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Einkommensteuergesetz

Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft auf eine gemeinnützige Körperschaft

Andrea Seemann, Steuerberaterin

I. PRAKTISCHE BEDEUTUNG

Wird ein Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen, kann dies grundsätzlich steuerneutral erfolgen. Bei einer unentgeltlichen Übertragung an eine gemeinnützige Körperschaft greifen die Regelungen zur Buchwertfortführung ein, wenn entweder ein Mitunternehmeranteil im Ganzen (§ 6 Abs. 3 EStG) oder wenn einzelne Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen entnommen und unentgeltlich an eine gemeinnützige Körperschaft übertragen werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG). Kommen diese Regelungen nicht zur Anwendung, erfolgt im Rahmen der Übertragung des Mitunternehmeranteils eine Besteuerung als Betriebsaufgabe gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG und eine Überführung der Wirtschaftsgüter des Mitunternehmeranteils in das steuerliche Privatvermögen. Mit Übertragung des Mitunternehmeranteils begründet die gemeinnützige Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, die Einkünfte aus dem Mitunternehmeranteil sind also dem steuerpflichtigen Bereich zuzuordnen. Besonderheiten gelten aber für den Fall der Übertragung von Anteilen an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, also einer Personengesellschaft, die lediglich vermögensverwaltend tätig ist und nur Kraft gewerblicher Prägung gewerbliche Einkünfte erzielt. Die Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft stellt bei der gemeinnützigen Körperschaft keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Der BFH hat bereits mit Urteil vom 25.5.2011, Az. I R 60/10 entschieden, dass die Einkünfte vermittelt durch eine Beteiligung an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft bei einer gemeinnützigen Körperschaft der steuerfreien Vermögensverwaltung zuzurechnen sind1 und dies mit Urteil vom 18.2.2016, Az. V R 60/13 nochmals bestätigt. Das Finanzministerium Schleswig-Holstein hat nun unter Berücksichtigung der oben genannten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Frage der Buchwertfortführung bei Übertragung von Anteilen an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft auf eine gemeinnützige Körperschaft Stellung genommen.

II. KURZINFORMATION DES FINANZMINISTERIUMS SCHLESWIG-HOLSTEIN

Das Finanzministerium Schleswig-Holstein führt aus, dass für die Übertragung von Anteilen an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft das Buchwertprivileg gemäß § 6 Abs. 3 EStG nicht anwendbar ist. Es fehlt insoweit an den betrieblichen Einkünften bei der übernehmenden gemeinnützigen Körperschaft. Die Aufdeckung der stillen Reserven in den von der Personengesellschaft gehaltenen Wirtschaftsgütern kann damit nur gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG vermieden werden. Dieses Buchwertprivileg kann aber nur dann eingreifen wenn die Übertragung unentgeltlich erfolgt, also keine Verbindlichkeiten übergehen. Sind im Vermögen der Personengesellschaft auch Verbindlichkeiten enthalten, scheitert die Buchwertfortführung. Ob dies bei Mitübertragung von Verbindlichkeiten insgesamt oder nur insoweit gilt, also ob auch durch eine geringe Verbindlichkeit die gesamte Buchwertfortführung versagt werden muss, bleibt offen. Gleiches gilt für die Frage, ob vorstehende Grundsätze auch für die Übertragung von Anteilen an einer gewerblich infizierten Personengesellschaft, also einer teilweise gewerblich tätigen und teilweise vermögens verwaltenden Personengesellschaft gelten.

III. ERGÄNZENDE HINWEISE

Die Übertragung von Anteilen an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft auf eine gemeinnützige Körperschaft ist damit im Regelfall nicht unter Inanspruchnahme der Buchwertfortführung möglich. Die in dem Mitunternehmeranteil verhafteten stillen Reserven wären aufzudecken. Durch die Aufdeckung der stillen Reserven ergibt sich zwar ein höherer Spendenabzug, der die Ertragsteuerbelastung aber regelmäßig aufgrund der Höchstgrenzen des Spendenabzugs nur teilweise kompensieren kann. Daher ist zu empfehlen, für die Übertragung von Anteilen an einer Personengesellschaft auf gemeinnützige Körperschaften und Stiftungen eine verbindliche Auskunft einzuholen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Regelung des § 50i EStG.2 Zur Absicherung der steuerneutralen Übertragung von Anteilen an gewerblich geprägten und aus Vorsichtsgründen auch an gewerblich infizierten Personengesellschaften auf gemeinnützige Körperschaften sind zudem weitere Gestaltungsmaßnahmen möglich. Insbesondere kommt die Einbringung der Anteile an der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft in Betracht. Die Übertragung der Anteile an der zwischengeschalteten  Kapitalgesellschaft auf eine ge meinnützige Körperschaft wäre sodann ertragsteuerneutral möglich.

