BGH, Urteil vom 09.10.2012, II ZR 298 / 11

 

Tatbestand

1 Der Kläger und seine mittlerweile von
ihm geschiedene Ehefrau, die alleinige Gesellschafterin und alleinige
Geschäftsführerin der beklagten GmbH ist, gewährten der Beklagten am
1. August 1995 ein Darlehen über 350.000 DM (178.952,16 €) zur
Finanzierung der Einrichtung und des Warenbestandes. Die Beklagte verpflichtete
sich, das Darlehen bis spätestens 31. Dezember 2005 zurückzuzahlen.

2 Mit der Klage verlangt der Kläger
Hinterlegung des Darlehensbetrags nebst 7 % Zinsen hieraus seit dem
1. Oktober 2007 zu seinen Gunsten und zu Gunsten seiner früheren Ehefrau.
Die Beklagte verweigert die Rückerstattung des Darlehens unter anderem mit der
Begründung, die Rückzahlung führe zu ihrer Zahlungsunfähigkeit, so dass sie sie
nach § 64 Satz 3 GmbHG verweigern könne, und rechnet hilfsweise
mit Gegenforderungen gegen den Kläger in Höhe von 75.410,99 € auf.

3 Das Landgericht hat der Klage
stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten als
derzeit unbegründet abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat
zugelassene Revision des Klägers.

Gründe

4 Die Revision hat Erfolg und führt zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

5 I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt,
der Kläger könne zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Hinterlegung der Darlehenssumme
und der geltend gemachten Zinsen nicht verlangen. Die Hinterlegung stehe einer
Zahlung gleich. Eine Zahlung führe zu einer Erstattungspflicht der
Geschäftsführerin der Beklagten nach § 64 Satz 3 GmbHG , der als
ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ein zwingendes Zahlungsverbot statuiere und
demzufolge ein Leistungsverweigerungsrecht begründe. Die Hinterlegung der
geforderten Summe müsste die Zahlungsunfähigkeit der Beklagten herbeiführen. Im
Fall einer Zahlung wäre die Beklagte bei gewöhnlichem Verlauf der Geschäfte
nicht mehr in der Lage, ihre Verbindlichkeiten zu bedienen.

6 II.

Das Urteil hält der
revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Nach den bisherigen
Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Anwendungsbereich von § 64
Satz 3 GmbHG nicht eröffnet, so dass die Beklagte die Zahlung auch
nicht unter Berufung auf diese Vorschrift zurückhalten kann. Die Revision macht
zu Recht geltend, dass die Beklagte bei Berücksichtigung der Darlehensforderung
in einer Liquiditätsbilanz möglicherweise bereits zahlungsunfähig ist und in
diesem Fall die geforderte Hinterlegung die Zahlungsunfähigkeit nicht mehr
verursachen kann.

7 1.

Die Zahlungsunfähigkeit wird durch
eine Zahlung an den Gesellschafter nicht im Sinn des § 64
Satz 3 GmbHG verursacht, wenn die Gesellschaft bereits
zahlungsunfähig ist. § 64 Satz 3 GmbHG verlangt, dass die
Zahlung zur Zahlungsunfähigkeit führen musste. Bei der Ermittlung der
Zahlungsunfähigkeit nach § 64 Satz 3 GmbHG ist eine fällige Forderung
des Gesellschafters in der Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen.

8 a)

Von Zahlungsunfähigkeit nach § 17
Abs. 2 Satz 1 InsO ist regelmäßig auszugehen, wenn eine
innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke von 10 % oder
mehr besteht und nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst
vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein
Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist (BGH, Urteil
vom 27. März 2012 – II ZR 171/10 , ZIP 2012, 1174 Rn. 10;
Beschluss vom 19. Juli 2007 – IX ZB 36/07 , BGHZ 173,
286 Rn. 31; Urteil vom 21. Juni 2007 – IX ZR 231/04 , ZIP 2007,
1469 Rn. 37; Urteil vom 12. Oktober 2006 – IX ZR 228/03, ZIP
2006, 2222 Rn. 27 [BGH 12.10.2006 – IX ZR 228/03] ; Urteil vom
24. Mai 2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 139 ff. ).

