Oberste Finanzbehörde, Erlass vom 14.03.2011, Gleichlautender Ländererlass

 

Tatbestand

1. Überblick

1.1.

Führt ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft im Wege
einer offenen oder verdeckten Einlage einen Vermögenswert zu und erhöht sich
infolge dieses Vermögenszugangs der gemeine Wert sämtlicher Anteile an der
Kapitalgesellschaft, stellt die Werterhöhung der Beteiligungsrechte der anderen
Gesellschafter grundsätzlich keine nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbare
Zuwendung an diese dar (→ BFH vom 9. 12. 2009, BStBl. 2010 II S. 566, und vom
25. 10. 1995, BStBl. 1996 II S. 160).

Zahlt eine Kapitalgesellschaft auf Veranlassung eines
Gesellschafters einer diesem nahe stehenden Person überhöhte Vergütungen, liegt
regelmäßig keine freigebige Zuwendung des Gesellschafters an die nahe stehende
Person vor, sondern eine gemischte freigebige Zuwendung im Verhältnis der
Kapitalgesellschaft zur nahe stehenden Person (→ BFH v. 7. 11. 2007, BStBl.
2008 II S. 258).

1.2.

Die vorstehenden Grundsätze der BFH-Rechtsprechung gelten
fort, werden aber durch die Regelungen in § 7 Abs. 8 und § 15 Abs. 4 ErbStG in
der Fassung des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 7. 12. 2011
(BGBl. I S. 2592) ergänzt. Diese gelten für Erwerbe, für die die Steuer nach
dem 13. 12. 2011 entsteht (§ 37 Abs. 7 ErbStG).

1.3.

Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG kann auch die bloße
Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft schenkungsteuerbar sein.
§ 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG stellt zu der BFH-Rechtsprechung klar, dass verdeckte
Gewinnausschüttungen und verdeckte Einlagen zwischen verbundenen Körperschaften
grundsätzlich keine freigebigen Zuwendungen sind; diese Klarstellung betrifft
auch Erwerbe, für die die Steuer vor dem 14. 12. 2011 entstanden ist. Nach § 7
Abs. 8 Satz 3 ErbStG gelten die Sätze 1 und 2 auch für Genossenschaften. Nach §
15 Abs. 4 ErbStG ist bei einer Schenkung durch eine Kapitalgesellschaft oder
Genossenschaft der Besteuerung das persönliche Verhältnis des Erwerbers zu
demjenigen unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschafter zugrunde zu
legen, durch den sie veranlasst ist; dies ist z. B. für die Bestimmung der
Steuerklasse oder die Anwendung des § 14 ErbStG von Bedeutung.

1.4.

Wenn ein Erwerb zugleich die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1
Nr. 1 ErbStG mit der dazu ergangenen Rechtsprechung als auch des § 7 Abs. 8
Satz 1 ErbStG erfüllt, ist ausschließlich § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG anzuwenden.
Erfüllt ein Erwerb sowohl die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 ErbStG als auch
des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, ist ausschließlich § 7 Abs. 7 ErbStG als
speziellere Norm anzuwenden.

2. Allgemeine Grundsätze zur Schenkung bei Einlagen und Gewinnausschüttungen

Den Grundsätzen der BFH-Rechtsprechung entsprechend gilt das
Folgende:

2.1. Offene oder verdeckte Einlage

2.1.1.

Führt ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft im Wege
einer offenen oder verdeckten Einlage einen Vermögenswert zu und erhöht sich
infolge dieses Vermögenszugangs der gemeine Wert sämtlicher Anteile an der
Kapitalgesellschaft, stellt die Werterhöhung der Beteiligungsrechte der anderen
Gesellschafter grundsätzlich keine steuerbare Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr.
1 ErbStG an diese dar (→ BFH vom 9. 12. 2009, BStBl. 2010 II S. 566, und vom
25. 10. 1995, BStBl. 1996 II S. 160).

Für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13. 12. 2011
entsteht, ist § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG zu prüfen, s. Abschnitt 3.

Erfolgt in zeitlichem Zusammenhang mit einer Einlage eine
offene oder verdeckte Ausschüttung, ist regelmäßig der an die anderen
Gesellschafter ausgeschüttete Betrag Gegenstand einer Zuwendung des Einlegenden
an die Ausschüttungsbegünstigten im Sinne einer Weiterleitung des eingelegten
Vermögens an den jeweiligen Beschenkten (→ BFH vom 19. 6. 1996, BStBl. II S.
616).

2.1.2.

Wird eine Kapitalgesellschaft neu gegründet und erbringt ein
Gesellschafter seine Stammeinlage, ohne dafür eine gleichwertige
Kapitalbeteiligung zu erhalten, bilden die Vereinbarungen ein einheitliches
Rechtsgeschäft mit der Folge, dass die Mitgesellschafter ihren Geschäftsanteil
an der Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert nach der Einbringung des
Unternehmens in die Kapitalgesellschaft vom einbringenden Gesellschafter
geschenkt erhalten (→ BFH vom 12. 7. 2005, BStBl. II S. 845). Die vom
jeweiligen Beschenkten geleistete Einlage stellt Erwerbsaufwand dar und ist von
dem gemeinen Wert der gewährten Anteile abzuziehen.

