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Steuerrecht

Keine Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 GrEStG für Anteilsvereinigung durch Erwerb von Gesellschaftsanteilen im Rahmen einer Erbauseinandersetzung

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

I. Problemstellung

Befinden sich in einem Nachlass, den sich mehrere Miterben teilen, Grundstücke und weiteres Vermögen und setzen sich die Miterben im Zuge der Nachlassteilung in der Weise auseinander, dass ein Miterbe die Grundstücke übernimmt, die anderen Miterben das übrige Vermögen, so erleichtert die Vorschrift des § 3 Nr. 3 GrEStG die Nachlassteilung dadurch, dass die Grundstücksübertragung von der Erbengemeinschaft auf den einen Miterben nicht nur im Verhältnis seiner Erbquote, sondern vollständig von der Grunderwerbsteuer befreit wird.

Gehört zum Nachlass aber eine grundbesitzende Personen- oder Kapitalgesellschaft und führt die Erbauseinandersetzung dazu, dass sich bei einem Miterben alle Anteile an der grundbesitzenden Personen- oder Kapitalgesellschaft vereinigen, so stellt diese Anteilsvereinigung ebenfalls einen grundsätzlich nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang dar. Es stellt sich die Frage, ob auch dieser grunderwerbsteuerbare Vorgang nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbefreit sein kann. Mit dieser Frage hat sich der BFH in dem hier kommentierten Urteil vom 25.11.2015 auseinandergesetzt.

II. Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (KL) und seine Schwester (S) waren je zur Hälfte Miterben ihrer Ende 2000 verstorbenen Mutter (M). Zum Nachlass der M gehörten u.a. ein Kommanditanteil von 50 % an der A-KG und ihrer Komplementär-GmbH (A-GmbH & Co. KG). Die A-GmbH & Co. KG ist mit 90 % an der grundbesitzenden G- GmbH beteiligt; die weiteren Geschäftsanteile von 10 % hält KL. Im Zuge der notariell beurkundeten Erbauseinandersetzungsvereinbarung vom 8.6.2001 wurde zwischen den Erben vereinbart, dass KL die Gesellschaftsbeteiligung und S im Wesentlichen den restlichen Nachlass erhält.

Die Ausgangssituation vor Erbauseinandersetzung und die rechtliche Situation nach erfolgter Erbauseinandersetzung sind in den Abbildungen auf Seite 70 im Überblick dargestellt.

 III. Entscheidungsgründe

 Zunächst hatte der BFH zu entscheiden, ob im Streitfall die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG (Anteilsvereinigung) erfüllt sind. Der Kläger hat aufgrund der Erbauseinandersetzungsvereinbarung die restlichen Anteile an der A-GmbH & Co. KG erhalten mit der Folge, dass er alleiniger Gesellschafter der A-GmbH & Co. KG geworden ist. Damit ist ihm auch die Beteiligung der grundbesitzenden G-GmbH in vollem Umfang zuzurechnen. Der BFH führt aus, dass der Kläger durch seine unmittelbare Beteiligung von 10 % und seine mittelbare Beteiligung über die A-GmbH & Co. KG zu 90 % an der G-GmbH beteiligt ist und somit mit dem Abschluss des Erbauseinandersetzungsvertrags alle Anteile an der G-GmbH in seiner Hand vereinigt werden. Somit liegt nach Auffassung des BFH ein nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbarer Erwerbsvorgang vor.

Der BFH erläutert in diesem Zusammenhang die Bedeutung des in § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG geregelten Tatbestands der Anteilsvereinigung. Die Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass demjenigen, der mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in seiner Hand vereinigt, eine dem zivilrechtlichen Eigentum an einem Grundstück vergleichbare Rechtszuständigkeit an dem Gesellschaftsgrundstück zuwächst. Dies gilt nach Auffassung des BFH auch für den hier vorliegenden Erwerb einer mittelbaren Beteiligung an einer grundbesitzenden Gesellschaft (hier der G-GmbH), wenn die Beteiligungsquote von 95 % auf jeder Beteiligungsstufe erreicht wird.

Sodann führt der BFH aus, dass der aufgrund der Anteilsvereinigung fingierte Grundstückserwerb des Klägers von der G-GmbH nicht nach § 3 Nr. 3 GrEStG steuerbefreit ist. Der BFH beruft sich hierbei auf den Wortlaut des § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG, nach dem von der Besteuerung der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses ausgenommen ist. Für die Steuerbefreiung ist nach Auffassung des BFH an dem fiktiven Erwerb des Grundstücks von der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft anzuknüpfen. Der Kläger erwirbt danach zwar im Rahmen der Erbauseinandersetzung bedingt durch die Anteilsvereinigung fiktiv ein Grundstück. Dieses Grundstück gehört aber nicht zum Nachlass, sondern es befindet sich im Vermögen der G-GmbH. Nach Auffassung des BFH liegt somit grunderwerbsteuerlich kein Erwerb von der Erbengemeinschaft, sondern ein (fiktiver) Erwerb von der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft vor. Auch zivilrechtlich ist nach Auffassung des BFH kein Grundstückserwerb, sondern ein Anteilserwerb gegeben.

Sodann führt der BFH aus, dass auch die Rechtsprechung zur Anwendung der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nicht auf die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG übertragbar ist. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG greift nach der Rechtsprechung des BFH auch in Fällen, in denen durch die schenkweise Übertragung des Anteils an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft der Tatbestand einer Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt wird. Der BFH begründet die unterschiedliche Behandlung einer Anteilsvereinigung auf Basis einer Erbauseinandersetzung und einer schenkweisen Anteilsübertragung bezüglich der Befreiung von der Grunderwerbsteuer damit, dass § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG den Zweck habe, die doppelte Belastung eines Lebensvorgangs (hier der schenkweisen Anteilsübertragung) mit Grunderwerbsteuer und Schenkungsteuer zu vermeiden. Um diesem Gesetzeszweck Rechnung zu tragen, ist nach Auffassung des BFH die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG bei einer Anteilsvereinigung auf Basis schenkweiser Anteilsübertragungen anwendbar (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 12.10.2006, Az. II R 79/05, BStBl. Teil II 2007, 409 und BFH vom 23.5.2012, Az. II R 21/10, BStBl. Teil II 2012, 793). Im Ergebnis kommt der BFH zu der Auffassung, dass eine erweiternde Auslegung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 3 Satz 1 GrEStG für den hier vorliegenden Fall einer Anteilsvereinigung aufgrund einer Erbauseinanderetzung nicht geboten ist.

IV. Praktische Bedeutung

Im Zuge einer Erbauseinandersetzung, bei der im Nachlass auch Anteile an grundbesitzhaltenden Personen- oder Kapitalgesellschaften enthalten sind, muss das hier erläuterte BFH-Urteil Beachtung finden. Gegebenenfalls kann bei der Gestaltung der Erbauseinandersetzung eine grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vermieden werden, in dem beispielsweise einer der Miterben im Zuge des Erbauseinandersetzungsvorgangs eine die Anteilsvereinigung vermeidende Minderheitsbeteiligung erhält.

Unter Hinweis auf die zuvor genannte Rechtsprechung des BFH zur Anwendung der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG in Fällen der schenkweisen Anteilsübertragung bei einer damit verbundenen Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG kann auch durch vorweggenommene Erbfolgemaßnahmen die beabsichtigte Vermögensverteilung möglicherweise auch ohne grunderwerbsteuerliche Belastungen erreicht werden. Allerdings bedarf es im Einzelnen einer genaueren Betrachtung, in welchem Umfang auch bei schenkweisen Anteilsübertragungen tatsächlich von der grunderwerbsteuerlichen Befreiung Gebrauch gemacht werden kann. Die Anzahlvon Gründen, diefür eine vorweggenommene Erbfolgeregelung sprechen können, ist somit durch die hier kommentierte Rechtsprechung des BFH um ein Argument reicher geworden.

Erbrecht

Bundesverfassungsgericht erklärt die Verschonungsregelungen für Betriebsvermögen in ihrer derzeitigen Ausgestaltung für verfassungswidrig

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

(Auszugsweise Wiedergabe der Leitsätze des Urteils)

IV. Die Verschonung von Erbschaftsteuer beim Übergang betrieblichen Vermögens in §§ 13a und 13b ErbStG ist angesichts ihres Ausmaßes und der eröffneten Gestal- tungsmöglichkeiten mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar.

a. Es liegt allerdings im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittelständische Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und damit auch zur Erhaltung der Arbeitsplätze von der Erbschaftsteuer weitgehend oder vollständig freizustellen. Für jedes Maß der Steuerverschonung benötigt der Gesetzgeber allerdings tragfähige Rechtfertigungsgründe.

b. Die Privilegierung des unentgeltlichen Erwerbs betrieblichen Vermögens ist jedoch unverhältnismäßig, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen.

c. Die Lohnsummenregelung ist im Grundsatz verfassungsgemäß; die Freistellung von der Mindestlohnsumme privilegiert aber den Erwerb von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten unverhältnismäßig.

d. Die Regelung über das Verwaltungsvermögen ist nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, weil sie den Erwerb von begünstigtem Vermögen selbst dann uneingeschränkt verschont, wenn es bis zu 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht, ohne dass hierfür ein tragfähiger Rechtfertigungsgrund vorliegt.

 

I. Problemstellung und praktische Bedeutung

Aufgrund des Vorlagebeschlusses des BFH vom 27.09.2012 musste sich das Bundesverfassungsgericht erneut mit der Frage auseinandersetzen, ob das seit 01.01.2009 gültige Erbschaftsteuerrecht verfassungskonform ausgestaltet ist. Vom BFH kritisiert wurde insbesondere die umfassende Verschonung von unternehmerischem Vermögen nach den §§ 13a, 13b ErbStG, die nach dessen Auffassung zu einer „das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung“ führe.

Angesichts der am Verkehrswert orientierten Neuregelung der Bewertung von betrieblichem Vermögen für Zwecke der Erbschaftsteuer kommt der Inanspruchnahme von Verschonungsregelungen in der Unternehmensnachfolge eine hohe praktische Bedeutung zu.

II. Zum Sachverhalt

In dem vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidenden Ausgangsverfahren ging es nicht um die steuerliche Verschonung für betriebliches Vermögen. Vielmehr war der Kläger des Ausgangsverfahrens Miterbe nach dem 2009 verstorbenen Erblasser. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und einem Steuererstattungsanspruch zusammen. Das Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer mit einem Steuersatz von 30 % nach Steuerklasse II fest. Der Kläger machte geltend, die nur für das Jahr 2009 vorgesehene Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III sei verfassungswidrig. Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. Im Revisionsverfahren hatte der Bundesfinanzhof mit dem vorgenannten Beschluss vom 27.09.2012 dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 19 Abs. 1 ErbStG in der 2009 geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 13a und 13b ErbStG wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig sind. Der BFH vertrat die Auffassung, dass die Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III in § 19 Abs. 1 ErbStG zwar verfassungsrechtlich hinzunehmen sei, jedoch sei diese Vorschrift in Verbindung mit den Steuervergünstigungen der §§ 13a und 13b ErbStG gleichheitswidrig.

III. Entscheidungsgründe

In dem mit Spannung erwarteten Urteil kommt das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis, dass die §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 ErbStG in Teilen gegen Artikel 3 Abs. 1 GG verstoßen und damit verfassungswidrig sind. Im Einzelnen begründet das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung wie folgt:

Zulässigkeit des Verfahrens und Gesetzgebungskompetenz des Bundes:

Zunächst führt das Bundesverfassungsgericht aus, dass die Vorlage des Bundesfinanzhofs im Wesentlichen zulässig sei. Das Bundesverfassungsgericht stellt auch klar, dass für die vorgelegten Normen des ErbStG eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG besteht. Diese Gesetzgebungskompetenz wurde im Vorfeld der Entscheidung verschiedentlich in Frage gestellt. Das Bundesverfassungsgericht führt in diesem Zusammenhang aus, dass der Bundesgesetzgeber davon ausgehen durfte, dass ohne bundesgesetzliche Regelung eine Rechtszersplitterung mit nicht unerheblichen Nachteilen für Erblasser und Erwerber betrieblichen Vermögens wie auch für die Finanzverwaltung zu befürchten wäre.

