Hessisches Stiftungsgesetz

Stiftung von Todes wegen Vereinbarkeit einer Stiftung von Todes wegen mit Dauertestamentsvollstreckung; Anerkennung einer Stiftung von Todes wegen bei angeordnetem Nießbrauch

Prof. Dr. Knut Werner Lange, Universität Bayreuth

Problemstellung und praktische Bedeutung

Die Errichtung einer Stiftung wird zunehmend als ein Element der vorausschauenden Nachfolgeplanung sowohl für das private als auch für das unternehmerische Vermögen begriffen. Dabei ist es grundsätzlich möglich, die Stiftung sowohl zu Lebzeiten des Erblassers zu errichten als auch eine Stiftung von Todes wegen vorzusehen (vgl. § 83 S. 1 BGB), zumal im zweiten Fall der Erbe keine Widerrufsmöglichkeit besitzt. Die entsprechende Vermögenszuwendung an die Stiftung kann in einer Erbeinsetzung, einem Vermächtnis oder aber in der Begünstigung durch eine Auflage bestehen. Nach dem Tod des Erblasser/Stifters ist der Antrag auf staatliche Anerkennung an die nach Landesrecht zuständige Behörde zu richten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde wird in der einschlägigen Fachliteratur die Ernennung eines Testamentsvollstreckers empfohlen, der nach dem Erbfall das Anerkennungsverfahren durchzuführen und den Nachlass in die Stiftung zu überführen hat (vgl. Hof in Seifart/v. Campenhausen, Stiftungsrechts Handbuch, 3. Aufl. 2009, § 6 Rn. 106; R. Kössinger in Nieder/Kössinger, Handbuch der Testamentsgestaltung, 4. Aufl. 2011, § 15 Rn. 289). Bei der Beschreibung seines Aufgabenbereichs ist allerdings größte Sorgfalt geboten, wie der vom OLG Frankfurt entschiedene Fall nachhaltig vor Augen führt.

Zum Sachverhalt

Die Erblasserin war vor neun Jahren (!) verstorben. Sie hatte in ihrer Verfügung von Todes wegen die Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung verfügt und zugleich Dauertestamentsvollstreckung über die Verwaltung ihres Nachlasses angeordnet. Darüber hinaus hatte sie einem Vermächtnisnehmer den Nießbrauch am Nachlass zugewandt. Nachdem die Stiftung errichtet worden war, stritten Stiftung und Testamentsvollstrecker darüber, ob der Testamentsvollstrecker der Stiftung das ihr zugewandte Vermögen zu überlassen habe. Dies hing davon ab, ob die Testamentsvollstreckung beendet sei bzw. ob der Testamentsvollstrecker nach § 2217 Abs. 1 S. 1 BGB verpflichtet gewesen war, die Nachlassgegenstände herauszugeben.

