BGH, Urteil vom 27.01.2010, IV ZR 91 / 09

 

Tatbestand

Der Kläger
macht gegen seine Schwester (Beklagte zu 1) und deren Kinder (Beklagte zu 2 und
3) Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach der 2005 verstorbenen
Mutter bzw. Großmutter der Parteien (Erblasserin) geltend.

Mit Vertrag
vom 31. Dezember 1981 (Übergabevertrag) übertrug die Erblasserin mit Wirkung
zum 1. Januar 1982 den 1965 von ihrem Ehemann (Vater bzw. Großvater der Parteien)
geerbten und seitdem von ihr betriebenen Großhandel für Herrentextilien und
Herrenaccessoires auf den Kläger. Die Übertragung erfolgte gemäß Nr. 7 des Übergabevertrages
„im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich“.

Der Kläger
führte den Betrieb bis 1996 fort.

Durch
notarielles Testament vom 4. Januar 1985 setzte die Erblasserin die Beklagten zu
ihren Erben ein.

Der Kläger
berechnet seinen Pflichtteil zuletzt auf 190 742,98 € nach einem aufgrund
erstinstanzlicher Beweisaufnahme von ihm angenommenen Nachlasswert von 762
871,93 €; hinzu komme eine Pflichtteilsergänzung in Höhe von 5 965 € aufgrund
einer Schenkung der Erblasserin an die Beklagte zu 3 über 23 859,44 €.

Die
Beklagten sind der Auffassung, dem Kläger stünden wegen der Übertragung des Großhandelsbetriebes
und wegen umfangreicher nach § 2057a BGB auszugleichender Sonderleistungen
keine erbrechtlichen Ansprüche mehr zu. Nach Ansicht des Klägers hat dagegen
der Betrieb bei Übertragung keinen Wert gehabt.

Beide
Vorinstanzen haben unter Berücksichtigung der Betriebsübertragung 1981 die
Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Gründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der
angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das
Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht hält den Kläger wegen der ihm
im Wege „vorweggenommener Erbfolge“ übergebenen Firma nach den §§
2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB für ausgleichspflichtig. Mit Rücksicht darauf
könnten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nicht festgestellt
werden, selbst wenn zu seinen Gunsten von einem Nachlasswert von 762.871,93 €
ausgegangen und keine Ausgleichung besonderer Leistungen der Beklagten zu 1
nach § 2057a BGB vorgenommen werde.

Der Kläger habe den Vortrag der Beklagten, er habe
bezogen auf den Todestag der Erblasserin mit dem ihm übertragenen Betrieb einen
Vorempfang in Höhe von 400.000 € bis 450.000 € erhalten, nicht substantiiert
bestritten. Zwar treffe die Beklagten die Beweislast für das Bestehen von
Ausgleichspflichten. Der Kläger trage aber eine sekundäre Darlegungslast für
den Wert der Zuwendung im Umfang seiner Auskunftspflicht gemäß § 2057 BGB. Der
habe er nicht genügt, weil er die Unterlagen, die zur Feststellung des
Unternehmenswertes mit betriebswirtschaftlicher Methode notwendig seien – vor
allem die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten fünf Jahre vor
dem Betriebsübergang – nicht vorgelegt habe.

Sein Vortrag, er sei niemals im Besitz dieser
Unterlagen gewesen, sei unglaubhaft. Selbst wenn ihm aber heute in Ermangelung
weiterer noch vorhandener Unterlagen eine Substantiierung des
Unternehmenswertes nicht möglich sein sollte, müsse ihm wegen schuldhafter
Beweisvereitelung die Beweislast für einen die Klageforderung zumindest
teilweise rechtfertigenden Wert der Zuwendung auferlegt werden. Eine Schätzung
des Unternehmenswertes gemäß § 287 ZPO sowie weitere Sachaufklärung durch
Vernehmung des Steuerberaters oder Einholung eines Sachverständigengutachtens
scheide in Ermangelung belastbarer Anknüpfungstatsachen aus.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Bereits der Ansatz des Berufungsgerichts, der Kläger
könne bei unentgeltlichen Zuwendungen im Wege der „vorweggenommenen
Erbfolge“ – nur – gemäß § 2316 Abs. 1 BGB i.V. mit § 2050 Abs. 3 BGB
ausgleichspflichtig sein, ist nicht frei von Rechtsirrtum. Das Berufungsgericht
schließt damit die weiteren vom Gesetz in §§ 2315 Abs. 1 und 2316 Abs. 4 BGB
vorgesehenen Möglichkeiten, wie Vorempfänge bei der Ermittlung von
Pflichtteilsansprüchen zu berücksichtigen sein können, von vornherein aus, ohne
dass dafür eine Grundlage benannt wird oder sonst ersichtlich ist (1). Aber
auch die nur unvollkommen angegebene und daher nicht sicher nachvollziehbare
Berechnung der Ausgleichspflicht gemäß § 2316 Abs. 1 BGB ist rechtsfehlerhaft
(2). Eine eigene Sachentscheidung gemäß § 563 Abs. 3 ZPO ist dem Senat mangels
Entscheidungsreife nicht möglich (3).

