BFH, Urteil vom 11.06.2013, II R 4 / 12

 

Tatbestand

I.

1 Der Kläger und Revisionsbeklagte
(Kläger) war im Jahr 2005 alleiniger Gesellschafter der … -GmbH (GmbH 1) und
der … GmbH (GmbH 2). Zudem war er Komplementär der im Handelsregister
eingetragenen … GmbH & Co. KG (KG). An der KG waren ferner beteiligt
als Komplementärin ohne Einlage die … GmbH (GmbH 3) und als Kommanditist mit
einer Einlage von 5.000 € … (S), ein Sohn des Klägers. Die KG, die ihrerseits
die alleinige Gesellschafterin der GmbH 3 war, war lediglich
vermögensverwaltend tätig.

2 Im Dezember 2005 wurde die Beteiligung
des Klägers am Festkapital der KG von bisher 100.000 € auf 3.472.268,04 €
erhöht. Zur Belegung dieser erhöhten Komplementäreinlage trat der Kläger seine
Geschäftsanteile an der GmbH 1 mit sofortiger Wirkung an die KG ab. Zugleich
veräußerte er seine Anteile an der GmbH 2 an die KG.

3 Durch Schenkungs- und Nießbrauchsvertrag
vom 28. Dezember 2005 übertrug der Kläger mit Wirkung zum 31. Dezember 2005
unter Vorbehalt des lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauchs von seiner
Beteiligung am Festkapital der KG einen Anteil von 307.954,12 € auf S und
Anteile von jeweils 312.954,12 € auf seine Ehefrau (E) und seine übrigen sechs
Kinder und übernahm die damit verbundenen Steuern.

4 Der Beklagte und Revisionskläger (das
Finanzamt –FA–) setzte die Schenkungsteuer gegen den Kläger ohne
Berücksichtigung der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 1 und 2 des
Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Jahr 2005 geltenden
Fassung ( ErbStG ) fest und stundete die festgesetzten Steuerbeträge wegen des
vorbehaltenen Nießbrauchs gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG in voller Höhe. In
den zuletzt gegenüber dem Kläger ergangenen Schenkungsteuerbescheiden vom 17.
Dezember 2010 setzte das FA für die im Vermögen der KG befindlichen Anteile an
den Kapitalgesellschaften je Erwerber einen Wert von 698.337 € (für S 687.473
€) an. Die Einsprüche blieben erfolglos.

5 Das Finanzgericht (FG) gab der Klage
durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1079 veröffentlichte
Urteil mit der Begründung statt, die angefochtenen Schenkungsteuerbescheide
seien insoweit rechtswidrig, als es das FA abgelehnt habe, dem Kläger für die
Schenkung der Anteile an der KG an E und seine Kinder im Hinblick auf die im
Vermögen der KG befindlichen Anteile an den Kapitalgesellschaften die
Vergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG zu gewähren. Die nach § 13a Abs.
4 Nr. 3 ErbStG erforderliche unmittelbare Beteiligung des Erblassers oder
Schenkers am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft setze nicht voraus, dass
dieser bei der Entstehung der Steuer ( § 9 ErbStG ) zivilrechtlich
Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gewesen sein müsse. Es genüge vielmehr
eine durch eine vermögensverwaltende Personengesellschaft vermittelte
Beteiligung des Erblassers oder Schenkers an der Kapitalgesellschaft. Dies
ergebe sich aus § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG . Danach gelte der unmittelbare oder
mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer Personengesellschaft, die kein
Betriebsvermögen habe, als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter. Gegenstand
des Erwerbs seien in solchen Fällen die anteiligen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens.
Dieser Rechtsgedanke sei auch im Rahmen des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG
anwendbar. Zum selben Ergebnis führe § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO)
. Vermögensverwaltende Personengesellschaften würden danach steuerrechtlich als
Bruchteilsgemeinschaft behandelt. Im Gesamthandsvermögen einer
vermögensverwaltenden Personengesellschaft befindliche Anteile an einer
Kapitalgesellschaft würden demgemäß für Zwecke der Besteuerung nach § 17 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) ihren Gesellschaftern anteilig wie
Bruchteilseigentümern zugerechnet. Der Kläger sei somit als Gesellschafter der
KG i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG unmittelbar am Nennkapital der
Kapitalgesellschaften beteiligt gewesen, deren Gesellschafterin die KG gewesen
sei, und zwar zu mehr als einem Viertel.

6 Mit der Revision rügt das FA Verletzung
des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG . Der Kläger sei nicht im Sinne dieser Vorschrift
unmittelbar an den im Vermögen der KG befindlichen Anteilen an
Kapitalgesellschaften beteiligt gewesen.

