Einkommensteuergesetz

Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb gemäß § 35 EStG; Nießbrauch an einem Mitunternehmeranteil und Gewerbesteueranrechnung

Andrea Seemann, Steuerberaterin

Seit der Unternehmensteuerreform 2008 ist die Gewerbesteuer nicht mehr als Betriebsausgabe abzugsfähig. Die Möglichkeit der Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gemäß § 35 EStG hat dadurch erheblich an Bedeutung gewonnen.

Praktische Bedeutung

Um die Doppelbelastung von gewerblichen Einkünften mit Gewerbesteuer und Einkommensteuer zumindest abzumildern, kann die Gewerbesteuer gemäß § 35 EStG teilweise auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2007 war das 1,8-fache des Gewerbesteuer-Messbetrags auf die Einkommensteuer anrechenbar. Dieser Faktor wurde ab dem Veranlagungszeitraum 2008 im Rahmen der Unternehmensteuerreform auf das 3,8-fache angehoben. Die in § 35 EStG normierten Regelungen zur Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer sind aufgrund ihrer Typisierung mit einigen Fallstricken behaftet. So soll u.a.  der Gewerbesteuer- Messbetrag einer Personengesellschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels aufgeteilt werden. Vorabgewinnanteile sind ebenso wenig zu berücksichtigen wie Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben. Dies kann zum überraschenden Ergebnis führen, dass sich ein Großteil des Gewerbesteueranrechnungsvolumens tatsächlich nicht auswirkt. Vermietet bspw. ein nur zu 10 % beteiligter Kommanditist das Betriebsgrundstück an die Personengesellschaft, sind die Vermietungseinkünfte gewerbesteuerpflichtige Sonderbetriebseinnahmen. Die Gewerbesteuer der Gesellschaft, also auch die Gewerbesteuer auf die Mieteinkünfte, kann dieser Kommanditist aber nur nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel, also nur i.H.v. 10 %, auf seine Einkommensteuer anrechnen. Dadurch erhöht sich seine Steuerbelastung auf die Mieteinkünfte erheblich. Der Frage der Anrechenbarkeit der Gewerbesteuer kommt folglich eine wesentliche Bedeutung zu.

Ist ein Gesellschaftsanteil mit einem Nießbrauch belastet, so z.B. wenn im Rahmen der Nachfolge der Gesellschaftsanteil unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen wurde, sind die Einkünfte regelmäßig auch vom Nießbraucher zu versteuern. Im Hinblick auf die Handhabung der Gewerbesteueranrechnung fehlte es für diesen Fall bisher an einer eindeutigen Regelung. Die Finanzverwaltung hat sich mit BMF-Schreiben vom 18.01.2013 nun zu dieser Frage geäußert.

Regelung des BMF-Schreibens vom 18.01.2013

Ist ein Mitunternehmeranteil mit einem Nießbrauch belastet, ist dies für die Gewerbesteueranrechnung nach Maßgabe des neuen BMF-Schreibens nicht nachteilig. Vielmehr folgt auf einer ersten Stufe die vorab beschriebene Aufteilung des Gewerbesteuer- Messbetrags nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel der Personengesellschaft. Das nach dieser Verteilung dem Gesellschafter zustehende Anrechnungsvolumen ist sodann auf einer zweiten Stufe entsprechend der Verteilung des Gewinns zwischen Gesellschafter und Nießbraucher erneut aufzuteilen. Soweit der Gewinnanteil vom Gesellschafter zu versteuern ist, ist diesem auch quotal der anteilige Gewerbesteuer- Messbetrag zuzurechnen. Soweit der Gewinnanteil vom Nießbraucher zu versteuern ist, ist diesem der anteilige Gewerbesteuer-Messbetrag zuzurechnen.

Ausblick

Der Nießbraucher wird steuerlich einem Gesellschafter gleichgestellt, wenn der Nießbrauch unternehmerisch ausgestaltet ist, also der Nießbraucher zumindest bei den laufenden Geschäften ein Stimmrecht hat. Es ist folglich nur konsequent, dem Nießbraucher die Anrechnung der Gewerbesteuer entsprechend seinem Gewinnanteil zu gewähren. Die Klarstellung dieser Frage seitens der Finanzverwaltung ist daher zu begrüßen. Die Aussage der Finanzverwaltung muss zudem ebenso im Falle einer atypisch stillen Unterbeteiligung  gelten.