BGH, Beschluss vom 14.02.2012, II ZB 15 / 11

 

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Testamentsvollstrecker über den Nachlass des am 22. April
2009 verstorbenen J. B. Dessen
Erben sind ausweislich eines privatschriftlichen Testaments R. B. und
M. B. Der Erblasser war
mit einer Hafteinlage von 10.000 € Kommanditist der O. GmbH
& Co. KG.

Der
Antragsteller hat unter Beifügung einer Ausfertigung des
Testamentsvollstreckerzeugnisses und einer beglaubigten Ablichtung des
Testaments folgende Eintragung in das Handelsregister beantragt:

Der
Gesellschafter J. B. ist
verstorben. Seine Beteiligung ist auf die Erbengemeinschaft, bestehend aus R. B. und
M. B. , im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge übergegangen. Es ist Testamentsvollstreckung angeordnet.

Die
übrigen Gesellschafter haben sich gemäß einer Erklärung der Komplementärin dem
Antrag angeschlossen.

Das
Amtsgericht – Registergericht – hat dem Antragsteller mit Zwischenverfügung vom
31. März 2011 mitgeteilt, dass die Erben nicht als Erbengemeinschaft eingetragen
werden könnten, dass ein schützenswertes Interesse an der Eintragung eines
Testamentsvollstreckervermerks nicht bestehe und dass die Vorlage eines
Erbscheins jedenfalls dann erforderlich sei, wenn das Nachlassgericht die
Nachlassakten nicht auf Anforderung übersende.

Die
dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.
Es hat die Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG zugelassen und zur
Begründung ausgeführt: Bislang habe nur das Kammergericht entschieden, dass ein
Testamentsvollstreckervermerk in Bezug auf einen Kommanditanteil nicht
eingetragen werden könne. Ein Teil des Schrifttums sehe das anders. Deshalb sei
eine höchstrichterliche Klärung dieser Frage angemessen.

Mit
der Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Eintragungsantrag
weiter.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unstatthaft und damit unzulässig, soweit sie sich
dagegen richtet, dass das Registergericht die Eintragung der Erbengemeinschaft
als Rechtsnachfolgerin des Erblassers abgelehnt und einen Erbschein als möglicherweise
erforderlich angesehen hat.

Die
Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 1 FamFG nur statthaft, wenn sie vom
Beschwerdegericht oder vom Oberlandesgericht zugelassen wird. Hier hat das
Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde nur beschränkt auf den Antrag bezüglich
der Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks zugelassen. Das ergibt sich
zwar nicht aus dem Tenor, aber, was ausreichend ist (st. Rspr., vgl. nur BGH,
Urteil vom 27. September 2011 – II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rn. 18, für die
vergleichbare Frage bei der Revisionszulassung), aus den Gründen des
Beschlusses.

Die
vom Beschwerdegericht gegebene Begründung für die Zulassung der
Rechtsbeschwerde betrifft allein die Frage, ob bei einer Vererbung eines
Kommanditanteils mit Anordnung der Testamentsvollstreckung ein
Testamentsvollstreckervermerk in das Handelsregister eingetragen werden kann.

Eine
Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde auf diese Frage ist möglich. Es
handelt sich um einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des
Streitstoffs, auf den der Antragsteller selbst seine Rechtsbeschwerde hätte
begrenzen können. Bezieht sich die Rechtsfrage, zu deren Klärung das
Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, auf einen derart
abtrennbaren Teil des Streitstoffs, ist die Zulassungsentscheidung so
auszulegen, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde lediglich beschränkt
auf diesen Teil des Streitgegenstands zugelassen hat (BGH, Beschluss vom 7.
Dezember 2009 – II ZR 63/08, ZIP 2010, 879 Rn. 4; Urteil vom 27. September 2011
– II ZR 221/09, ZIP 2011, 2491 Rn. 18, jeweils zur Revisionszulassung; Unger in
Schulte-​Bunert/Weinreich,
FamFG, 3. Aufl., § 70 Rn. 12; Meyer/Holz in Keidel, FamFG, 17. Aufl., § 70 Rn.
38; Müther in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, § 70 Rn. 19).

III.
Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, hat sie in der Sache Erfolg.

1.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Beschwerdegericht insoweit ausgeführt:
Das Registergericht habe zu Recht die Eintragung eines
Testamentsvollstreckervermerks abgelehnt. Dabei schließe sich das Gericht der
Auffassung des Kammergerichts in dessen Beschluss vom 4. Juli 1995 (WM 1995,
1890) an. Danach sei ein Testamentsvollstreckervermerk nicht eintragungsfähig.
Eine im Schrifttum vertretene Gegenmeinung berufe sich allein auf ein Publizitätserfordernis.
Dieses bestehe aber nicht, weil sich die Haftungsverhältnisse in Bezug auf den
Kommanditanteil durch die Testamentsvollstreckung nicht änderten.