2.1.3.

Erwirbt ein Gesellschafter im Rahmen einer Kapitalerhöhung
neue Anteile an einer Kapitalgesellschaft gegen eine Einlage, die den Wert der
Anteile übersteigt, kommt regelmäßig die Annahme einer steuerbaren Zuwendung i.
S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die übrigen Gesellschafter nicht in Betracht
(→ BFH vom 9. 12. 2009, BStBl. 2010 II S. 566).

Für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13. 12. 2011
entsteht, ist § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG zu prüfen, s. Abschnitt 3.

2.1.4.

Erwirbt ein Gesellschafter im Rahmen einer Kapitalerhöhung
neue Anteile an einer Kapitalgesellschaft gegen eine nach Maßgabe der
Wertverhältnisse zu geringe Einlage und ohne weitere Verpflichtungen eingehen
zu müssen, ist er mit der Eintragung im Handelsregister auf Kosten der
Altgesellschafter bereichert. Hierbei ist der gemeine Wert der Anteile
maßgebend. Die Leistung der Einlage stellt Erwerbsaufwand dar und ist von dem
gemeinen Wert der gewährten Anteile abzuziehen (→ BFH vom 20. 12. 2000, BStBl.
2001 II S. 454).

2.1.5.

Übernimmt ein Gesellschafter freigebig eine
Einlageverpflichtung eines Mitgesellschafters, unterliegt dies als Zuwendung
des Gesellschafters an den Mitgesellschafter mit dem gemeinen Wert der
Einlageverpflichtung der Schenkungsteuer.

2.1.6.

Verzichtet eine einem Gesellschafter nahe stehende Person
auf eine Forderung gegen die Kapitalgesellschaft, liegt darin eine steuerbare
Zuwendung der nahe stehenden Person an die Kapitalgesellschaft (→ vgl. BFH vom
7. 11. 2007, BStBl. 2008 II S. 258). Entsprechendes gilt, wenn in einem gegenseitigen
Vertrag zwischen einer einem Gesellschafter nahe stehenden Person und der
Kapitalgesellschaft Leistung und Gegenleistung nicht gleichwertig sind.
Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands s. Abschnitt 2.6.1.

Für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13. 12. 2011
entsteht, ist § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG zu prüfen, s. dazu Abschnitt 3. Zielt
die Zuwendung auf eine originäre Bereicherung der Kapitalgesellschaft, ist
alternativ § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu prüfen.

2.1.7.

Ein Vermächtnis zugunsten einer Kapitalgesellschaft, deren
(mittelbarer) Alleingesellschafter der Erblasser war, unterliegt der
Erbschaftsteuer auch dann, wenn auf den mit dem Vermächtnis belasteten
Alleinerben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auch die (mittelbare)
Alleingesellschafterstellung des Erblassers übergegangen ist (→ BFH vom 17. 4.
1996, BStBl. II S. 454).

2.2. Verschmelzung von Kapitalgesellschaften

2.2.1.

Wird bei einer Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf
eine andere Kapitalgesellschaft den Gesellschaftern der übertragenden
Gesellschaft von der übernehmenden Gesellschaft eine den Wert der übertragenden
Gesellschaft übersteigende Beteiligung gewährt, liegt eine steuerbare Zuwendung
der Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft an die Gesellschafter der
übertragenden Gesellschaft in Höhe des übersteigenden Wertes vor.

2.2.2.

Unterschreitet die gewährte Beteiligung den Wert der
übertragenden Gesellschaft und erhalten die begünstigten Gesellschafter der
übernehmenden Gesellschaft bereits vorab als Gesellschafter keine zusätzlichen
Anteile, liegen keine freigebigen Zuwendungen i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
vor (s. Abschnitt 2.1.1).

Für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13. 12. 2011
entsteht, ist § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG zu prüfen, s. Abschnitt 3.

2.3. Verzicht auf ein Bezugsrecht

2.3.1.

Nimmt ein Gesellschafter an einer Kapitalerhöhung nicht im
vollen Umfang des ihm zustehenden Bezugsrechts teil und lässt er dieses
Bezugsrecht insoweit verfallen, kann dieser Verzicht als steuerbare Zuwendung
i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an den an der Kapitalerhöhung Teilnehmenden zu
qualifizieren sein, wenn diesem durch die Kapitalerhöhung eine Wertsteigerung
zufließt, die den Wert einer von ihm zu erbringenden Einlage übersteigt
(Kapitalerhöhung gegen zu geringes Aufgeld).

2.3.2.

Erfolgt die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und
nicht durch Erhöhung des Nennbetrags der Alt-Anteile („Aufstockung“, vgl. § 57
h GmbHG), erwerben die Gesellschafter die neuen Anteile zwingend im Verhältnis
ihrer bisherigen Geschäftsanteile (§ 57 j GmbHG, § 212 AktG). Der „Verzicht“
eines Gesellschafters auf dieses Bezugsrecht bedeutet deshalb eine Zuwendung i.
S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der neu entstandenen Anteile an die anderen
Gesellschafter.

