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Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Verfassungswidrigkeit des neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts? – Vorlagebeschluss des BFH an das BVerfG

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die erneute Vorlage der seit dem 01.01.2009 geltenden Fassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes an das Bundesverfassungsgericht mit dem hier dargestellten Beschluss vom 27.09.2012 kommt nicht überraschend. Bereits in der FuS 2012, S. 39 f. haben wir über das durch den BFH eingeleitete Verfahren berichtet. In seinem Beschluss vom 05.10.2011 hatte das Gericht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Verschonungsregelungen für unternehmerisches Vermögen (§§ 13a, 13b und 19a ErbStG) geäußert. In dem damaligen Beschluss hat der BFH das BMF aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Entgegen der vom BMF geäußerten Auffassung, dass die gültigen Vorschriften des ErbStG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind, ist der BFH der Auffassung, dass § 19 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 13a und 13b ErbStG in der auf den 01.01.2009 zurückwirkenden Fassung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes vom 22.12.2009 gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verstoßen, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen (Freistellung von Betriebsvermögen zu 85 % bzw. 100 %) in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausgingen. Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass auch unter Berücksichtigung der Freibeträge des § 16 ErbStG und der umfangreichen Verschonungsregelungen die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme ist. Deshalb muss sich das BVerfG nun zum dritten Mal in Folge mit der Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG beschäftigen. Wann das Bundesverfassungsgericht über diese Vorlage entscheiden wird, ist derzeit nicht bekannt. Das letzte Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 2006 ist erst rund viereinhalb Jahre nach der entsprechenden Vorlage durch den BFH entschieden worden. Eine ähnlich lange Verfahrensdauer angenommen, würde somit erst im Jahr 2017 mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu rechnen sein. Die spannende Frage ist nun, wie der Gesetzgeber und auch die Finanzverwaltung auf die Argumentation des BFH und die aus seiner Sicht zu beanstandenden Ungereimtheiten und Missstände des bestehenden Rechts reagieren werden. Jedenfalls drohen weitere Jahre der Unsicherheit bezüglich der Weiterentwicklung des Erbschaftsteuergesetzes. Schon jetzt werden Stimmen laut, die Erbschaftsteuer endgültig abzuschaffen, weil der Gesetzgeber eingestehen müsse, dass er es zum dritten Mal in Folge nicht geschafft hat, ein den Vorgaben der Verfassung entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Andererseits werden auch diejenigen Stimmen lauter, die eine Reduzierung oder gar Abschaffung der Verschonungsregelungen auf unternehmerisches Vermögen fordern. Letztlich wird die BFH-Entscheidung erneut zum Gegenstand scharfer politischer Auseinandersetzungen im bevorstehenden Bundestagswahlkampf werden. Aus verfahrensrechtlicher Sicht ist wohl damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung, wie auch in den vorangegangenen Vorlagebeschlüssen an das Bundeverfassungsgericht, die Steuerfestsetzungen nach dem Erbschaft und Schenkungsteuergesetz mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen wird. Die Folge eines solchen Vorläufigkeitsvermerks wäre, dass die Festsetzung von Erbschaft oder Schenkungsteuer im Umfang der Vorläufigkeit aufgehoben oder geändert werden kann. Solange noch kein solcher Vorläufigkeitsvermerk in aktuell ergangenen Steuerbescheiden enthalten ist, sollte vorsorglich unter Hinweis auf den BFH-Beschluss und eine mögliche Verfassungswidrigkeit des Erbschaft- steuergesetzes Einspruch gegen den Steuerbescheid eingelegt werden. Sollte das Bundesverfassungsgericht zu der Auffassung gelangen, dass das geltende Erbschaft und Schenkungsteuergesetz verfassungswidrig ist, so würden sich im Falle eines Vorläufigkeitsvermerks keine Rechtsnachteile, z.B. in Gestalt eines Wegfalls von Verschonungsabschlägen ergeben, da unter Hinweis auf § 176 Abs. 1 Satz 1 AO bereits erlassene Steuerbescheide zumindest nach herrschender Meinung nicht zu Ungunsten der Steuerpflichtigen abgeändert werden dürfen (vgl. beispielsweise Eisele, NWB 2012, S. 3453 ff., 3466 mit weiteren Nachweisen). Sollte das Bundesverfassungsgericht wider Erwarten das geltende Erbschaft und Schenkungsteuergesetz rückwirkend für verfassungswidrig erklären und nicht, wie in den vorangegangenen Verfahren, den Gesetzgeber auffordern, bis zu einem in der Zukunft gelegenen Zeitpunkt den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende gesetzliche Regelungen zu verabschieden, so wäre in der Tat in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen (z.B. mit Vorläufigkeitsvermerk versehene Steuerbescheide oder aber Steuerbescheide, gegen die Einspruch eingelegt wurde) die Steuerfestsetzung aufzuheben. Mit diesem für den Steuerpflichtigen günstigsten Fall ist aber wohl nicht zu rechnen.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung der Vorinstanz (Finanzgericht Düsseldorf) sowie dem BFH-Beschluss lag folgender Sachver- halt zu Grunde:

Ein Neffe war zu einem Viertel Miterbe des im Januar 2009 verstorbenen Onkels. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und eines Steuererstattungsanspruchs zusammen und belief sich auf 51.266,– `. Unter Berücksichtigung eines persönlichen Freibetrags von 20.000,– ` setzte das Finanzamt Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360,– ` fest, basierend auf dem in der Steuerklasse II vorgesehenen Steuersatz von damals noch 30 %. Der Neffe begehrte die Herabsetzung der Steuer auf 4.680,– ` und machte geltend, dass mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz vom 22.12.2009 der Steuersatz für die Steuerklasse II in seinem Fall auf 15 % reduziert wurde, allerdings nicht rückwirkend zum 01.01.2009, sondern erst für die Steuer, die nach dem 31.12.2009 entsteht. Gegen die Gleichstellung von Personen in der Steuerklasse II und III beim Steuersatz im Veranlagungszeitraum 2009 äußerte der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken und wollte die ab 2010 gültige Besserstellung der Steuerklasse II bereits für sich geltend machen. Das Finanzgericht Düsseldorf hat seine Klage abgewiesen und entschieden, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten sei, Personen in der Steuerklasse II erbschaftsteuerlich besser zu behandeln als Personen in der Steuerklasse III. Gegen diese Entscheidung hat sodann der Kläger Revision beim BFH eingelegt, der zu dem Beschluss geführt hat.