1. Ob und wie Vorempfänge sich auf eine
Pflichtteilsberechnung auswirken, hängt zunächst davon ab, welche Anordnungen
der Erblasser bei der Zuwendung getroffen hat.

a) In Betracht kommen dafür erstens die Anordnung, die
Zuwendung zur Ausgleichung zu bringen gemäß §§ 2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB,
zweitens die Bestimmung, die Zuwendung auf den Pflichtteil anzurechnen gemäß §
2315 Abs. 1 BGB, sowie drittens gemäß § 2316 Abs. 4 BGB die Zuwendung nach
beiden vorgenannten Bestimmungen auszugleichen und zugleich anzurechnen. Dabei
folgt die Ermittlung des Ausgleichs-, Anrechnungs- oder
Ausgleichs-/Anrechnungspflichtteils nach den jeweiligen tatbestandlichen
Voraussetzungen ganz unterschiedlichen Berechnungsweisen, die je nach den
Umständen des Falles insbesondere den Vermögensverhältnissen, Vorempfängen und Pflichtteilsberechtigten
auch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen können (vgl. statt aller
MünchKomm-BGB/Lange, 4. Aufl. § 2315 Rdn. 11 ff., § 2316 Rdn. 9 ff., 20 ff.).
Das erklärt sich aus den verschiedenen Berechnungssystemen, nach denen – zusammengefasst
– bei einer Ausgleichung der Wert der Zuwendung von dem Erbteil abgezogen und
erst von diesem so ermittelten Betrag der Pflichtteil berechnet wird, während
bei einer Anrechnung der Pflichtteil zunächst selbst berechnet und dann von
diesem Pflichtteil der Wert der Zuwendung abgezogen wird (vgl. Sostmann,
MittRheinNotK 1976, 479, 493). Bei einer gleichzeitigen Ausgleichungs- und
Anrechnungsanordnung ist schließlich zunächst der Pflichtteil im Wege der
Ausgleichung zu bestimmen und dieser Wert danach um die Hälfte des
Zuwendungswertes zu kürzen (vgl. Thubauville, MittRheinNotK 1992, 289, 300).
Nach den jeweiligen Vermögensverhältnissen und Pflichtteilsberechtigungen kann
eine „Anrechnung auf den Erb- und Pflichtteil“ gemäß § 2316 Abs. 4
BGB sogar dazu führen, dass der Pflichtteil des Zuwendungsempfängers größer
ist, als wenn nur die Anrechnung angeordnet wäre; bei lediglich
pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen und nur einer berücksichtigungsfähigen
Zuwendung ist der Pflichtteil des Zuwendungsempfängers bei Anwendung des § 2315
Abs. 1 BGB oder des § 2316 Abs. 4 BGB allerdings gleich (vgl. Soestmann aaO S.
494 f., 515).

