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Steuerrecht

Doppelbesteuerung: Gewerblich geprägte Personengesellschaft kein Unternehmen i.S.d. Art. 22 Abs. 2  DBA-Schweiz

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Das Recht, Vermögensteuer für die Beteiligung einer in der Schweiz ansässigen, im Inland beschränkt vermögensteuerpflichtigen Person an einer inländischen gewerblich geprägten Personengesellschaft zu erheben, steht der Schweiz zu.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der Leser wird sich möglicherweise fragen, ob denn eine Entscheidung zur Vermögensteuer, die seit 1997 in Deutschland nicht mehr erhoben wird, überhaupt noch von Bedeutung sein kann für die Besteuerungspraxis von Familienunternehmen. Das vorliegende Urteil hat aber über die Vermögensteuer hinaus auch Bedeutung für die Ertragsbesteuerung von Familienunternehmen, bei denen Gesellschafter im Ausland leben oder aber ins Ausland umziehen möchten und diese Gesellschafter an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt sind.

Nach dem deutschen Steuerrecht kann eine an sich vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft gewerbliche Einkünfte erzielen, wenn sie im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt ist. Beispielsweise erzielt eine GmbH & Co. KG, die als solche nur vermögensverwaltend tätig ist, und bei der ausschließlich die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin und zur Geschäftsführung befugt ist, kraft Gesetzes gewerbliche Einkünfte. Es stellt sich nun die Frage, ob diese gewerbliche Prägung auch für Zwecke der Zuweisung von Besteuerungsrechten nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz maßgeblich ist.

Der BFH hat zum wiederholten Male entschieden, dass eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ihrer Art nach keine unternehmerische Tätigkeit im Sinne der einschlägigen Vorschriften des Doppelbesteuerungsabkommens ausübt. Der abkommensrechtliche Begriff „gewerbliche Gewinne eines Unternehmens“ umfasst nach Auffassung des BFH nicht Einkünfte aus einer inhaltlich zum Bereich der Vermögensverwaltung gehörenden und nach deutschem Recht nur im Wege einer Fiktion dem Bereich der Gewerblichkeit zugewiesenen Tätigkeit. Dementsprechend kann auch nach dem Doppelbesteuerungsabkommen keine Zuweisung von Besteuerungsrechten nach den für Unternehmen geltenden Grundsätzen erfolgen.

Von entscheidender Bedeutung ist diese Frage u.a. dann, wenn beispielsweise im Falle eines Wegzugs eines deutschen Steuerpflichtigen in das Ausland eine Wegzugsbesteuerung durch Einbindung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft vermieden werden soll. Hält beispielsweise ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiger  Gesellschafter mindestens 1 % der Anteile an einer deutschen GmbH und möchte dieser Gesellschafter in die Schweiz umziehen, so muss er beim Gang über die Grenze die in seinen GmbH-Anteilen angewachsenen stillen Reserven versteuern. Eine Wegzugsbesteuerung droht dem GmbH-Gesellschafter aber nicht nur bei seinem eigenen Wegzug, sondern beispielsweise auch bei einer unentgeltlichen Übertragung der Geschäftsanteile auf im Ausland lebende Kinder. Dies kann er nur dann vermeiden, wenn die GmbH-Anteile in ein deutsches Betriebsvermögen eingelegt werden und das Besteuerungsrecht für dieses Betriebsvermögen entsprechend dem Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz nach den für Unternehmensgewinne einschlägigen Vorschriften Deutschland zugewiesen wird.

Bisher wurde in diesen Fällen, auch mit Billigung der Finanzverwaltung, eine gewerblich geprägte Personengesellschaft in Deutschland gegründet und die Geschäftsanteile des GmbH-Gesellschafters in die GmbH & Co. KG eingelegt. Unter Hinweis auf das hier ergangene Urteil sowie die in diesem Urteil enthaltenen Verweise auf weitere Entscheidungen des BFH ist dieses Gestaltungsmodell so nicht mehr haltbar.

Zum Sachverhalt

Im vorliegenden Urteilssachverhalt hatte der Kläger in den Streitjahren (1994–1996) seinen Wohnsitz in der Schweiz. Im Inland hatte er weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt.

Der Kläger war in diesen Jahren als Kommanditist zu 99,75 % am Gesellschaftsvermögen einer deutschen GmbH & Co. KG beteiligt. Die restliche Beteiligung wurde von der Komplementär-GmbH gehalten, die auch die Geschäftsführung ausübte. Die KG ihrerseits verwaltete Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften.

Im Streitfall ging es nun darum, ob der Kläger mit Wohnsitz in der Schweiz in Deutschland mit seiner Beteiligung an der gewerblich geprägten Personengesellschaft und dem darin enthaltenen Vermögen der inländischen Vermögensbesteuerung unterlag. Das Finanzamt vertrat hierzu die Auffassung, dass inländisches Betriebsvermögen in Gestalt der gewerblich geprägten Personengesellschaft vorlag und leitete daraus eine beschränkte Vermögensteuerpflicht ab.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der BFH hat nunmehr auch für Zwecke der Vermögensteuer entschieden, dass eine vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, deren Einkünfte lediglich auf Grund der Fiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten, kein Unternehmen im Sinne des Art. 22 Abs. 2 DBA-Schweiz betreibt. Das Recht, die Beteiligung einer natürlichen Person an einer solchen Gesellschaft der Vermögensteuer zu unterwerfen, kann demgemäß nicht aus dieser Vorschrift abgeleitet werden. Vielmehr steht dieses Recht gemäß Art. 22 Abs. 6 DBA-Schweiz dem Ansässigkeitsstaat zu, im vorliegenden Fall also der Schweiz.

Der BFH beruft sich dabei auf die zwischenzeitlich ergangenen Urteile zu Fragen der Gewinnzurechnung bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft. Der BFH hat in jüngster Vergangenheit wiederholt entschieden, dass „Gewinne eines Unternehmens“  im  abkommensrechtlichen Sinne eine ihrer Art nach „unternehmerische“ Tätigkeit voraussetzen, was bei einer vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft, die lediglich gewerblich geprägt ist, per se nicht der Fall ist.

Damit ist auch der bisher von der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 16. 04.2010, BStBl. Teil I 2010, S. 354, 2.2.1 vertretenen abweichenden Auffassung vom BFH zum wiederholten Male widersprochen worden.

Für die Beratungspraxis bei Familienunternehmen bedeutet dies, dass in allen Fällen, in denen bisher gewerblich geprägte Personengesellschaften eingebunden wurden, um die Besteuerungsrechte für im Ausland ansässige oder aber ins Ausland umziehende Gesellschafter in Deutschland zu sichern, die Unternehmensstruktur überdacht werden muss. In der Verwaltung wird derzeit über mögliche Reaktionen auf diese geänderte Rechtsprechung nachgedacht. Zur Sicherung von Besteuerungsrechten könnte beispielsweise eine bisher gewerblich geprägte Personengesellschaft mit einer aktiven gewerblichen Tätigkeit ausgestattet werden. Das allein ist aber noch nicht ausreichend. Vielmehr muss auch der funktionale Zusammenhang zwischen dem Vermögen der Personengesellschaft und deren gewerblicher Tätigkeit dargelegt werden können. In jedem Fall muss die Reaktion der Finanzverwaltung auf die nun zahlreich vorliegenden Urteile des Bundesfinanzhofs zur Frage der Anerkennung der gewerblich geprägten Personengesellschaft im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen aufmerksam verfolgt werden.