Entscheidungsgründe

Der BFH stützt seine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht insbesondere auf folgende Kritikpunkte am geltenden Erbschaft und Schenkungsteuergesetz:

Nach Auffassung des BFH stellt die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und von Anteilen an Kapitalgesellschaften eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung dar. Nach Auffassung des BFH kann nicht unterstellt werden, dass die Erbschaftsteuer typischerweise die Betriebsfortführung gefährde. Dabei verweist der BFH auch auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Beirats beim BMF aus dem Jahre 2012, das auf der Homepage des BMF abgerufen werden kann. Nach Auffassung des BFH ist auch der Begünstigungsgrund „Arbeitsplatzer- halt“ nicht tragfähig, weil mehr als 90 % aller Betriebe nicht mehr als 20 Beschäftigte hätten und schon deshalb nicht unter die Arbeitsplatzklausel fielen. In diesem Zusammenhang weist der BFH auch auf Gestaltungmöglichkeiten hin, die es seiner Auffassung nach auf einfache Art und Weise ermöglichen, diese Vorschriften zu umgehen. Sodann setzt sich der BFH ausführlich mit rechtlichen Gestaltungen auseinander, die dazu führen, dass nicht betriebsnotwendiges Vermögen ohne oder mit nur geringer Steuerbelastung auf die Nachfolgegeneration übertragen werden kann. Hier stellt er beispielsweise auf die Möglichkeit der Übertragung von liquiden Vermögen im Rahmen der sogenannten Cash-GmbH oder Cash-Personengesellschaft ab. Der BFH führt aus, dass beispielsweise ein Anteil an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Betriebsvermögen aus 100 Mio. ` Festgeldguthaben besteht, nach Maßgabe der erbschaftsteuerlichen Regelungen übertragen werden kann, ohne dass Erbschaftsteuer oder Schenkungsteuer anfällt und ohne dass dieses Vermögen einer besonderen Gemeinwohlbindung oder Gemeinwohlverpflichtung unterliegt.

Ergänzende Hinweise

Wie oben bereits vor dem Hintergrund der verfahrensrechtlichen Situation dargestellt, sollte gegen aktuell ergangene Erbschaft- oder Schenkungsteuerbescheide Einspruch eingelegt werden, sofern der Steuerbescheid nicht bereits von der Finanzverwaltung mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen wird. Aus Sicht des Steuerpflichtigen und seiner Berater sollten auch die Bemühungen des Gesetzgebers, „Steuersparmodelle“ wie die Cash-GmbH oder andere Gestaltungen einzudämmen, kritisch verfolgt und im Hinblick auf die konkreten Auswirkungen auf die Gestaltung der Unternehmensnachfolge im Auge behalten werden. Die Erweiterung des Verwaltungsvermögensbegriffs in der Stellungnahme des Bundesrats zum Jahressteuergesetz 2013 zeigt hier exemplarisch, welche Dimension gesetzgeberische Gegenmaßnahmen erreichen können. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen, jetzt aber nicht in die vom Bundestag beschlossene Fassung des Jahressteuergesetzes aufgenommenen Gesetzesformulierungen wären mit sehr weitgehenden Konsequenzen für die Unternehmensnachfolge bei solchen Unternehmen verbunden, die liquiditätsmäßig Vorsorge getroffen haben und würden viele Familienunternehmen bei Schenkungen oder im Erbfall ins Mark treffen. Vor dem Hintergrund der zu erwartenden längeren Unsicherheitsphase bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sollten Schenkungsverträge mit Widerrufsklausel versehen werden, die auch den Fall umfassen, dass das derzeit gültige Erbschaft und Schenkungsteuergesetz für verfassungswidrig erklärt wird und z.B. durch Zeitablauf außer Kraft gesetzt wird. Es wäre dann eine erbschaft- und schenkungsteuerfreie Zeit gekommen, die es ermöglichen würde, Schenkungen zu widerrufen und eine unter Inanspruchnahme des 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ursprünglich festgesetzte Schenkungsteuer zum Erlöschen zu bringen. Die erneute Schenkung zu einem Zeitpunkt, in dem kein gültiges Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz mehr vorhanden wäre, würde somit auch zu keiner Belastung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer führen. Allerdings ist bei der Ausgestaltung solcher Widerrufsklauseln Vorsicht geboten. Es dürfen daraus keine grundsätzlichen Zweifel an der Wirksamkeit der Schenkung entstehen.

