Beiträge

Einkommensteuergesetz

Halb- bzw. Teilabzugsverbot in Fällen der Betriebsaufspaltung

Birgit Alber-Reindl, Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg

Einleitung und Ausführungen zur aktuellen Rechtsprechung des BFH

Der BFH hat mit Urteil vom 18.04.2012, Az. X R 5/10, entschieden, dass Substanzverluste von im Betriebsvermögen gehaltenen Gesellschafterdarlehen aufgrund von Wertminderungen, wie sie durch Teilwertabschreibungen abgebildet werden, unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der Darlehensüberlassung und einer etwaigen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerbefreiten Beteiligungserträgen nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG unterliegen. Er hat sich damit eindeutig gegen die im BMF-Schreiben vom 08.11.2010 (BStBl I 2010, 1292) vertretene Verwaltungsauffassung entschieden. Erwartungsgemäß hat diese Rechtsprechung erneut zu Diskussionen zum Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2 EStG geführt. In seiner Entscheidung kommt der X. Senat des BFH auch zum Ergebnis, dass in gleicher Weise substanzbezogene Wertminderungen von Rückgriffsforderungen aus der Inanspruchnahme aus im Betriebsvermögen gehaltenen Bürgschaften eines Gesellschafters für seine Gesellschaft sowie eine Rückstellungsbildung für die drohende Inanspruchnahme aus solchen Bürgschaften nicht dem Abzugsverbot des 3c Abs. 2 Satz 1 EStG unterliegen. In seinem weiteren Urteil vom selben Tag (Az. X R 7/10) stellt er schließlich fest, dass die von ihm aufgestellten Grundsätze im Falle des Verzichts auf ein nicht mehr werthaltiges Gesellschafterdarlehen entsprechend anzuwenden seien. Damit bleibt er konsequent bei seinem Grundansatz, die Vermögenssubstanz bestehender Darlehensverhältnisse unabhängig von einer etwaigen daneben noch existenten Kapitalbeteiligung zu beurteilen. In diesem Zusammenhang drängt sich auch die Frage auf, wie künftig die teil- bzw. unentgeltlichen Nutzungsüberlassungen zwischen Besitzunternehmen und Betriebsgesellschaft behandelt werden. Denn auch insoweit besteht ein lediglich mittelbarer Zusammenhang mit der betreffenden Kapitalbeteiligung an der Betriebskapitalgesellschaft. Insoweit muss die weitere Rechtsprechung des BFH abgewartet werden. Der BFH hat diese Frage in seinen Urteilen vom 18.04.2012 noch nicht entschieden. Im Folgenden soll die Problematik anhand von drei Beispielen veranschaulicht sowie eine erste Einschätzung der künftigen Handhabung derartiger Fallgestaltungen aufgezeigt werden.

Beispiel 1

A ist zu 10 % an der X-GmbH beteiligt und hält seine Kapitalbeteiligung im Privatvermögen. Daneben gewährt A der X-GmbH ein bislang marktüblich verzinstes Darlehen in Höhe von 100.000,– `. Wegen sinkender Absatzzahlen ist Ende 2011 von einer dauerhaften Wertminderung der Kapitalbeteiligung auszugehen. Seine Darlehensforderung ist zu diesem Zeitpunkt unstreitig noch maximal in Höhe von 50 % werthaltig. Auf die Verzinsung wird verzichtet.

Die Kapitalbeteiligung des A ist nach 17 EStG „steuerverstrickt“. Seine private Darlehensforderung unterliegt hingegen nicht der Regelung des § 17 EStG, sondern im Falle einer Darlehensgewährung seit 01.01.2009 der Steuerpflicht nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG. Weder die eingetretene Wertminderung betreffend seine Kapitalbeteiligung noch der nicht mehr werthaltige Teil seiner privaten Darlehensforde- rung wirkt sich derzeit einkünftemindernd aus. Es fehlt jeweils an der sowohl für § 17 Abs. 1 EStG als auch für § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG erforderlichen Veräußerung, das heißt es fehlt am Realisierungstatbestand. Ein späterer Verzicht des A auf die Rückzahlung seines Darlehens beurteilt sich nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 21.10.2010 (BStBl I 2010 S. 832), das zur Frage der nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Kapitalbeteiligung nach 17 Abs. 2 EStG Stellung nimmt.