Sodann befasst sich das Bundesverfassungsgericht im Einzelnen mit den erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für den Übergang betrieblichen Vermögens und begründet seine Auffassung, warum diese in Teilen gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

Verschonungsregelungen grundsätzlich  verfassungsgemäß

Trotz der mit den Verschonungsregelungen verbundenen Ungleichbehandlungen der Erwerber betrieblichen und nichtbetrieblichen Vermögens, die im Hinblick auf den Verschonungsabschlag von 85 % oder 100 % ein enormes Ausmaß erreichen können, hält das Bundesverfassungsgericht die §§ 13a und 13b ErbStG für grundsätzlich geeignet und im Grundsatz auch erforderlich, um die mit ihnen verfolgten Ziele zu erreichen. Das Bundesverfassungsgericht attestiert dem Gesetzgeber insoweit einen weiten Einschätzungs- und Prognosespielraum. Das Gericht anerkennt in seiner Entscheidung die Einschätzung des Gesetzgebers, dass eine ernsthafte Gefahr von Liquiditätsproblemen im Falle einer vollen Besteuerung des unentgeltlichen Übergangs von Unternehmen unterstellt werden kann. Die im Vorfeld des Urteils immer wieder diskutierte Frage, ob es eines empirischen Nachweises für die Gefährdung von Unternehmen durch die Erbschaftsteuer bedarf, verneint das Bundesverfassungsgericht. Wörtlich heißt es hierzu in der Tz. 152 der Entscheidung: „Durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass in nicht nur seltenen Fällen eine Belastung der Unternehmensnachfolge mit Erbschaft- und Schenkungsteuer die Betriebe in Liquiditätsschwierigkeiten bringen kann und letztlich Arbeitsplätze gefährdet…, liegt es auch im Rahmen seines Gestaltungsspielraums, die Verschonung ohne individuelle Bedürfnisprüfung zu gewähren.“ Das Bundesverfassungsgericht anerkennt in diesem Zusammenhang auch, dass die Stundungsregelung, wie sie beispielsweise in § 28 ErbStG verankert ist, keine ebenso effektive Entlastung bewirkt wie eine Befreiungsnorm. Auch der Verschonungsabschlag von 100 % wird vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzgebers, kleine und mittelständische, durch personale Führungsverantwortung geprägte Unternehmen – insbesondere Familienunternehmen – zu fördern und zu erhalten, im Grundsatz anerkannt.

Anwendung der Verschonungsrege- lungen bei großen Unternehmensvermögen erfordert eine individuelle Bedürfnisprüfung

Allerdings sieht es das Bundesverfassungsgericht als unverhältnismäßig

an, wenn die Ungleichbehandlung zwischen begünstigtem unternehmerischen und nicht begünstigtem sonstigen Vermögen auf Unternehmen Anwendung findet, welche die Größe kleiner und mittlerer Unternehmen überschreiten. Zwar schließt das Bundesverfassungsgericht nicht aus, dass auch sehr große Unternehmen im Falle des Wegfalls von Verschonungsabschlägen durch eine entsprechend hohe Erbschaft- oder Schenkungsteuerbelastung der Erwerber in finanzielle Schwierigkeiten geraten und an Investitionskraft verlieren könnten. Diese Risiken können nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts im Ergebnis auch die Steuerverschonung sehr großer Unternehmen rechtfertigen. Allerdings wird die Verhältnismäßigkeit dieser Ungleichbehandlung dann aber vom Bundesverfassungsgericht an eine Bedürfnisprüfung geknüpft. Das Bundesverfassungsgericht lässt in seiner Entscheidung offen, ab wann genau die aus der Steuerverschonung des unentgeltlichen Erwerbs unternehmerischen Vermögens folgende Ungleichbehandlung nicht mehr verhältnismäßig ist und es einer solchen Bedürfnisprüfung bedarf. Als mögliche Orientierung verweist das Bundesverfassungsgericht auf die in der EU gültige Definition für kleine und mittlere Unternehmen, zu denen solche gezählt werden, die weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. € erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. € beläuft. Ergänzend bringt das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang auch eine Förderungshöchstgrenze ins Spiel. Es verweist in seiner Entscheidung auf den ursprünglichen Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Unternehmensnachfolge vom 30.05.2005, in dem eine Förderungshöchstgrenze von 100 Mio. € (bezogen auf den einzelnen Erwerb) vorgesehen war, bis zu dem die Steuerverschonung möglich sein soll.

Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Anwendung der Lohnsummenregelung ist verfassungswidrig

Die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Lohnsummenregelung im Grundsatz mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, nicht jedoch die Freistellung von Betrieben mit nicht mehr als 20 Beschäftigten, wird damit begründet, dass Erwerber von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten dadurch unverhältnismäßig privilegiert würden. Das Bundesverfassungsgericht verweist auf die Ausführungen des Bundesfinanzhofs, wonach weit über 90 % aller Betriebe in Deutschland nicht mehr als 20 Beschäftigte haben. Betriebe könnten daher fast flächendeckend die steuerliche Begünstigung ohne Rücksicht auf die Erhaltung von Arbeitsplätzen beanspruchen, obwohl der mit dem Nachweis und der Kontrolle der Mindestlohnsumme verbundene Verwaltungsaufwand nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht so hoch ist, wie das teilweise geltend gemacht würde.

Regelungen zum Verwaltungsvermögen sind verfassungswidrig

Auch die Ausgestaltung der Regelungen zum Verwaltungsvermögen ist nach Auffassung des Gerichts nicht mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, soweit diese begünstigtes Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 1 ErbStG mit einem Anteil von bis zu 50 % Verwaltungsvermögen insgesamt in den Genuss eines Verschonungsabschlags und der sonstigen Begünstigungen bringen. Das Bundesverfassungsgericht sieht es als problematisch an, dass die großzügige Freistellung von Verwaltungsvermögen von bis zu 50 % steuerliche Gestaltungen, z.B. die Verlagerung von privatem in betriebliches Vermögen, begünstigt.

Gestaltungsanfälligkeit des ErbStG

Im Zusammenhang mit der Lohnsummenregelung und der Regelung zum Verwaltungsvermögen wird das ErbStG auch insoweit vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt, als es Gestaltungen zulässt, mit denen Steuerentlastungen erzielt werden können, die es nicht bezweckt und die gleichheitsrechtlich nicht zu rechtfertigen sind. In diesem Zusammenhang weist das Bundesverfassungsgericht auf Gestaltungen hin, welche die Lohnsummenpflicht durch Betriebsaufspaltungen umgehen oder welche sich die 50-Prozent-Regel für Verwaltungsvermögen in Konzernstrukturen nutzbar machen oder – zumindest in der Vergangenheit – bei sogenannten Cash-Gesellschaften.

Gesamtbeurteilung durch das Gericht, Übergangsfrist und Vertrauensschutz

Im Ergebnis kommt das Bundesverfassungsgericht zu dem Urteil, dass die festgestellten Gleichheitsverstöße die §§ 13a und 13b ErbStG insgesamt erfassen und diese Normen daher als verfassungswidrig anzusehen sind. Dies hat nach Auffassung des Gerichts auch Auswirkungen auf die Tarifnorm des § 19 Abs. 1 ErbStG, welche die Besteuerung begünstigten wie nicht begünstigten Vermögens gleichermaßen betrifft und daher vom Gericht ebenfalls für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG erklärt wurde. Damit ist nach Auffassung des Gerichts auch die Erhebung der Erbschaftsteuer für den Übergang von Privatvermögen blockiert.

Dem Gesetzgeber wird aber die Möglichkeit eingeräumt, einen verfassungsgemäßen Zustand durch eine umfassende Nachbesserung oder grundsätzliche Neukonzeption der gesamten Verschonungsregelungen binnen angemessener Zeit herbeizuführen. Das Gericht ordnet in diesem Zusammenhang die begrenzte Fortgeltung der genannten Normen bis zum 30.06.2016 an. Allerdings weist das Bundesverfassungsgericht darauf hin, dass die Fortgeltung der verfassungswidrigen Normen keinen Vertrauensschutz gegen ein auf den Zeitpunkt der Verkündung des Urteils (17.12.2014) bezogene rückwirkende Neuregelung begründet, die einer exzessiven Ausnutzung gerade der als gleichheitswidrig befundenen Ausgestaltung der §§ 13a und 13b ErbStG die Anerkennung versagt.

In der Urteilsbegründung wird darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einstimmig ergangen ist. Von drei Richtern des ersten Senats wurde aber ein Sondervotum abgegeben, wonach sich die Begründung der Verfassungswidrigkeit der vorgenannten Normen des Erbschaftsteuergesetzes auch aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG ableiten ließe. Die Erbschaftsteuer wird in diesem Zusammenhang als ein Beitrag zur Herstellung sozialer Chancengleichheit angesehen.

IV. Ergänzende Hinweise

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird in ersten Stellungnahmen überwiegend positiv kommentiert, vor allem im Hinblick auf die grundsätzliche Anerkennung der Verschonungsabschläge für betriebliches Vermögen als verfassungsgemäß.

Zur Bedürfnisprüfung bei der Übertragung großer Unternehmensvermögen

Allerdings führt die vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte Bedürfnisprüfung bereits jetzt zu erheblichen Diskussionen in der Politik und auch zu Unsicherheit bei den von dieser Diskussion Betroffenen. Das der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts angehängte Sondervotum trägt seinerseits zu den Befürchtungen bei, dass die Erbschaftsteuer instrumentalisiert werden könnte, um Vermögen umzuverteilen.

Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung, insbesondere in den Tz. 171 ff., klar zum Ausdruck gebracht hat, dass die Erbschaft- oder Schenkungsteuerlast auch große Unternehmen und deren Gesellschafter in Schwierigkeiten bringen kann und diese Schwierigkeiten zum Verlust von Arbeitsplätzen und zum Verlust an Investitionskraft führen können. Diese Risiken können nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts auch die Steuerverschonung sehr großer Unternehmen rechtfertigen. Es muss im Zuge der vom Bundesverfassungsgericht eingeforderten Neuregelung der Verschonungsregelungen vor allem vermieden werden, dass die Bedürfnisprüfung für größere Familienunternehmen hohe bürokratische Hürden mit sich bringt. Es gilt ferner zu bedenken, dass das Bundesverfassungsgericht gleichzeitig mit dieser Bedürfnisprüfung auch eine Verschärfung der Vorschriften zum Verwaltungsvermögen anmahnt.

Übergangsbestimmungen und Vertrauensschutz

Ein weiterer Diskussionspunkt wird sich aus den vom Bundesverfassungsgericht formulierten Übergangsbestimmungen ergeben. Im Schlussteil des Urteils begründet das Bundesverfassungsgericht die übergangsweise Fortgeltung der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen neben haushaltswirtschaftlichen Überlegungen damit, dass eine Ungewissheit über den Inhalt der künftigen, dann mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Verkündung des Urteils in Kraft zu setzenden Regeln des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts vor allem für die Inhaber von Unternehmen und ihre künftigen Erben oder sonstigen Nachfolger schwer erträglich wäre. Das Bundesverfassungsgericht betont, dass gerade sie ein berechtigtes Interesse an einer verlässlichen Rechtsgrundlage für die Nachfolgeplanung auch in steuerlicher Hinsicht haben. Erst am Ende des Urteils, in Tz. 292, führt das Bundesverfassungsgericht aber aus, dass die Anordnung der Fortgeltung der verfassungswidrigen Normen keinen Vertrauensschutz gegen eine auf den Zeitpunkt der Verkündung dieses Urteils bezogene rückwirkende Neuregelung begründet, die einer exzessiven Ausnutzung gerade der als gleichheitswidrig befundenen Ausgestaltungen der §§ 13a und 13b ErbStG die Anerkennung versagt. Es stellt sich nun die Frage, was unter einer solchen exzessiven Ausnutzung zu verstehen ist. Fallen darunter nur die vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig beanstandeten Gestaltungsmöglichkeiten in Form der Betriebsaufspaltungsfälle (Vermeidung der Lohnsummenprüfung) oder der Gestaltung von Verwaltungsvermögensquoten bei Konzernstrukturen (sogenannter Kaskadeneffekt durch Verlagerung von Verwaltungsvermögen in Tochtergesellschaften) und die Cash-Gesellschaften, die zwischenzeitlich aber bereits ohnehin gesetzgeberisch eingedämmt wurden? Oder kann als exzessive Ausnutzung der §§ 13a und 13b ErbStG auch der vom Bundesverfassungsgericht beanstandete Umfang des verschonten Verwaltungsvermögens (50 %-Grenze) angesehen werden? Letzterenfalls würde eine Neuregelung mit Rückwirkung zum Tag der Urteilsverkündung durchaus eine Vielzahl von Fällen betreffen. Dies stünde in Widerspruch zu der Aussage des Bundesverfassungsgerichts, dass die Inhaber von Unternehmen und ihre Nachfolger ein berechtigtes Interesse an einer verlässlichen Rechtsgrundlage für die Nachfolgeplanung auch in steuerlicher Hinsicht haben und deshalb die Ungewissheit über den Inhalt der künftigen gesetzlichen Regelungen im Falle von deren Rückwirkung schwer erträglich wäre. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber hier baldmöglichst eine klarstellende Aussage trifft, wie er dem vom Bundesverfassungsgericht eingeforderten Prinzip der Rechtssicherheit Rechnung tragen möchte.