Schenkungssteuergesetz

Schenkungen unter Lebenden

Kettenschenkung  im  Beziehungsverhältnis „Eltern-Kind-Schwiegerkind“

Dr. Julia Kraft, Notarvertreterin, Weinheim

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die Entscheidung betrifft den Fall einer sog. Kettenschenkung. Dieses Gestaltungsmodell ist für die Praxis von erheblicher Bedeutung. Dem liegt zu Grunde, dass durch die Aufspaltung einer Übertragung in zwei Übertragungsvorgänge die für Kinder und Eheleute vorgesehenen Freibeträge von 400.000,– ` bzw. 500.000,–  `genutzt werden können, während bei einer Direktzuwendung z.B. an das Schwiegerkind nur ein Freibetrag von 20.000,– ` zur Verfügung steht und eine solche direkte Zuwendung zudem der erbschaftsteuerlich ungünstigeren Steuerklasse II unterfällt. Mit notariell beurkundetem Vertrag übertrug ein Vater auf seinen Sohn einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung, zu Alleineigentum. Der Sohn verpflichtete sich für die Überlassung an seinen Bruder 50.000,– ` zu bezahlen. Zur Sicherung des Übergebers vereinbarten sie, dass dieser die unentgeltliche Rückauflassung  des Vertragsobjektes u.a. dann verlangen könne, wenn der Sohn zu Lebzeiten des Vaters ohne dessen Zustimmung das Vertragsobjekt veräußern sollte. Im Hinblick auf dieses Rückforderungsrecht stimmte der Vater der Veräußerung eines Miteigentumsanteils zu ½ an die Ehefrau des Sohnes zu. Noch am selben Tag übertrug der Sohn mit darauf folgender Urkundsnummer des gleichen Notars die Hälfte des Miteigentumsanteils an der Immobilie als ehebezogene Zuwendung auf seine Ehefrau. Auf eine Zwischeneintragung des Sohnes als Alleineigentümer verzichteten sie. Unter der Annahme, der Vater habe jeweils einen hälftigen Miteigentumsanteil an dem Vertragsobjekt seinem Sohn und seiner Schwiegertochter freigebig zugewandt, unterwarf das Finanzamt die zweite Überlassung der Schenkungsteuer. Die klagende Schwiegertochter blieb mit ihrem Antrag, die Vollziehung des Bescheides auszusetzen, vor dem FG München erfolglos (FG München, Beschl. v. 30.05.2011 – 4 V 548/11).

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts sah der BFH die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung als erfüllt an. Es sei ernstlich zweifelhaft, dass eine freigebige Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG des Vaters an dessen Schwiegertochter vorliege. Dieser habe vielmehr das gesamte Vertragsobjekt seinem Sohn und nicht anteilig seiner Schwiegertochter zugewandt. Die Schenkung sei zum Zeitpunkt als der Sohn die Weiterübertragung auf seine Ehefrau veranlasst habe, schenkungssteuerrechtlich bereits ausgeführt gewesen, denn es habe ein Schenkungsversprechen, die Auflassung und die Eintragungsbewilligung vorgelegen. Der Sohn habe als Zwischenerwerber auch über eine eigene Entscheidungsmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung des Schenkungsgegenstandes verfügt. Er habe den hälftigen Anteil des Vertragsgegenstandes ohne Veranlassung des Zuwendenden und ohne rechtliche Verpflichtung freigebig seiner Ehefrau übertragen können. In diesem Fall scheide die Annahme einer Schenkung des Zuwendenden an den Dritten aus. Dies gelte auch dann, wenn Ersterer weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an einen Dritten weiterschenkt (vgl. BFH, Urteil v. 14.03.1962 – II 218/59 U). Für die Praxis ist von Bedeutung, dass der BFH in der vorliegenden Entschei- dung das Modell der Kettenschenkung schenkungssteuerrechtlich grundsätzlich gebilligt hat. Zu der Frage, ob im vorliegenden Fall ein Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) angenommen werden könne, hat das Gericht lapidar festgestellt: „Anhaltspunkte für einen Gestaltungsmissbrauch liegen nicht vor“. Wesentlich für die praktische Gestaltung der Verträge ist der gerichtliche Hinweis, dass in Fällen, in denen der Beschenkte zur Weiterschenkung verpflichtet wird, keine Bereicherung der Mittelperson aus dem Vermögen des Zuwenden- den besteht (BFH, Urt. v. 13.10.1993 II R 92/91). Im Falle einer solchen Weitergabeverpflichtung die sich aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus anderen Umständen ergeben kann ist folglich von einer direkten Zuwendung der Eltern an das Schwiegerkind auszugehen. Sie ist daher zu vermeiden. Da im Entscheidungsfall keine ausdrückliche Verpflichtung zur Weitergabe vereinbart wurde, ist von besonderem Interesse, welche sonstigen Kriterien das Gericht für die Frage, ob der Erstempfänger zur Weitergabe der Schenkung veranlasst wurde, herangezogen hat. Hierzu hat es zunächst festgestellt, dass Eltern regelmäßig kein vorrangiges Interesse daran haben, ihre Grundstücke im Wege der vorweggenommenen Erbfolge nicht auf ihre Kinder, sondern unmittelbar auf ihre Schwiegerkinder zu übertragen. Diese sehr allgemeine Bewertung hat der BFH durch folgende praxisrelevanten Anmerkungen ergänzt: Von der dargestellten Interessenlage sei insbesondere dann auszugehen, wenn für bestimmte Fälle ein Rückübertragungsanspruch des zuwendenden Elternteils gegenüber dem bedachten Kind vereinbart wurde. Ferner sei die dem Sohn auferlegte Zahlungspflicht gegenüber dem weichenden Bruder zu berücksichtigen. Diese Abfindungsverpflichtung spreche so der BFH gegen eine Zuwendung des Vaters an seine Schwiegertochter, die den Hälfteanteil ohne besonderes Entgelt erhalten habe. Bei der künftigen Gestaltung der Vermögensübertragung müssen daher die Fragen der Vereinbarung eines Rückübertragungsanspruchs und der Ausgestaltung einer etwaigen Abfindungsverpflichtung auch mit Blick auf diese Ausführungen des BFH sorgfältig bedacht werden. Insbesondere darf eine etwaige Zahlungspflicht des beschenkten Kindes gegenüber den weichenden Geschwistern nicht auf den Zweitempfänger anteilig abgewälzt werden. Die Tatsache, dass die beiden Verträge an einem Tag in aufeinanderfolgenden Urkundenrollennummern geschlossen wurden, hat der BFH anders als das FG hingegen unberücksichtigt gelassen. Welche Rolle diese äußeren Kriterien bei der steuerrechtlichen Beurteilung einer „Kettenschenkung“ im Verhältnis „Eltern-Kind-Schwiegerkind“ künftig spielen werden, bleibt abzuwarten. Dem BFH liegt derzeit ein vergleichbarer Fall zur Entscheidung im Revisionsverfahren vor (BFH, II R 45/11 zum Urt. des FG München v. 15.06.2011 – 4 K 396/11). Es ist daher zu hoffen, dass das Gericht die Gelegenheit ergreift, die für die Praxis so wichtige Rechtssicherheit in diesem Bereich weiter zu erhöhen.