b) Welche dieser Regelungen zur Anwendung kommt, wenn
die Zuwendung – wie hier von der Erblasserin und dem Kläger im Übergabevertrag
ausdrücklich festgelegt – im Wege „vorweggenommener Erbfolge
unentgeltlich“ vorgenommen worden ist, kann nur durch Auslegung ermittelt
werden (vgl. RG JW 1925, 2124 Nr. 13; SeuffArch 76 Nr. 57; Recht 1904, 284 Nr.
1312; OLG Düsseldorf ZEV 1994, 173 m. Anm. Baumann S. 174; SchlHOLG ErbR 2008,
329 m. Anm. Pastewski S. 331 f.; Staudinger/Haas, BGB [2006] § 2315 Rdn. 19,
23; MünchKomm-BGB/Lange aaO § 2316 Rdn. 12; Soergel/Dieckmann, BGB 13. Aufl. §
2315 Rdn. 6; Erman/W. Schlüter, BGB 12. Aufl. § 2315 Rdn. 4, jeweils m.v.w.N.).
Der Senatsrechtsprechung ist nicht etwa – wie das Berufungsgericht angenommen
haben könnte – zu entnehmen, dass damit stets nur eine Ausgleichungsanordnung
gemäß § 2316 Abs. 1 BGB gemeint sein kann. Vielmehr hat der Senat lediglich anerkannt,
dass es – abhängig von den jeweiligen Umständen – möglich ist, eine solche
Wendung als Ausgleichsanordnung zu verstehen (BGHZ 82, 274, 278; Urteil vom 12.
Oktober 1988 – IVa ZR 166/87 – FamRZ 1989, 175 unter I 2).

Mit „vorweggenommener Erbfolge“ wird
zunächst nur die Übertragung von Vermögen (oder eines wesentlichen Teils davon)
durch den (künftigen) Erblasser auf einen oder mehrere als (künftige) Erben in
Aussicht genommene Empfänger beschrieben. Sie richtet sich im Grundsatz nicht
nach Erbrecht, sondern den Rechtsgeschäften unter Lebenden mit ihren vielfachen
Gestaltungsmöglichkeiten. Es obliegt weithin dem Tatrichter durch Auslegung zu
ermitteln, was die Parteien des Rechtsgeschäfts vereinbart haben (BGHZ 113,
310, 313; Senatsurteil vom 1. Februar 1995 – IV ZR 36/94 – NJW 1995, 1349 unter
2 a = juris Tz. 11). Dieser tatrichterlichen Aufgabe hat das Berufungsgericht
nicht genügt, indem es ohne weiteres meint, allein wegen der Verwendung des
Begriffes „vorweggenommene Erbfolge“ im Vertragstext von einer
Ausgleichung ausgehen zu müssen. Sofern es sich darin durch einen
unzureichenden Parteivortrag bestärkt gesehen haben sollte, hätte es eines
rechtlichen Hinweises gemäß § 139 ZPO bedurft, da dies offensichtlich von den
Parteien so nicht erkannt worden ist, zumal ihre Wortwahl in den Schriftsätzen
zur Frage, wie die Zuwendung sich auf den Pflichtteil auswirkt, zwischen
„Anrechnung“ und „Ausgleichung“ wechselt, ohne erkennbar
auf die spezifischen nach dem Gesetzestext damit verbundenen rechtlichen
Konsequenzen abzielen zu wollen.

c) Begriff und Motivation legen es bei einer
„vorweggenommenen Erbfolge“ zunächst eher nahe, dass damit die
Eigentumsübertragung als mit Rücksicht auf das künftige Erbrecht umschrieben
werden soll (Senatsurteil vom 1. Februar 1995 aaO), was wiederum für eine
Ausgleichsanordnung spricht, weil so die Berücksichtigung der Zuwendung auf den
Erbteil, nicht aber auf den Pflichtteil bezogen wird (vgl. SchlHOLG aaO;
Pastewski aaO). In einer solchen Anordnung mit Bezug auf den Erbteil ist die
Bestimmung der Anrechnung auf den Pflichtteil daher nicht ohne weiteres
enthalten, was durch die Entstehungsgeschichte des § 2315 BGB verstärkt wird:
Die ursprünglich in § 2288 Abs. 2 Satz 1 der Reichstagsvorlage vorgesehene
Auslegungsregel, im Zweifel sei von einer Anrechnung auszugehen, wurde von der
Reichstagskommission als zu weitgehend gestrichen (RG SeuffArch aaO; Pastewski
aaO m.w.N.).