Steuerrecht

Ertragsteuerliche Behandlung der Kosten einer Kapitalgesellschaft für die Bewertung von Gesellschaftsanteilen für Zwecke der Erbschaftsteuer

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Die nachfolgend kommentierte Mitteilung des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 03.09.2014 setzt sich mit der Frage auseinander, wie die Kosten, die einer Kapitalgesellschaft im Zusammenhang mit der Erstellung einer Schenkung- oder Erbschaftsteuererklärung für die Bewertung des Gesellschaftsanteils eines Gesellschafters entstehen, ertragsteuerlich zu behandeln sind.

I. Praktische Bedeutung

Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft geschenkt oder vererbt, so ist dieser Anteil für Zwecke der Erstellung der Schenkung- oder Erbschaftsteuererklärung zu bewerten. Liegt kein Börsenkurs oder aber ein aus Verkäufen ableitbarer Wert vor, so muss der Wert auf Basis einer auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt werden (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG).

Diese Bewertung ist nach den gesetzlichen Vorschriften (§ 151 Abs. 3 BewG) von der Gesellschaft durchzuführen. Dies ist auch sachgerecht, da der einzelne Gesellschafter häufig gar nicht über die Informationen verfügt, die erforderlich sind, um eine solche Bewertung durchführen zu können. Diese Bewertung kann mit erheb- lichen Kosten verbunden sein, z.B. wenn ein Unternehmensbewertungsgutachten nach dem Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer erstellt werden muss. Werden diese Kosten von der Kapitalgesellschaft übernommen, so stellt sich die Frage nach deren ertragsteuerlichen Behandlung. Hierzu führt die Finanzverwaltung Folgendes aus.

II. Regelung in der Mitteilung vom 09.2014

Das Finanzministerium Schleswig- Holstein stellt in der Mitteilung vom 03.09.2014 klar, dass die Aufwendungen, die einer Kapitalgesellschaft im Zusammenhang mit der Erstellung einer Erklärung zur gesonderten Feststellung des gemeinen Werts von Gesellschaftsanteilen für Zwecke der Erbschaftsteuer entstehen, keine verdeckte Gewinnausschüttung i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG darstellen.

Im Umkehrschluss folg daraus, dass die Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können. Eine weitere Folge daraus ist, dass ein Abzug der Kosten beim Erwerber (Beschenkter oder Erbe) in diesen Fällen ausscheidet.

III. Ergänzende Hinweise

Sollte es erforderlich sein, dass im Rahmen der Ermittlung des Anteilswerts zusätzlich auch Grundbesitzwerte durch die Gesellschaft ermittelt werden müssen, dürfte entsprechend zu verfahren sein. Allerdings äußert sich die vorgenannte Mitteilung des Finanzministeriums Schleswig-Holstein hierzu nicht.

In einer weiteren Mitteilung des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 18.12.2014 wird zu der Frage Stellung genommen, ob auch die Aufwendungen einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) im Zusammenhang mit der Erstellung einer Erklärung zur Feststellung von Grundbesitzwerten oder zum Wert eines Anteils am Betriebsvermögen für Zwecke der Erbschaftsteuer als Betriebsausgabe abzugsfähig sind. Für diesen Fall vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass diese Aufwendungen bei der Gewinnermittlung für die Mitunternehmerschaft nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Im Erbfall können diese Aufwendungen aber als Nachlassregelungskosten im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung geltend gemacht werden (siehe hierzu die Regelung in den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 unter HE 10.7 und BFH-Urteil vom 19.06.2013-II R 20/12, BStBl Teil II 2013, Seite 738).

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Antrag auf Optionsverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Praktische Bedeutung

Liegt erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen vor (z.B. Betriebsvermögen, Anteile von mehr als 25 % an Kapitalgesellschaften mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland oder in der EU/ EWR), so unterliegt dieses begünstigte Vermögen grds. einem Regelverschonungsabschlag von 85 % (§ 13b Abs. 4 ErbStG). Weitere Voraussetzung für die Gewährung des Regelverschonungsabschlags ist, dass das begünstigte Vermögen zu nicht mehr als 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht.

Liegt erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen vor und besteht dieses Vermögen zu nicht mehr als 10 % aus Verwaltungsvermögen, sieht § 13a Abs. 8 ErbStG die Möglichkeit vor, von der sogenannten Vollverschonung (100%-iger Verschonungsabschlag oder sogenannte Optionsverschonung) Gebrauch zu machen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist ein solcher Antrag vom Erwerber des begünstigten Vermögens unwiderruflich zu erklären.

Wird ein solcher Antrag gestellt, so ergeben sich höhere Auflagen für den vollständigen Erhalt dieses 100%-igen Verschonungsabschlags. Hierzu gehört eine auf sieben Jahre verlängerte Behaltensfrist und eine höhere Anforderung betreffend die zu erhaltende Lohnsumme (insgesamt in einem Betrachtungszeitraum von ebenfalls sieben Jahren müssen 700 % der Ausgangslohnsumme, somit im Durchschnitt 100 % der Ausgangslohnsumme, mindestens erhalten bleiben).

Da insbesondere der Anteil des Ver- waltungsvermögens mit Unsicherheiten behaftet ist, aber auch im Nachgang zu einer erbschaftsteuerlich begünstigten Übertragung ungeplante Ereignisse eintreten können, die die Behaltensfristen oder die Lohnsummenentwicklung tangieren, kann es in der Beratungspraxis durchaus sinnvoll sein, den unwiderruflich zu stellenden Antrag auf die Vollverschonung möglichst weit in die Zukunft zu verschieben. Allerdings ist dann zu berücksichtigen, dass bei einer zeitnahen Veranlagung des Schenkungs- oder Erbfalles zunächst eine Steuerfestsetzung auf Basis der Regelverschonung die Folge sein wird. Die Steuer muss dann zunächst auch entrichtet werden, sofern nicht gegen den Steuerbescheid Einspruch eingelegt und Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wird.

Mit der nun vorliegenden Verfügung der OFD Karlsruhe wird jedenfalls deutlich, dass die Finanzverwaltung im Falle eines Einspruchs gegen den Steuerbescheid – ggf. verbunden mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung die Rücknahme des Einspruchs fordern wird, wenn lediglich das Ziel verfolgt wird, Zeit für die endgültige Entscheidung über den Antrag auf Optionsverschonung zu gewinnen.

Die Regelungen der Verfügung der OFD Karlsruhe vom 07.08.2014 im Einzelnen

Zunächst verweist die OFD Karlsruhe in ihrer Verfügung auf die Aussage in den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011, dass der Antrag auf Optionsverschonung bis zum Eintritt der materiellen Bestandskraft möglich ist. Sodann wird auf die Praxis der Finanzverwaltung hingewiesen, dass seit Mitte November 2012 die Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide gemäß 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes nur vorläufig ergehen. Durch diesen Vorläufigkeitsvermerk werden die aktuellen Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide hinsichtlich der Anwendung der §§ 13a, 13b ErbStG unabhängig vom Ausgang des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht materiell nicht bestandkräftig. Ausführlich erläutert werden sodann auch die verschiedensten Möglichkeiten, die zu einem endgültigen Steuerbescheid führen könnten, u.a. durch Ablauf der Festsetzungsfrist, die beispielsweise nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Veröffentlichung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts enden wird. Dies veranlasst die OFD Karlsruhe zu der Aussage, dass die Steuerpflichtigen somit noch ausreichend Zeit haben, den Antrag auf Optionsverschonung zu stellen, ohne dass es der Einlegung eines Einspruchs bedarf.

Die OFD Karlsruhe hat mit ihrer Verfügung sicherlich Klarheit bzgl. der verfahrensrechtlichen Seite zum Antrag auf Optionsverschonung geschaffen. Es bleibt dennoch zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht bald zur Rechtssicherheit darüber beiträgt, ob und in welchem Umfang weiterhin von den Verschonungsregelungen im Erbschaftsteuergesetz Gebrauch gemacht werden kann. Vielleicht liegt ja bei der Erscheinung dieser Ausgabe der FuS schon eine Aussage aus Karlsruhe vor.

Finanzgerichtsordnung

Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung bei Erbschaftsteuerbescheiden

Günther Claß, Dipl.-Jurist, Dipl.-Betriebswirt (BA), Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung

Beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ist auf Vorlage des Bundesfinanzhofs (BFH) ein Normenkontrollverfahren zu der Frage anhängig, ob die Vorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG (Tarifvorschrift) i.V.m. §§ 13a und 13b ErbStG (betreffend die Verschonungsabschläge von 85 % oder 100 % für betriebliches Vermögen) wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig ist. Nach Auffassung des BFH ist das ErbStG verfassungswidrig, da die in den §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen in wesentlichen Teilen mit großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen und dadurch die Steuerpflichtigen, die die Vergünsti- gungen nicht in Anspruch nehmen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt würden (vgl. zu diesem Vorlagebeschluss des BFH vom 27.09.2012, Az. II R 9/11, die Ausführungen in FuS 6/2012, 244). Mit einer Entscheidung des BVerfG in dieser Sache wird im 1. Halbjahr 2014 gerechnet. Bis zur Entscheidung des BVerfG stellt sich aber für die Steuerpflichtigen, die von der Festsetzung von Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer betroffen sind, die Frage, ob sie unter Berufung auf das beim BVerfG anhängige Verfahren Aussetzung der Vollziehung bezüglich der festgesetzten Steuer beantragen können. Eine Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden ist immer dann geboten, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung bestehen. Allerdings müsste dann gegen den Erbschaftsteuerbescheid Einspruch eingelegt werden.

Mit dieser Frage beschäftigt sich der hier dargestellte Beschluss des BFH vom 21.11.2013. Im Kern geht es um die Frage, ob eine Aussetzung der Vollziehung auch dann gerechtfertigt ist, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Erb- schaftsteuerbescheides einzig auf der Verfassungswidrigkeit des ErbStG beruhen. In einer solchen Konstellation bedarf es neben der Prognose der Verfassungswidrigkeit auch der Prognose über die mögliche Entschei- dung des BVerfG, welches aufgrund der Tragweite der Entscheidung möglicherweise nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Unvereinbarkeit des Gesetzes mit dem Grundgesetz feststellen und die begrenzte Weitergeltung anordnen könnte, sodass im Ergebnis trotz der Verfassungswid- rigkeit des ErbStG – die im Steuer- bescheid festgesetzte Steuerschuld bestehen bliebe.

Nach bisheriger gefestigter Rechtsprechung des BFH (zuletzt BFH v. 04.05.2011, Az. II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395; zum ErbStG 2009 BFH v. 01.04.2010, Az. II B 168/09, BStBl. II 2010, 588) wurde dem Steuerpflichtigen, sofern als Entscheidung des BVerfG die begrenzte Fortgeltung des verfassungswidrigen Rechts zu erwarten war, einstweiliger Rechtsschutz in Form der Aussetzung der Vollziehung nicht gewährt. Dies wurde in der Literatur unter Hinweis auf Art. 19 Abs. 4 GG hef- tig kritisiert (vgl. u.a. Seer in Tipke/ Kruse, AO/FGO, § 69 FGO Rn. 96; Koch in Gräber, FGO, 7. Auflage, § 69 Rn. 113).

Zum Sachverhalt

Die Antragstellerin ist die geschiedene Ehefrau des im September 2011 verstorbenen Erblassers. Aufgrund eines Vermächtnisses auf Lebenszeit erhält sie eine monatliche Rente in Höhe von 2.700 €. Die dafür festgesetzte Erbschaftsteuer betrug 71.000 €, die die Antragstellerin zunächst im Jahre 2012 entrichtete.

Die Antragstellerin legte hiergegen unter Hinweis auf die anhängigen Verfahren zur Verfassungswidrigkeit des ErbStG Einspruch ein, beantragte das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung durch das BVerfG und die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt und das Finanzgericht lehnten den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Gegen diese Entscheidung legte die Antragstellerin Beschwerde beim BFH ein.

Entscheidungsgründe

Der BFH gab der Beschwerde statt und gewährte der Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der festgesetzten Erbschaftsteuer.

In Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschied der BFH, dass auch bei eingeschränkten Erfolgsaussichten des Einspruchs im Hauptsacheverfahren aufgrund der denkbaren Anordnung der zeitlich begrenzten Weitergeltung des verfassungswidrigen ErbStG durch das BVerfG eine Aussetzung der Vollziehung gewährt werden kann, sofern ein qualifiziertes Interesse des Steuerpflichtigen vorhanden ist. Dies sei ein Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). Denn auch im Falle einer begrenzten Weitergeltung des als verfassungswidrig eingestuften Gesetzes sei es denkbar, dass Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet wird, auf Antrag von einer zukünftigen gesetzlichen Neuregelung, die den Anforderungen des BVerfG Rechnung trägt, Gebrauch zu machen.