 

Steuergesetz, Umwandlungsteuer

Entnahme einbringungsgeborener Anteile führt zu keiner Gewinnrealisation

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Familienunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, insbesondere GmbHs, sind häufig aus der Umwandlung von Personengesellschaften oder aber aus der Einbringung von Unternehmensteilen entstanden. Insbesondere der letztere Fall, bei dem aus einem bestehenden Unternehmen (z.B. einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft) Unternehmensteile in eine GmbH ausgegliedert wurden, deren Anteile vom Einzelunternehmer oder den Gesellschaftern der Personengesellschaft gehalten werden, führt zu der in der Praxis weit verbreiteten Betriebsaufspaltungsstruktur. Mit dem Umwandlungssteuergesetz (kurz UmwStG) hält der Gesetzgeber Normen bereit, die eine erfolgsneutrale Ausgestaltung der Vermögensübertragung auf die Kapitalgesellschaft ermöglichen (§ 20 UmwStG). Ohne diese Vorschriften würde die Einbringung von mit stillen Reserven behafteten Vermögenspositionen aus einem bestehenden Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft zu einer Gewinnrealisierung führen. Im Ergebnis können somit stille Reserven von einem bestehenden Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft überführt werden. Die durch einen solchen Einbringungsvorgang entstandenen Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind in doppelter Hinsicht steuerverhaftet. Zum einen gehören die im Zuge einer Betriebsaufspaltung begründeten Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft weiterhin zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmers bzw. ggf. zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter eines Besitzunternehmens in der Rechtsform der Personengesellschaft. Sowohl das alte als auch das seit Dezember 2006 gültige neue UmwStG enthalten Spezialregelungen für durch eine Sacheinlage begründete Anteile an einer Kapitalgesellschaft. In dem noch vor Dezember 2006 gültigen UmwStG hat man in diesem Zusammenhang von sog. einbringungsgeborenen Anteilen gesprochen. In dem seit Dezember 2006 gültigen UmwStG spricht man insoweit von sperrfristbehafteten Anteilen. Kommt es nun in der Folgezeit zu einer Übertragung der Kapitalgesellschaftsanteile auf Personen, die nicht am Besitzunternehmen beteiligt sind, so werden die Kapitalgesellschaftsanteile aus dem Betriebsvermögen des bisherigen Inhabers entnommen. Es stellt sich dann die Frage, ob dieser Entnahmegewinn zu versteuern ist oder ob eine Versteuerung vermieden werden kann, da die entnommenen Kapitalgesellschaftsanteile weiterhin den speziellen Vorschriften des UmwStG für einbringungsgeborene bzw. sperrfristbehaftete  Anteile unterliegen. Insbesondere in den Fällen der Betriebsaufspaltung, in denen Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft z.B. im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge oder aber im Todesfall auf Gesellschafter übergehen, die nicht zugleich am Besitzunternehmen beteiligt werden, kann nun mit Berufung auf das den Gegenstand dieser Besprechung bildende BFH-Urteil die Besteuerung eines Entnahmegewinns abgewendet werden.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung des BFH lag folgen- der Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war ursprünglich alleiniger Gesellschafter einer GmbH. Die GmbH-Anteile waren in den 1970er Jahren durch durch Einbringung des vormaligen Einzelunternehmens des Klägers zu Buchwerten entstanden. Daneben war der Kläger Eigentümer eines Grundstücks, das er an die GmbH verpachtet hat. Dies führte im Ergebnis zu einer Betriebsaufspaltung mit der Folge, dass die Anteile an der GmbH zum steuerlichen Betriebsvermögen des Klägers bei seinem Besitzunternehmen (Grundstücksun- ternehmen) gehören. Im Mai 2002 übertrug der Kläger seiner Ehefrau unentgeltlich 15 % der Anteile an der GmbH; weitere 2,5 % der Anteile wurden auf einen leitenden Mitarbeiter übertragen. Das Finanzamt unterwarf die Differenz zwischen dem Teilwert und dem Buchwert der auf die Ehefrau übertragenen Anteile (719.794,– `) der Besteuerung als Entnahmegewinn des Klägers. Die dagegen erhobene Klage beim Finanzgericht Düsseldorf hatte Erfolg, die Festsetzung eines Entnah- megewinns wurde aufgehoben (vgl. Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11.11.2009, 15 K 4209/08 E). Der BFH hat nunmehr in seinem Urteil die in der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung bestätigt, dass durch die unentgeltliche Übertragung von Geschäftsanteilen an der GmbH von dem Kläger auf seine Ehefrau kein steuerbarer Entnahmegewinn beim Kläger entstanden ist. Im Hinblick auf die dem leitenden Mitarbeiter übertragenen Geschäftsanteile blieben aber Fragen offen, die vom BFH zur Klärung an die Vorinstanz zurückverwiesen wurden.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