Entscheidungsgründe und weitere Hinweise

Soweit ersichtlich hat seit vielen Jahrzehnten zum ersten Mal (zuvor nur KG OLGE 34, 298, 300 aus dem Jahr 1915) ein OLG die Frage entschieden, ob die Anordnung einer Dauertestamentsvollstreckung (§ 2209 S. 1 Halbs. 2 BGB) mit der Einsetzung einer Stiftung zum Erben vereinbar ist. Diese besondere Form der Testamentsvollstreckung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Testamentsvollstrecker den Nachlass über einen langen Zeitraum hinweg verwalten soll. Daher führt die Erledigung der ihm sonst zugewiesenen Aufgaben nicht zur Beendigung der Testamentsvollstreckung. Vielmehr dauert sie solange fort, wie es vom Erblasser angeordnet worden ist. Die Höchstgrenze einer Dauervollstreckung beträgt 30 Jahre und kann ausnahmsweise sogar über eine noch längere Zeitspanne hinweg angeordnet werden, § 2210 S. 2 BGB. Die so geschaffene Rechtsstellung hat den Charakter eines dinglich wirkenden Verwaltungsrechts an einem fremden Vermögen (Lange, Erbrecht, 2011, Kap. 15 Rn. 15). Damit weicht die Dauertestamentsvollstreckung erheblich von der Figur der begleitenden Testamentsvollstreckung ab, die zweckmäßigerweise allein dazu genutzt wird, den Nachlass geordnet in die Stiftung einzubringen. Zugleich kommt es zu Kollisionen mit elementaren Grundsätzen des Stiftungsrechts, da auf diese Weise sowohl die Stiftungsorgane dauerhaft von der Verwaltung des Stiftungsvermögens ausgeschlossen werden als auch die Stiftung der staatlichen Stiftungsaufsicht entzogen wird. Zu Recht ist daher schon vor der Entscheidung in der Literatur die Zulässigkeit der Kopplung von Dauertestamentsvollstreckung und Berufung einer Stiftung als Erbin verneint worden (Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Stand 2011, § 83 Rn. 19; MünchKomm-BGB/Reuter, 6. Aufl. 2012, § 83 Rn. 12; a.A. jedoch Schewe, ZSt 2004, 301, 305). In einer ersten Besprechung ist bezweifelt worden, ob diese Aussage in ihrer Allgemeinheit zutreffend sei. Man solle vielmehr die Dauertestamentsvollstreckung als „temporäre Oberaufsicht“ zulassen, um namentlich das Recht der Destinatäre auf Leistungen durch die Stiftung abzusichern (so Reimann, ZEV 2011, 609). So wichtig eine Art Aufsicht über die Stiftungsorgane im Einzelfall sein kann, so erscheint doch das Amt des Dauertestamentsvollstreckers dazu nicht geeignet zu sein. Auch wenn eine höchstrichterliche Klärung der Frage aussteht, so sollte sich die Praxis mit Blick auf die Judikatur des OLG Frankfurt und die überwiegende Auffassung der Kommentarliteratur darauf einstellen, dass eine Dauertestamentsvollstreckung am Stiftungsvermögen überwiegend als nicht zulässig angesehen wird. Vom OLG Frankfurt kaum thematisiert, aber nicht weniger spannend ist die Frage, ob eine Stiftung überhaupt anerkennungsfähig sein kann, wenn ihr Vermögen nießbrauchsbelastet ist. Das OLG meint nur recht lapidar, die Rechtsfähigkeit der Stiftung stoße auf Bedenken, weil sie „nach der Anordnung des Testaments keine effektive Vermögensausstattung erhalten hätte, da das Besitz- und Nutzungsrecht vollständig den Nießbrauchern zugestanden hätte“. Diese Aussage ist nur dann zutreffend, wenn die Stiftung über keinerlei sonstige Mittel verfügen sollte, um ihr laufendes Stiftungsgeschäft zu betreiben. Beim Quotenvermächtnis ist das aber nicht notwendig der Fall, da dem Bedachten lediglich ein Bruchteil (Quote oder Prozentsatz) von dem Barerlös des nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten verbleibenden Nachlassrestes vermacht ist (Lange, Erbrecht, 2011, Kap. 6 Rn. 109). Zudem ist ggf. durch Auslegung zu ermitteln, wie der Erblasserwille in einer solchen Konstellation lautet. Dennoch sollte die Praxis in diesem Punkt Zurückhaltung üben, da die Folgen der Rechtsauffassung des OLG Frankfurt sehr problematisch sein können. Ist die Auflösung des Nießbrauchs nicht wie hier möglich, droht die Zurückstellung der Anerkennung bis zur Beendigung des Nießbrauchs. Dies kann zu jahrelangen Schwebezuständen führen, etwa wenn der Nießbrauch auf Lebzeiten des Berechtigten angeordnet worden ist. Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass im Falle der Errichtung einer Stiftung von Todes wegen größtmögliche Sorgfalt an den Tag gelegt werden muss, zumal wenn sie mit weiteren erbrechtlichen Elementen (Quotennießbrauch, Testamentsvollstreckung) verbunden wird.