Beispiel 2

A ist zu 10 % an der X-GmbH beteiligt und hält seine Kapitalbeteiligung im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. Daneben gewährt A der X-GmbH ein marktüblich verzinstes Darlehen, das in Höhe von 100.000,– ` in seinem Einzelbetriebsvermögen aktiviert ist. Wegen sinkender Absatzzahlen ist Ende 2011 von einer dauerhaften Wertminderung der Kapitalbeteiligung auszugehen. Seine Darlehensforderung ist zu diesem Zeitpunkt unstreitig noch maximal in Höhe von 50 % werthaltig. Auf die Verzinsung wird verzichtet.

A hat sowohl für seine betriebliche Kapitalbeteiligung als auch für seine betriebliche Darlehensforderung die gewinnmindernde Vornahme einer Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu prüfen, die nach Auffassung der Finanzverwaltung im BMF- Schreiben vom 08.11.2010 (BStBl I 2010 S. 1292) in beiden Fällen zu einer außerbilanzmäßigen Einkommenskorrektur in Höhe von 40 % führt.

Beispiel 3

A ist zu 100 % an der X-GmbH beteiligt, an welche er das mit einem Produktionsgebäude bebaute Grundstück zu einem marktüblichen Mietzins zur Nutzung überlässt. Wegen personeller und sachlicher Verflechtung liegt zwischen A in der Form des Besitzeinzelunternehmens und der X-GmbH als Betriebskapitalgesellschaft eine Betriebsaufspaltung vor. Das an die X-GmbH überlassene Grundstück sowie die von A gehaltene Kapitalbeteiligung an der X-GmbH sind daher im Betriebsvermögen seines Besitzeinzelunternehmens zu erfassen. Daneben gewährt A der X-GmbH ein bislang marktüblich verzinstes Darlehen in Höhe von 100.000,– `. Die Darlehensforderung gehört ebenfalls zum Betriebsvermögen des  Besitzeinzelunternehmens.

Wegen sinkender Absatzzahlen im Betriebsunternehmen (hier: X-GmbH) ist Ende 2011

a) von einer dauerhaften Wertminderung der Kapitalbeteiligung

b)Die im Besitzeinzelunternehmen erfasste Darlehensforderung ist zum 12.2011 unstreitig nur noch zu maximal 50% werthaltig und auf die Verzinsung wird verzichtet.

c)A ermäßigt den Mietpreis für das der X-GmbH überlassene Grundstück auf die Hälfte. Der marktübliche Mietzins beträgt unverändert 100 %.

Zu a): A hat nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG die gewinnmindernde Vornahme einer Teilwertabschreibung zu prüfen.

Zu b): A hat auch hinsichtlich seiner im Besitzeinzelunternehmen gegenüber der Betriebsgesellschaft bestehenden Darlehensforderung die gewinnmindernde Vornahme einer Teilwertabschreibung zu prüfen.

Zu c): Es ist zu prüfen, ob die Grundstücksaufwendungen des an die Betriebsgesellschaft überlassenen Grundstücks nach wie vor in voller Höhe als Betriebsausgaben in der Gewinnermittlung des Besitzeinzelunternehmen abzugsfähig sind.