7 Das FA beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die
Klage abzuweisen.

8 Der Kläger beantragt,

die Revision als unbegründet
zurückzuweisen.

Gründe

II.

9 Die Revision ist begründet. Sie führt
zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage ( § 126 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Unrecht
angenommen, dass die Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2 ErbStG zu
gewähren seien. Gegenstand des Erwerbs der E und der Kinder des Klägers durch
freigebige Zuwendungen unter Lebenden gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sind die
auf sie übertragenen Anteile an der KG. Dieser Erwerb ist nicht nach diesen
Vorschriften begünstigt. Dass die KG Gesellschafterin von Kapitalgesellschaften
war, führt nicht dazu, dass die Steuervergünstigungen des § 13a Abs. 1 und 2
ErbStG gemäß § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG für die im Vermögen der KG befindlichen
Anteile an den Kapitalgesellschaften zu gewähren sind.

10 1. Bei der KG handelte es sich nicht wie
von § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG vorausgesetzt um eine Gesellschaft i.S. des § 15
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG . Die KG war lediglich
vermögensverwaltend tätig und erfüllte daher nicht die Voraussetzungen eines
Gewerbebetriebs ( § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ) oder einer selbständigen Arbeit ( §
18 EStG ). Sie war auch nicht nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt;
denn bei ihr waren nicht ausschließlich eine oder mehrere Kapitalgesellschaften
persönlich haftende Gesellschafter. Vielmehr war auch der Kläger persönlich
haftender Gesellschafter der KG.

11 2. Die Voraussetzungen des § 13a Abs. 4
Nr. 3 ErbStG sind entgegen der Ansicht des FG hinsichtlich der im Vermögen der
KG befindlichen Anteile an den Kapitalgesellschaften nicht erfüllt.

12 a) Der Freibetrag ( § 13a Abs. 1 ErbStG )
und der verminderte Wertansatz ( § 13a Abs. 2 ErbStG ) gelten nach § 13a Abs. 4
Nr. 3 ErbStG für den Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn
neben weiteren Voraussetzungen der Erblasser oder Schenker am Nennkapital
dieser Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war. Es
genügt nicht, wenn ein Anteil an einer Personengesellschaft erworben wird, die
ihrerseits Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft ist, und zwar ohne
Rücksicht darauf, ob die Personengesellschaft ertragsteuerrechtlich
Privatvermögen oder Betriebsvermögen hat. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut,
dem Sinn und Zweck und der Entstehungsgeschichte des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG
. Die hiermit übereinstimmende Auffassung der Finanzverwaltung ( R 53 Abs. 2 Satz
3 der Erbschaftsteuer-Richtlinien –ErbStR– 2003, BStBl II 2003, Sondernummer
1, 2; R E 13b.6 Abs. 2 Satz 2 ErbStR 2011 , BStBl II 2011, Sondernummer 1, 2; H
E 10.4 „Entlastungen nach §§ 13a , 19a ErbStG für Anteile an
Kapitalgesellschaften im Gesellschaftsvermögen“ der Hinweise zu den ErbStR
2011 , BStBl II 2011, Sondernummer 1, 117) ist zutreffend.

13 aa) Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 1
Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 ErbStG muss Gegenstand des Erwerbs ein Anteil an
einer Kapitalgesellschaft sein. Bereits dies spricht dagegen, dass es auch
genügt, wenn Gegenstand des Erwerbs ein Anteil an einer Personengesellschaft
ist, die ihrerseits Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft ist.