2.4. Übergang des Anteils eines Gesellschafters auf die
Gesellschaft (Erwerb eigener Anteile)

2.4.1.

Bleibt die zu leistende Abfindung oder das Entgelt hinter
dem gemeinen Wert der Anteile zurück, ergibt sich eine Bereicherung der
Gesellschaft, die nach § 7 Abs. 7 Satz 1 ErbStG steuerpflichtig ist.

Beispiel:

A und S (Sohn des A) sind Gesellschafter einer GmbH. Beide
halten je einen Geschäftsanteil in Höhe von 50 000 EUR (nominal). Im
Gesellschaftsvermögen sind erhebliche stille Reserven gebunden. A veräußert
seinen Anteil an die GmbH zum Nennwert.

Der gemeine Wert des Anteils liegt deutlich über der von der
GmbH erbrachten Gegenleistung. Da A durch die Anteilsveräußerung aus der
Gesellschaft ausscheidet, liegt eine Schenkung an die Gesellschaft selbst vor.
In diesem Fall richtet sich die Besteuerung nach dem Steuerwert des
übertragenen Anteils abzüglich der Abfindungsleistung.

2.4.2.

Übersteigt die zu leistende Abfindung oder das Entgelt den
gemeinen Wert der Anteile, unterliegt dies nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG als
freigebige Zuwendung der Gesellschaft an den ausscheidenden Gesellschafter der
Schenkungsteuer.

Zur Anwendung des § 15 Abs. 4 ErbStG auf Erwerbe, für die
die Steuer nach dem 13. 12. 2011 entsteht, s. Abschnitt 6.

2.5. Einziehung eines Anteils (§ 34 GmbHG)

Wird ein Anteil eingezogen, geht er durch die Einziehung
unter; der Gesellschafter scheidet durch die Einziehung aus der Gesellschaft
aus. Erfolgt die Einziehung gegen eine den gemeinen Wert des Anteils nicht
deckende Abfindung, erhöht die Differenz zwischen dem Wert des untergehenden
Anteils und der Abfindung den Wert der verbleibenden Anteile und gilt als
Zuwendung des ausscheidenden Gesellschafters an die verbleibenden
Gesellschafter (§ 7 Abs. 7 Satz 2 ErbStG).

Beispiel:

A und B sind mit Geschäftsanteilen im Betrag von je 50 000
EUR Gesellschafter einer GmbH. Der Gesellschaftsvertrag lässt die Einziehung
der Geschäftsanteile zu. Die Gesellschafterversammlung beschließt, dass der
Anteil des B ohne Abfindung (oder alternativ: gegen eine Abfindung in Höhe des
anteiligen Buchwerts des Betriebsvermögens) eingezogen wird. B stimmt der
Einziehung zu.

Folge der Einziehung des Anteils ist, dass das
Gesellschaftsvermögen in den nach der Einziehung verbleibenden
Geschäftsanteilen verkörpert ist. Deren Wert erhöht sich deshalb, sofern die
Abfindung nicht dem gemeinen Wert des auf den eingezogenen Anteil entfallenden
Gesellschaftsvermögens entspricht.

2.6. Zuwendungen an Gesellschafter oder an nahe stehende
Personen

2.6.1.

Zahlt eine Kapitalgesellschaft auf Veranlassung eines
Gesellschafters einer diesem nahe stehenden Person, die nicht Gesellschafter
ist, überhöhte Vergütungen, liegt regelmäßig keine freigebige Zuwendung des
Gesellschafters an die nahestehende Person vor, sondern eine gemischte
freigebige Zuwendung im Verhältnis der Kapitalgesellschaft zur nahe stehenden
Person (→ BFH vom 7. 11. 2007, BStBl. 2008 II S. 258). Hinsichtlich des
subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung reicht bei Unausgewogenheit
gegenseitiger Verträge regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten
Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus; dabei kommt es auf das
Bewusstsein der für die Kapitalgesellschaft Handelnden an. Es ist nicht
erforderlich, dass den Vertragspartnern das genaue Ausmaß des Wertunterschieds
bekannt ist (→ BFH vom 12. 7. 2005, BStBl. II S. 845). Etwaige Ersatzansprüche
der Gesellschaft gegen die handelnden Organe oder den veranlassenden
Gesellschafter schließen eine Freigebigkeit nicht aus. Entsprechendes gilt z.
B., wenn eine Kapitalgesellschaft auf eine Forderung gegenüber einer einem
Gesellschafter nahe stehenden Person verzichtet.

Zur Anwendung des § 15 Abs. 4 ErbStG auf Erwerbe, für die
die Steuer nach dem 13. 12. 2011 entsteht, s. Abschnitt 6.

2.6.2.