Bisherige gegenteilige Verwaltungsauffassung (BMF-Schreiben vom 08.11.2010, BStBl I 2010 S. 1292)

Die Finanzverwaltung hat sich nach langjähriger Diskussion zur Anwendung des früheren Halb- bzw. zwischenzeitlichen Teileinkünfteverfahrens auf Aufwendungen im Zusammenhang mit der Überlassung von Wirtschaftsgütern im Rahmen einer Betriebsaufspaltung vom Besitzunternehmen an das Betriebsunternehmen und auf Teilwertabschreibungen von betrieblichen Darlehensforderungen in der steuerlichen Gewinnermittlung mit BMF-Schreiben vom 08.11.2010, a.a.O., geäußert. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zum damaligen Zeitpunkt die hier angesprochene Problematik im Bereich der Körperschaftsteuer bereits gesetzlich in § 8b Abs. 3 Sätze 4 bis 7 KStG geregelt war. Eine entsprechende Gesetzesinitiative im Anwendungsbereich des Einkommensteuergesetzes konnte zum damaligen Zeitpunkt nicht verwirklicht werden. Die Finanzverwaltung hat deshalb in Form eines BMF-Schreibens Stellung genommen (BMF-Schreiben vom 08.11.2010, a.a.O.). Im Wesentlichen finden sich in diesem BMF-Schreiben die Abgrenzungskriterien für die Frage, in welchem Veranlassungszusammenhang die Darlehensgewährung bzw. die Aufwendungen für die Überlassung von Wirtschaftsgütern im Rahmen einer Betriebsaufspaltung stehen. Ist nach den dort im Einzelnen dargelegten Kriterien nicht von einer Fremdüblichkeit auszugehen, wird eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung mit der Folge der Anwendung des heutigen Teilabzugsverbots nach § 3c Abs. 2 EStG angenommen. Übertragen auf die eingangs aufgeführten Beispiele 2 und 3 heißt dies, dass nicht nur die Teilwertabschreibung auf die eigentliche Kapitalbeteiligung an der X-GmbH, sondern daneben auch die Teilwertabschreibung auf die Darlehensforderung aus Sicht der Finanzverwaltung dem Teilabzugsverbot unterliegt. Dasselbe gilt im Beispiel 3 Buchstabe c) auch für die Grundstücksaufwendungen, soweit sie auf den künftig unentgeltlich überlassenen Anteil entfallen. Die Finanzverwaltung geht insoweit von einer Fremdunüblichkeit aus und unterstellt damit die gesellschaftsrechtliche Veranlassung. Dies ist nach den Grundsätzen des BMF-Schrei- bens vom 08.11.2010, a.a.O., für den typischen Anwendungsfall zu unterstellen, wenn das Entgelt (hier: Zins bzw. Miete) unter die Marktüblichkeit abgesenkt wird, obwohl es sich nicht um Aufwendungen zur Erzielung von Beteiligungserträgen sondern, isoliert betrachtet, um die Überlassung einer Darlehenssumme und die hieraus resultierenden Zinserträge bzw. um das Nutzungsentgelt eines überlassenen Wirtschaftsguts handelt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist jedoch der nur mittelbare Veranlassungszusammenhang für die Anwendung des Teilabzugsverbots nach § 3c Abs. 2 EStG mit den Beteiligungserträgen ausreichend.

Zu erwartende Reaktion auf die neue BFH-Rechtsprechung

Aus der Erfahrung in der Vergangenheit hinsichtlich der Frage der Anerkennung von Liquidationsverlusten aus privaten Kapitalbeteiligungen nach § 17 EStG bei einnahmelosen Engagements, bei der es als Reaktion auf die BFH-Rechtsprechung für Veranlagungszeiträume seit 2011 zu einer gesetzlichen Ergänzung des § 3c Abs. 2 EStG um einen neuen Satz 2 kam, reagiert die Praxis auf Seiten der beratenden Berufe nunmehr erwartungsgemäß sehr skeptisch. Wird die Verwaltung die neuen Rechtsprechungsgrundsätze akzeptieren und damit uneingeschränkt anwenden oder erfolgt erneut eine Gesetzesergänzung – nur mit Wirkung für die Zukunft – in § 3c Abs. 2 EStG? Der X. Senat hat in einem weiteren noch anhängigen Revisionsverfahren (Az. X R 17/11) zur Frage der Kürzung der Betriebsausgaben bei verbilligter Überlassung von Grundbesitz vom Besitzunternehmen an die Betriebskapitalgesellschaft Gelegenheit sich zu äußern. Daneben sind zwei weitere Revisionsverfahren beim IV. Senat des BFH anhängig (Az. IV R 4/11 und IV R 49/11), in denen es ebenfalls um die Frage der etwaigen Kürzung der Aufwendungen im Besitzunternehmen für den Fall der teil- bzw. unentgeltlichen Nutzungsüberlassung an die Betriebskapitalgesellschaft geht. In beiden beim IV. Senat anhängigen Verfahren handelt es sich im Gegensatz zu den Entscheidungen vom 18.04.2012 nicht um substanzbezogene Wertminderungen.

