Beiträge

Schenkungssteuergesetz

Schenkungen unter Lebenden

Schenkungsteuer bei disquotalen Einlagen und verdeckten  Gewinnausschüttungen

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Wesentliche Aspekte der Verwaltungsverfügung

Die Finanzverwaltung nennt in dem Erlass zunächst Fallgestaltungen, in denen eine Einlage in eine Kapitalgesellschaft zu einer Schenkungsteuerpflicht führt. § 7 Abs. 8 ErbStG ist insbesondere dann anzuwenden, wenn bei einer bestehenden Kapitalgesellschaft in Folge einer verdeckten oder offenen Einlage wirtschaftlich eine Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern stattfindet. Diese Vermögensverschiebung kann beispielsweise auch im Rahmen einer Ausgliederung oder Verschmelzung erfolgen. Leistungen i.S.d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG können neben Bar- oder Sacheinlagen zudem insbesondere auch Nutzungseinlagen sein. Das heißt, dass wohl auch die unentgeltliche Tätigkeit eines Gesellschafters zu einer Vermögensverschiebung zwischen den Gesellschaftern und damit zu einer Schenkungsteuerpflicht gemäß .7 Abs. 8 ErbStG führen kann. Eine Schenkungsteuerpflicht soll aber dann nicht gegeben sein, wenn der Gesellschafter als Gegenleistung für seine Leistungen zusätzliche Rechte in der Gesellschaft erlangt, wie z.B. eine Verbesserung seines Gewinnanteils (disquotale Gewinnverteilung), zusätzliche Anteile an der Gesellschaft oder eine von den Geschäftsanteilen abweichende Verteilung des Vermögens bei späterer Liquidation. Die Höhe der Bereicherung ist durch eine Gegenüberstellung des Werts der Geschäftsanteile vor und nach Einlage gemäß § 11 Abs. 2 BewG, ggf. in Verbindung mit § 199 ff. BewG (vereinfachtes Ertragswertverfahren) zu ermitteln. Die Werterhöhung kann allerdings nicht höher sein, als der gemeine Wert der bewirkten Leistung des Zuwendenden. Die gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG fingierte steuerpflichtige Zuwendung im Rahmen der Werterhöhung der Anteile kann nicht gemäß §§ 13a, 13b ErbStG (Begünstigung für Betriebsvermögen) freigestellt werden. Nicht gelöst ist weiterhin die Frage der Anwendbarkeit der Vorschrift in Sanierungsfällen. Da § 7 Abs. 8 ErbStG nicht auf den subjektiven Schenkungswillen abstellt, sind nach dem Gesetzeswortlaut auch disquotale Zuwendungen zum Zwecke der Sanierung einer Gesellschaft schenkungsteuerpflichtig. Als Alternative zum Forderungsverzicht könnte in diesen Fällen über einen Rangrücktritt, einen Verzicht mit Besserungsabrede oder eine Umwandlung in Mezzanine- Kapital nachgedacht werden. In allen weiteren Fällen – insbesondere bei disquotaler Einlage von Vermögens- werten – kann eine Schenkungsteuer nur dann vermieden werden, wenn im Rahmen der Unternehmensbewertung dargestellt werden kann, dass sich durch die Einlage der Wert der Geschäftsanteile der anderen Gesellschafter nicht verändert hat. Dies könnte in Sanierungsfällen ggf. möglich sein, müsste aber im Vorfeld geprüft werden. Der gleichlautende Ländererlass enthält schließlich Aussagen zur Leistung zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern. Insoweit sind ver- deckte Gewinnausschüttungen nur ausnahmsweise der Schenkungsteuer zu unterwerfen. Im Gegensatz zu 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG stellt diese Konzernregelung des Satzes 2 auf den Willen der Unentgeltlichkeit ab. Die Vorschrift bringt damit zum Ausdruck, dass § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG bei Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften nur dann anwendbar ist, wenn dadurch die Anteile von Gesellschaftern im Wert steigen und die Wertverschiebung durch den Willen zur Unentgeltlichkeit, z.B. eines Mitgesellschafters, veranlasst ist. Auch verdeckte Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an die Gesellschafter oder an eine nahe stehende Person eines Gesellschafters können der Schenkungsteuer unterliegen. Bis zur Einführung der Regelung des § 15 Abs. 4 ErbStG war für solche Schenkungen das Verhältnis der Kapitalgesellschaft zum Leistungsempfänger maßgeblich, mit der Konsequenz einer Einstufung in die ungünstigste Steuerklasse III. Insoweit hat der Gesetzgeber für Besserung gesorgt, da ab 14.12.2011 das Verwandtschaftsverhältnis des die Zuwendung veranlassenden Gesellschafters zum Leistungsempfänger maßgeblich ist. Auch insoweit hat die Finanzverwaltung im Ländererlass insbesondere zur Frage der Veranlassung einer Zahlung durch mehrere Gesellschafter Stellung genommen.

Praktische Bedeutung und Ausblick

Mit dem gleichlautenden Ländererlass vom 14.03.2012 nimmt die Finanzverwaltung sehr zeitnah zu der Neuregelung des § 7 Abs. 8 ErbStG und 15 Abs. 4 ErbStG Stellung. Von besonderer praktischer Bedeutung ist, dass auch Nutzungseinlagen – so z.B. die unentgeltliche Überlassung eines Grundstücks, die niedrig verzinsliche Forderung und wohl auch die unentgeltliche Tätigkeit für die Gesellschaft – als Einlage i.S.d. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG angesehen werden können. Die erbschaftsteuerliche Begünstigung für Betriebsvermögen ist für die wirtschaftliche Vermögensverschiebung i.S.d. § 7 Abs. 8 S. 1 ErbStG nicht anwendbar, da es formal an der Übertragung von Gesellschaftsanteilen fehlt. Auch im Rahmen einer Sanierungssituation droht grds. eine Schenkungsteuerpflicht. Nur die Höhe ist ungewiss und müsste durch eine Bewertung der Gesellschaftsanteile vor und nach der Zuwendung dargelegt werden. Insbesondere im Rahmen von verdeckten Gewinnausschüttungen droht zudem eine steuerliche Doppelbelastung mit Einkommen- und Schenkungsteuer. Hierzu hat sich die Finanzverwaltung nicht geäußert. Daher gilt es in jedem Fall anzuraten, offene oder verdeckten Einlagen ebenso wie verdeckte Gewinnausschüttungen sorgfältig zu planen und neben den ertragsteuerlichen Konsequenzen auch die schenkungsteuerlichen Folgen im Blick zu behalten