Zahlt eine Kapitalgesellschaft einem Gesellschafter
überhöhte Vergütungen, führt das über die gesellschaftsrechtliche
Beteiligungsquote hinaus Verteilte zu einer Bereicherung des Gesellschafters
auf Kosten der Gesellschaft. Es liegt eine gemischte freigebige Zuwendung im
Verhältnis der Kapitalgesellschaft zum Gesellschafter vor. Die Auszahlung
erfolgt nicht in Erfüllung eines Gesellschaftszwecks. Entsprechendes gilt z.
B., wenn eine Kapitalgesellschaft auf eine Forderung gegenüber einem Gesellschafter
verzichtet. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands s. Abschnitt 2.6.1.

Beispiel 1:

A und B sind mit Geschäftsanteilen im Betrag von je 25 000
EUR Gesellschafter einer GmbH. A erhält mit Duldung des B von der GmbH einen
PKW zu einem um 100 000 EUR unangemessen zu niedrigen Kaufpreis. In Höhe von
(50 % von 100 000 EUR =) 50 000 EUR liegt eine freigebige Zuwendung der GmbH an
A vor.

Beispiel 2:

Sachverhalt wie in Beispiel 1. Im zeitlichen und sachlichen
Zusammenhang erhält jedoch auch B mit Duldung des A von der GmbH einen PKW zu
einem um 100 000 EUR unangemessen zu niedrigen Kaufpreis. In diesem Fall liegt
weder an A noch an B eine freigebige Zuwendung der GmbH vor.

Beispiel 3:

Sachverhalt wie in Beispiel 2. Der Vorteil für B beträgt
jedoch nur 60 000 EUR. In diesem Fall liegt eine freigebige Zuwendung der GmbH
an A in Höhe von (50 % von (100 000 EUR – 60 000 EUR) =) 20 000 EUR vor.

Zur Anwendung des § 15 Abs. 4 ErbStG auf Erwerbe, für die
die Steuer nach dem 13. 12. 2011 entsteht, s. Abschnitt 6.

2.6.3.

Unter den entsprechenden Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr.
1 ErbStG erlischt die Steuer in den Fällen des Abschnitts 2.6.1 und 2.6.2.

2.6.4.

Verzichtet ein Gesellschafter zugunsten eines
Mitgesellschafters auf einen bereits entstandenen Gewinnanspruch, liegt
regelmäßig eine freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG des
Verzichtenden zugunsten des Mitgesellschafters vor. Entsprechendes kann auch in
Fällen einer nicht leistungsbezogen bestimmten disquotalen Gewinnausschüttung
vorliegen.

2.7. Mittelbare Anteilsschenkung

Zur mittelbaren Anteilsschenkung gelten die Grundsätze des R
E 7.3 ErbStR 2011 entsprechend.

2.8. Beteiligungen an Genossenschaften

Die Abschnitte 2.1 bis 2.7 gelten bei Beteiligungen an
Genossenschaften entsprechend.

2.9. Anwendungszeitpunkt

Die vorstehenden Grundsätze sind auf alle Erwerbsfälle
anzuwenden, für die die Steuer nach dem 20. 10. 2010 entsteht. Eine Anwendung
auf Erwerbsfälle, für die die Steuer vor dem 21. 10. 2010 entstanden ist, ist
möglich, soweit R 18 ErbStR 2003, H 18 ErbStH 2003 und die amtlich
veröffentlichte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs dem nicht entgegenstanden.

3. Leistungen an eine Kapitalgesellschaft (§ 7 Abs. 8 Satz 1
ErbStG)

3.1. Allgemeines

Für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13. 12. 2011
entsteht, fingiert § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG eine Schenkung zwischen dem an eine
Kapitalgesellschaft Leistenden und der natürlichen Person oder Stiftung, die an
der Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, und deren
Anteile an der Gesellschaft durch die Leistung im gemeinen Wert steigen.

Beispiel:

Vater V und Sohn S sind zu je 1/2 an der VS-GmbH beteiligt
und haben bei Gründung der Gesellschaft je 50 000 EUR in die Gesellschaft
eingezahlt. Nun legt V weitere 200 000 EUR in die Gesellschaft ein. Dadurch
erhöht sich der Wert der Beteiligung des S von 1/2 × (50 000 EUR + 50 000 EUR)
= 50 000 EUR auf 1/2 × (50 000 EUR + 50 000 EUR + 200 000 EUR) = 150 000 EUR. S
hat also einen Vermögensvorteil von 100 000 EUR erlangt, der nach der
Rechtsprechung des BFH keine freigebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG darstellt, weil er nicht in einer substanziellen Vermögensverschiebung,
sondern lediglich in der Wertsteigerung der Gesellschaftsanteile besteht.
Demgegenüber wäre eine Direktzuwendung von V an S in Höhe von 100 000 EUR, wie
z. B. auch die Übernahme einer Einlageverpflichtung des S in Höhe von 100 000
EUR, nach Maßgabe der allgemeinen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG
schenkungsteuerbar.