Fazit

Die Finanzverwaltung sollte m.E. die aktuellen BFH-Entscheidungen im Bundessteuerblatt veröffentlichen und zeitgleich die betroffenen Abschnitte des BMF-Schreibens vom 08.11.2010 (a.a.O.) aufheben, sodass das Halb- bzw. Teilabzugsverbot nach 3c Abs. 2 EStG in allen noch offenen Fällen auf Substanzverluste von im Betriebsvermögen gehaltenen Gesellschafterdarlehen nicht mehr zur Anwendung kommen würde. Dies würde jedenfalls der Sache insoweit gerecht werden als eine Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG bislang lediglich über einen mittelbaren Zusammenhang mit entsprechenden Beteiligungserträgen hergestellt werden konnte. Allerdings bleibt damit immer noch die Frage zu klären, ob für die Fälle der fremdunüblichen Darlehensgewährung eine entsprechende Gesetzesregelung mit Wirkung für die Zukunft in 3c Abs. 2 EStG aufgenommen wird. Insoweit finden bereits erste Erörterungen auf Bund-Länder-Ebene statt, die sich – was m. E. auch absolut naheliegend ist – an die Regelung des § 8b Abs. 3 Sätze 4–7 KStG anlehnen. Es dürfte der Sache jedoch nicht dienlich sein, mit einer Entscheidung über das weitere Vorgehen zuzuwarten, bis der BFH in den Fällen der unentgeltlichen oder teilentgeltlichen Nutzungsüberlassung im Rahmen der Betriebsaufspaltungsfälle entscheiden wird. Dies vor allen Dingen vor dem Hintergrund, dass auch insoweit mit einer Entscheidung gegen das Halb- bzw. Teilabzugsverbot zu rechnen ist. Für die Praxis wäre es vielmehr wünschenswert, eine einheitliche Linie zu vertreten. Dies hätte zur Folge, dass sich der Gesetzgeber für künftige Fälle das heißt frühestens ab dem Veranlagungszeitraum 2013 über eine klare gesetzliche Regelung generell für einen mittelbaren Zusammenhang für den Anwendungsbereich des § 3c Abs. 2 EStG aussprechen würde.

Steuergesetz, Umwandlungsteuer

Entnahme einbringungsgeborener Anteile führt zu keiner Gewinnrealisation

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Problemstellung und praktische Bedeutung

Familienunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, insbesondere GmbHs, sind häufig aus der Umwandlung von Personengesellschaften oder aber aus der Einbringung von Unternehmensteilen entstanden. Insbesondere der letztere Fall, bei dem aus einem bestehenden Unternehmen (z.B. einem Einzelunternehmen oder einer Personengesellschaft) Unternehmensteile in eine GmbH ausgegliedert wurden, deren Anteile vom Einzelunternehmer oder den Gesellschaftern der Personengesellschaft gehalten werden, führt zu der in der Praxis weit verbreiteten Betriebsaufspaltungsstruktur. Mit dem Umwandlungssteuergesetz (kurz UmwStG) hält der Gesetzgeber Normen bereit, die eine erfolgsneutrale Ausgestaltung der Vermögensübertragung auf die Kapitalgesellschaft ermöglichen (§ 20 UmwStG). Ohne diese Vorschriften würde die Einbringung von mit stillen Reserven behafteten Vermögenspositionen aus einem bestehenden Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft zu einer Gewinnrealisierung führen. Im Ergebnis können somit stille Reserven von einem bestehenden Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft überführt werden. Die durch einen solchen Einbringungsvorgang entstandenen Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind in doppelter Hinsicht steuerverhaftet. Zum einen gehören die im Zuge einer Betriebsaufspaltung begründeten Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft weiterhin zum Betriebsvermögen des Besitzunternehmers bzw. ggf. zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter eines Besitzunternehmens in der Rechtsform der Personengesellschaft. Sowohl das alte als auch das seit Dezember 2006 gültige neue UmwStG enthalten Spezialregelungen für durch eine Sacheinlage begründete Anteile an einer Kapitalgesellschaft. In dem noch vor Dezember 2006 gültigen UmwStG hat man in diesem Zusammenhang von sog. einbringungsgeborenen Anteilen gesprochen. In dem seit Dezember 2006 gültigen UmwStG spricht man insoweit von sperrfristbehafteten Anteilen. Kommt es nun in der Folgezeit zu einer Übertragung der Kapitalgesellschaftsanteile auf Personen, die nicht am Besitzunternehmen beteiligt sind, so werden die Kapitalgesellschaftsanteile aus dem Betriebsvermögen des bisherigen Inhabers entnommen. Es stellt sich dann die Frage, ob dieser Entnahmegewinn zu versteuern ist oder ob eine Versteuerung vermieden werden kann, da die entnommenen Kapitalgesellschaftsanteile weiterhin den speziellen Vorschriften des UmwStG für einbringungsgeborene bzw. sperrfristbehaftete  Anteile unterliegen. Insbesondere in den Fällen der Betriebsaufspaltung, in denen Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft z.B. im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge oder aber im Todesfall auf Gesellschafter übergehen, die nicht zugleich am Besitzunternehmen beteiligt werden, kann nun mit Berufung auf das den Gegenstand dieser Besprechung bildende BFH-Urteil die Besteuerung eines Entnahmegewinns abgewendet werden.

Zum Sachverhalt

Der Entscheidung des BFH lag folgen- der Sachverhalt zu Grunde:

Der Kläger war ursprünglich alleiniger Gesellschafter einer GmbH. Die GmbH-Anteile waren in den 1970er Jahren durch durch Einbringung des vormaligen Einzelunternehmens des Klägers zu Buchwerten entstanden. Daneben war der Kläger Eigentümer eines Grundstücks, das er an die GmbH verpachtet hat. Dies führte im Ergebnis zu einer Betriebsaufspaltung mit der Folge, dass die Anteile an der GmbH zum steuerlichen Betriebsvermögen des Klägers bei seinem Besitzunternehmen (Grundstücksun- ternehmen) gehören. Im Mai 2002 übertrug der Kläger seiner Ehefrau unentgeltlich 15 % der Anteile an der GmbH; weitere 2,5 % der Anteile wurden auf einen leitenden Mitarbeiter übertragen. Das Finanzamt unterwarf die Differenz zwischen dem Teilwert und dem Buchwert der auf die Ehefrau übertragenen Anteile (719.794,– `) der Besteuerung als Entnahmegewinn des Klägers. Die dagegen erhobene Klage beim Finanzgericht Düsseldorf hatte Erfolg, die Festsetzung eines Entnah- megewinns wurde aufgehoben (vgl. Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11.11.2009, 15 K 4209/08 E). Der BFH hat nunmehr in seinem Urteil die in der Vorinstanz vertretene Rechtsauffassung bestätigt, dass durch die unentgeltliche Übertragung von Geschäftsanteilen an der GmbH von dem Kläger auf seine Ehefrau kein steuerbarer Entnahmegewinn beim Kläger entstanden ist. Im Hinblick auf die dem leitenden Mitarbeiter übertragenen Geschäftsanteile blieben aber Fragen offen, die vom BFH zur Klärung an die Vorinstanz zurückverwiesen wurden.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