Nach Auffassung des BFH bedarf es der Abwägung der widerstreitenden Interessen, wobei das besondere Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung des Steuerbescheids auf der einen Seite dem Vollzugsinteresse der öffentlichen Hand auf der anderen Seite gegenüberstehe. Dabei sei auf Seiten der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, ob der steuerpflichtige Erwerb aus liquiden Mitteln in Form von Bargeld, Bankguthaben, fälligen Versicherungsforderungen etc. bestünde, oder ob zur Begleichung der fälligen Erbschaftsteuerschuld eigenes Vermögen eingesetzt oder die erworbenen (illiquiden) Vermögensgegenstände ggf. unter Wert veräußert oder belastet werden müssten.

Vorliegend sei entscheidend, dass die Antragstellerin aufgrund der ratierlichen Rentenzahlung mangels ausreichendem Zufluss aus dem Vermächtnis überwiegend eigenes Vermögen zur Begleichung der fälligen Erbschaftsteuer einsetzen müsse. Daher trete das öffentliche Interesse an einem ordnungsgemäßen Gesetzesvollzug und an einer geordneten Haushaltsführung hinter das Interesse der Antragstellerin zurück.

Weitere Hinweise und Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des BFH ist aus Sicht der Beratungspraxis zu begrüßen. Einen weitergehenden Rückschluss hinsichtlich des Ausgangs des beim BVerfG anhängigen Verfahrens in Bezug auf die grundsätzliche Frage der Verfassungswidrigkeit des ErbStG lässt sich dieser Entscheidung aber nicht entnehmen.

In der Praxis stellt die Erbschaftsteuer für den Steuerpflichtigen regelmäßig eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bereicherung des Erben oder Vermächtnisnehmers nicht aus Barvermögen, sondern aus betrieblich gebundenem Vermögen, Immobilienwerten oder anderweitig nicht liquiden Mitteln, wie beispielsweise eines (zukünftigen) Rentenanspruchs besteht. In diesen Fällen eröffnet die dargestellte Rechtsprechung des BFH dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, durch Antrag auf Aussetzung der Vollziehung die Fälligkeit der Erbschaftsteuerschuld bis zur endgültigen Entscheidung des BVerfG über die Frage der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG aufzuschieben.

Für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung bedarf es allerdings eines berechtigten Interesses, sodass nicht in jedem Fall unter Hinweis auf das anhängige Verfahren vor dem BVerfG die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist. In den vorgenannten Fällen, in denen die Erbschaft aus nicht liquiden Mitteln besteht, ist dieses berechtigte Interesse aber mit Hinweis auf den BFH-Beschluss vom 21.11.2013  regelmäßig darstellbar.

In diesem Zusammenhang dürfen aber auch die Zinsrisiken bei Erfolglosigkeit des dem Aussetzungsantrags zu Grunde liegenden Einspruchs nicht verkannt werden. Hat die Steuerfestsetzung aufgrund der Entscheidung des BVerfG weiterhin Bestand, werden für die „Steuerstundung“ Aussetzungszinsen gem. § 237 AO in Höhe von 0,5 % je Monat (6,0 % p.a.) fällig. Aufgrund des derzeitigen Zinsniveaus kann dies einen teuren Kredit vom Fiskus darstellen. Es gilt daher in jedem Einzelfall abzuwägen, ob ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung festgesetzter Erbschaftsteuer sinnvoll ist.

Steuerrecht

Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter im Rahmen der Unternehmensnachfolge oder der Umstrukturierung von Unternehmen

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Mit Schreiben vom 12.09.2013 hat die Finanzverwaltung zur Anwendung aktueller Urteile des Bundesfinanzhofs zur Übertragung von Mitunternehmeranteilen und von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens nach § 6 Abs. 3 und 5 EStG Stellung genommen. Mit dem Schreiben teilt das BMF mit, dass verschiedene, zu den vorstehenden gesetzlichen Vorschriften jüngst ergangene BFH-Urteile vorerst nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht werden, bis über derzeit noch beim Bundesfinanzhof anhängige Verfahren entschieden worden  ist.  Die Finanzverwaltung will bis auf Weiteres ihre von der aktuellen BFH-Rechtsprechung abweichende Rechtsauffassung zur Anwendung vorgenannter Rechtsvorschriften beibehalten.

Praktische Bedeutung

Die ertragsteuerneutrale Gestaltung der Unternehmensnachfolge und von Umstrukturierungsvorgängen spielt neben der Gewährung erbschaftsteuerlicher Vergünstigungen bei der Übertragung von Unternehmensvermögen eine ganz zentrale Rolle. Verschiedenste Vorschriften im Ertragsteuerrecht vergünstigen deshalb die Übertragung von Wirtschaftsgütern, von Unternehmen oder Unternehmensteilen, indem sie eine Buchwertfortführung ermöglichen. In diesem Zusammenhang sind zu nennen § 6 Abs. 3 und 5 EStG sowie die §§ 20 und 24 UmwStG.

Im Rahmen der Übertragung oder Umstrukturierung von Unternehmen nach § 6 Abs. 3 EStG und nach den §§ 20 und 24 UmwStG versagt die Finanzverwaltung aber die Steuerneutralität, wenn im zeitlichen  und salchichen Zusammenhang dazu einzelne Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 5EStgG in ein anderes Betriebsvermögen transferiert werden. zu dieser Fragestellung wurde im Aufsatz Reindl/Layer im Heft 3/2013 dieser Zeitschrift auf der Seite 112 f. ausführlich anhand des folgenden Beispiels Stellung genommen:

Beispiel

Das Elternteil E überträgt seinen Kommanditanteil an der E-GmbH & Co. KG unentgeltlich auf sein Kind K. E ist darüber hinaus Alleineigentümer eines funktional für den Betrieb der Personengesellschaft wesentlichen Grundstücks, das er bisher der Personengesellschaft zur Nutzung überlässt. Das Grundstück stellt steuerlich sog. Sonderbetriebsvermögen dar. Um im Zuge der Übertragung des Kommanditanteils von E auf K die Entnahme des Grundstücks in das Privatvermögen zu vermeiden, was mit der ertragsteuerpflichtigen Aufdeckung erheblicher stiller Reserven verbunden wäre, überträgt E das Grundstück im Vorfeld der Übertragung des Kommanditanteils an K auf eine eigens hierfür gegründete Immobilien (I) GmbH & Co. KG. Die Übertragung wird dabei unter Anwendung von § 6 Abs. 5 EStG ertragsteuerneutral (zum Buchwert) durchgeführt. In der obigen Abbildung ist dieser Fall dargestellt.

In einem sehr ähnlich gelagerten Fall hatte der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 02.08.2012 entschieden, dass abweichend von der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung in dem vorgenannten Beispielsfall § 6 Abs. 3 EStG Anwendung findet und damit eine erfolgsneutrale Anteilsübertragung von E an K möglich ist. Da sich diese Entscheidung in eine Kette weiterer Entscheidungen zur Anwendung der Vorschrift des § 6 Abs. 5 EStG einreiht, bestand die Hoffnung, dass die Finanzverwaltung ihre sehr enge Auffassung zur ertragsteuerneutralen Umstrukturierung von Unternehmen ändern wird.

Die Regelungen des BMF- Schreibens vom 12.09.2013 im Einzelnen

In dem vorgenannten BMF-Schreiben werden gleich mehrere Urteile zur Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 5 EStG angesprochen, die vorerst von der Finanzverwaltung nicht veröffentlicht werden und damit auch über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht zur Anwendung kommen.

Zum einen betrifft dies zwei Urteile betreffend die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts (z.B. durch Übernahme von Verbindlichkeiten). So hatte der BFH im Urteil vom 19.09.2012, IV R 11/12, entschieden, dass die teilentgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen  derselben Personengesellschaft nicht zur Realisierung eines Gewinns führe, wenn das Entgelt den Buchwert des übertragenen Wirtschaftsguts nicht übersteige. Eine ähnliche Fragestellung hat der BFH im Urteil vom 21.06.2012, IV R 1/08, entschieden.

Ferner wird in dem vorgenannten BMF- Schreiben auch das zuvor bereits dargestellte BFH-Urteil vom 02.08.2012, IV R 41/11 angesprochen.

Mit dem hier dargestellten BMF- Schreiben vom 12.09.2013 verkündet die Finanzverwaltung, dass sie die vorgenannten Entscheidungen zunächst nicht im Bundessteuerblatt veröffentlichen wird und vielmehr an ihren bisherigen Rechtsauffassungen in den BMF-Schreiben zu § 6 Abs. 3 EStG und zu § 6 Abs. 5 EStG festhalten wird, bis vom Bundesfinanzhof weitere, zu diesen Fragen anhängige Urteile entschieden werden.

Es bleibt daher die weitere Entwick- lung der Rechtsprechung abzuwarten.

Hinweis

BMF-Schreiben vom 12.09.2013, IV C 6-S 2241/10/10002, Bundessteuerblatt Teil I 2013, Seite 164

Einkommensteuergesetz

Nutzung einer spanischen Ferienimmobilie kann zu steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen führen

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

In den letzten Jahren ist der Immobilienbesitz von Deutschen in den Nachbarländern der EU stark angestiegen. Schätzungsweise sind alleine zwischen 300.000 und 500.000 spanische Immobilien in deutschem Besitz (vgl. hierzu Feldner/ Härke, ErbStB 2012, S. 147 ff. mit Verweis auf eine Veröffentlichung im Handelsblatt). Es ist durchaus gängige Praxis, beim Ferienhauserwerb in Spanien eine Kapitalgesellschaft  vorzuschalten. Dies erfolgt mit dem Ziel, spanische Wertzuwachs und Erbschaftsteuer zu vermeiden, aber auch aus Gründen der Haftungsbeschränkung sowie der Wahrung der Anonymität. Mit einem solchen Fall beschäftigt sich das nachfolgend erläuterte Urteil des BFH. Bestehende Erwerbsstrukturen, insbesondere beim Immobilienerwerb in Spanien, sind vor dem Hintergrund dieses Urteils zu überprüfen.

Sachverhalt

Die Kläger, eine deutsche Familie, bestehend aus den Eltern und ihren beiden Söhnen, haben im Jahre 2000 für rund 2,4 Mio. DM alle Gesellschaftsanteile an einer spanischen Kapitalgesellschaft in der Rechtsform der Sociedad Limitada (kurz S.L.), vergleichbar einer deutschen GmbH, erworben. Im Eigentum der spanischen Kapitalgesellschaft stand ein 1.000 qm großes, in Porto Andratx auf Mallorca belegenes Grundstück, das von dem Voreigentümer der Gesellschaftsanteile mit einem 160 qm großen Einfamilienhaus mit Schwimmbad  bebaut wurde.

Das Grundstück stand den Klägern ganzjährig zur Verfügung. Die Kläger nutzten das Grundstück in den Streitjahren 2001 bis 2005 bei verschiedenen Aufenthalten zu eigenen Wohnzwecken. Ein Entgelt hierfür entrichteten sie nicht. Dritten wurde das Objekt nicht überlassen. Das Finanzamt behandelte die unentgeltliche Nutzungsüberlassung der Immobilie in den Streitjahren als verdeckte Gewinnausschüttung, deren Höhe aus dem Kaufpreis für das Grundstück zzgl. eines Gewinnzuschlags hergeleitet wurde. Die gegen die geänderten Steuerbescheide eingelegten Einsprüche der Kläger wurden zurückgewiesen. Die hiergegen gerichteten Klagen vor dem Finanzgericht Düsseldorf waren erfolgreich. Der BFH hat mit folgender Begründung der Revision des Finanzamts stattgegeben.

Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des BFH stellt die unentgeltliche Überlassung des Einfamilienhauses der S.L. an die Gesellschafter eine verhinderte Vermögensmehrung bei der spanischen Gesellschaft dar, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei und bei der ausländischen Gesellschaft unter Verweis auf die Vorschrift der 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) führe. Dementsprechend seien bei den Gesellschaftern Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG anzunehmen.

Sodann setzt sich der BFH mit der Frage auseinander, ob Deutschland durch das Doppelbesteuerungsabkommen mit Spanien daran gehindert ist, die vGA zu besteuern. Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass Deutschland nach den Regelungen des DBA auch das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften zusteht. Der BFH hat allerdings die Sache an das vorinstanzliche Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen, um u.a. die steuerliche Behandlung in Spanien zu klären. Diese Frage ist für die Ableitung des deutschen Besteuerungsrechts aus dem DBA Deutschland-Spanien von erheblicher Relevanz, insbesondere auch für die Möglichkeit der Anrechnung von in Spanien erhobener Ertragsteuer. Ferner hat das Finanzgericht zu klären, ob die vom Finanzamt angesetzten und als Einkünfte behandelten Werte für die Nutzungsüberlassungen (einschließlich der hierfür gebotenen Gewinnzuschläge) marktgerecht und angemessen sind.