Anders als nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG und der dazu in
Abschnitt 2 aufgeführten Rechtsprechung kommt es im Rahmen des § 7 Abs. 8 Satz
1 ErbStG weder auf die unmittelbare Zuwendung von Sachsubstanz an den Bedachten
noch auf den Willen zur Unentgeltlichkeit (R E 7.1 ErbStR 2011) an. Deshalb
liegt in dem Beispielsfall eine steuerbare Schenkung des V an den S vor.

3.2. Zuwendender und Bedachter

Mögliche Bedachte (Zuwendungsempfänger) sind nur natürliche
Personen und Stiftungen als die letztendlich Begünstigten.

Der Leistende (Zuwendende) kann eine natürliche Person oder
eine juristische Person, z. B. auch eine Kapitalgesellschaft, sein; Leistungen
einer Personengesellschaft sind den hinter der Personengesellschaft stehenden
Gesellschaftern zuzurechnen (→ BFH vom 15. 7. 1998, BStBl. II S. 630).

Auch Leistungen gesellschaftsfremder Dritter an die
Kapitalgesellschaft können den Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG
erfüllen. Sofern die Leistung auf eine unmittelbare Bereicherung der
Kapitalgesellschaft abzielt, liegt stattdessen eine steuerbare Zuwendung im
Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die Kapitalgesellschaft selbst vor.

3.3. Werterhöhung durch die Leistung dem Grunde nach

3.3.1.

Leistungen i. S. d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG sind
insbesondere Sacheinlagen und Nutzungseinlagen.

3.3.2.

Eine Leistung von Gesellschaftern oder Dritten an die
Kapitalgesellschaft führt nicht zu einer steuerbaren Werterhöhung, soweit
dieser Leistung eigene Leistungen der (Mit-)Gesellschafter gegenüberstehen.

Beispiel:

In dem Beispiel in Abschnitt 3.1 leistet auch der Sohn S
eine Einlage von 200 000 EUR in die VS-GmbH. Der Wert der GmbH erhöht sich
mithin auf (50 000 EUR + 50 000 EUR + 200 000 EUR + 200 000 EUR) = 500 000 EUR,
der Wert der Anteile des S auf 250 000 EUR. Die Wertsteigerung der Anteile des
S ist hier durch eigene Einlagen erzielt, beruht also insoweit nicht auf einer
nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG steuerbaren Leistung des V.

3.3.3.

Ob eine Leistung i. S. d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG vorliegt,
ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung festzustellen. Sofern auch die anderen
Gesellschafter in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang Leistungen an
die Gesellschaft erbringen, die insgesamt zu einer den
Beteiligungsverhältnissen entsprechenden Werterhöhung der Anteile aller
Gesellschafter führen, ist keine steuerbare Leistung i. S. d. § 7 Abs. 8 Satz 1
ErbStG gegeben.

3.3.4.

Im Rahmen der Gesamtbetrachtung sind nicht nur Leistungen
der anderen Gesellschafter an die Gesellschaft zu berücksichtigen, sondern auch
Leistungen der Gesellschafter untereinander, durch die die Werterhöhung
ausgeglichen wird. Entsprechendes gilt für den Fall der Leistung fremder
Dritter an die Gesellschaft. In derartigen Fällen fällt im Ergebnis keine
Schenkungsteuer an, weil die Werterhöhung nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG durch
eigene Leistungen ausgeglichen wird.

3.3.5.

Leistungen einzelner Gesellschafter führen zu keiner nach §
7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG steuerbaren Werterhöhung der Anteile von
Mitgesellschaftern, soweit der Leistende als Gegenleistung zusätzliche Rechte
in der Gesellschaft erlangt, wie z. B. eine Verbesserung seines Gewinnanteils
(§ 29 Abs. 3 Satz 2 GmbHG), zusätzliche Anteile an der Gesellschaft oder eine
von den Geschäftsanteilen abweichende Verteilung des Vermögens bei späterer
Liquidation.

3.3.6.

Wenn Gesellschafter, z. B. zu Sanierungszwecken, auf
Forderungen gegen die Gesellschaft verzichten wollen, das Verhältnis der
Nennbeträge der Forderungen aber von den Beteiligungsquoten abweicht, bestehen
keine Bedenken gegen einen vorgeschalteten Forderungsverkauf, bei dem der
verzichtende Gläubiger (Gesellschafter oder Dritter) in einem ersten Schritt
einen Teil seiner Forderung zum Verkehrswert an die (Mit–)Gesellschafter
verkauft und die Gesellschafter dann in einem zweiten Schritt
beteiligungsproportional auf ihre Forderungen verzichten.

3.3.7.

Ein Forderungsverzicht unter Besserungsvorbehalt bessert als
auflösend bedingter Verzicht die Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft
zumindest vorübergehend (und seiner Zwecksetzung nach auch auf Dauer), bewirkt
also eine Werterhöhung der Anteile sowohl des Verzichtenden als auch der
etwaiger Mitgesellschafter. Grundsätzlich fehlt es jedoch an einem steuerbaren
Vorgang, weil der Gläubiger einer wertlosen Forderung nichts aus seinem
Vermögen hergibt, sondern lediglich uneinbringbare Werte gegen
Erwerbsaussichten umschichtet. Es mangelt insoweit an einer
Vermögensverschiebung von dem Verzichtenden an die Mitgesellschafter.