In dem Urteil wird zunächst bestätigt, dass die schenkweise Übertragung der Geschäftsanteile von dem Kläger auf seine Ehefrau begrifflich eine Entnahme i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG in der damals gültigen Fassung (2002) darstellt. Der BFH kommt aber zu dem Ergebnis, dass die Entnahme nicht die Besteuerungsfolge nach § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG 2002 auslöst. Vielmehr greifen die besonderen Gewinnrealisierungsregeln für einbringungsgeborene Anteile im Sinne des UmwStG 2002. Nach diesen Regelungen führt eine schenkweise Übertragung von einbringungsgeborenen Anteilen auf Dritte zu keinem gewinnrealisierenden Vorgang. Der BFH weist in seiner Entscheidung vor allem darauf hin, dass nach dem UmwStG die Besteuerung der in den einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven im Falle eines unentgeltlichen Erwerbs dadurch gesichert wird, dass die Anteile auch beim Erwerber weiterhin den besonderen Vorschriften des § 21 UmwStG 2002 unterliegen und damit – unabhängig von einer Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen – steuerverhaftet bleiben. Der BFH widerspricht damit eindeutig der von der Finanzverwaltung im alten Umwandlungssteuererlass vertretenen Auffassung, wonach der Entnahmetatbestand im Einkommensteuergesetz neben den Nachversteuerungsregelungen im UmwStG Anwendung finden soll. Das Urteil kann somit in allen Fällen, in denen bei der Übertragung von Anteilen an der Betriebskapitalgesellschaft nicht bedacht worden ist, dass diese zu einem steuerlichen Betriebsvermögen gehören und eine Entnahmebesteuerung droht, als Begründung dafür herangezogen werden, dass der Entnahmegewinn nicht zu versteuern ist. Zwar sprechen gute Gründe dafür, die Grundsätze dieser Entscheidung auch auf das neue, seit Dezember 2006 gültige UmwStG zu übertragen. Diese Auffassung ist aber keinesfalls gesichert. Deshalb ist nach wie vor Vorsicht geboten, wenn auf Basis des Urteils gestalterische Überlegungen angestellt werden. Hier wäre dringend zu einer verbindlichen Auskunft anzuraten, um sicherzustellen, dass die Finanzverwaltung im Einzelfall der Auffassung des BFH folgt.

Einkommensteuer

Betriebsaufspaltung zwischen Mehrheitsaktionär und Aktiengesellschaft

Dr. Bertram Layer, Steuerberater

Die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung ist auch im Verhältnis zwischen einer Aktiengesellschaft und ihrem Mehrheitsaktionär grundsätzlich zu bejahen (Anschluss an das BFH-Urteil vom 28.01.1982, IV R 100/78, BFHE 135,330, BStBl II 1982, 479). Diese Grundsätze sind durch die zwischenzeitlichen Änderungen im Aktienrecht nicht überholt; sie sind auch auf börsennotierte Aktiengesellschaften anwendbar.

Problemstellung und praktische Bedeutung

Eine Betriebsaufspaltung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine ihrer Art nach nicht gewerbliche Betätigung in Gestalt einer Vermietung/Verpachtung von Wirtschaftsgütern durch eine sachliche und personelle Verflechtung zwischen dem Vermieter bzw. Verpächter (Besitzunternehmen) und einer gewerblichen Betriebsgesellschaft  (Betriebsunternehmen) zu einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 2 Abs. 1 GewStG wird.