2.
Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsirrtum.

a)
Das Beschwerdegericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass eine
Testamentsvollstreckung sich auf einen Kommanditanteil beziehen kann. Das
entspricht, sofern die übrigen Gesellschafter einverstanden sind oder der
Gesellschaftsvertrag es vorsieht, der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
(BGH, Beschluss vom 3. Juli 1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187, 191 ff.).

b)
Unzutreffend ist aber die Annahme des Beschwerdegerichts, eine derartige
Testamentsvollstreckung könne nicht im Handelsregister vermerkt werden.
Jedenfalls wenn eine Dauervollstreckung im Sinne des § 2209 BGB angeordnet ist,
kann ein entsprechender Testamentsvollstreckervermerk im Handelsregister eingetragen
werden (ebenso Ulmer, NJW 1990, 73, 82; D. Mayer in Handbuch der
Testamentsvollstreckung, 4. Aufl., Rn. 5.212; ders., ZIP 1990, 976, 978; Plank,
ZEV 1998, 325, 327 ff.; Schaub, ZEV 1996, 68 f.; Weidlich, Die
Testamentsvollstreckung im Recht der Personengesellschaften, 1992, S. 90 f.;
Winkler, Der Testamentsvollstrecker nach bürgerlichem, Handels- und
Steuerrecht, 20. Aufl., Rn. 373; Aderhold in Westermann, Handbuch
Personengesellschaften, Stand: September 2008, Rn. 2448; MünchKommHGB/K.
Schmidt, 2. Aufl., § 177 Rn. 37; Staudinger/Reimann, BGB (2003), Vorbem. zu §§
2197-​2228
Rn. 102; Lorz in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 139 Rn. 89;
von Gerkan/Haas in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 177 Rn. 18;
Oetker, HGB, 2. Aufl., § 177 Rn. 15; Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn,
HGB, 2. Aufl., § 177 Rn. 22; Koller in Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 177
Rn. 7; aA KG, WM 1995, 1890 ff.; Reinke, Rpfleger 1994, 1, 5 f.;
Soergel/Damrau, BGB, 13. Aufl., § 2205 Rn. 44; Krafka/Kühn, Registerrecht, 8.
Aufl., Rn. 769; MünchKommBGB/Zimmermann, 5. Aufl., § 2205 Rn. 46; anders auch für
eine Testamentsvollstreckung an einem Handelsgeschäft RGZ 132, 138; offen
gelassen von BGH, Beschluss vom 3. Juli 1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187, 190).

aa)
Grundsätzlich werden in das Handelsregister allerdings nur die Tatsachen und
Rechtsverhältnisse eingetragen, deren Eintragung gesetzlich vorgesehen ist.
Aufgrund der Funktion des Handelsregisters, Umstände zu verlautbaren, die für
den Rechtsverkehr von wesentlicher Bedeutung sind, lässt die Rechtsprechung
aber auch darüber hinausgehende Eintragungen zu, wenn ein erhebliches Bedürfnis
des Rechtsverkehrs an der entsprechenden Information besteht (BGH, Beschluss
vom 28. Februar 1983 – II ZB 8/82, BGHZ 87, 59, 62; Beschluss vom 30. Januar
1992 – II ZB 15/91, ZIP 1992, 395, 397; Beschluss vom 10. November 1997 – II ZB
6/97, ZIP 1998, 152). Die dem Handelsregister zukommende Publizitätsfunktion
soll es der Öffentlichkeit – wie den Arbeitnehmern, den künftigen oder gegenwärtigen
Gläubigern, den Gesellschaftern und den potentiellen Anteilserwerbern – ermöglichen,
sich über die Rechtsverhältnisse von Kaufleuten und Gesellschaften zu
unterrichten (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, 324,
344).

bb)
Im vorliegenden Fall besteht ein schutzwürdiges Bedürfnis des Rechtsverkehrs,
durch das Handelsregister über die angeordnete Dauertestamentsvollstreckung
informiert zu werden.

Nach
§ 177 HGB wird die Kommanditgesellschaft beim Tod eines Kommanditisten mit den
Erben fortgesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
geht der Kommanditanteil dabei nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die
Erbengemeinschaft über. Vielmehr erwerben die zur Nachfolge des Kommanditisten
bestimmten Erben im Wege der Sonderrechtsnachfolge jeweils eigenständige
Gesellschaftsanteile im Umfang ihrer Erbquoten (BGH, Urteil vom 22. November
1956 – II ZR 222/55, BGHZ 22, 186, 191 ff.; Urteil vom 10. Februar 1977 – II ZR
120/75, BGHZ 68, 225, 229 ff.; Urteil vom 4. Mai 1983 – IVa ZR 229/81, NJW
1983, 2376; Urteil vom 14. Mai 1986 – IV ZR 155/84, BGHZ 98, 48, 50 ff.). Ist
an dem Nachlass eine Testamentsvollstreckung angeordnet, erfasst sie auch diese
im Wege der Sonderrechtsnachfolge übergegangenen Gesellschaftsanteile, sofern
das im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist oder die übrigen Gesellschafter
zustimmen (BGH, Beschluss vom 3. Juli 1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187, 191
ff.). Allein der Testamentsvollstrecker ist – soweit der Erblasser ihm nicht
nur beschränkte Rechte eingeräumt hat – nach §§ 2205, 2211 BGB befugt, die
Rechte und Pflichten der Erben hinsichtlich des Kommanditanteils auszuüben und über
den Anteil zu verfügen. Eine sich aus dem Gesellschaftsrecht ergebende Einschränkung
besteht lediglich insoweit, als er die persönliche und nicht auf den Nachlass
beschränkbare (BGH, Beschluss vom 3. Juli 1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, 187, 191
ff., 197 f.) Haftung der Kommanditisten-​Erben nach §§ 128,
171, 172 Abs. 4 HGB nicht erweitern darf.