Praktische Bedeutung

Betroffen von der Entscheidung sind Fälle, in denen für die Nutzung einer im Eigentum einer Kapitalgesellschaft befindlichen Immobilie keine oder zumindest keine marktüblichen Mieten durch die Gesellschafter gezahlt werden. Was marktüblich ist, ist sicherlich auch von dem jeweiligen Sachverhalt abhängig, z.B. von der Lage der Immobilie und der Dauer der Nutzungsüberlassung. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich die Problematik durch das neue, ab 2013 geltende DBA mit Spanien keinesfalls erübrigt hat. Darauf hat der BFH in seiner Pressemitteilung Nr. 66 vom 02.10.2013 ausdrücklich hingewiesen. Danach vermindert sich die Gefahr einer Nachversteuerung in Deutschland nach dem neuen DBA Deutschland- Spanien nur dann, wenn die Nutzung in Spanien tatsächlich besteuert wird; eine spanische Steuer wäre dann auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen.

In den vorgenannten Fällen muss nicht nur damit gerechnet werden, dass die spanischen Behörden infolge des BFH-Urteils nachträglich in Spanien von der Immobiliengesellschaft Steuern fordern und ggf. Bußgelder verlangen (siehe hierzu Abegg in der Zeitschrift Capital vom 01.12.2013, S. 194 – 195). Es sind auch die Steuererklärungen der betroffenen Gesellschafter in Deutschland zu berichtigen.

Das Urteil zeigt darüber hinaus die besondere Problematik, die sich bei der Optimierung von Nachfolgeregelungen für Vermögen im Ausland stellt. Wir werden uns in der kommenden Ausgabe der FuS (Heft 3/2014) ausführlich mit Vermögen im Ausland und dessen steuerlichen Folgen in einem gesonderten Aufsatz beschäftigen.

 

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Änderung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes zur Vermeidung der „Cash-GmbH“

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Das seit dem Jahre 2009 gültige Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz ermöglichte es, Geldanlagen in dem erbschaftsteuerlich nicht begünstigten Privatvermögen durch Einlage in ein Betriebsvermögen in erbschaftsteuerlich begünstigtes Vermögen umzuwandeln. Diese Gestaltungsmöglichkeit ist unter dem Stichwort „Cash-GmbH“ bekannt geworden, wobei auch die Einlagen in ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft entsprechende schenkungsteuerliche Entlastungseffekte mit sich gebracht haben.

Ansatzpunkt für diese Gestaltungsmöglichkeit war, dass nach dem bislang geltenden Recht Zahlungsmittel, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und andere Forderungen  in  unbegrenztem Umfang kein Verwaltungsvermögen dargestellt haben, sodass bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen von dem Regelverschonungsabschlag in Höhe von 85 % oder gar von der Vollverschonung (100 % Bewertungsabschlag) für die Übertragung von Betriebsvermögen oder von Anteilen an Kapitalgesellschaften Gebrauch gemacht werden konnte. Seitens des Bundesfinanzhofs wurden solche Gestaltungen in dem Vorlagebeschluss vom 27.09.2012 an das Bundesverfassungsgericht (Az. II R 9/11) als verfassungsrechtlich problematisch  bewertet.

Der Gesetzgeber hat bereits im letzten Jahr Versuche unternommen, das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht zu ändern, um Gestaltungen wie die „Cash- GmbH“ zu verhindern. Bundesrat und Bundestag konnten sich aber nicht auf eine gesetzliche Änderung verständigen.

Nach langen Verhandlungen hat nun der Vermittlungsausschuss am 05.06.2013 einen Änderungsvorschlag für das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz im Zuge der Verabschiedung des sogenannten Amtshilferichtlinienumsetzungsgesetzes (kurz: AmtshilfeRLUmsG) unterbreitet. Der Bundestag hat diesem Gesetzesvorschlag am 06.06.2013 und der Bundesrat am 07.06.2013 zugestimmt.

Die Neuregelungen gelten für alle Übertragungen, die am Tag nach dem Beschluss des Gesetzesent- wurfs durch den deutschen Bundestag erfolgen, somit ab dem 07.06.2013.

Im Folgenden wird unter  I. ein kurzer Überblick über die wesentlichen Änderungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (kurz: ErbStG) vermittelt und sodann unter  II. die praktische Bedeutung dieser Neuregelungen für Familienunternehmen im Überblick dargestellt.

I. Übersicht über die Änderungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes

  1. Erweiterung des Verwaltungsvermögens durch Einbeziehung von Geldmitteln und Forderungen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 4a ErbStG n.F.)

Nach der bisher gültigen Definition für Verwaltungsvermögen zählen auch nach Auffassung der Finanzverwaltung Geld, Sichteinlagen, Sparanlagen, Festgeldkonten, Forderungen aus Lieferung und Leistungen sowie Forderungen gegen verbundene Unternehmen nicht zum schädlichen Verwaltungsvermögen (vgl. hierzu die Regelungen in den ErbStR 2011 unter HE 13b.17). Dies war der Ansatzpunkt für Gestaltungen, solche Vermögenspositionen im Vorfeld eines Schenkungsvorgangs in ein Betriebsvermögen (z.B. in eine „Cash-GmbH“) oder aber ein Einzelunternehmen oder eine Personengesellschaft zu überführen, um dann beim anschließenden Schenkungsvorgang für dieses Betriebsvermögen bzw. die Anteile an der Kapitalgesellschaft die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen nach § 13a ErbStG (Verschonungsabschlag von 85 % oder gar 100 %) in Anspruch zu nehmen.

Die neue gesetzliche Regelung in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG n.F. erweitert nun den Begriff des Verwaltungsvermögens, in dem zum Verwaltungsvermögen zukünftig auch gehören:

„Der gemeine Wert des nach Abzug des gemeinen Werts der Schulden verbleibenden Bestands an Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen, soweit er 20 % des anzusetzenden Werts des Betriebsvermögens, des Betriebs oder der Gesellschaft übersteigt.“

Im anschließenden Satz 2 der Neuregelung werden Ausnahmen für Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute formuliert, die hier nicht näher dargestellt werden sollen. Von breiterem Interesse ist dann wiederum aber die Regelung in Satz 3 der neuen Vorschrift, die wie folgt lautet:

Satz 1 gilt ferner nicht r Gesellschaften, deren Hauptzweck in der Finanzierung einer Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 des EStG von verbundenen Unternehmen (§ 15 AktG) besteht.“

Somit sind zukünftig zur Ermittlung der Verwaltungsvermögensquote sämtliche liquiden Mittelbestände im Unternehmen sowie sämtliche Forderungspositionen (hierzu gehören auch Forderungen aus Lieferung und Leistungen, Forderungen gegen verbundene Unternehmen oder gegen Gesellschafter) nach Abzug der Schulden der Gesellschaft bei der Bestimmung der Verwaltungsvermögensquote zu berücksichtigen. Allerdings ist vorab ein Freibetrag in Höhe von 20 % des gemeinen Werts der Gesellschaft abzuziehen. Der danach verbleibende Betrag ist als Verwaltungsvermögen zu definieren und bei der Ermittlung der gesamten Verwaltungsvermögensquote als Grundlage für eine Entscheidung über die Regelverschonung (Verwaltungsvermögensgrenze von bis zu 50 %) oder Vollverschonung (Verwaltungsvermögensgrenze von bis zu 10 %) zu berücksichtigen.

Durch die zuvor dargestellte ergänzende Formulierung in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 3 ErbStG sollen Gesellschaften von dieser Regelung ausgenommen werden, deren Hauptzweck in der Finanzierung von verbundenen Unternehmen besteht. In der Gesetzesbegründung hierzu heißt es, dass damit eine Bereichsausnahme für konzerninterne Finanzierungsgesellschaften geschaffen werden soll, um z.B. dem Cash-Pooling im Unternehmensverbund mittelständischer Betriebe Rechnung zu tragen. Es bleibt sicherlich abzuwarten, wie der Begriff „Hauptzweck in der Finanzierung“ durch die Finanzverwaltung ausgelegt wird.

  1. Neudefinition des jungen Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 ErbStG F.)

Auch der Begriff des jungen Verwaltungsvermögens, das nach dem Erbschaftsteuergesetz generell von den erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen ausgeschlossen ist, wurde durch Einfügung eines neuen Satzes 3 umfassender definiert. Nach dieser Neuregelung soll bisher im Privatvermögen gehaltenes Finanzvermögen, das grundsätzlich der vorstehenden Neufassung des Verwaltungsvermögens in Gestalt liquider Mittel unterliegt, als junges Verwaltungsvermögen erfasst werden, wenn es innerhalb der letzten zwei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt dem Betrieb zugeführt wurde, wobei nur ein positiver Saldo aus Entnahmen und Einlagen solcher liquider Mittel maßgebend ist.

Aus dem Wortlaut der neuen gesetzlichen Vorschrift folgt aber auch, dass die Umschichtung von Vermögen in potenziell schädliche liquide Mittel (z.B. Verkauf einer Immobilie gegen Kaufpreiszahlung) nicht zu jungem Verwaltungsvermögen  führt.

  1. Weitere Verschärfung bei jungem Verwaltungsvermögen in Tochtergesellschaften (§ 13b Abs. 2 Satz 7 Hs. 2 ErbStG F.)

Durch die gesetzliche Neuregelung soll sichergestellt werden, dass junges Verwaltungsvermögen einer nachgelagerten Tochtergesellschaft anteilig als (normales) Verwaltungsvermögen auf der nächst höheren Ebene der Muttergesellschaft  zu berücksichtigen ist, auch wenn es den Wert der Tochtergesellschaft selbst übersteigt.

  1. Änderungen bei der Lohnsummenermittlung (§ 13a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 4 Satz 5 ErbStG F.)

Die Lohnsummenklausel als eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Verschonungsabschläge greift erst, wenn ein Betrieb mehr als 20 Beschäftigte hat.

Durch die Gesetzesänderung soll aus der Sicht des Gesetzgebers klargestellt werden, dass die Zahl der Beschäftigten in Tochtergesellschaften und auch deren Lohnsummen entsprechend der Beteiligungsquote der Muttergesellschaft berücksichtigt werden.

Bisher war jedenfalls in Fällen, in denen beispielsweise die Muttergesellschaft nicht mehr als 20 Mitarbeiter beschäftigt hat, strittig, ob überhaupt die Lohnsummenregelungen Anwendung finden. Nunmehr ist dies gesetzlich klar geregelt. Ob dieses tatsächlich für die in der Vergangenheit liegenden Schenkungs- oder Erbfälle lediglich eine Klarstellung bedeutet oder aber eine neue Rechtslage darstellt, wird sicherlich auch Gegenstand finanzgerichtlicher Prozesse werden.

II. Praktische Bedeutung der Neuregelungen und erste Gestaltungshinweise

Erste Analysen zur Anwendung der neuen gesetzlichen Regelung, insbesondere zur Neudefinition des Verwaltungsvermögens unter Einbezug der im Unternehmensverbund enthaltenen Nettoliquidität zeigen, dass sich die Verwaltungsvermögensquote für liquiditäts- und eigenkapitalstarke Unternehmensgruppen deutlich erhöhen und zumindest die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Vollverschonungsabschlags für solche Unternehmen entfallen kann (siehe zu einer ersten Bewertung der Neuregelung auch die Ausführungen von Stalleiken, DB 2013, 1382 ff.).

Der Freibetrag von 20 % bringt zwar eine Erleichterung mit sich, die aber nicht ausreicht, um bei den vorgenannten liquiditäts- und eigenkapitalstarken Unternehmen nicht zu zusätzlichem Verwaltungsvermögen zu führen. Problematisch erweisen sich insbesondere folgende Konstellationen:

Im Falle eines Familienunternehmens mit einer Holdinggesellschaft an der Spitze die mehrere operativ tätige Beteiligungen bündelt, werden die liquiden Mittel häufig durch einen Ergebnisabführungsvertrag bei der Muttergesellschaft angesammelt und von dort aus an diejenigen in- und ausländischen Beteiligungen ausgeliehen, die z.B. aufgrund von Investitionen Kapitalbedarf haben. Bei der Muttergesellschaft ergibt sich je nach deren Eigenkapitalausstattung ein hoher Betrag liquider Mittel, da auch die Forderungen gegenüber den verbundenen Unternehmen nach der Neudefinition oberhalb des Freibetrags von 20 % dem Verwaltungsvermögen  zugerechnet werden.