Eine pflichtteilsmindernde Anrechnungsbestimmung, die
auch konkludent erfolgen kann (vgl. nur RGZ 67, 306 f.; OLG Düsseldorf aaO;
MünchKomm-BGB/Lange aaO § 2315 Rdn. 6), ist damit jedoch keineswegs
ausgeschlossen. Nach den jeweiligen Umständen können solche Erklärungen des
Erblassers durchaus so zu verstehen sein, dass der Vorempfang ganz allgemein
von allem abgezogen werden soll, was der Empfänger aus dem Nachlass zu erhalten
habe und zwar in dem Sinne, dass er auf das beschränkt sein soll, was er durch
die Zuwendung unter Lebenden von dem Erblasser bereits erhalten hat; die
„Bestimmung der Anrechnung auf den Erbteil … (schließt) … die Auslegung
nicht aus, dass damit auch die Anrechnung auf den Pflichtteil bestimmt“
ist (so ausdrücklich RG JW 1925, 2124 f.).

d) Entscheidend ist nach alledem der im Auslegungsweg
zu ermittelnde Erblasserwille, ob mit der Zuwendung zugleich auch eine
Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung gewünscht war und
im Übergabevertrag festgelegt werden sollte, oder ob die Klausel lediglich
klarstellen sollte, dass der Empfänger das, was er an sich erst mit dem Tode des
Erblassers erhalten sollte, nun schon zu Lebzeiten bekommt, im Übrigen es aber
bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll (vgl.
zum Ganzen Sostmann aaO S. 482 ff., 489 ff.; Thubauville aaO S. 297). Der
erkennbare Erblasserwille muss für die Annahme einer Anrechnungsbestimmung
gemäß § 2315 Abs. 1 BGB mithin auf eine Kürzung der dem Empfänger am
Restnachlass zustehenden Pflichtteilsrechte gerichtet sein, wobei aber die
Enterbungsabsicht bei Formulierung der Anrechnungsbestimmung noch nicht
bestanden haben muss; es reicht, dass der Erblasser die Möglichkeit in Betracht
gezogen hat (Staudinger/Haas aaO § 2315 Rdn. 21).

Diese Ermittlung des Erblasserwillens erfordert eine
Gesamtbewertung aller relevanten Umstände, wobei insbesondere auch die
zeitlichen Zusammenhänge zwischen Zuwendung und Testamentserrichtung, der
Vermögensgegenstand und seine wirtschaftliche Nutzbarkeit durch den Empfänger
vor dem Erbfall sowie die Größenordnung der vorgezogenen Vermögenszuwendung zu
berücksichtigen sind. Ebenso können Vorstellungen des Erblassers über eine
gleichmäßige Behandlung von Abkömmlingen eine Rolle spielen, wobei zu beachten
ist, dass ein solcher Erblasserwille bei der Berechnung des Ausgleichspflichtteils
i.S. von § 2316 Abs. 1 BGB an Grenzen stößt, weil enterbte Vorempfänger
rechnerisch mit der Hälfte des Vorempfangs begünstigt bleiben, was einer etwa
beabsichtigten völligen Gleichstellung entgegensteht (vgl. MünchKomm-BGB/Lange
aaO § 2316 Rdn. 12; Soergel/Dieckmann aaO § 2316 Rdn. 12). Die Beweislast für
eine pflichtteilsmindernde Anrechnungsbestimmung i.S. von § 2315 Abs. 1 BGB
bleibt indes letztlich beim Erben (MünchKomm-BGB/Lange aaO § 2315 Rdn. 6;
Soergel/Dieckmann aaO § 2315 Rdn. 6).

2. Nach den vom Berufungsgericht wohl in seine
Berechnung eingestellten Werten (Nachlass 762.871,93 €; auf den
Erbfallzeitpunkt indexierte Zuwendung, vgl. BGHZ 96, 174, 181, 400.000 €)
trifft seine Annahme nicht zu, dass mit Rücksicht auf die zugrunde gelegte
Ausgleichspflicht gemäß § 2316 Abs. 1 BGB ein Pflichtteils- oder
Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht festgestellt werden könne.

Dieses Ergebnis ist bei den genannten Zahlen
allerdings im Falle einer Anrechnungsbestimmung gemäß § 2315 Abs. 1 BGB zu
erreichen, was möglicherweise dem Berufungsgericht bei dem Verständnis der
Regelung in Nr. 7 des Übergabevertrages vorgeschwebt hat. Denn der
Anrechnungspflichtteil aus Pflichtteil abzüglich Zuwendung ergibt rechnerisch
einen negativen Wert (762.871,93 € + 400.000 € = 1.162.871,93 € : 4 =
290.717,98 € abzügl. 400.000 € = -109.282,02 €).