14 bb) Nach dem Wortlaut des § 13a Abs. 4
Nr. 3 ErbStG muss darüber hinaus der Erblasser oder Schenker am Nennkapital der
Kapitalgesellschaft unmittelbar beteiligt gewesen sein. Die Vorschrift knüpft
anders als § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG nicht an ertragsteuerliche, sondern an
zivilrechtliche Merkmale an. Der Erblasser oder Schenker muss selbst
Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gewesen sein. Der Gesellschafter einer
Personengesellschaft ist nicht allein deshalb unmittelbar an einer
Kapitalgesellschaft beteiligt, weil die Personengesellschaft ihrerseits
Gesellschafterin der Kapitalgesellschaft ist (Weinmann in Moench/Weinmann, §
13b ErbStG Rz 53; Esskandari in Gürsching/Stenger, Bewertungsrecht, § 13b
ErbStG Rz 50; ders., Praktiker-Kommentar Erbschaftsteuer, 2013, § 13b Rz 58;
Riedel in Daragan/Halaczinsky/Riedel, ErbStG, BewG, 2. Aufl. 2012, § 13b ErbStG
Rz 104; Zipfel in Riedel, Praxishandbuch Unternehmensnachfolge, 1. Aufl. 2012,
S. 143 Rz 76; Preißer in Rödl/Preißer u.a., Erbschaft- und Schenkungsteuer,
Kompakt-Kommentar, Stuttgart 2009, § 13a, § 13b, Kap. 4.1.4.4; Brüggemann/Stirnberg,
Erbschaftsteuer, Schenkungsteuer, 9. Aufl. 2012, S. 763; Eisele,
Erbschaftsteuerreform 2009, 2. Aufl. 2009, S. 52; Scholten/Korezkij, Deutsches
Steuerrecht –DStR– 2009, 73, 76; für zwischengeschaltete
Personengesellschaften ohne Betriebsvermögen a.A. Jülicher in Troll/Gebel/
Jülicher, ErbStG, § 13b Rz 217; Geck in Kapp/Ebeling, § 13b ErbStG, Rz 54; S.
Viskorf in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaft-steuer- und Schenkungsteuergesetz,
Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 13b ErbStG Rz 110 f.; Völkers/Weinmann/Jordan,
Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, 3. Aufl. 2009, S. 58 Rz 17; Götz, Der
Erbschaftsteuer-Berater 2004, 84; S. Viskorf/Philipp/ Kempny, Zeitschrift für
die Steuer- und Erbrechtspraxis 2007, 246, 249; Hübner, Erbschaftsteuerreform
2009, 2009, S. 421; Pauli in Hörger/Stephan/Pohl, Unternehmens- und
Vermögensnach-folge, 2. Aufl. 2002, Rz 377; Oenings/Kämper, GmbH-Rundschau
–GmbHR– 2012, 362; Felten, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge
–ZEV– 2010, 627, 629 f.; ders., DStR 2012, 1218; im Ergebnis auch
Tiedtke/Wälzholz in Tiedtke, ErbStG , 2009, § 13b Rz 43; für
zwischengeschaltete Personen-gesellschaften unabhängig vom Vorhandensein von
ertragsteuer-rechtlichem Betriebsvermögen a.A. Gebel,
Betriebsvermögens-nachfolge, 2. Aufl. 2002, Rz 1044).

15 Zivilrechtlich besitzt eine
Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) als Träger von Rechten und Pflichten
(§ 124 Abs. 1 ggf. i.V.m. § 161 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs –HGB–) eigene
Rechtssubjektivität und kann durch eigene Organe handeln. Sie kann daher auch
Gesellschafterin einer anderen Personenhandelsgesellschaft oder einer
Kapitalgesellschaft sein. In diesem Fall ist nur die
Personenhandelsgesellschaft, nicht deren Gesellschafter Mitglied und damit
Gesellschafter der Untergesellschaft (Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH–
vom 25. Februar 1991 GrS 7/89 , BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, [BFH
25.02.1991 – GrS – 7/89] unter C.III.1., m.w.N.; MünchKommHGB/Karsten Schmidt,
3. Aufl., § 124 Rz 6). Gleiches gilt für die GbR (Beschluss des Bundesgerichtshofs
vom 16. Juli 2001 II ZB 23/00 , BGHZ 148, 291 , unter II.2.b bb).

16 cc) Das gilt auch für Beteiligungen an
Personengesellschaften, die im ertragsteuerrechtlichen Sinn kein
Betriebsvermögen, sondern Privatvermögen haben. Aus § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG
lässt sich ausgehend von Wortlaut, systematischer Stellung,
Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift nichts anderes
ableiten. Die Vorschrift trifft keine Regelung zu den im Rahmen des § 13a Abs.
4 Nr. 3 ErbStG entscheidenden Fragen, was zivilrechtlich Gegenstand des Erwerbs
ist und unter welchen Voraussetzungen ein Erblasser oder Schenker unmittelbar
am Nennkapital einer Kapitalgesellschaft beteiligt war.

17 (1) Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG gilt
der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer Beteiligung an einer
Personengesellschaft, die nicht nach § 12 Abs. 5 ErbStG zu bewerten ist, also
kein Betriebsvermögen hat, als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter. Die
Vorschrift ist Teil des mit „Steuerpflichtiger Erwerb“ überschriebenen
§ 10 ErbStG und betrifft somit nach ihrem Wortlaut und ihrer systematischen
Stellung nicht die in § 13a ErbStG geregelten Steuervergünstigungen. Aus ihr
lassen sich demgemäß auch keine Kriterien für die Auslegung des § 13a Abs. 4
Nr. 3 ErbStG entnehmen.