3.4. Höhe der Bereicherung

3.4.1.

Die Bereicherung richtet sich nach der Erhöhung des gemeinen
Werts der Anteile an der Kapitalgesellschaft, nicht nach dem Wert der Leistung
des Zuwendenden. Maßgeblich sind die allgemeinen Regelungen für die Bewertung
nicht notierter Anteile (§ 11 Abs. 2 BewG, ggf. i. V. m. §§ 199 ff. BewG). Die
Werterhöhung kann damit auch durch eine Verbesserung der Ertragsaussichten
bewirkt werden, die durch die Leistung des Zuwendenden verursacht ist. § 200
Abs. 4 BewG ist zu beachten.

3.4.2.

Die Werterhöhung der Anteile muss durch die Leistung kausal
veranlasst sein. Sie kann daher nicht höher sein als der gemeine Wert der
bewirkten Leistung des Zuwendenden.

Beispiel:

An der AB-GmbH sind Vater A zu 40 % und Tochter B zu 60 %
beteiligt. A verkauft der GmbH ein Grundstück für 200 000 EUR, der gemeine Wert
des Grundstücks beträgt 300 000 EUR. Als Folge der günstigen Lage des
Grundstücks erhöht sich der Ertragswert der GmbH um 400 000 EUR.

Die anzusetzende Werterhöhung der Anteile der B kann den
Betrag von (300 000 EUR – 200 000 EUR) × 60 % = 60 000 EUR nicht übersteigen.

3.4.3.

Maßgeblich sind die Erkenntnismöglichkeiten und
Wertvorstellungen der Gesellschafter in dem Zeitpunkt, in dem die Leistung
bewirkt wird. Sind die Parteien bei wechselseitigen Leistungen an die Gesellschaft
in nachvollziehbarer Weise und unter fremdüblichen Bedingungen übereinstimmend
davon ausgegangen, dass die Leistungen insgesamt ausgewogen sind, liegt eine
Steuerbarkeit nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG grundsätzlich auch dann nicht vor,
wenn sich dies anhand später gewonnener besserer Erkenntnisse als unzutreffend
erweist. Die als zutreffend zugrunde gelegten Werte sind dann im gewöhnlichen
Geschäftsverkehr (vgl. § 9 Abs. 2 BewG) zustande gekommen. Die Ausgewogenheit
der Gesellschafterbeiträge wird aber regelmäßig nicht zu belegen sein, wenn
zwischen den Leistungen ein offensichtliches Missverhältnis besteht. Davon ist
allgemein bei einer Wertdifferenz von mindestens 20 % auszugehen.

3.4.4.

Wenn an eine Kapitalgesellschaft geleistet wird, an der der
Bedachte nur mittelbar über andere Gesellschaften beteiligt ist, kommt es auf
die Werterhöhung der Anteile an der unmittelbar begünstigten
Kapitalgesellschaft an und nicht auf die Werterhöhung der Anteile an der
vermittelnden Kapitalgesellschaft. Maßgeblich ist der Anteil an der unmittelbar
begünstigten Kapitalgesellschaft, der bei Durchrechnung der Beteiligungsquoten
mittelbar auf den Bedachten entfällt. Leistungen an eine Personengesellschaft,
an der eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, sind nach allgemeinen
Grundsätzen als solche an die Gesellschafter zu behandeln (→ BFH vom 14. 9.
1994, BStBl. 1995 II S. 81). Sie sind also i. S. d. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG in
dem Umfang an die Kapitalgesellschaft erbracht, in dem diese an der
Personengesellschaft beteiligt ist.

3.4.5.

Die Erhöhung des gemeinen Werts der Anteile ist nicht nach §
151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BewG gesondert festzustellen. Das Betriebsfinanzamt der
Kapitalgesellschaft teilt dem Erbschaftsteuerfinanzamt den im Wege der
Amtshilfe ermittelten Wert mit.

3.5. Steuerbefreiungen

Gegenstand der Steuerbefreiung nach §§ 13 a, § 13 b Abs. 1
Nr. 3 ErbStG ist der Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften, nicht aber
die Werterhöhung solcher Anteile, die sie aufgrund von Leistungen an die
Kapitalgesellschaft i. S. d. § 7 Abs. 8 ErbStG erfahren. Daher ist die
Steuerbefreiung nach § 13 a ErbStG in den Fällen des § 7 Abs. 8 ErbStG nicht zu
gewähren.

4. Leistungen zwischen Kapitalgesellschaften (§ 7 Abs. 8
Satz 2 ErbStG)

4.1.

§ 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG stellt im Verhältnis zu der in
Abschnitt 2 aufgeführten Rechtsprechung klar, dass verdeckte
Gewinnausschüttungen im Konzern nur in definierten Ausnahmefällen als Schenkung
behandelt werden können.