Mit der Gewerblichkeit des Besitzunternehmens ist nicht nur eine Belastung mit Gewerbesteuer verbunden. Vielmehr sind damit auch die im Besitzunternehmen anwachsenden stillen Reserven im Falle einer Entnahme oder Veräußerung von Wirtschaftsgütern steuerverhaftet. Darüber hinaus führen die Vorschriften zur steuerlichen Gewinnermittlung zu einer gegenüber der Einnahmen- Überschussrechnung bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abweichenden Steuerfestsetzung. Als eine Folge der Betriebsaufspaltung werden die Anteile an der Betriebsgesellschaft dem Sonderbetriebsvermögen der Besitzgesellschaft zugeordnet, so dass bei einer isolierten Übertragung der Anteile, z.B. im Rahmen einer Schenkung, eine Aufdeckung stiller Reserven drohen kann. Andererseits können für das Besitzunternehmen grundsätzlich erbschaftsteuerliche Begünstigungen für Betriebsvermögen in Anspruch genommen werden.

Die sogenannte sachliche Verflechtung ist erfüllt, wenn das Besitzunternehmen an die Betriebsgesellschaft eine ihrer wesentlichen Betriebsgrundlagen überlässt. Gebäude bzw. Gebäudeteile sind i.d.R. solche wesentlichen Betriebsgrundlagen. Auch Büro- und/ oder Verwaltungsgebäude sind nach der jüngeren BFH-Rechtsprechung wesentliche Betriebsgrundlagen, wenn sie für die Bedürfnisse der Betriebsgesellschaft hergerichtet oder gestaltet worden sind.

Im Rahmen der personellen Verflechtung als weitere Voraussetzung für eine Betriebsaufspaltung ist zu prüfen, ob die Betriebsgesellschaft und das Besitzunternehmen von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragen werden. Am deutlichsten ist dies bei einer Beteiligungsidentität zwischen Besitzunternehmen und Betriebsunternehmen. Aber auch dann, wenn eine Person oder Personengruppe sowohl das Besitzunternehmen als auch das Betriebsunternehmen beherrschen kann, wird von einer solchen personellen Verflechtung ausgegangen.

Da bei einer Aktiengesellschaft der Vorstand für bestimmte Geschäfte der Zustimmung des Aufsichtsrats bedarf, stellt sich die Frage, ob bei dieser Rechtsform überhaupt die zuvor beschriebene personelle Verflechtung in Gestalt eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens vorliegen kann. Zu dieser Frage hat der BFH mit diesem Urteil nun eindeutig Stellung genommen und seine frühere Rechtsprechung auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich geänderten aktienrechtlichen Bestimmungen bestätigt. Die Entscheidung ist von praktischer Relevanz für alle in der Rechtsform der AG geführten Familienunternehmen, aber auch für GmbH’s mit einem nach aktienrechtlichen Vorschriften gebildeten Beirat.

Zum Sachverhalt

Der Kläger hielt 71,18 % des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft und war zugleich Vorstandsvorsitzender. Der Vorstand bestand im Streitjahr zunächst aus 3, am Ende des Jahres dann nur noch aus 2 Mitgliedern. Der Kläger war einzelvertretungsberechtigt. Die anderen Vorstandsmitglieder waren jeweils nur gemeinsam mit einem anderen Vorstandsmitglied oder einem Prokuristen vertretungsberechtigt. Vorstandsbeschlüsse sollten nach Möglichkeit einstimmig gefasst werden. Konnte Einstimmigkeit nicht erzielt werden, entschied die einfache Stimmenmehrheit, wobei die Stimme des Vorsitzenden bei Stimmengleichheit den Ausschlag gab. Bestimmte Rechtsgeschäfte bedurften nach der Geschäftsordnung für den Vorstand nur mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Aufsichtsrats getätigt werden. Diese Klausel bezog sich auch auf den Abschluss eines Mietvertrages, wie er seit dem Sommer 2000 mit dem Kläger verhandelt wurde.