Hat die Holdinggesellschaft beispielsweise einen Unternehmenswert incl. der Beteiligungen und des ggf. vorhandenen Bestands an liquiden Mitteln von 100 Mio. ` und betragen die liquiden Positionen abzgl. der Schulden 35 Mio. `, so ergibt sich daraus abzüglich des Freibetrages von 20 % eine Verwaltungsvermögensgrenze von 15 %. Die Inanspruchnahme der Vollverschonung von 100 % für die Gesellschafter dieser Unternehmensgruppe ist somit im Falle der schenkweisen oder erbfallbedingten Übertragung von Anteilen an der Muttergesellschaft nicht mehr möglich, sofern die Muttergesellschaft nicht als Hauptzweck der Finanzierung der Tochtergesellschaften dient. Letzteres dürfte in vielen Familienunternehmen fraglich sein, da die Muttergesellschaft häufig neben Finanzierungsaufgaben auch operative Tätigkeiten oder aber zumindest umfassende Holdingtätigkeiten übernimmt.

Ein weiteres Problem besteht, wenn den liquiden Mitteln auf der Aktivseite Rückstellungen auf der Passivseite gegenüberstehen, die für den Risikofall gebildet wurden, z.B. Pensionsrückstellungen. Rückstellungen stellen nicht zwingend Schulden im Sinne der gesetzlichen Definition dar. Ob die Finanzverwaltung auch hierzu eine großzügige Auslegung treffen wird, ist derzeit noch fraglich. Somit werden in solchen Konstellationen relativ schnell hohe Bestände an liquiden Mitteln erreicht, denen keine abzugsfähigen Schulden, sondern Rückstellungen gegenüberstehen. Diesen Unternehmen drohen relativ hohe Verwaltungsvermögensquoten.

Erste Erfahrungen im Umgang mit der neuen Vorschriften zeigen auch die Komplexität, die sich daraus für die Bestimmung einer Verwaltungs- vermögenquote als Grundlage für eine Entscheidung zugunsten der Regelverschonung oder aber der Voll- verschonung ergibt. Zum einen ist ein Unternehmenswert, noch dazu für eine komplexere Unternehmens- gruppe, keinesfalls zweifelsfrei zu ermitteln. Ob die Nettoliquidität aber im Unternehmen die 20 %-Grenze übersteigt, ist gerade von diesem Unternehmenswert abhängig. Ferner muss die Verwaltungsvermögensquote auf jeder Ebene bei jeder der Tochter- bzw. Enkelgesellschaften bestimmt werden, um Schlussfolgerungen für die Begünstigung der daraus resultierenden Anteile auf der nächsthöheren Ebene ziehen zu können. Es bedarf daher einer Aufteilung des Gesamtunternehmenswerts einer Unternehmensgruppe auf die einzelnen Tochtergesellschaften. Das war bisher zumindest dann nicht erforderlich, wenn, wie sehr häufig der Fall, ansonsten kein nennenswertes Verwaltungsvermögen auf Tochtergesellschaftsebene vorhanden war. Liquide Positionen findet man hingegen in Bilanzen fast immer. Leider hat der Gesetzgeber die zwischenzeitlich im Zuge des Gesetzes zur Verkürzung von Aufbewahrungsfristen diskutierte Regelung, dass alle Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten von dieser Verschärfung ausgenommen werden sollen, nicht umgesetzt. Dadurch wären größere Familienunternehmen von weiterem bürokratischem Aufwand im Zuge der Erstellung von Schenkungs- oder Erbschaftsteuererklärungen entlastet worden und mit Sicherheit auch alle Fälle sogar reiner „Cash-Gesellschaften“ von den erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen ausgenommen worden.

Nun gilt es die neuen gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden und zumindest in Schenkungsfällen den Umstand zu berücksichtigen, dass die Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer auf einen Bewertungsstichtag abstellt. Zumindest partiell sind die Bilanzpositionen auf einen Stichtag gestaltbar. Während bisher vor allem darauf zu achten war, dass zum Stichtag einer Schenkung nur in begrenztem Umfang schädliche Wertpapiere gehalten wurden, ist nun auch die Liquiditätsausstattung am Stichtag zu betrachten.

Vielleicht steckt hinter der gesetzlichen Neuregelung ja aber auch nur ein verkapptes Konjunkturprogramm. Werden liquide Mittel z.B. in eine Maschine im Anlagevermögen investiert, scheint das Problem einer überschießenden und die Verwaltungsvermögensquote erhöhenden Liquidität gelöst. Ob das Steuerrecht aber wirklich der beste Impulsgeber für unternehmerische Entscheidungen ist, das mag angesichts mancher steuerinduzierter Fehlentwicklungen in der Vergangenheit bezweifelt werden.

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Verfassungswidrigkeit des neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts? – Vorlagebeschluss des BFH an das BVerfG

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die erneute Vorlage der seit dem 01.01.2009 geltenden Fassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an das Bundesverfassungsgericht mit dem hier dargestellten Beschluss vom 27.09.2012 kommt nicht überraschend. Bereits in der FuS 2012, S. 39 f. haben wir über das durch den BFH eingeleitete Verfahren berichtet. In seinem Beschluss vom 05.10.2011 hatte das Gericht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Verschonungsregelungen für unternehmerisches Vermögen (§§ 13a, 13b und 19a ErbStG) geäußert. In dem damaligen Beschluss hat der BFH das BMF aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Entgegen der vom BMF geäußerten Auffassung, dass die gültigen Vorschriften des ErbStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind, ist der BFH der Auffassung, dass § 19 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 13a und 13b ErbStG in der auf den 01.01.2009 zurückwirkenden Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.12.2009 gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verstoßen, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen (Freistellung von Betriebsvermögen zu 85 % bzw. 100 %) in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen. Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass auch unter Berücksichtigung der Freibeträge des § 16 ErbStG und der umfangreichen Verschonungsregelungen die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme ist. Deshalb muss sich das BVerfG nun zum dritten Mal in Folge mit der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG beschäftigen. Wann das Bundesverfassungsgericht über diese Vorlage entscheiden wird, ist derzeit nicht bekannt. Das letzte Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 2006 ist erst rund viereinhalb Jahre nach der entsprechenden Vorlage durch den BFH entschieden worden. Eine ähnlich lange Verfahrensdauer angenommen, würde somit erst im Jahr 2017 mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu rechnen sein. Die spannende Frage ist nun, wie der Gesetzgeber und auch die Finanzverwaltung auf die Argumentation des BFH und die aus seiner Sicht zu beanstandenden Ungereimtheiten und Missstände des bestehenden Rechts reagieren werden. Jedenfalls drohen weitere Jahre der Unsicherheit bezüglich der Weiterentwicklung des Erbschaftsteuergesetzes. Schon jetzt werden Stimmen laut, die Erbschaftsteuer endgültig abzuschaffen, weil der Gesetzgeber eingestehen müsse, dass er es zum dritten Mal in Folge nicht geschafft hat, ein den Vorgaben der Verfassung entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Andererseits werden auch diejenigen Stimmen lauter, die eine Reduzierung oder gar Abschaffung der Verschonungsregelungen auf unternehmerisches Vermögen fordern. Letztlich wird die BFH-Entscheidung erneut zum Gegenstand scharfer politischer Auseinandersetzungen im bevorstehenden Bundestagswahlkampf werden. Aus verfahrensrechtlicher Sicht ist wohl damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung, wie auch in den vorangegangenen Vorlagebeschlüssen an das Bundeverfassungsgericht, die Steuerfestsetzungen nach dem Erbschaft und Schenkungsteuergesetz mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen wird. Die Folge eines solchen Vorläufigkeitsvermerks wäre, dass die Festsetzung von Erbschaft oder Schenkungsteuer im Umfang der Vorläufigkeit aufgehoben oder geändert werden kann. Solange noch kein solcher Vorläufigkeitsvermerk in aktuell ergangenen Steuerbescheiden enthalten ist, sollte vorsorglich unter Hinweis auf den BFH-Beschluss und eine mögliche Verfassungswidrigkeit des Erbschaft- steuergesetzes Einspruch gegen den Steuerbescheid eingelegt werden. Sollte das Bundesverfassungsgericht zu der Auffassung gelangen, dass das geltende Erbschaft und Schenkungsteuergesetz verfassungswidrig ist, so würden sich im Falle eines Vorläufigkeitsvermerks keine Rechtsnachteile, z.B. in Gestalt eines Wegfalls von Verschonungsabschlägen ergeben, da unter Hinweis auf § 176 Abs. 1 Satz 1 AO bereits erlassene Steuerbescheide zumindest nach herrschender Meinung nicht zu Ungunsten der Steuerpflichtigen abgeändert werden dürfen (vgl. beispielsweise Eisele, NWB 2012, S. 3453 ff., 3466 mit weiteren Nachweisen). Sollte das Bundesverfassungsgericht wider Erwarten das geltende Erbschaft und Schenkungsteuergesetz rückwirkend für verfassungswidrig erklären und nicht, wie in den vorangegangenen Verfahren, den Gesetzgeber auffordern, bis zu einem in der Zukunft gelegenen Zeitpunkt den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende gesetzliche Regelungen zu verabschieden, so wäre in der Tat in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen (z.B. mit Vorläufigkeitsvermerk versehene Steuerbescheide oder aber Steuerbescheide, gegen die Einspruch eingelegt wurde) die Steuerfestsetzung aufzuheben. Mit diesem für den Steuerpflichtigen günstigsten Fall ist aber wohl nicht zu rechnen.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung der Vorinstanz (Finanzgericht Düsseldorf) sowie dem BFH-Beschluss lag folgender Sachver- halt zu Grunde:

Ein Neffe war zu einem Viertel Miterbe des im Januar 2009 verstorbenen Onkels. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und eines Steuererstattungsanspruchs zusammen und belief sich auf 51.266,– `. Unter Berücksichtigung eines persönlichen Freibetrags von 20.000,– ` setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360,– ` fest, basierend auf dem in der Steuerklasse II vorgesehenen Steuersatz von damals noch 30 %. Der Neffe begehrte die Herabsetzung der Steuer auf 4.680,– ` und machte geltend, dass mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 der Steuersatz für die Steuerklasse II in seinem Fall auf 15 % reduziert wurde, allerdings nicht rückwirkend zum 01.01.2009, sondern erst für die Steuer, die nach dem 31.12.2009 entsteht. Gegen die Gleichstellung von Personen in der Steuerklasse II und III beim Steuersatz im Veranlagungszeitraum 2009 äußerte der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken und wollte die ab 2010 gültige Besserstellung der Steuerklasse II bereits für sich geltend machen. Das Finanzgericht Düsseldorf hat seine Klage abgewiesen und entschieden, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten sei, Personen in der Steuerklasse II erbschaftsteuerlich besser zu behandeln als Personen in der Steuerklasse III. Gegen diese Entscheidung hat sodann der Kläger Revision beim BFH eingelegt, der zu dem Beschluss geführt hat.

Entscheidungsgründe

Der BFH stützt seine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht insbesondere auf folgende Kritikpunkte am geltenden Erbschaft und Schenkungsteuergesetz:

Nach Auffassung des BFH stellt die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und von Anteilen an Kapitalgesellschaften eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung dar. Nach Auffassung des BFH kann nicht unterstellt werden, dass die Erbschaftsteuer typischerweise die Betriebsfortführung gefährde. Dabei verweist der BFH auch auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Beirats beim BMF aus dem Jahre 2012, das auf der Homepage des BMF abgerufen werden kann. Nach Auffassung des BFH ist auch der Begünstigungsgrund „Arbeitsplatzer- halt“ nicht tragfähig, weil mehr als 90 % aller Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte hätten und schon deshalb nicht unter die Arbeitsplatzklausel fielen. In diesem Zusammenhang weist der BFH auch auf Gestaltungmöglichkeiten hin, die es seiner Auffassung nach auf einfache Art und Weise ermöglichen, diese Vorschriften zu umgehen. Sodann setzt sich der BFH ausführlich mit rechtlichen Gestaltungen auseinander, die dazu führen, dass nicht betriebsnotwendiges Vermögen ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung auf die Nachfolgegeneration übertragen werden kann. Hier stellt er beispielsweise auf die Möglichkeit der Übertragung von liquiden Vermögen im Rahmen der sogenannten Cash-GmbH oder Cash-Personengesellschaft ab. Der BFH führt aus, dass beispielsweise ein Anteil an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Betriebsvermögen aus 100 Mio. ` Festgeldguthaben besteht, nach Maßgabe der erbschaftsteuerlichen Regelungen übertragen werden kann, ohne dass Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer anfällt und ohne dass dieses Vermögen einer besonderen Gemeinwohlbindung oder Gemeinwohlverpflichtung unterliegt.