Beispiel 1:

Die M-AG ist zu 100 % Gesellschafterin der T1-GmbH und der
T2-GmbH. Die M veranlasst die T1, der T2 ein Grundstück zu einem Preis deutlich
unter dem Verkehrswert zu verkaufen.

Der Vorgang ist nach ertragsteuerlichen Grundsätzen als
verdeckte Gewinnausschüttung der T1 an die M (sowie als verdeckte Einlage der M
in die T2) zu werten. Er unterliegt schon deshalb nicht der Schenkungsteuer
nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 und § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, weil die
Beteiligungsverhältnisse an beiden Gesellschaften gleich sind.

Beispiel 2:

Vater V ist zu 100 % Gesellschafter der T1-GmbH und zu 40 %
Gesellschafter der T2-GmbH; die weiteren 60 % der T2 gehören dem Sohn S. V
veranlasst die T1, der T2 verbilligt ein Grundstück zu verkaufen.

Der Vorgang ist schenkungsteuerbar im Verhältnis zwischen T1
und S (vgl. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG), wenn er von dem Willen des V veranlasst
ist, den S zu bereichern (§ 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG). Hierfür gelten die
Grundsätze des R E 7.1 Abs. 3 ErbStR 2011. Zuwendungsgegenstand ist die durch
die Vermögenszuwendung im Umfang von 60 % des Vermögensvorteils bewirkte
Werterhöhung der Anteile des S. Für die Berechnung der Steuer ist der Vorgang
so zu behandeln, als sei der V Schenker (vgl. § 15 Abs. 4 ErbStG). Wenn der
veranlassende und der begünstigte Gesellschafter Angehörige im Sinne des § 15
AO sind, ist bei disquotalen Leistungen regelmäßig von einer privaten
freigebigen Veranlassung auszugehen.

4.2.

§ 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG stellt im Gegensatz zu Satz 1 der
Vorschrift auf den Willen zur Unentgeltlichkeit ab. Die Vorschrift begründet
keine gesonderte, über § 7 Abs. 1 Nr. 1 oder § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG
hinausgehende Steuerbarkeit (vgl. in den Beispielen in Abschnitt 4.1 etwa im
Verhältnis zwischen der T1-GmbH und der T2-GmbH). Sie bringt vielmehr zum
Ausdruck, dass § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG bei Leistungen zwischen
Kapitalgesellschaften anwendbar ist, wenn dadurch die Anteile von
Gesellschaftern im Wert steigen und die Wertverschiebung durch den Willen zur
Unentgeltlichkeit, z. B. eines Mitgesellschafters, veranlasst ist. In Abschnitt
4.1 Beispiel 2 liegt zudem nicht etwa eine Schenkung im Verhältnis zwischen
T1-GmbH und V vor. Zwar steigt der Wert seiner Anteile an der T2-GmbH als Folge
der Leistung im Wert, dafür sinkt allerdings der Wert seiner Anteile an T1-GmbH
in einem mindestens gleichen (hier sogar höheren) Umfang.

4.3.

Nach § 7 Abs. 8 Satz 2 Hs. 2 ErbStG können verdeckte
Gewinnausschüttungen und Einlagen zwischen Kapitalgesellschaften nicht der
Schenkungsteuer unterliegen, soweit an der leistenden und der begünstigten
Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar dieselben natürlichen Personen
oder Stiftungen im gleichen Beteiligungsverhältnis beteiligt sind.

5. Entsprechende Anwendung bei Genossenschaften (§ 7 Abs. 8
Satz 3 ErbStG)

5.1.

§ 7 Abs. 8 Satz 1 und 2 ErbStG ist auf Genossenschaften
anzuwenden (§ 7 Abs. 8 Satz 3 ErbStG). Auch bei diesen Gesellschaften sind
Vermögensverschiebungen zwischen den Gesellschaftern
(Genossenschaftsmitgliedern) durch Einlagen möglich. § 15 Abs. 4 ErbStG ist ebenfalls
auf Zuwendungen durch Genossenschaften anwendbar (vgl. Abschnitt 6).

5.2.

Die Förderung der Genossenschaftsmitglieder (z. B. durch
genossenschaftliche Rückvergütungen) entsprechend dem allgemeinen Förderzweck
der Genossenschaft (§ 1 GenG) unter Beachtung des genossenschaftlichen
Gleichbehandlungsgebots ist nicht schenkungsteuerbar. Entsprechendes gilt für
Leistungen einer Kapitalgesellschaft an die Mitglieder einer Genossenschaft,
die alle Anteile an der Kapitalgesellschaft hält.

5.3.

Für Personengesellschaften sowie für Vereine gelten die vom
BFH entwickelten Grundsätze fort: Zu Personengesellschaften insbesondere BFH
vom 15. 7. 1998, BStBl. II S. 630, und vom 14. 9. 1994, BStBl. 1995 II S. 81;
zu Vereinen BFH vom 15. 3. 2007, BStBl. II S. 472, und vom 6. 6. 2007, BStBl.
2008 II S. 46.

