerklasse III. Insoweit hat der Gesetzgeber für Besserung gesorgt, da ab 14.12.2011 das Verwandtschaftsverhältnis des die Zuwendung veranlassenden Gesellschafters zum Leistungsempfänger maßgeblich ist. Auch insoweit hat die Finanzverwaltung im Ländererlass insbesondere zur Frage der Veranlassung einer Zahlung durch mehrere Gesellschafter Stellung genommen.

Praktische Bedeutung und Ausblick

Mit dem gleichlautenden Ländererlass vom 14.03.2012 nimmt die Finanzverwaltung sehr zeitnah zu der Neuregelung des § 7 Abs. 8 ErbStG und 15 Abs. 4 ErbStG Stellung. Von besonderer praktischer Bedeutung ist, dass auch Nutzungseinlagen – so z.B. die unentgeltliche Überlassung eines Grundstücks, die niedrig verzinsliche Forderung und wohl auch die unentgeltliche Tätigkeit für die Gesellschaft – als Einlage i.S.d. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG angesehen werden können. Die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen ist für die wirtschaftliche Vermögensverschiebung i.S.d. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG nicht anwendbar, da es formal an der Übertragung von Gesellschaftsanteilen fehlt. Auch im Rahmen einer Sanierungssituation droht grds. eine Schenkungsteuerpflicht. Nur die Höhe ist ungewiss und müsste durch eine Bewertung der Gesellschaftsanteile vor und nach der Zuwendung dargelegt werden. Insbesondere im Rahmen von verdeckten Gewinnausschüttungen droht zudem eine steuerliche Doppelbelastung mit Einkommen- und Schenkungsteuer. Hierzu hat sich die Finanzverwaltung nicht geäußert. Daher gilt es in jedem Fall anzuraten, offene oder verdeckten Einlagen ebenso wie verdeckte Gewinnausschüttungen sorgfältig zu planen und neben den ertragsteuerlichen Konsequenzen auch die schenkungsteuerlichen Folgen im Blick zu behalten