Ergänzende Hinweise

Wie oben bereits vor dem Hintergrund der verfahrensrechtlichen Situation dargestellt, sollte gegen aktuell ergangene Erbschaft- oder Schenkungsteuerbescheide Einspruch eingelegt werden, sofern der Steuerbescheid nicht bereits von der Finanzverwaltung mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen wird. Aus Sicht des Steuerpflichtigen und seiner Berater sollten auch die Bemühungen des Gesetzgebers, „Steuersparmodelle“ wie die Cash-GmbH oder andere Gestaltungen einzudämmen, kritisch verfolgt und im Hinblick auf die konkreten Auswirkungen auf die Gestaltung der Unternehmensnachfolge im Auge behalten werden. Die Erweiterung des Verwaltungsvermögensbegriffs in der Stellungnahme des Bundesrats zum Jahressteuergesetz 2013 zeigt hier exemplarisch, welche Dimension gesetzgeberische Gegenmaßnahmen erreichen können. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen, jetzt aber nicht in die vom Bundestag beschlossene Fassung des Jahressteuergesetzes aufgenommenen Gesetzesformulierungen wären mit sehr weitgehenden Konsequenzen für die Unternehmensnachfolge bei solchen Unternehmen verbunden, die liquiditätsmäßig Vorsorge getroffen haben und würden viele Familienunternehmen bei Schenkungen oder im Erbfall ins Mark treffen. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden längeren Unsicherheitsphase bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sollten Schenkungsverträge mit Widerrufsklausel versehen werden, die auch den Fall umfassen, dass das derzeit gültige Erbschaft und Schenkungsteuergesetz für verfassungswidrig erklärt wird und z.B. durch Zeitablauf außer Kraft gesetzt wird. Es wäre dann eine erbschaft- und schenkungsteuerfreie Zeit gekommen, die es ermöglichen würde, Schenkungen zu widerrufen und eine unter Inanspruchnahme des 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ursprünglich festgesetzte Schenkungsteuer zum Erlöschen zu bringen. Die erneute Schenkung zu einem Zeitpunkt, in dem kein gültiges Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz mehr vorhanden wäre, würde somit auch zu keiner Belastung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer führen. Allerdings ist bei der Ausgestaltung solcher Widerrufsklauseln Vorsicht geboten. Es dürfen daraus keine grundsätzlichen Zweifel an der Wirksamkeit der Schenkung entstehen.

Erbrecht

Steuerbefreiung für Betriebsvermögen, Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und Anteile an Kapitalgesellschaften

Steuervergünstigung nach § 13a ErbStG bei schenkweiser Übertragung von Anteilen an einer vermögensverwaltenden KG, die Anteile an inländischen GmbHs hält

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Im Rahmen der Regelung der vorweggenommenen Erbfolge stellt die Bündelung von Vermögen in einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft (z.B. in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft, die keine gewerblichen Einkünfte erzielt) ein beliebtes und sinnvolles Gestaltungsmodell dar. Durch Bündelung des Vermögens in einer solchen vermögensverwaltenden Personengesellschaft kann z.B. bei entsprechender Ausgestaltung der Stimmrechte des Schenkers dessen Einfluss auf das in der Personengesellschaft konzentrierte Vermögen gesichert werden. Ferner wird eine Zersplitterung des Vermögens vermieden. Hält eine vermögensverwaltende Personengesellschaft mehr als 25 % der Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft (z.B. an einer GmbH), so stellt sich die Frage, ob die für unmittelbar von einem Schenker oder Erblasser gehaltenen Anteile an Kapitalgesellschaften gewährten erbschaftsteuerlichen Begünstigungen auch bei einer schenkweisen Übertragung von Anteilen an der zwischengeschalteten vermögensverwaltenden Personengesellschaft gewährt werden. Diese Frage stellt sich sowohl nach dem alten ErbStG als auch nach dem seit 01.01.2009 gültigen ErbStG. Gerade mit Blick auf die erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen für unmittelbar gehaltene Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % kommt dieser Frage erhebliche praktische Bedeutung zu. Nach dem alten ErbStG wurde für die Übertragung begünstigter Anteile an Kapitalgesellschaften ein Freibetrag in Höhe von 225.000,– ` sowie ein Bewertungsabschlag von 35 % gewährt. Nach den seit 01.01.2009 gültigen erbschaftsteuerlichen Bestimmungen steht ein Verschonungsabschlag von 85 % bzw. von 100 % auf den Wert der Kapitalgesellschaftsanteile zur Disposition. Die Finanzverwaltung ist bisher der Auffassung, dass die schenkweise Übertragung von Anteilen an einer zwischengeschalteten vermögenverwaltenden Personengesellschaft, die ihrerseits die Beteiligung an einer grundsätzlich erbschaftsteuerlich begünstigten Kapitalgesellschaft hält, keine begünstigte Übertragung im erbschaftsteuerlichen Sinne darstellt, da es an einer „unmittelbaren“ Beteiligung des Erblassers oder Schenkers an der Kapitalgesellschaft fehlt. Das Finanzgericht Köln hat nunmehr aber entschieden, dass die erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen auch in diesem Fall zu gewähren sind.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung des Finanzgerichts Köln lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger und letztlich auch Schenker hielt im Jahre 2005 100 % des Stammkapitals von zwei GmbHs. Gegen Ende des Jahres 2005 wollte der Kläger seiner Ehefrau sowie seinen sieben Kindern im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge einen Teil seiner Beteiligung an den beiden GmbHs übertragen. Zu diesem Zweck gründete der Kläger zunächst mit einem Sohn, der geringfügig als Kommanditist beteiligt wurde, eine GmbH & Co. KG, in die dann die Anteile an den GmbHs vom Kläger eingebracht wurden. Das Vermögen dieser GmbH & Co. KG bestand somit im Wesentlichen aus zwei GmbHs. Mit dem Ende 2005 abgeschlossenen Schenkungsvertrag wurden sodann an die Ehefrau sowie an die sieben Kinder Anteile an der Kommanditgesellschaft übertragen. In der Schenkungsteuererklärung wurde der nach dem ErbStG alter Fassung gewährte anteilige Freibetrag sowie der Bewertungsabschlag von 35 % nach § 13a ErbStG (alter Fas- sung) beantragt. Das Finanzamt versagte hingegen die Steuervergünstigungen unter Hinweis auf die damals noch gültigen Erbschaftsteuerrichtlinien (H 26 ErbStR). Zur Begründung verwies das Finanzamt darauf, dass der Kläger als Schenker an den von der GmbH & Co. KG gehaltenen Kapitalgesellschaftsanteilen nicht unmittelbar beteiligt gewesen sei. Gegen diese Auffassung des Finanzamts richtete sich die Klage des Schenkers.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Das Finanzgericht Köln hat dem Kläger Recht gegeben und ihm die Steuervergünstigungen gemäß § 13a ErbStG gewährt. Die Finanzverwaltung hat allerdings gegen das Urteil Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Das Finanzgericht Köln stellt überzeugend dar, dass aus steuerlicher Sicht der Kläger auch nach Einbringung bzw. Übertragung seiner Anteile an den GmbHs in die vermögensverwaltende GmbH & Co. KG weiterhin an diesen Kapitalgesellschaften unmittelbar beteiligt ist. Das Finanzgericht begründet dies zum einen mit der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG in der im Streitjahr 2005 geltenden Fassung. Diese bestimmt, dass der Erwerb einer Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter dieser Gesellschaft gilt. Des Weiteren verweist das Finanzgericht Köln auf die Vorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO nach der Wirtschaftsgüter, die sich im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft befinden, den Beteiligten anteilig zugerechnet werden, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Erbschaftsteuerlich wird die vermögensverwaltende Gesamthand somit abweichend von der zivilrechtlichen Sichtweise als transparent betrachtet. Deshalb kann auch das Vermögen dieser vermögensverwaltenden Personengesellschaft den Gesellschaftern unmittelbar zugerechnet werden. Vom Finanzgericht Köln wird darauf hingewiesen, dass diese Auffassung auch der überwiegenden Ansicht im Fachschrifttum  entspricht. Dennoch gilt es zu bedenken, dass die Finanzverwaltung zumindest bis zu einem Urteil des Bundesfinanzhofs an ihrer vom Urteil des Finanzgerichts Köln abweichenden Auffassung festhalten wird (siehe zur Auffassung der Finanzverwaltung auch die Ausführungen in den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 unter RE 13b.6 Abs. 2). Bis auf Weiteres sollten daher schenkweise Übertragungen von über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft gehaltenen Anteilen an erbschaftsteuerlich begünstigten Kapitalgesellschaften entweder vermieden oder alternative Gestaltungsmöglichkeiten erwogen werden. Eine Gestaltungsmöglichkeit besteht darin, die Anteile an der Kapitalgesellschaft aus der vermögensverwaltenden Personengesellschaft zu entnehmen und erst dann schenkweise zu übertragen. Alternativ könnte auch überlegt werden, die vermögensverwaltende Personengesellschaft zu einer gewerblich geprägten bzw. gewerblich tätigen Personengesellschaft fortzuentwickeln, um von den erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen für die Übertragung von Betriebsvermögen Gebrauch machen zu können.

Steuergesetz, Umwandlungsteuer

Entnahme einbringungsgeborener Anteile führt zu keiner Gewinnrealisation

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Familienunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, insbesondere GmbHs, sind häufig aus der Umwandlung von Personengesellschaften oder aber aus der Einbringung von Unternehmensteilen entstanden. Insbesondere der letztere Fall, bei dem aus einem bestehenden Unternehmen (z.B. einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft) Unternehmensteile in eine GmbH ausgegliedert wurden, deren Anteile vom Einzelunternehmer oder den Gesellschaftern der Personengesellschaft gehalten werden, führt zu der in der Praxis weit verbreiteten Betriebsaufspaltungsstruktur. Mit dem Umwandlungssteuergesetz (kurz UmwStG) hält der Gesetzgeber Normen bereit, die eine erfolgsneutrale Ausgestaltung der Vermögensübertragung auf die Kapitalgesellschaft ermöglichen (§ 20 UmwStG). Ohne diese Vorschriften würde die Einbringung von mit stillen Reserven behafteten Vermögenspositionen aus einem bestehenden Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft zu einer Gewinnrealisierung führen. Im Ergebnis können somit stille Reserven von einem bestehenden Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft überführt werden. Die durch einen solchen Einbringungsvorgang entstandenen Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind in doppelter Hinsicht steuerverhaftet. Zum einen gehören die im Zuge einer Betriebsaufspaltung begründeten Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft weiterhin zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmers bzw. ggf. zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter eines Besitzunternehmens in der Rechtsform der Personengesellschaft. Sowohl das alte als auch das seit Dezember 2006 gültige neue UmwStG enthalten Spezialregelungen für durch eine Sacheinlage begründete Anteile an einer Kapitalgesellschaft. In dem noch vor Dezember 2006 gültigen UmwStG hat man in diesem Zusammenhang von sog. einbringungsgeborenen Anteilen gesprochen. In dem seit Dezember 2006 gültigen UmwStG spricht man insoweit von sperrfristbehafteten Anteilen. Kommt es nun in der Folgezeit zu einer Übertragung der Kapitalgesellschaftsanteile auf Personen, die nicht am Besitzunternehmen beteiligt sind, so werden die Kapitalgesellschaftsanteile aus dem Betriebsvermögen des bisherigen Inhabers entnommen. Es stellt sich dann die Frage, ob dieser Entnahmegewinn zu versteuern ist oder ob eine Versteuerung vermieden werden kann, da die entnommenen Kapitalgesellschaftsanteile weiterhin den speziellen Vorschriften des UmwStG für einbringungsgeborene bzw. sperrfristbehaftete  Anteile unterliegen. Insbesondere in den Fällen der Betriebsaufspaltung, in denen Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft z.B. im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge oder aber im Todesfall auf Gesellschafter übergehen, die nicht zugleich am Besitzunternehmen beteiligt werden, kann nun mit Berufung auf das den Gegenstand dieser Besprechung bildende BFH-Urteil die Besteuerung eines Entnahmegewinns abgewendet werden.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung des BFH lag folgen- der Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war ursprünglich alleiniger Gesellschafter einer GmbH. Die GmbH-Anteile waren in den 1970er Jahren durch durch Einbringung des vormaligen Einzelunternehmens des Klägers zu Buchwerten entstanden. Daneben war der Kläger Eigentümer eines Grundstücks, das er an die GmbH verpachtet hat. Dies führte im Ergebnis zu einer Betriebsaufspaltung mit der Folge, dass die Anteile an der GmbH zum steuerlichen Betriebsvermögen des Klägers bei seinem Besitzunternehmen (Grundstücksun- ternehmen) gehören. Im Mai 2002 übertrug der Kläger seiner Ehefrau unentgeltlich 15 % der Anteile an der GmbH; weitere 2,5 % der Anteile wurden auf einen leitenden Mitarbeiter übertragen. Das Finanzamt unterwarf die Differenz zwischen dem Teilwert und dem Buchwert der auf die Ehefrau übertragenen Anteile (719.794,– `) der Besteuerung als Entnahmegewinn des Klägers. Die dagegen erhobene Klage beim Finanzgericht Düsseldorf hatte Erfolg, die Festsetzung eines Entnah- megewinns wurde aufgehoben (vgl. Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11.11.2009, 15 K 4209/08 E). Der BFH hat nunmehr in seinem Urteil die in der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung bestätigt, dass durch die unentgeltliche Übertragung von Geschäftsanteilen an der GmbH von dem Kläger auf seine Ehefrau kein steuerbarer Entnahmegewinn beim Kläger entstanden ist. Im Hinblick auf die dem leitenden Mitarbeiter übertragenen Geschäftsanteile blieben aber Fragen offen, die vom BFH zur Klärung an die Vorinstanz zurückverwiesen wurden.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