9 b)

Ob bei der Prüfung der Verursachung
der Zahlungsunfähigkeit nach § 64 Satz 3 GmbHG im
insolvenzrechtlichen Sinn fällige und durchsetzbare Ansprüche des
Gesellschafters in die Liquiditätsbilanz zur Ermittlung der Liquiditätslücke
einzustellen sind, ist streitig. Nach einer Ansicht sind bei der Prüfung der
Zahlungsunfähigkeit in § 64 Satz 3 GmbHG auch fällige und
durchsetzbare Gesellschafterforderungen in die Liquiditätsbilanz einzustellen
(OLG München, ZIP 2010, 1236, 1237 [OLG München 06.05.2010 – 23 U 1564/10] ; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG , 7. Aufl., § 64 Rn. 72;
Scholz/Verse, GmbHG, 11. Aufl., § 29 Rn. 93; Arnold in
Henssler/Strohn, § 64 GmbHG Rn. 63; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl.,
§ 17 Rn. 10; Desch, BB 2010, 2586; Huber, ZIP 2010, Beilage 2,
S. 7, 11 Fußnote 34; Winstel/Skauradszun, GmbHR 2011, 185,
186 f.). Eine Zahlung an einen Gesellschafter soll danach die
Zahlungsunfähigkeit herbeiführen können, wenn sie eine bestehende
Liquiditätslücke von weniger als 10 % auf mindestens 10 % vergrößert oder wenn
auf einen nicht bestehenden oder auf einen nicht fälligen Anspruch geleistet
wird. Nach anderer Ansicht fände § 64 Satz 3 GmbHG dadurch einen
zu geringen Anwendungsbereich. Daher seien zwar fällige
Gesellschafterforderungen in die Liquiditätsbilanz einzustellen, aber andere
Einwirkungen auf die Zahlungsunfähigkeit als die Auszahlung – wie etwa die
Fälligstellung des Darlehens oder andere Leistungen – als Verursachung der
Zahlungsunfähigkeit zu berücksichtigen (Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG , 19. Aufl.,
§ 64 Rn. 99; Kolmann in Saenger/Inhester, GmbHG, § 64
Rn. 90). Nach einer weiteren Ansicht sollen bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit
Gesellschafterforderungen auszublenden sein, um der Vorschrift einen
Anwendungsbereich zu sichern (MünchKommGmbHG/H.F. Müller, § 64
Rn. 167; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 64 Rn. 77;
Sandhaus in Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, § 64 Rn. 49;
HambKomm/Schröder, InsO, 4. Aufl., § 17 Rn. 12; Ulmer/Casper, GmbHG ,
Ergänzungsband MoMiG, § 64 Rn. 114; Spliedt, ZIP 2009, 149, 159;
Dahl/Schmitz, NZG 2009, 567, 569).

10 c)

Bei der Beurteilung der Verursachung
der Zahlungsunfähigkeit in § 64 Satz 3 GmbHG sind fällige
Gesellschafterforderungen nicht auszuklammern.

11 Wenn unter Berücksichtigung fälliger, d.h.
ernsthaft eingeforderter Gesellschafterforderungen bereits eine Deckungslücke
von 10 % oder mehr besteht, ist die Gesellschaft zahlungsunfähig und wird die
Zahlungsunfähigkeit durch die Zahlung an den Gesellschafter nicht
herbeigeführt. § 64 Satz 3 GmbHG verlangt die Verursachung der
Zahlungsunfähigkeit und stellt nicht auch auf die Vertiefung einer bereits
eingetretenen Zahlungsunfähigkeit ab. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass
in Satz 3 mit dem Begriff der Zahlungsunfähigkeit etwas anderes als in
Satz 1 und § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO gemeint sein sollte
und fällige Gesellschafterforderungen herausgerechnet werden sollten.

12 Insoweit besteht auch keine Schutzlücke,
die geschlossen werden müsste. Der Geschäftsführer haftet, wenn die
Gesellschaft unter Berücksichtigung der Gesellschafterforderung zahlungsunfähig
ist, bereits nach § 64 Satz 1 GmbHG für geleistete Zahlungen.
Die erweiternde Auslegung des § 64 Satz 3 GmbHG ist auch nicht
erforderlich, um der Gesellschaft eine Einrede gegen die
Gesellschafterforderung zu gewähren. Wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig ist,
hat der Geschäftsführer den Anspruch des Gesellschafters nicht zu befriedigen,
sondern Insolvenzantrag zu stellen ( § 15a Abs. 1
Satz 1 InsO ). Das entspricht auch der Konzeption des Gesetzes, nach
der die Rechtsprechungsregeln, die entsprechend § 30
Abs. 1 GmbHG a.F. zu einer Durchsetzungssperre für die Gesellschafterforderung
führten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2011 – II ZR 6/11 , ZIP
2012, 86 Rn. 11; Urteil vom 11. Januar 2011 – II ZR 157/09 , ZIP
2011, 328 Rn. 20), mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur
Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom
23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) abgeschafft sind ( § 30
Abs. 1 Satz 3 GmbHG ). Der „Nachrang“ der
Gesellschafterforderung gegenüber den Forderungen anderer Gläubiger soll durch
die insolvenzrechtlichen Regelungen ( § 39 Abs. 1
Nr. 5 InsO bzw. § 135 Abs. 1 InsO ) gewahrt werden;
ernstzunehmende Schutzlücken sollen nicht entstehen oder durch die neuen
Regelungen im Anfechtungsrecht geschlossen werden (Regierungsentwurf eines
Gesetzes zur Modernisierung des GmbH- Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen
[MoMiG], BT-Drucks. 16/6140, S. 42). Mit einer Interpretation des
§ 64 Satz 3 GmbHG als Einrede der Gesellschaft gegen fällige
Gesellschafterforderungen würde die Durchsetzungssperre aber für einen
Teilbereich wieder eingeführt und die Insolvenzantragstellung, da
Gesellschafterforderungen nicht durchsetzbar wären und nicht als fällige
Forderungen in die Liquiditätsbilanz einzustellen wären, zeitlich verschleppt,
obwohl nicht einmal der Gesellschafter die Gesellschaft weiter finanzieren
will.