6. Leistungen von Kapitalgesellschaften oder
Genossenschaften (§ 15 Abs. 4 ErbStG)

6.1.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung an eine einem
Gesellschafter nahe stehende Person gilt als freigebige Zuwendung der
Kapitalgesellschaft an die nahe stehende Person (vgl. Abschnitt 2.6.1). Der
Erwerber fällt im Verhältnis zur Kapitalgesellschaft in die Steuerklasse III (§
15 Abs. 1 ErbStG), auch wenn auf eine Direktzuwendung des veranlassenden
Gesellschafters an den Erwerber die Steuerklasse I oder II anwendbar wäre.
Entsprechendes gilt auch, wenn der Bedachte Gesellschafter der
Kapitalgesellschaft ist (vgl. Abschnitt 2.6.2).

6.2.

Nach § 15 Abs. 4 ErbStG richtet sich die Besteuerung für
Erwerbe, für die die Steuer nach dem 13. 12. 2011 entsteht, nach dem
persönlichen Verhältnis des Erwerbers zu derjenigen unmittelbar oder mittelbar
an der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft beteiligten natürlichen Person
oder Stiftung, durch die sie veranlasst ist. Diese Regelung betrifft nur die
Rechtsfolgen der Steuerermittlung. Die Kapitalgesellschaft bzw. Genossenschaft
bleibt Zuwendende.

6.3.

Bei der Zusammenrechnung mit früheren Erwerben nach § 14
ErbStG ist ebenfalls auf die Verhältnisse zu dem veranlassenden Gesellschafter
abzustellen. Die Zuwendung der Kapitalgesellschaft ist ebenso bei späteren
Schenkungen des veranlassenden Gesellschafters, der Kapitalgesellschaft oder
Genossenschaft oder anderer Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften, an der
der veranlassende Gesellschafter beteiligt ist, nach § 14 ErbStG zu
berücksichtigen.

6.4.

Kommen mehrere Gesellschafter als Veranlassende in Betracht
(z. B. Vater und Onkel des Begünstigten), kann eine quotale Mitveranlassung
aller Beteiligten angenommen werden. Es kann jedoch konkret dargelegt werden,
welche Person die Zuwendung veranlasst hat.

Beispiel:

Die VO-GmbH zahlt dem S auf Veranlassung der beiden Gesellschafter
ein um 1 000 000 EUR überhöhtes Gehalt. V ist der Vater und an der VO-GmbH mit
60 % beteiligt, O ist der Onkel des S und an der VO-GmbH mit 40 % beteiligt. S
legt keine andere Veranlassung dar. Nach § 15 Abs. 4 ErbStG ist die auf die
Zuwendung der VO-GmbH entfallende Steuer auf die Summe der Steuerbeträge
begrenzt, die sich bei einer Schenkung des V in Höhe von 600 000 EUR und einer
Schenkung des O in Höhe von 400 000 EUR ergeben hätte.

6.5.

Das für die Besteuerung der Zuwendung einer Kapitalgesellschaft
oder Genossenschaft zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt hat sich für Zwecke der
Anwendung des § 15 Abs. 4 ErbStG mit dem Erbschaftsteuerfinanzamt in Verbindung
zu setzen, das für die Besteuerung einer Direktzuwendung des veranlassenden
Gesellschafters nach § 35 ErbStG zuständig wäre. Das letztgenannte Finanzamt
teilt dem für die Besteuerung zuständigen Finanzamt die Vorschenkungen und die
für die Zusammenrechnung notwendigen Informationen mit und ist in ein etwaiges
Rechtsbehelfsverfahren, soweit es um die Anwendung des § 15 Abs. 4 ErbStG geht,
von dem zuständigen Finanzamt im Wege der Amtshilfe einzubinden. Zum Zweck der
künftigen zutreffenden Zusammenrechnung aller Vorerwerbe i. S. d. § 14 ErbStG
sind die Erkenntnisse bei dem Finanzamt zusammenzuführen, das für eine
Direktzuwendung des veranlassenden Gesellschafters zuständig wäre. Das für die
Besteuerung der Zuwendung der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft
zuständige Finanzamt teilt diesem daher die insoweit benötigten
Veranlagungsdaten mit. Zudem haben alle beteiligten Finanzämter einander
zeitnah über eventuell später eintretende Änderungen zu unterrichten, die
Auswirkungen im Rahmen des § 14 ErbStG haben können.

6.6.

§ 15 Abs. 4 ErbStG ist sowohl in Fällen des § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG als auch in Fällen des § 7 Abs. 8 ErbStG anwendbar. Leistungen einer
Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft können nur schenkungsteuerbar sein,
soweit sie über die Beteiligungsquote des Bedachten an der Gesellschaft
hinausgehen; im Übrigen sind sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst.

7. Aufhebung von Erlassen

Die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der
Länder vom 20. 10. 2010 (BStBl. I S. 1207) werden aufgehoben.
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