In dem Urteil wird zunächst bestätigt, dass die schenkweise Übertragung der Geschäftsanteile von dem Kläger auf seine Ehefrau begrifflich eine Entnahme i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG in der damals gültigen Fassung (2002) darstellt. Der BFH kommt aber zu dem Ergebnis, dass die Entnahme nicht die Besteuerungsfolge nach § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 2002 auslöst. Vielmehr greifen die besonderen Gewinnrealisierungsregeln für einbringungsgeborene Anteile im Sinne des UmwStG 2002. Nach diesen Regelungen führt eine schenkweise Übertragung von einbringungsgeborenen Anteilen auf Dritte zu keinem gewinnrealisierenden Vorgang. Der BFH weist in seiner Entscheidung vor allem darauf hin, dass nach dem UmwStG die Besteuerung der in den einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven im Falle eines unentgeltlichen Erwerbs dadurch gesichert wird, dass die Anteile auch beim Erwerber weiterhin den besonderen Vorschriften des § 21 UmwStG 2002 unterliegen und damit – unabhängig von einer Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen – steuerverhaftet bleiben. Der BFH widerspricht damit eindeutig der von der Finanzverwaltung im alten Umwandlungssteuererlass vertretenen Auffassung, wonach der Entnahmetatbestand im Einkommensteuergesetz neben den Nachversteuerungsregelungen im UmwStG Anwendung finden soll. Das Urteil kann somit in allen Fällen, in denen bei der Übertragung von Anteilen an der Betriebskapitalgesellschaft nicht bedacht worden ist, dass diese zu einem steuerlichen Betriebsvermögen gehören und eine Entnahmebesteuerung droht, als Begründung dafür herangezogen werden, dass der Entnahmegewinn nicht zu versteuern ist. Zwar sprechen gute Gründe dafür, die Grundsätze dieser Entscheidung auch auf das neue, seit Dezember 2006 gültige UmwStG zu übertragen. Diese Auffassung ist aber keinesfalls gesichert. Deshalb ist nach wie vor Vorsicht geboten, wenn auf Basis des Urteils gestalterische Überlegungen angestellt werden. Hier wäre dringend zu einer verbindlichen Auskunft anzuraten, um sicherzustellen, dass die Finanzverwaltung im Einzelfall der Auffassung des BFH folgt.

Erbrecht

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Beschluss des BFH betreffend die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des seit dem 01.01.2009 gültigen  neuen Erbschaftsteuergesetzes

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Wieder einmal kommt das Erbschaftsteuergesetz auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand. Es liegen zwar zwischenzeitlich drei Verfahren von Finanzgerichten vor, die die gegen das neu gefasste Erbschaftsteuergesetz vorgebrachten Bedenken zurückweisen (siehe im Einzelnen die Nachweise bei Wachter, DStR 2011, S. 2331 ff.). Zwei Verfahren vor dem Finanzgericht München und dem Finanzgericht Köln haben allerdings lediglich Anträge auf Aussetzung der Vollziehung zum Gegenstand, die Entscheidung in der Hauptsache stehen bei diesen Verfahren noch aus. Der BFH knüpft nun mit seinen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des neuen Erbschaftsteuergesetzes an das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf an, das das Begehren des Steuerpflichtigen nach einer günstigeren Besteuerung in der Steuerklasse II abgelehnt hatte. Die praktische Bedeutung dieses BFH-Beschlusses liegt darin, dass das Gericht die grundsätzliche Fragestellung aufwirft, ob die neuen Verschonungsregelungen für unternehmerisches Vermögen (§§ 13a, 13b und 19a ErbStG) verfassungswidrig sind, weil es diese Vorschriften ermöglichen, durch geeignete Gestaltungen Erbschaftsteuer zu vermeiden, ohne dass es dabei auf eine Gemeinwohlverpflichtung und Gemeinwohlbindung des erworbenen Vermögens ankommt. Der BFH setzt sich sehr anschaulich mit bestimmten Gestaltungsüberlegungen auseinander, die in der Beratungspraxis entwickelt wurden, um erbschaftsteuerliche Verschonungsregelungen in Anspruch nehmen zu können. Hierzu gehört beispielsweise die gewerblich geprägte Festgeld-GmbH & Co. KG, die sogenannte „Cash-GmbH“, die Begründung einer Forderungs-GmbH oder aber bestimmte Betriebsaufspaltungskonstellationen. In all diesen Fällen kann es gelingen, Vermögen ohne das Eingreifen der Lohnsummenregelung in die nächste Generation zu übertragen. Der Beschluss macht deutlich, dass die  gesamten Verschonungsregelungen und die damit verbundenen Abgrenzungsprobleme eine Gefahr für die Anerkennung der Verfassungsmäßigkeit des neuen Erbschaftsteuergesetzes darstellen. Der BFH hat das BMF aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Es ist zu erwarten, dass der BFH das Verfahren dann wohl aussetzen und die Frage der Verfassungsmäßigkeit erneut dem Bundesverfassungsgericht vorlegen wird. Ob das Bundesverfassungsgericht sich dann in diesem Fall tatsächlich mit den Verschonungsregelungen für unternehmerisches Vermögen auseinandersetzen wird, bleibt abzuwarten. Die vom BFH aufgeworfenen Fragen könnten aber als willkommener Anlass in der Politik genommen werden, die derzeitigen erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen für Betriebsvermögen und die Voraussetzungen für deren Inanspruchnahme deutlich zu verschärfen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der Staatsschuldenkrise.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung der Vorinstanz (Finanzgericht Düsseldorf) sowie dem BFH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Neffe war zu einem Viertel Miterbe des im Januar 2009 verstorbenen Onkels. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und einem Steuererstattungsanspruchs zusammen und belief sich auf 51.266,– `. Unter Berücksichtigung eines persönlichen Freibetrags von 20.000,– ` setzte das Finanz- amt Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360,– ` fest, basierend auf dem in der Steuerklasse II vorgesehenen Steuersatz von damals noch 30 %. Der Neffe begehrte die Herabsetzung der Steuer auf 4.680,– ` und machte geltend, dass mit dem Wachstumsbe- schleunigungsgesetz vom 22.12.2009 der Steuersatz für die Steuerklasse II in seinem Fall auf 15 % reduziert wurde, allerdings nicht rückwirkend zum 01.01.2009, sondern erst für die Steuer, die nach dem 31.12.2009 entsteht. Gegen die Gleichstellung von Personen in der Steuerklasse II und III beim Steuersatz im Veranlagungszeitraum 2009 äußerte der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken und wollte die ab 2010 gültige Besserstellung der Steuerklasse II bereits für sich geltend machen. Das Finanzgericht Düsseldorf hat seine Klage abgewiesen und entschieden, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten sei, Personen in der Steuerklasse II erbschaftsteuerlich besser zu behandeln als Personen in der Steuerklasse III. Gegen diese Entscheidung hat sodann der Kläger Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt, die zu dem Beschluss des BFH vom 05.10.2011 geführt hat.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der BFH hat in seinem Beschluss vom 05.10.2011 keine Entscheidung in der Sache getroffen. Vielmehr hat er das Bundesministerium der Finanzen (BMF) aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Der BFH setzt sich in seinem Beschluss mit der eigentlichen Frage, ob denn im Jahr 2009 eine Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III verfassungsrechtlich bedenklich sein sollte, nur in einem kurzen Absatz seines Beschlusses auseinander. Dabei verweist er auf umfangreiche Schrift- tumsnachweise, in denen solche verfassungsrechtlichen Bedanken geäußert wurden. Sodann nutzt der BFH aber die Möglichkeit, auf verschiedenste, Eingangs bereits kurz beschriebene Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die Verschonungsregelungen des neuen Erbschaftsteuergesetzes auch für solches Vermögen zu nutzen, das nicht den  vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 07.11.2006 zum alten Erbschaftsteuergesetz definierten Anforderungen für die Inanspruchnahme von Steuerentlastungen genügt. Hierzu gehört aus der Sicht des BFH die Inanspruchnahme erbschaftsteuerlicher Begünstigungen bei gewerblich geprägten Personengesellschatten (z.B. bei einer GmbH & Co. KG). Beispielsweise wird vom BFH auf die Möglichkeit hingewiesen, einen Anteil an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Betriebsvermögen aus 100 Mio. ` Festgeldguthaben besteht, nach Maßgabe des § 13a Abs. 8 ErbStG erbschaftsteuerfrei in die nächste Generation zu übertragen, ohne dass dieses Vermögen einer besonderen Gemeinwohlbindung oder Gemeinwohlverpflichtung unterliegt. In diesem Zusammenhang weist der BFH darauf hin, dass die vom Gesetz definierten Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme in einem solchen Fall keine Rolle spielen, da derartige gewerblich geprägten Personengesellschaften regelmäßig nicht mehr als 20 Beschäftigte haben und somit nicht unter die Lohnsummenregelung fallen (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG). Gleiches gilt auch für den Fall, dass solches Festgeld in einer GmbH gehalten wird. In der Beratungspraxis werden solche Modelle auch als sogenannte „Cash-GmbH“ bezeichnet. Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit, die Lohnsummenregelung zu unterlaufen, sieht der BFH darin, dass das wesentliche Vermögen eines Unternehmens in einer Besitzgesellschaft konzentriert wird, die nicht mehr als 20 Beschäftigte hat, wäh- rend die Betriebsgesellschaft durch Schulden belastet wird und so einen nur geringen Steuerwert aufweist. Der Entwicklung der Lohnsumme in der Betriebsgesellschaft kommt auf Grund von deren geringen erbschaftsteuerlichen Wert in diesem Fall keine besondere Bedeutung zu. Im Zuge des vom BFH geforderten Beitritts des Bundesministeriums der Finanzen wird dieses um Mitteilung gebeten, ob und ggf. welche  praktischen Erfahrungen es im Besteuerungsverfahren oder bei Anträgen auf verbindliche Auskunft zu den aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten bisher gibt. Bei der weiteren Diskussion von Gestaltungsmöglichkeiten sollte aber auch Berücksichtigung finden, dass es trotz aller Verschonungsregelungen Fälle gibt, die nicht unter die Vergünstigungsnormen fallen, z.B. eine Beteiligung an Kapitalgesellschaften von 25 % oder weniger. Auch so mancher Immobilieneigentümer wird sich zu Recht fragen, warum ein Bestand von 100 oder 200 Wohnein- heiten nicht ausreichend sein soll, um erbschaftsteuerliche Begünstigungen in Anspruch nehmen zu können. Daher gilt es die weitere Diskussion in diesem Verfahren aufmerksam zu verfolgen. Vor dem Hintergrund der derzeit vorhandenen Verschonungsregelungen sollte deren Inanspruchnahme konsequent genutzt werden. Angesichts der Staatsschuldenkrise und der in verschiedensten Parteiprogrammen erhobenen Forderung nach einer drastischen Reduzierung der Begünstigungen für Betriebsvermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist mit einer Abschaffung dieser Steuer nicht zu rechnen. Allerdings sollte angesichts der unsicheren Rechtslage geprüft werden, ob in Schenkungsverträgen eine Steuerklausel aufgenommen wird, die den Fall regelt, dass das geltende Erbschaftsteuergesetz für verfassungswidrig erklärt wird. Es besteht sodann unter Hinweise auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die Möglichkeit, bei Ausübung des Rückforderungsrechts die festgesetzte Steuer rückwirkend zum Erlöschen zu bringen. Dies wäre für den Fall interessant, dass das Erbschaftsteuergesetz dieses Mal rückwirkend für verfassungswidrig erklärt würde und somit bis zu einer den Anforderungen des Verfassungsrechts genügenden Neufassung des Erbschaftsteuergesetzes quasi eine erbschaftsteuerfreie Zeit gegeben sein könnte.