 

Erbrecht

Digitaler Nachlass – Vererbbarkeit von Benutzerkonten in sozialen Netzwerken

Dr. Sebastian von Thunen, Rechtsanwalt

I. Sachverhalt

Die minderjährige Erblasserin E. registrierte sich 2011 im Alter von 14 Jahren bei dem sozialen Internet-Netzwerk Facebook. 2012 verunglückte E. unter bisher ungeklärten Umständen tödlich. Sie wurde von ihren sorgeberechtigten Eltern beerbt, die hofften, über das Benutzerkonto (Account) von E. etwaige Hinweise über mögliche Absichten oder Motive für den Fall zu erhalten, dass es sich bei dem Tod um ein Suizid handelte. Dies war jedoch nicht möglich, da Facebook das Benutzerkonto nach Erhalt der Todesnachricht durch einen anderen Nutzer in den sogenannten Gedenkzustand versetzt hatte. Dieser bewirkte, dass ein Zugang zum Benutzerkonto auch bei Eingabe der regulären Zugangsdaten nicht mehr möglich war. Bei Eingabe der Zugangsdaten erschien lediglich der Hinweis auf den Gedenkzustand. Damit war für die Eltern jeglicher Zugriff auf die sie interessierenden Daten gesperrt. Die Mutter von E. begehrte nun von der Betreibergesellschaft Facebook Ireland Ltd. Zugang zum Benutzerkonto ihrer Tochter.

II. Entscheidungsgründe

Das Gericht schließt sich der wohl herrschenden Meinung in der Literatur an, dass auch die höchstpersönlichen Daten im digitalen Nachlass des Erblassers im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB als Bestandteil des zwischen ihm und dem jeweiligen Anbieter, hier Facebook, bestehenden Vertragsverhältnisses auf die Erben übergehen. Die in der Literatur teilweise vertretene Auffassung, nach der nur die vermögensrechtlichen Teile des digitalen Nachlasses, nicht hingegen die nicht vermögensrechtlichen vererblich sein sollen, lehnt das Gericht ab, weil eine eindeutige Bestimmung des vermögensrechtlichen Charakters eines Teils des digitalen Nachlasses praktisch nicht möglich sei. Eine unterschiedliche Behandlung des digitalen und des „analogen“ Nachlasses sei außerdem nicht zu rechtfertigen; die Situation entspreche wertungs mäßig vielmehr derjenigen bei Briefen und Tagebüchern, die anerkanntermaßen vererblich sind.

Die von Facebook vertretene Anwendbarkeit irischen Datenschutzrechts lehnt das Gericht ab, lässt sie aber letztlich dahinstehen, weil auch dieses dem Zugriff der Eltern auf das Benutzerkonto jedenfalls nicht entgegenstünde. Im Übrigen stünden weder Vorschriften des deutschen Datenschutzrechts noch Persönlichkeitsrechte Dritter oder höchstpersönliche Rechte der E. dem Zugriff der Eltern als Erben auf das Benutzerkonto entgegen. Insbesondere eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts von E. verneinte das Gericht mit dem Argument, dass Erben hier die sorgeberechtigten Eltern der minderjährigen E. waren, die als solche zugleich bereits zu deren Lebzeiten Sachwalter des Persönlichkeitsrechts ihres minderjährigen Kindes gewesen seien. Wenn der Zugriff zu Lebzeiten den Sorgeberechtigten der E. möglich gewesen sei, könne im Zugriffsrecht auf die Daten nach deren Tod keine  Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts liegen. Dem Zugriff der Eltern auf das Benutzerkonto stehe schließlich auch nicht die sogenannte Gedenkzustandsrichtlinie des Anbieters entgegen, weil in deren Regelungen, die den Zugriff auf das Benutzerkonto „sperren“, eine in derartigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB unangemessene Benachteiligung des Nutzers und seiner Erben liege.