13 Dem kann nicht entgegengehalten werden,
dass der Anwendungsbereich von § 64 Satz 3 GmbHG damit klein
ist. Der Gesetzgeber ist ausdrücklich von einem eng begrenzten
Anwendungsbereich ausgegangen (BT-Drucks. 16/6140, S. 47). Er sah in der
Vorschrift nur eine Ergänzung der Haftung der Gesellschafter aus
Existenzvernichtung. Es besteht auch über den Fall der – eher theoretischen –
Vergrößerung einer Deckungslücke von weniger als 10 % durch die Zahlung hinaus
ein Anwendungsbereich gerade im Bereich der unrechtmäßigen Vermögensverschiebung.
So kann die Zahlung auf eine nicht im insolvenzrechtlichen Sinn fällige und
damit in die Liquiditätsbilanz einzustellende Forderung, etwa eine tatsächlich
nicht ernsthaft eingeforderte oder einem Rangrücktritt unterliegende Gesellschafterforderung,
die Zahlungsunfähigkeit erst verursachen. Ebenso kann das bei einer Zahlung auf
eine Gesellschafterforderung der Fall sein, deren Befriedigung an und für sich
nicht zur Zahlungsunfähigkeit führt, von deren Belassen aber Kreditgeber
außerhalb des Gesellschafterkreises den Fortbestand, die Verlängerung oder die
Gewährung ihrer Kredite abhängig gemacht haben und deren Begleichung sie
ihrerseits zum Anlass für eine Kreditrückführung nehmen. Insoweit besteht unter
Umständen keine anderweitige Haftung des Geschäftsführers, weil der
Gesellschaft durch die Zahlung kein Vermögensschaden im Sinn von § 43
Abs. 2 GmbHG zugefügt wird und die Auszahlung auch nicht gegen
§ 30 Abs. 1 GmbHG verstößt. Dass damit teilweise die Haftung des
Geschäftsführers wegen eines existenzvernichtenden Eingriffs ( §§ 826 ,
830 BGB ) ausdrücklich eine weitere gesetzliche Regelung findet, war dem
Gesetzgeber ebenfalls bewusst (BT-Drucks. 16/6140, S. 46). Ob darüber
hinaus auch andere Leistungen als Geldleistungen als Zahlungen nach § 64
Satz 3 GmbHG zu verstehen sind (so BT-Drucks. 16/6140, S. 46),
wenn sie durch den Entzug von Vermögenswerten die Zahlungsunfähigkeit
herbeiführen, kann hier offenbleiben.

14 2.

Das Berufungsgericht hat einen Fall,
in dem erst durch die Zahlung auf das von dem Kläger und der Gesellschafterin
gewährte Darlehen die Zahlungsunfähigkeit verursacht wird, nicht festgestellt.

15 a)

Der Darlehensrückzahlungsanspruch war
fällig, selbst wenn das Darlehen zum vereinbarten Rückzahlungszeitpunkt am
31. Dezember 2005 – wozu nichts festgestellt ist – eigenkapitalersetzend
war. Da die Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz mit Inkrafttreten des
MoMiG am 1. November 2008 aufgehoben wurden ( § 30 Abs. 1
Satz 3 GmbHG ), konnte ein Gesellschafter die Rückzahlung seiner
eigenkapitalersetzenden Darlehen ab diesem Zeitpunkt durchsetzen ( BGH,
Beschluss vom 15. November 2011 – II ZR 6/11 , ZIP 2012,
86 Rn. 11).

16 b)

Das Berufungsgericht hat nicht
rechtsfehlerfrei festgestellt, dass erst die Rückzahlung die
Zahlungsunfähigkeit verursachen würde. Es hat keine Liquiditätsbilanz
aufgestellt, sondern die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit lediglich anhand von
geringen Guthaben und Kontoumsätzen festgestellt. Inwieweit die Beklagte über
einen weiteren Zugang zu Liquidität verfügt, etwa einen Kredit in Anspruch
nehmen kann, lässt sich daraus nicht entnehmen. Erst recht kann danach nicht
beurteilt werden, ob die Beklagte unter Berücksichtigung des mit Inkrafttreten
des MoMiG fällig gewordenen Rückzahlungsanspruchs nicht schon zahlungsunfähig
ist.