Daraus
ergeben sich Folgerungen für die Haftungsverhältnisse. Durch die
Testamentsvollstreckung werden die Gesellschafter-​Erben zwar nicht davor
geschützt, für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft in den Grenzen der §§ 171
ff. HGB persönlich in Anspruch genommen zu werden. Eine Beschränkung der
Haftung auf den Nachlass würde den gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen
widersprechen. Die Eigengläubiger des Gesellschafter-​Erben können aber nach
§ 2214 BGB nicht auf das Nachlassvermögen Zugriff nehmen (Lange/Kuchinke,
Erbrecht, 5. Aufl., S. 697). Das der Testamentsvollstreckung unterliegende
Nachlassvermögen und damit auch der Kommanditanteil dienen während der Dauer
der Testamentsvollstreckung nur den Nachlassgläubigern, nicht auch den Eigengläubigern
der Gesellschafter-​Erben
als Haftungsmasse. Insoweit entfaltet die Testamentsvollstreckung eine
unmittelbare haftungsrechtliche Außenwirkung.

Ein
Interesse des Rechtsverkehrs an der Verlautbarung der Testamentsvollstreckung
besteht auch insofern, als der Testamentsvollstrecker nicht berechtigt ist, die
Haftsumme des Kommanditisten-​Erben zu erhöhen,
jedenfalls ohne dessen dadurch ausgelöste persönliche Haftung mittels einer
Leistung aus dem Nachlass sogleich auszuschließen (MünchKommBGB/Zimmermann, 5.
Aufl., § 2205 Rn. 44). Tut er das dennoch, überschreitet er damit seine
Vertretungsbefugnis oder missbraucht sie (BGH, Beschluss vom 3. Juli 1989 – II
ZB 1/89, BGHZ 108, 187, 197 f.). Das Registergericht wird einen solchen
Gesellschafterbeschluss nicht eintragen. Dennoch kann ein entsprechendes
Vertrauen der Gesellschaftsgläubiger auf die Wirksamkeit der Haftsummenerhöhung
begründet werden, wenn ihnen die Erhöhung von der Gesellschaft nach § 172 Abs.
2 HGB mitgeteilt wird. Besteht eine Testamentsvollstreckung, ist diese
Mitteilung indes für den Nachlass ohne Folgen, sofern ihr nicht sowohl der
Testamentsvollstrecker als auch der Gesellschafter-​Erbe zugestimmt haben.

Die Vertreter der
Gegenmeinung, nach der die Eintragung der Testamentsvollstreckung unzulässig
sein soll, berufen sich zu Unrecht darauf, dass die Publizitätsfunktion des
Handelsregisters das Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten betreffe, die
Testamentsvollstreckung aber allein das Verhältnis des Gesellschafters zu
Dritten (KG, WM 1995, 1890 ff.). Das Handelsregister soll nach § 106 Abs. 2 Nr.
1, §§ 107, 162 HGB auch Auskunft über die Personen geben, die an der
Gesellschaft beteiligt sind. Sie haben entscheidenden Einfluss auf die
Geschicke der Gesellschaft. Deshalb hat der Rechtsverkehr ein berechtigtes
Interesse, über diese Personen informiert zu werden. Das gilt im Grundsatz auch
für die Kommanditisten. Diese sind zwar im gesetzlichen Regelfall von der Geschäftsführung
ausgeschlossen (§ 164 Satz 1 Halbsatz 1 HGB). Sie haben aber an etwaigen Änderungen
des Gesellschaftsvertrages mitzuwirken und ihnen steht gemäß § 164 Satz 1
Halbsatz 2 HGB ein Widerspruchsrecht bei Handlungen zu, die über den gewöhnlichen
Geschäftsbetrieb hinausgehen. Da diese Rechte gemäß §§ 2205, 2211 BGB,
jedenfalls soweit nicht in die unentziehbare Rechtsstellung des Gesellschafters
eingegriffen wird (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 3. Juli 1989 – II ZB 1/89, BGHZ
108, 187, 198 f.), allein der Testamentsvollstrecker ausüben kann, hat der
Rechtsverkehr ein berechtigtes Interesse, nicht nur die Namen der
Kommanditisten zu erfahren, sondern auch über die angeordnete
Testamentsvollstreckung unterrichtet zu werden.
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