In dem Urteil wird zunächst bestätigt, dass die schenkweise Übertragung der Geschäftsanteile von dem Kläger auf seine Ehefrau begrifflich eine Entnahme i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG in der damals gültigen Fassung (2002) darstellt. Der BFH kommt aber zu dem Ergebnis, dass die Entnahme nicht die Besteuerungsfolge nach § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 2002 auslöst. Vielmehr greifen die besonderen Gewinnrealisierungsregeln für einbringungsgeborene Anteile im Sinne des UmwStG 2002. Nach diesen Regelungen führt eine schenkweise Übertragung von einbringungsgeborenen Anteilen auf Dritte zu keinem gewinnrealisierenden Vorgang. Der BFH weist in seiner Entscheidung vor allem darauf hin, dass nach dem UmwStG die Besteuerung der in den einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven im Falle eines unentgeltlichen Erwerbs dadurch gesichert wird, dass die Anteile auch beim Erwerber weiterhin den besonderen Vorschriften des § 21 UmwStG 2002 unterliegen und damit – unabhängig von einer Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen – steuerverhaftet bleiben. Der BFH widerspricht damit eindeutig der von der Finanzverwaltung im alten Umwandlungssteuererlass vertretenen Auffassung, wonach der Entnahmetatbestand im Einkommensteuergesetz neben den Nachversteuerungsregelungen im UmwStG Anwendung finden soll. Das Urteil kann somit in allen Fällen, in denen bei der Übertragung von Anteilen an der Betriebskapitalgesellschaft nicht bedacht worden ist, dass diese zu einem steuerlichen Betriebsvermögen gehören und eine Entnahmebesteuerung droht, als Begründung dafür herangezogen werden, dass der Entnahmegewinn nicht zu versteuern ist. Zwar sprechen gute Gründe dafür, die Grundsätze dieser Entscheidung auch auf das neue, seit Dezember 2006 gültige UmwStG zu übertragen. Diese Auffassung ist aber keinesfalls gesichert. Deshalb ist nach wie vor Vorsicht geboten, wenn auf Basis des Urteils gestalterische Überlegungen angestellt werden. Hier wäre dringend zu einer verbindlichen Auskunft anzuraten, um sicherzustellen, dass die Finanzverwaltung im Einzelfall der Auffassung des BFH folgt.

Erbrecht

Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz

Beschluss des BFH betreffend die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des seit dem 01.01.2009 gültigen  neuen Erbschaftsteuergesetzes