Die Verhandlungen des Klägers mit der AG betrafen die Anmietung von Büroflächen und Stellplätzen in einem Gebäude, das er auf einem ihm gehörenden Grundstück errichten ließ. Der Aufsichtsrat stimmte der Anmietung am 31.08.2001 mit einer Festmietzeit von drei Jahren bei einer monatlichen Nettomiete von zunächst 133.213,– DM, ab dem zweiten Jahr von 297.296,– DM sowie mit zwei Verlängerungsoptionen von fünf Jahren zu.

Seitens des Klägers wurden aus der Grundstücksvermietung zunächst negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Das Finanzamt ging hingegen von einer Betriebsaufspaltung zwischen dem Kläger und der AG aus und setzte im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung Einkünfte aus Gewerbetrieb an, die wegen der Einkünfteermittlung nach Bilanzierungsgrundsätzen zu einer höheren Steuerfestsetzung  führten.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Nach Auffassung des BFH sind bei dem vorstehend geschilderten Sachverhalt nicht nur die Voraussetzungen für die sachliche Verflechtung in Gestalt der Überlassung des Gebäudes, in dem sich die Hauptverwaltung der AG befindet, erfüllt. Vielmehr sind laut BFH, entgegen der Auffassung des Klägers, auch die Voraussetzungen einer personellen Verflechtung erfüllt.

Zunächst bestätigt der Bundesfinanzhof in dem Urteil, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Betriebsaufspaltung verfassungsgemäß sind und begründet dies mit einer zulässigen wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Hinblick auf das für die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb im Besitzunternehmen erforderliche Merkmal der  „Beteiligung  am  allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“. Sodann bekräftigt der BFH die bereits in einem Urteil im Jahre 1982 dargelegte Rechtsauffassung, dass die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung „grundsätzlich in gleicher Weise für Betriebsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH wie der AG“ erfüllt ist, wenn diejenige Person oder Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrsche, auch über die Stimmenmehrheit bei der Betriebsgesellschaft verfüge. Nach Auffassung des BFH kann der Mehrheitsaktionär mittelbar über die personelle Zusammensetzung des Vorstands und damit über die Grundlinien der Geschäftspolitik der AG entscheiden. Der BFH weist darauf hin, dass in seinen früheren Entscheidungen eine personelle Verflechtung selbst dann bejaht wurde, wenn der Mehrheitsgesellschafter einer Betriebskapitalgesellschaft in allen Angelegenheiten, die das Grundstück und dessen Vermietung betreffen, der ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung eines Minderheitsgesellschafters bedarf. Auch die Einbindung eines Aufsichtsrats in die Entscheidungsfindung ändert an dieser Beurteilung nichts, da die personelle Zusammensetzung des Aufsichtsrats durch den Kläger kraft seiner Hauptversammlungsmehrheit bestimmt werden konnte. Der BFH befasst sich in dem Urteil auch mit den zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen im Aktienrecht, die nach seiner Auffassung an der grundsätzlichen Möglichkeit einer Beherrschung einer AG durch den Mehrheitsaktionär nichts verändert haben. Des Weiteren führt der BFH aus, dass es für die Annahme einer personellen Verflechtung auch keinen Unterschied darstellt, ob es sich um eine börsennotierte oder nicht börsennotierte Aktiengesellschaft handelt. Offen bleibt allerdings die Frage, ob diese Grundsätze auch bei einer der paritätischen Mitbestimmung unterliegenden Aktiengesellschaft Anwendung finden können.

Auch wenn dieses Urteil die bereits im Jahre 1982 ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bestätigt, so bringt sie doch im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen im Aktienrecht Rechtssicherheit bezüglich einer möglichen Annahme einer Betriebsaufspaltung zwischen einem Mehrheitsaktionär und einer Aktiengesellschaft. Mehr Rechtssicherheit dürfte mit dieser Entscheidung auch für den Fall geschaffen worden sein, dass das Betriebsunternehmen in der Rechtsform der GmbH geführt wird und bei der GmbH ein starker Beirat im Sinne der aktienrechtlichen Vorschriften eingerichtet wird.