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Erfassung der Steuerpflichtigen

Beteiligungserträge gemeinnütziger Körperschaften aus gewerblich geprägten Personengesellschaften sind steuerfrei

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Eine gemeinnützige Organisation wird für steuerliche Zwecke in drei Teilbereiche untergliedert, den ideellen Bereich, die Vermögensverwaltung und den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Der Besteuerung bei der gemeinnützigen Organisation unterliegen nur die Einkünfte aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Sowohl die Einnahmen des ideellen Bereiches (z.B. Spenden) als auch die Einnahmen aus Vermögensverwaltung (z.B. Einkünfte aus Kapi- talanlagen) sind hingegen von der Steuerpflicht befreit (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG; § 3 Nr. 6 GewStG). Aus diesem Grund ist es für eine gemeinnützige Organisation von erheblicher Bedeutung, ob die Einkünfte (noch) in den Bereich der Vermögensverwaltung zu zählen sind oder aber bereits einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellen. Im Rahmen der Kapitalanlage beteiligen sich gemeinnützige Organisationen durchaus auch an geschlossenen Fonds, die regelmäßig in der Rechtsform einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG strukturiert sind. Diese Beteiligung stellte bisher unabhängig von der Tätigkeit der gewerblich geprägten Personengesellschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bei der gemeinnützigen Organisation dar. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der Auffassung der Finanzverwaltung (AEAO Nr. 3 zu § 64 Abs. 1) wurde über den gewerblichen Charakter der Einkünfte und damit deren Steuerpflicht nämlich bereits im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte der Personengesellschaft entschieden. Der einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheid sollte für die Qualifikation der Einkünfte auf Ebene der gemeinnützigen Organisation bindend sein. Diese Auffassung hatte zur Konsequenz, dass auch die Einkünfte einer ausschließlich vermögensverwaltend tätigen, aber gewerblich geprägten Personengesellschaft als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb bei der gemeinnützigen Organisation einzustufen waren und damit steuerpflichtig gewesen sind. An dieser Auffassung hält der BFH nunmehr nicht mehr fest und ermöglicht damit eine eigene Beurteilung über das Vorliegen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs auf Ebene der gemeinnützigen Organisation.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin ist eine gemeinnützige Stiftung, die als Kommanditistin an drei gewerblich geprägten Personengesellschaften beteiligt war. Im Streitjahr 2006 erzielte sie Einkünfte in Höhe von insgesamt 3.125.719,17 €. Die Personengesellschaften übten ausschließlich vermögensverwaltende Tätigkeiten aus, waren aber gewerblich geprägt gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. In ihrer Steuererklärung erklärte die Klägerin die Beteiligungserträge als Einkünfte aus steuerfreier Vermögensverwaltung. Das Finanzamt hingegen erfasste die Einkünfte als steuerpflichtige Einkünfte eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne des § 14 AO.

Entscheidungsgründe

Der BFH orientiert sich bei seiner Entscheidungsfindung eng am Wortlaut des § 14 AO und stellt fest, dass nicht bereits deshalb ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb gegeben sein muss, weil gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG erzielt werden. Zwar wird der Gesellschafter einer gewerblich tätigen Personengesellschaft auf Grund der Transparenz der Personengesellschaft als Gewerbetreiben- der und als Steuersubjekt behandelt. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb kann aber nicht bereits deshalb angenommen werden, weil die vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft lediglich auf Grund einer gesetzlichen Fiktion als gewerblich eingestuft wird. Der BFH begründet diese Auffassung auch mit der Intention des § 14 AO, da aus Gründen der Wettbewerbsneutralität lediglich wirtschaftliche Geschäftsbetriebe von der Steuerbefreiung ausgenommen werden sollten. Vermögensverwaltende Tätigkeiten haben hingegen laut BFH keine erhebliche Wettbewerbsrelevanz und sind auch durch § 14 S. 3 AO ausdrücklich von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben abgegrenzt. Zuletzt hält der BFH auch nicht mehr an seiner früheren Auffassung fest, dass die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung über die Gewerblichkeit von Einkünften der Personengesellschaft für die Beurteilung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und der Steuerpflicht auf Ebene der gemeinnützigen Organisation bindend ist. Der BFH lässt allerdings ausdrücklich offen, ob auch die Erträge von Personengesellschaften i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG teilweise steuerfreie Einkünfte aus Vermögensverwaltung sein können. Es handelt sich hierbei um nur teilweise gewerblich tätige Personengesellschaften bzw. um Personengesellschaften, die durch gewerbliche Einkünfte von Tochtergesellschaften geprägt sind, also Personengesellschaften, die zwar selbst ausschließlich vermögensverwaltend tätig sind, ihrerseits aber wiederum Beteiligungen an gewerblich tätigen Personengesellschaften halten.