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Wieder einmal kommt das Erbschaftsteuergesetz auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand. Es liegen zwar zwischenzeitlich drei Verfahren von Finanzgerichten vor, die die gegen das neu gefasste Erbschaftsteuergesetz vorgebrachten Bedenken zurückweisen (siehe im Einzelnen die Nachweise bei Wachter, DStR 2011, S. 2331 ff.). Zwei Verfahren vor dem Finanzgericht München und dem Finanzgericht Köln haben allerdings lediglich Anträge auf Aussetzung der Vollziehung zum Gegenstand, die Entscheidung in der Hauptsache stehen bei diesen Verfahren noch aus. Der BFH knüpft nun mit seinen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des neuen Erbschaftsteuergesetzes an das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf an, das das Begehren des Steuerpflichtigen nach einer günstigeren Besteuerung in der Steuerklasse II abgelehnt hatte. Die praktische Bedeutung dieses BFH-Beschlusses liegt darin, dass das Gericht die grundsätzliche Fragestellung aufwirft, ob die neuen Verschonungsregelungen für unternehmerisches Vermögen (§§ 13a, 13b und 19a ErbStG) verfassungswidrig sind, weil es diese Vorschriften ermöglichen, durch geeignete Gestaltungen Erbschaftsteuer zu vermeiden, ohne dass es dabei auf eine Gemeinwohlverpflichtung und Gemeinwohlbindung des erworbenen Vermögens ankommt. Der BFH setzt sich sehr anschaulich mit bestimmten Gestaltungsüberlegungen auseinander, die in der Beratungspraxis entwickelt wurden, um erbschaftsteuerliche Verschonungsregelungen in Anspruch nehmen zu können. Hierzu gehört beispielsweise die gewerblich geprägte Festgeld-GmbH & Co. KG, die sogenannte „Cash-GmbH“, die Begründung einer Forderungs-GmbH oder aber bestimmte Betriebsaufspaltungskonstellationen. In all diesen Fällen kann es gelingen, Vermögen ohne das Eingreifen der Lohnsummenregelung in die nächste Generation zu übertragen. Der Beschluss macht deutlich, dass die  gesamten Verschonungsregelungen und die damit verbundenen Abgrenzungsprobleme eine Gefahr für die Anerkennung der Verfassungsmäßigkeit des neuen Erbschaftsteuergesetzes darstellen. Der BFH hat das BMF aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Es ist zu erwarten, dass der BFH das Verfahren dann wohl aussetzen und die Frage der Verfassungsmäßigkeit erneut dem Bundesverfassungsgericht vorlegen wird. Ob das Bundesverfassungsgericht sich dann in diesem Fall tatsächlich mit den Verschonungsregelungen für unternehmerisches Vermögen auseinandersetzen wird, bleibt abzuwarten. Die vom BFH aufgeworfenen Fragen könnten aber als willkommener Anlass in der Politik genommen werden, die derzeitigen erbschaftsteuerlichen Vergünstigungen für Betriebsvermögen und die Voraussetzungen für deren Inanspruchnahme deutlich zu verschärfen. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der Staatsschuldenkrise.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung der Vorinstanz (Finanzgericht Düsseldorf) sowie dem BFH-Beschluss lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Neffe war zu einem Viertel Miterbe des im Januar 2009 verstorbenen Onkels. Der Nachlass setzte sich aus Guthaben bei Kreditinstituten und einem Steuererstattungsanspruchs zusammen und belief sich auf 51.266,– `. Unter Berücksichtigung eines persönlichen Freibetrags von 20.000,– ` setzte das Finanz- amt Erbschaftsteuer in Höhe von 9.360,– ` fest, basierend auf dem in der Steuerklasse II vorgesehenen Steuersatz von damals noch 30 %. Der Neffe begehrte die Herabsetzung der Steuer auf 4.680,– ` und machte geltend, dass mit dem Wachstumsbe- schleunigungsgesetz vom 22.12.2009 der Steuersatz für die Steuerklasse II in seinem Fall auf 15 % reduziert wurde, allerdings nicht rückwirkend zum 01.01.2009, sondern erst für die Steuer, die nach dem 31.12.2009 entsteht. Gegen die Gleichstellung von Personen in der Steuerklasse II und III beim Steuersatz im Veranlagungszeitraum 2009 äußerte der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken und wollte die ab 2010 gültige Besserstellung der Steuerklasse II bereits für sich geltend machen. Das Finanzgericht Düsseldorf hat seine Klage abgewiesen und entschieden, dass es verfassungsrechtlich nicht geboten sei, Personen in der Steuerklasse II erbschaftsteuerlich besser zu behandeln als Personen in der Steuerklasse III. Gegen diese Entscheidung hat sodann der Kläger Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt, die zu dem Beschluss des BFH vom 05.10.2011 geführt hat.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Der BFH hat in seinem Beschluss vom 05.10.2011 keine Entscheidung in der Sache getroffen. Vielmehr hat er das Bundesministerium der Finanzen (BMF) aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Der BFH setzt sich in seinem Beschluss mit der eigentlichen Frage, ob denn im Jahr 2009 eine Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III verfassungsrechtlich bedenklich sein sollte, nur in einem kurzen Absatz seines Beschlusses auseinander. Dabei verweist er auf umfangreiche Schrift- tumsnachweise, in denen solche verfassungsrechtlichen Bedanken geäußert wurden. Sodann nutzt der BFH aber die Möglichkeit, auf verschiedenste, Eingangs bereits kurz beschriebene Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die Verschonungsregelungen des neuen Erbschaftsteuergesetzes auch für solches Vermögen zu nutzen, das nicht den  vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 07.11.2006 zum alten Erbschaftsteuergesetz definierten Anforderungen für die Inanspruchnahme von Steuerentlastungen genügt. Hierzu gehört aus der Sicht des BFH die Inanspruchnahme erbschaftsteuerlicher Begünstigungen bei gewerblich geprägten Personengesellschatten (z.B. bei einer GmbH & Co. KG). Beispielsweise wird vom BFH auf die Möglichkeit hingewiesen, einen Anteil an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, deren Betriebsvermögen aus 100 Mio. ` Festgeldguthaben besteht, nach Maßgabe des § 13a Abs. 8 ErbStG erbschaftsteuerfrei in die nächste Generation zu übertragen, ohne dass dieses Vermögen einer besonderen Gemeinwohlbindung oder Gemeinwohlverpflichtung unterliegt. In diesem Zusammenhang weist der BFH darauf hin, dass die vom Gesetz definierten Anforderungen an die Entwicklung der Lohnsumme in einem solchen Fall keine Rolle spielen, da derartige gewerblich geprägten Personengesellschaften regelmäßig nicht mehr als 20 Beschäftigte haben und somit nicht unter die Lohnsummenregelung fallen (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 4 ErbStG). Gleiches gilt auch für den Fall, dass solches Festgeld in einer GmbH gehalten wird. In der Beratungspraxis werden solche Modelle auch als sogenannte „Cash-GmbH“ bezeichnet. Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit, die Lohnsummenregelung zu unterlaufen, sieht der BFH darin, dass das wesentliche Vermögen eines Unternehmens in einer Besitzgesellschaft konzentriert wird, die nicht mehr als 20 Beschäftigte hat, wäh- rend die Betriebsgesellschaft durch Schulden belastet wird und so einen nur geringen Steuerwert aufweist. Der Entwicklung der Lohnsumme in der Betriebsgesellschaft kommt auf Grund von deren geringen erbschaftsteuerlichen Wert in diesem Fall keine besondere Bedeutung zu. Im Zuge des vom BFH geforderten Beitritts des Bundesministeriums der Finanzen wird dieses um Mitteilung gebeten, ob und ggf. welche  praktischen Erfahrungen es im Besteuerungsverfahren oder bei Anträgen auf verbindliche Auskunft zu den aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeiten bisher gibt. Bei der weiteren Diskussion von Gestaltungsmöglichkeiten sollte aber auch Berücksichtigung finden, dass es trotz aller Verschonungsregelungen Fälle gibt, die nicht unter die Vergünstigungsnormen fallen, z.B. eine Beteiligung an Kapitalgesellschaften von 25 % oder weniger. Auch so mancher Immobilieneigentümer wird sich zu Recht fragen, warum ein Bestand von 100 oder 200 Wohnein- heiten nicht ausreichend sein soll, um erbschaftsteuerliche Begünstigungen in Anspruch nehmen zu können. Daher gilt es die weitere Diskussion in diesem Verfahren aufmerksam zu verfolgen. Vor dem Hintergrund der derzeit vorhandenen Verschonungsregelungen sollte deren Inanspruchnahme konsequent genutzt werden. Angesichts der Staatsschuldenkrise und der in verschiedensten Parteiprogrammen erhobenen Forderung nach einer drastischen Reduzierung der Begünstigungen für Betriebsvermögen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist mit einer Abschaffung dieser Steuer nicht zu rechnen. Allerdings sollte angesichts der unsicheren Rechtslage geprüft werden, ob in Schenkungsverträgen eine Steuerklausel aufgenommen wird, die den Fall regelt, dass das geltende Erbschaftsteuergesetz für verfassungswidrig erklärt wird. Es besteht sodann unter Hinweise auf § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die Möglichkeit, bei Ausübung des Rückforderungsrechts die festgesetzte Steuer rückwirkend zum Erlöschen zu bringen. Dies wäre für den Fall interessant, dass das Erbschaftsteuergesetz dieses Mal rückwirkend für verfassungswidrig erklärt würde und somit bis zu einer den Anforderungen des Verfassungsrechts genügenden Neufassung des Erbschaftsteuergesetzes quasi eine erbschaftsteuerfreie Zeit gegeben sein könnte.

Finanzgerichtsordnung

Schenkungsteuerpflicht bei Zahlungen zwischen Ehegatten

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Problemstellung und praktische Bedeutung