17 III.

Die Sache ist nicht zur
Endentscheidung reif.

18 1.

Das Berufungsgericht hat – ggf. nach
ergänzendem Sachvortrag der Parteien – noch Feststellungen zu treffen, ob eine
Zahlung bzw. die Hinterlegung entsprechend den obigen Ausführungen die
Zahlungsunfähigkeit verursacht. In einem solchen Fall könnte die Gesellschaft
allerdings die Zahlung verweigern (vgl. Arnold in Henssler/Strohn,
§ 64 GmbHG Rn. 78; Kolmann in Saenger/Inhester, GmbHG, § 64
Rn. 90; Scholz/Verse, GmbHG, 11. Aufl., § 29 Rn. 93; Scholz/K.
Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 64 Rn. 91; MünchKommGmbHG/H.F. Müller,
§ 64 Rn. 174; Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG , 17. Aufl.,
§ 64 Rn. 21 und 27; Winstel/Skauradszun, GmbHR 2011, 185, 187; Desch,
BB 2010, 2586, 2589; aA OLG München, ZIP 2010, 1236, 1237; OLG München, ZIP
2011, 225, 226; Baumbach/Hueck/Haas, GmbHG , 19. Aufl., § 64 Rn. 107;
Scholz/H.P. Westermann, GmbHG , 10. Aufl., Nachtrag MoMiG § 30
Rn. 16; Sandhaus in Gehrlein/Ekkenga/Simon, GmbHG, § 64 Rn. 51).
Die Haftung des Geschäftsführers nach § 64 Satz 3 GmbHG und das
damit verbundene „Zahlungsverbot“ sollen der Gefahr vorbeugen, dass
bei sich abzeichnender Zahlungsunfähigkeit von den Gesellschaftern Mittel
entnommen werden (BT-Drucks. 16/6140, S. 46). Dieses Ziel kann nur
erreicht werden, wenn die Gesellschaft den Mittelabfluss verweigern kann und
der Geschäftsführer nicht den Mittelabfluss unter Inkaufnahme einer eigenen
Haftung bewirken muss. Folgerichtig ist der Geschäftsführer auch an Weisungen
der Gesellschafter nicht gebunden ( § 64 Satz 4 GmbHG i.V.m.
§ 43 Abs. 3 Satz 3 GmbHG ). Wenn später Zahlungsunfähigkeit
und damit Insolvenzreife eintreten, wird über das bis dahin bestehende
Leistungsverweigerungsrecht gegebenenfalls ein Nachrang der Gesellschafterforderung
realisiert ( § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ) und der
Insolvenzverwalter ist nicht darauf verwiesen, abgeflossene Mittel über die
Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs. 1 InsO oder nach § 64
Satz 3 GmbHG zurückzuholen. Ebenso entfällt das Leistungsverweigerungsrecht,
wenn die Gesellschaft der drohenden Zahlungsunfähigkeit begegnen kann und
saniert wird. Dass sich Leistungsverweigerungsrechte auch aus anderen
Vorschriften ergeben können, etwa in den Fällen der Existenzvernichtungshaftung
( § 826 BGB ), steht einem über § 64 Satz 3 GmbHG
begründeten Leistungsverweigerungsrecht nicht entgegen.

19 2.

Die Aufrechnungserklärung der
Beklagten kann dagegen nicht zu einer Verminderung der Zahlungspflicht führen.
Da sich der Gegenanspruch der Beklagten gegen den Kläger richten soll, der
Kläger und seine Ehefrau hinsichtlich der Darlehensrückzahlung aber
Mitgläubiger sind ( § 432 BGB ), kann die Beklagte nicht aufrechnen (
§ 387 BGB ). Eine Forderung, die einer Mehrzahl von Gläubigern
zusteht, kann nur durch die Aufrechnung mit einer Forderung erfüllt werden, für
deren Erfüllung dem Schuldner sämtliche Gläubiger haften ( BGH, Urteil vom
16. Juli 2010 – V ZR 215/09 , WM 2010, 1757 Rn. 13).

20 3.

Die Zurückverweisung gibt dem
Berufungsgericht außerdem die Möglichkeit, ggf. nach entsprechendem Sachvortrag
dem Einwand der Beklagten nachzugehen, der Darlehensrückzahlungsanspruch stehe
nicht dem Kläger, sondern einer zwischen ihm und seiner früheren Ehefrau
bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu.
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