Bei einer Ausgleichung verbleibt hingegen – was die
Revision zutreffend darlegt – ein positiver Ausgleichungspflichtteil
(762.871,93 € + 400.000 € = 1.162.871,93 € : 2 [Abkömmlinge] = 581.435,97 € –
400.000 € = 181.435,97 € x 1/2 = 90.717,99 €).

Bei einer Kombination von Ausgleichung und Anrechnung
scheiden hier wiederum Pflichtteilsansprüche aus, da die Differenz aus
Ausgleichungspflichtteil und halbem Vorempfang – wie bei einer Anrechnung
allein – negativ ist (90.717,98 € – 200.000 € = -109.282,02 €).

Je nachdem, wie die vom Erblasser und Kläger im
Übergabevertrag vereinbarte unentgeltliche Betriebsübergabe 1982 „im Wege
der vorweggenommenen Erbfolge“ gemeint gewesen ist – nur Erbteils- oder
auch Pflichtteilsbezug -, entscheidet sich, ob für den Kläger überhaupt noch
ein Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch in Betracht kommen kann.

3. Darüber wird der Tatrichter zunächst erneut zu
befinden haben.

Der Senat weist für die – je nach dem Ergebnis –
gegebenenfalls erforderliche weitere Bearbeitung vorsorglich auf folgendes hin:
Neben der Feststellung des Nachlasswertes bedarf es auch der des Wertes der
Zuwendung. Die Beklagten haben im Rahmen der ihnen auch bezüglich
berücksichtigungsfähiger Zuwendungen obliegenden Darlegungs- und Beweislast zum
Unternehmenswert ausreichend substantiiert vorgetragen. Mehr ist ihnen
insbesondere angesichts des Umstandes nicht möglich, dass dem Kläger laut Nr.
8.3 Übergabevertrag sämtliche für die (Fort-)Führung des Betriebes notwendigen
und zweckmäßigen Unterlagen übergeben worden sind. Hinzu kommt – worauf das
Berufungsgericht ebenfalls zutreffend abstellt -, dass er gemäß Nr. 5.4 Abs. 2
und Nr. 6 Übergabevertrag Steuernachforderungen aufgrund einer steuerlichen
Außenprüfung für den Zeitraum bis 31. Dezember 1981 und sämtliche im
Unternehmen begründete Verbindlichkeiten nach der Bilanz zum 31. Dezember 1981
übernommen hat, was ohne den Erhalt der entsprechenden Betriebsunterlagen aus
der Zeit vor der Betriebsübergabe für ihn nicht nachzuvollziehen gewesen wäre.
Dem Kläger obliegt es daher jetzt, dem Vorbringen der Beklagten seinerseits
substantiiert zu entgegnen. Sein Vortrag reicht dafür bislang nicht aus. Unter
Berücksichtigung, dass seine Auskunftspflichten aus § 2057 BGB oder zusätzlich
aus § 242 BGB auch wertbildende Faktoren der Zuwendung erfassen können (vgl.
MünchKomm-BGB/Heldrich aaO § 2057 Rdn. 6 m.w.N. in Fn. 11), geht zu seinen
Lasten, wenn er sich nicht in der Lage sieht, so konkret und zusammenhängend
vorzutragen, dass daraus gegebenenfalls unter sachverständiger Beratung und
durch Vernehmung von Zeugen zu einzelnen streitigen Punkten der Wert des
Betriebes im Zeitpunkt der Übergabe erschlossen werden kann. Punktuelle und
teilweise wenig plausible Angaben wie etwa zu einem Kapitalkonto, Geldzuflüssen
aus Spielgewinnen oder sonstigen steuerlichen Aspekten genügen dafür nicht.

Schließlich können Pflichtteilsrestansprüche solange
nicht zugesprochen werden, als Feststellungen zu der bislang – aus Sicht des
Berufungsgerichts folgerichtig – offen gelassenen Frage fehlen, inwieweit die
Beklagte zu 1 besondere Leistungen gemäß § 2057a BGB zur Ausgleichung bringen
kann.

 
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