Hinter dem oben genannten Beschluss des Bundesfinanzhofs versteckt sich eine schenkungsteuerliche Falle, die den meisten Ehegatten nicht bewusst ist. Entgegen dem weitgehend verbreiteten Glauben, dass den im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten das beiderseitige Vermögen bereits in Zeiten der Ehe, also vor dem tatsächlichen Ausgleich eines während der Ehe erwirtschafteten Zugewinns, gemeinsam gehört, bleibt jeder Ehegatte zivilrechtlich Eigentümer der Vermögensgegenstände, die er in die Ehe eingebracht hat oder die er während der Ehe erwirbt. Allein aufgrund der Ehe entsteht auch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft kein gemeinschaftliches Eigentum der Ehegatten. Dementsprechend können auch Zahlungen oder Zuwendungen zwischen Ehegatten, sofern der persönliche Freibetrag von 500.000,– % überschritten wird, schenkungsteuerpflichtig sein. Eröffnen Ehegatten beispielsweise ein Konto über das jeder Ehegatte alleine verfügen kann (sogenann- tes Oder-Konto), gilt die gesetzliche Vermutung, dass die Ehegatten als Gesamtgläubiger gem. § 430 BGB zu gleichen Teilen – also jeweils zu 50 % – berechtigt sind, soweit nichts anderes vereinbart wurde. Nach der gesetzlichen Vermutung also beschenkt der Ehegatte, der überproportional auf das Konto einzahlt, den anderen Ehegatten. Möchten die Ehegatten von dieser gesetzlichen Regelung abweichen, verlangt die Finanzverwaltung als Nachweis hierfür regelmäßig eine im Voraus getroffene schriftliche Vereinbarung über die anderweitige Aufteilung des Guthabens auf dem Konto und erlegt damit den Eheleuten die Beweislast auf. An einer eindeutigen schriftlichen Vereinbarung fehlt es aber regelmäßig zwischen den Ehegatten, sodass sich die Finanzgerichte und der Bundesfinanzhof bereits mehrmals mit der Frage beschäftigen mussten. Zur Schenkungsteuerpflicht bei Überweisung auf ein Oder-Konto hat sich bisher schriftlich aber nur – soweit ersichtlich – die Finanzverwaltung Koblenz geäußert (OFD Koblenz, Verfügung vom 19.02.2002, DStR 2002, 591). Eine Schenkung kann ebenso vorliegen, wenn ein Ehegatte – z.B. nach dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen – dem anderen Ehegatten einen Teil des Veräußerungserlöses zur Vermögensverwaltung anvertraut und eine eindeutige Vereinbarung über die Rückzahlung des Vermögens fehlt.

Zum Sachverhalt

In dem Sachverhalt, der dem Beschluss des BFH zu Grunde lag, floss der Ehefrau ein Veräußerungserlös zu, der auf ihrem Konto verbucht wurde. Der Veräußerungserlös wurde zum einen für den Erwerb einer Immobilie durch die Ehefrau und zum anderen zur Begleichung der auf den Veräußerungserlös anfallenden Einkommensteuer verwendet. Da die Einkommensteuer nicht unmittelbar im Anschluss zu zahlen war, sollte der Ehemann diesen Teil des Veräußerungserlöses zunächst investieren. Der Ehemann investierte in Aktien, die in einem auf den Namen des Ehemanns laufenden Depot verwaltet wurden. Eine ausdrückliche mündliche oder schriftliche Vereinbarung über die Rückzahlung hatten die Ehegatten nicht geschlossen. Das Finanzamt sah hierin eine Schenkung zwischen den Ehegatten. Das Finanzgericht ging hingegen trotz fehlender ausdrücklicher Absprache bzw. schriftlicher Vereinbarung nicht von einer schenkungsteuerpflichtigen Zuwendung zwischen den Ehegatten aus, da der Ehemann weder rechtlich noch tatsächlich frei über die überwiesenen Geldbeträge verfügen konnte. Die Eheleute hätten vielmehr bezüglich der Verwendung des von der Ehefrau erzielten Veräußerungserlöses feste gemeinsame Vorstellungen gehabt und diese Vorstellungen in der Folgezeit auch umgesetzt. Das Finanzgericht hat die Revision nicht zugelassen. Das Finanzamt hat hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Entscheidungsgründe

Der Bundesfinanzhof sah die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision als nicht erfüllt an. Vielmehr ging das Gericht davon aus, dass das Finanzgericht sich nicht in Divergenz zur BFH-Rechtsprechung befindet. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass auch ohne schriftliche Vereinbarung zwischen den Ehegatten dargelegt werden kann, dass keine freigebige Zuwendung erfolgen sollte. Es können damit auch weitere Umstände des Einzelfalls – so z.B. die gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten über die Verwendung des Guthabens – für die Beurteilung der Frage, ob eine Schenkung vorliegt, herangezogen werden. Damit bestätigt der Bundesfinanzhof erneut, dass eine Schenkung nur dann vorliegt, wenn der Beschenkte rechtlich und tatsächlich frei über das übertragene Vermögen verfügen kann und für diese Beurteilung die getroffenen Vereinbarungen, die gemeinsamen Vorstellungen der Ehegatten sowie deren konkretes Handeln herangezogen werden kann (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 07.10.1998, Az.: II R 30/97; BFH-Urteil vom 25.01.2001, Az.: II R 39/98; BFH-Urteil vom 22.08.2007, Az.: II R 33/06).

Abschließende Hinweise

Der Beschluss des Bundesfinanzhofs entschärft die schenkungsteuerlichen Risiken bei Zahlungen zwischen Ehegatten. Insbesondere der von der Finanzverwaltung in der Praxis vertretenen Auffassung, dass die Ehegatten eine Vereinbarung über die Verwendung bzw. Rückzahlung des Vermögens nachweisen müssen, wird damit erneut eine Absage erteilt. Auch ohne schriftliche oder mündliche Vereinbarung kann vielmehr anhand der tatsächlichen Handhabung dargelegt werden, dass keine Schenkung erfolgt ist. In einem am 18.04.2012 veröffentlichten Urteil geht der Bundesfinanzhof für Überweisungen auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder- Konto) noch weiter (BFH, Urteil vom 23.11.2011, II R 33/10), indem er die Beweislast für das Vorliegen einer Schenkung dem Finanzamt auferlegt. Das Finanzamt muss demnach anhand objektiver Tatsachen nachweisen, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann. Nur bei objektiven Anhaltspunkten, dass die Eheleute zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind – so z.B. wenn der nicht einzahlende Ehegatte zur eigenen Vermögensbildung Abhebungen von dem gemeinsamen Konto tätigt –, soll der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Beweislast tragen. In der Praxis werden sich Ehegatten aber weiterhin mit der Auffassung der Finanzverwaltung konfrontiert sehen, dass beispielsweise die Einzahlung auf ein gemeinsames Oder-Konto eine Schenkung darstellt. Daher sollte insbesondere in den Fällen, in denen hohe Geldbeträge auf ein gemein- sames Konto fließen, vorsorglich im Vorfeld eine schriftliche Vereinbarung über die Zuordnung des Guthabens getroffen werden, um entsprechende Nachweise zweifelsfrei führen zu können.