Praxishinweise

Diese richtungsweisende BFH-Entscheidung trägt wesentlich zur Rechtssicherheit bei. Die Steuerfreiheit von Einkünften aus Vermögensverwaltung wird nun auch dann nicht durchbrochen, wenn diese durch eine ertragsteuerliche Fiktion als gewerbliche Einkünfte einer gewerblich geprägten GmbH & Co. KG qualifiziert werden. Ist die Personengesellschaft hingegen originär gewerblich tätig, stellen die Einkünfte auf Ebene der Stiftung weiterhin steuerpflichtige Einkünfte aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Zur Vermeidung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wird in der Praxis deshalb häufig eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet und die Beteiligung einer gewerblich tätigen Personengesellschaft von der gemeinnützigen Organisation nur mittelbar gehalten. Die Anteile an einer Kapitalgesellschaft wiederum sind grundsätzlich der Vermögensverwaltung zuzurechnen. Lediglich bei einer mehrheitsvermittelnden Beteiligung, bei der die gemeinnützige Organisation auch auf die tatsächliche Geschäftsführung Einfluss nimmt, liegt ausnahmsweise ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. Dies kann vermieden werden, wenn von Seiten der gemeinnützigen Organisation tatsächlich kein Einfluss auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft genommen wird und insbesondere keine (partielle) Personenidentität bei den Organen der Stiftung und der Kapitalgesellschaft besteht. Zur Vermeidung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs wird daher in der Praxis bei Übertragung von Unternehmensvermögen auch das sogenannte „Doppel-Stiftungsmodell“ gewählt, bei dem die gemeinnützige Stiftung nur einen kleinen Teil der Stimmrechte der operativ tätigen Kapitalgesellschaft erhält und daher keinen Einfluss auf die Geschäftsführung und das Ausschüttungsverhalten der Tochterkapitalgesellschaft hat (vgl. zum sogenannten Doppelstiftungsmodell auch Kögel/Berg, FuS 2011, 13).

Steuerrecht

Beschluss des BFH zu der rückwirkenden Aberkennung der Gemeinnützigkeit bei Ausschüttungen des Vermögens der Körperschaft an ihre steuerpflichtigen Gesellschafter

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Ist die tatsächliche Geschäftsführungeinergemeinnützigen GmbH nicht während des gesamten Besteuerungszeitraums auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet, führt dies grundsätzlich nur zu einer Versagung der Steuerbefreiung für diesen Besteuerungszeitraum. Schüttet eine gemeinnützige GmbH jedoch die aus der gemeinnützgen Tätigkeit erzielten Gewinne überwiegend verdeckt an ihre steuerpflichtigen Gesellschafter aus, liegt ein schwerwiegender Verstoß gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1–3 AO vor, der die Anwendung des 61 Abs. 3 AO ermöglicht.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die Anerkennung einer Körperschaft als gemeinnützige Organisation setzt u.a. voraus, dass die Mittel der Körperschaft nur für die in der Satzung festgelegten gemeinnützigen Zwecke verwendet werden. Demgemäß dürfen auch Gesellschafter einer gemeinnützigen GmbH keine Gewinnanteile oder bei ihrem Ausscheiden nicht mehr als ihre eingezahlten Kapitalanteile erhalten. Die gemeinnützige Organisation darf auch keine Person durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen.