III. Bewertung und praktische Bedeutung

Die Diskussion um den sogenannten digitalen Nachlass ist in vollem Gange. Mit dem Urteil des LG Berlin liegt nun auch eine erste Gerichtsentscheidung dazu vor, die allerdings nicht rechtskräftig ist. Die Berufung ist beim Kammergericht Berlin anhängig (Az. 21 U 9/16). Zu Recht verneint das Landgericht die von Teilen der Fachliteratur vorgeschlagene Unterscheidung zwischen einem vermögensrechtlichen, deshalb vererbbaren, und einem nicht vermögensrechtlichen, deshalb nicht vererbbaren, Teil des digitalen Nachlasses, die praktisch kaum rechtsicher durchzuführen wäre und im Widerspruch zu sonstigen erbrechtlichen Wertungen, etwa zur Vererbbarkeit von Tagebüchern und persönlichen Briefen, stünde. Gut begründet ist auch die Unzulässigkeit der Regelungen der sogenannten Gedenkzustandsrichtlinie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook.
Entscheidend für die rechtliche Behandlung des digitalen Nachlasses dürfte das postmortale Persönlichkeitsrecht werden. Es gehört als solches nicht zum Nachlass, vielmehr sind die nächsten Angehörigen lediglich berechtigt, Angriffe auf die Würde des Verstorbenen abzuwehren. Deshalb ist das Urteil des Landgerichts Berlin auf den digitalen Nachlass volljähriger Erblasser nur eingeschränkt übertragbar. Im vorliegenden Fall konnte das Gericht ausdrücklich offenlassen, ob der Zugriff auf das Benutzerkonto durch die Erben das Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen verletzen kann, weil vorliegend die klagende Erbin als Mutter zugleich berechtigt war, das postmortale Persönlichkeitsrecht ihrer verstorbenen minderjährigen Tochter wahrzunehmen. Fälle, in denen die Erben nicht identisch sind mit den Wahrnehmungsberechtigten des postmortalen Persönlichkeitsrechts, sind unter Umständen anders zu entscheiden.

Facebook erlaubt es seinen Nutzern neuerdings, einen sogenannten Nachlasskontakt zu benennen, der bestimmte Inhalte des Benutzerkontos herunterladen kann, individuelle Kommunikation des Verstorbenen jedoch nicht. Diese will Facebook aber bei Nachweis eines „gültigen Testaments oder eines  eindeutigen Einverständnisses“ herausgeben. Auch vor diesem Hintergrund empfehlen sich somit eindeutige Regelungen zum digitalen Nachlass in einer postmortalen Handlungsvollmacht und/oder in letztwilligen Verfügungen. Allerdings  existieren keine Erfahrungswerte, ob die Betreiber sozialer Netzwerke den Berechtigten den Zugriff aufgrund derartiger Regelungen tatsächlich gewähren. Grundsätzlich besteht für die Nutzer die pragmatische Möglichkeit, ihren Hinterblie benen den Datenzugriff zu ermöglichen, indem sie diesen ihre Zugangsdaten zugänglich machen, womit sie sich aber in der Regel gegenüber ihrem Vertragspartner, dem sozialen Netzwerk, vertragswidrig (und möglicherweise auch Persönlichkeitsrechte Drit ter beeinträchtigend) verhalten. Die praktischen Konsequenzen eines solchen Verstoßes dürften gering sein. Im vorliegenden Fall verhinderte jedoch der zwischenzeitig aktivierte „Gedenkzustand“ auch bei Eingabe der regulären Zugangsdaten jeglichen Zugang zum Benutzerkonto bei Facebook.

Insgesamt ist die Diskussion um den digitalen Nachlass insbesondere im Hinblick auf Persönlichkeitsrechte Dritter, deren Korrespondenz mit dem Verstorbenen mitbetroffen ist, sowie die AGB-rechtliche Zulässigkeit eines Totalausschlusses der Erben, die vor allem im wirtschaftlichen Interesse des Betreibers an der Vermeidung von Arbeitsaufwand für Einzelfallprüfungen der Berechtigungsnachweise von Erben liegt, noch längst nicht beendet.