Einkommensteuergesetz

Teilentgeltlichkeit bei Erwerb durch Vermächtnis

Prof. Dr. Rainer Lorz, LL.M, Rechtsanwalt

Problemstellung und praktische Bedeutung

Der Erwerb von Vermögen aufgrund eines erbrechtlichen Vermächtnisses ist zwar regelmäßig ein unentgeltlicher Vorgang. Anders ist dies jedoch in der Gestaltungsvariante des sog. Kaufrechtsvermächtnisses. Hierbei wird dem Vermächtnisnehmer das Recht eingeräumt, einen bestimmten Gegenstand des Nachlasse zu einem bestimmten Kaufpreis zu erwerben. Familienunternehmen Konkret wird ihm also ein Übernahmerecht eingeräumt. Bereits in einer älteren Entscheidung hatte der BFH festgestellt, dass ein solches Kaufrechtsvermächtnis zu einem ertragsteuerlich in vollem Umfang entgeltlichen Vorgang führt, wenn für den Erwerb des vermachten Gegenstands eine Gegenleistung zu erbringen ist, die dem Wert des betreffenden Gegenstands entspricht (vgl. BFH vom 13.11.2002, ZEV 2003, 255 m. Anm.Buciek). Nunmehr hat der IX. Senat
des BFH entschieden, dass ein Kaufrechtsvermächtnis auch zu einem teilentgeltlichen Vorgang führen kann, wenn der bei Übernahme zu zahlende Kaufpreis den Wert des übernommenen Wirtschaftsguts nicht ausgleicht. In diesem Fall ist der Erwerbsvorgang also in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Entscheidungsgründe und weitere Hinweise In dem vom BFH zu entscheidenden Fall hatte die Mutter ihre zwei Töchter jeweils zur Hälfte als Erbinnen eingesetzt und der späteren Klägerin zugleich das Recht eingeräumt, den gesamten Grundbesitz (Grundstück mit Wohnhaus und Landwirtschaftsflächen) zu übernehmen. Hierfür sollte sie an ihre Schwester 25 % des
auf den Tod der Erblasserin festzustellenden Verkehrswerts des Grundbesitzes bezahlen. Nachdem die Klägerin das Übernahmerecht ausgeübt und ihrer Schwester den Betrag von 59.700,–`(= 25 % des geschätzten Verkehrswerts von 238.800,–`) für den Grundbesitz bezahlt hatte, veräußerte sie diesen ein Jahr später zu einem Preis von 240.000,–`. Dies führte insoweit zu einer steuerpflichtigen Veräußerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, als die Klägerin das Grundstück entgeltlich erworben hatte. Hinsichtlich des unentgeltlich erworbenen Anteils war ihr hingegen die Besitzzeit der Rechtsvorgängerin
zuzurechnen, sodass der Tatbestand des privaten Veräußerungsgeschäfts nicht erfüllt war (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG). Problematisch war nun die Ermittlung der Höhe des Veräußerungsgewinns. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin die nicht auf ihren eigenen Erbanteil entfallende Grundstückshälfte entgeltlich von ihrer Schwester erworben hatte und ermittelte den zu besteuernden Gewinn in der Weise, dass es vom erzielten Grundstücksveräußerungspreis 120.000,–` der Grundstückhälfte der Schwester zurechnete und hiervon die Anschaffungskosten von 59.700,–` abzog.
Diese Sichtweise, der auch das Finanzamt Baden-Württemberg als Vorinstanz gefolgt war, wurde vom BFH verworfen. Das Gericht stufte das testamentarisch angeordnete Übernahmerecht zutreffend als Vorausver-81 FuSs 2/2012 Rechtsprechung mächtnis (§ 2150 BGB) ein, aufgrund dessen die Klägerin eine Forderung gegen die Erbengemeinschaft auf Übertragung des Grundstücks gegen Zahlung des von der Erblasserin festgelegten Preises erwarb. Da der Wert der Zuwendung nicht voll auszugleichen war, handelte es sich nach dem BFH um ein teilentgeltliches Erwerbsgeschäft, das in einen entgeltlichen und
einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen war. Nur im Verhältnis des nach dem Testament bestimmten Kaufpreises zum Verkehrswert des Grundstücks, also in Höhe von einem Viertel, war vorliegend ein entgeltlicher Erwerb gegeben, während der Erwerb des restlichen Teils des Grundbesitzes unentgeltlich erfolgte. Damit war den Anschaffungskosten von 59.700,–`ein anteiliger Veräußerungspreis von 60.000,–` gegenzustellen, so dass sich unter Berücksichtigung der geltend gemachten Veräußerungskosten kein Gewinn nach § 23 Abs. 3 EStG ergab. Das Urteil schafft weitere Rechtssicherheit zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kaufrechtsvermächtnissen (zur erbschaftsteuerlichen Behandlung vgl.Gebel in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rdnr. 181). Aus Sicht der mit dem Kaufrechtsvermächtnis beschwerten Erben ist zu beachten, dass die Vermächtniserfüllung einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn auslösen kann. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn ein solches Vermächtnis Betriebsvermögen betrifft oder Immobilien zu übertragen sind, für die die Zehn-Jahres-Frist des § 23 EStG noch nicht abgelaufen ist. Finden die Rechtsgrundsätze des teilentgeltlichen Erwerbs hier Anwendung, weil der zu bezahlende Kaufpreis den Wert der zu übernehmenden Wirtschaftsgüter nicht ausgleicht, können diesem Kaufpreis auch nur die anteiligen Anschaffungskosten bzw. die anteiligen Buchwerte gegenüber gestellt werden.