Es stellt sich daher die Frage, welche Folgen sich aus dem Verstoß gegen dieses Gebot der Selbstlosigkeit ergeben. In dem nachfolgend dargestellten Beschluss unterscheidet der BFH hinsichtlich der Folgen eines Verstoßes gegen das Gebot der Selbstlosigkeit zwischen einer nicht den Anforderungen der Gemeinnützigkeit entsprechenden Geschäftsführung einerseits und einem Verstoß gegen den Grundsatz der Vermögensbindung andererseits. Während eine nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung grundsätzlich nur zu einer Aberkennung der Gemeinnützigkeit für diesen Besteuerungszeitraum führt, wird bei einem Verstoß gegen den Grundsatz der Vermögensbindung die Gemeinnützigkeit rückwirkend aberkannt. Dies hat zur Folge, dass die Körperschaft für die letzten zehn Jahre ihre Steuerbefreiung verliert. Daneben kann es zu einer Haftung der Körperschaft und ihrer Organe für unzulässig erteilte Spendenbescheinigungen sowie für Spenden kommen, die nicht zu den in der Bestätigung angegebenen steuerbegünstigten Zwecken  verwendet wurden.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin ist eine GmbH, die eine private Fachhochschule betreibt. Die Gesellschaft verfolgt nach ihrer Satzung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Im Jahr 1998 veräußerten die Eheleute A und E ihre Geschäftsanteile an der Klägerin an eine ebenfalls gemeinnützige B-gGmbH zum Kaufpreis von 100.000,– DM. Noch vor der Veräußerung der Anteile an die Klägerin wurde der Geschäftsführervertrag der Klägerin mit dem A neugefasst und u.a. das Jahresgehalt von 120.000,– DM auf 240.000,–  DM erhöht. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der B-gGmbH (S) bestätigte auf dem Briefbogen der Klägerin, dass A ein Betrag von 1,2 Mio. DM geschuldet wird, mit dem sämtliche Zahlungen an A verrechnet werden sollen. Im selben Jahr kündigte A seinen Geschäftsführer- und Präsidentenvertrag mit der Klägerin fristlos. Er begründete dies damit, dass für die Anteile der Klägerin ein Kaufpreis von 1,3 Mio. DM vereinbart worden sei. Dieser Kaufpreis hätte über einen Fünfjahresvertrag als Geschäftsführer bzw. Präsident der Klägerin erbracht werden sollen. Nachdem S sich jedoch geweigert habe, den vereinbarten Kaufpreis über eine Darlehensregelung zu bezahlen, sei eine Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar. Die Klägerin und A einigten sich letztendlich, dass A im Rahmen der Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages eine Abfindung in Höhe von 1,08 Mio. DM erhalten sollte.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Klägerin die Gemeinnützigkeit wegen der schädlichen Mittelverwendung abzuerkennen sei, da abweichend vom notariellen Kaufvertrag zwischen den Eheleuten A und E einerseits und der B-gGmbH andererseits ein Kaufpreis in Höhe von 1.300.000,– DM vereinbart und aus den Mitteln der Klägern gezahlt worden sei.

Zusammenfassung des Beschlusses

Das gemeinnützigkeitsrechtlich gebundene Vermögen darf nicht an einen steuerpflichtigen Gesellschafter ausgekehrt werden. Wird der Anteil an einer gemeinnützigen GmbH veräußert, ist diese für einen steuerpflichtigen Erwerber nicht mehr wert als höchstens den Nominalwert der Anteile zzgl. des gemeinen Werts der vom bisherigen Gesellschafter geleisteten Sacheinlagen. Denn nur diese, nicht dagegen Gewinne, dürfen an den Gesellschafter ausgekehrt werden. Zahlt eine steuerbegünstigte Körperschaft für Anteile an einer gemeinnützigen Kapitalgesellschaft einem steuerpflichtigen Anteilseigner mehr als diese Beträge, liegt darin regelmäßig eine Mittelfehlverwendung i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 AO, da dem bisherigen Anteilseigner mehr als der Wert abgegolten wird, der den Anteilen bei Fortführung der steuerbegünstigten Zwecke zukommt. Gemeinnützigkeitsrechtliche Einschränkungen des § 55 Abs. 1 AO könnten ansonsten umgegangen werden, indem dem Gesellschafter mit seinem Ausscheiden über den Kaufpreis genau die Mittel der steuerbegünstigten Körperschaft zugewendet werden, die im Falle einer Ausschüttung wegen Verstoßes gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1–3 AO zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Körperschaft führen würden. Durch die verschleierten Kaufpreiszahlungen entsprach die tatsächliche Geschäftsführung nicht den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen gemäß § 63 Abs. 1 AO. Vielmehr lag ein Verstoß gegen die Vorschrift über die Mittelverwendung vor, der einer Änderung des Zwecks gleich kam und damit als Verstoß gegen den Grundsatz der Vermögensbindung gewertet wurde. Die Gemeinnützigkeit der Gesellschaft wurde deshalb rückwirkend gemäß § 63 Abs. 2 i.V.m. § 61 Abs. 3 AO aberkannt. In diesem Fall können die Steuerbescheide für die Steuern, die innerhalb der letzten 10 Kalenderjahre vor der Änderung der Bestimmung über die Vermögensbindung entstanden sind, erlassen, aufgehoben oder geändert werden. Die Steuern müssen also bis zu 10 Jahre nachentrichtet werden. Der BFH-Beschluss bestätigt die bereits bislang teilweise von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, wonach „Abfindungen“ (verschleierte Kaufpreiszahlungen) an steuerpflichtige Anteilseigner aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht immer unzulässig sind und zur Nachverteuerung führen. Denn das im Rahmen der Gemeinnützigkeit gebildete Vermögen unterliegt für „immer und ewig“ dem Gebot der Mittelverwendung nach § 55 AO.