18 (2) Dies wird durch den Sinn und Zweck
bestätigt, den der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 10 Abs. 1 Satz 3 in das
ErbStG durch Art. 2 Nr. 2 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Jahressteuergesetzes (
JStG) 1997 verfolgt hat. Eine vergleichbare Vorschrift war im ErbStG i.d.F. des
Art. 24 JStG 1996 und im ursprünglichen Entwurf des JStG 1997 (BTDrucks
13/4839) noch nicht vorgesehen. § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG wurde erst durch den
Finanzausschuss des Deutschen Bundestags in den Gesetzentwurf eingefügt (Zweite
Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Entwurf eines JStG 1997 ,
BTDrucks 13/5951, S. 35).

19 Der Finanzausschuss führte zur Begründung
im Zweiten Bericht zum Entwurf eines JStG 1997 (BTDrucks 13/5952, S. 42) aus,
die vorgeschlagene Gesetzesänderung betreffe die Zuwendung einer Beteiligung an
einer vermögensverwaltenden (nicht gewerblichen) Personengesellschaft. Sie sei
im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 14. Dezember 1995 II R 79/94 (BFHE 179, 166,
BStBl II 1996, 546 [BFH 14.12.1995 – II R 79/94] ) bestätigt durch BFH-Urteil
vom 17. Februar 1999 II R 65/97 (BFHE 188, 439, BStBl II 1999, 476 [BFH
17.02.1999 – II R 65/97] ) notwendig geworden. Der BFH habe entschieden, bei
der Schenkung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden BGB-Gesellschaft sei
Erwerbsgegenstand der Gesellschaftsanteil als solcher. Dieser sei mit dem
anteiligen Gesamtsteuerwert des Gesellschaftsvermögens als Saldo aus den
Steuerwerten der Besitzposten und der Gesellschaftsschulden zu bewerten. Nach
bisheriger Verwaltungsauffassung sei der Erwerb von Beteiligungen an
vermögensverwaltenden BGB -Gesellschaften als Erwerb der anteiligen
Wirtschaftsgüter zu beurteilen. Die gesetzliche Änderung stelle die bisherige
Behandlung sicher.

20 Mit der vom Finanzausschuss
vorgeschlagenen und vom Gesetzgeber übernommenen Einfügung des § 10 Abs. 1 Satz
3 ErbStG sollte demgemäß erreicht werden, dass die auf den Erwerber
übergehenden gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen des Veräußerers
einschließlich der anteiligen Gesellschaftsschulden bei lediglich
vermögensverwaltenden, insbesondere grundstücksbesitzenden
Personengesellschaften nicht mit dem Wert des anteilig auf den Erwerber
übergehenden Aktivvermögens der Gesellschaft saldiert werden, sondern als
Entgelt für die anteilige Übertragung des Aktivvermögens anzusehen sind und
somit eine gemischte Schenkung vorliegt.

21 Da dieses Regelungsziel im Wortlaut des §
10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG nicht unmissverständlich zum Ausdruck kam (Gebel, DStR
1997, 801, 807), hat der Gesetzgeber § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG durch Art. 1 Nr.
8 Buchst. a Doppelbuchst. cc des Erbschaftsteuerreformgesetzes vom 24. Dezember
2008 (BGBl I 2008, 3018) neu gefasst (jetzt § 10 Abs. 1 Satz 4 ErbStG n.F.). Er
hat klargestellt, dass der unmittelbare oder mittelbare Erwerb einer
Beteiligung an einer Personengesellschaft oder einer anderen
Gesamthandsgemeinschaft, die kein gewerbliches oder freiberufliches
Betriebsvermögen hat, als Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter gilt und dass
die dabei im Innenverhältnis anteilig auf den Erwerber übergehenden Schulden
und Lasten der Gesellschaft bei der Ermittlung der Bereicherung des Erwerbers
wie eine Gegenleistung zu behandeln sind (vgl. dazu Gesetzesbegründung der
Bundesregierung, BTDrucks 16/7918, S. 32).

22 (3) Bei einem Erwerb von Todes wegen ( §
1 Abs. 1 Nr. 1 , § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ) sind diese Grundsätze nicht
anwendbar. Vielmehr sind die Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2
, Abs. 5 ErbStG unabhängig vom Verhältnis des Steuerwerts zum Verkehrswert der
Besitzposten mit ihrem vollen Steuerwert abzugsfähig, soweit nicht Sonderregeln
( § 10 Abs. 6 bis 9 ErbStG ) eingreifen (Meincke, Erbschaftsteuer- und
Schenkungsteuergesetz , Kommentar, 16. Aufl., § 7 Rz 32, § 10 Rz 20a; Weinmann,
a.a.O., § 7 ErbStG Rz 65).

23 § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG und § 10 Abs. 1
Satz 4 ErbStG n.F. spielen somit bei einem Erwerb von Todes wegen ( § 1 Abs. 1
Nr. 1 , § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ) jedenfalls im Ergebnis keine Rolle (Gebel in
Troll/Gebel/Jülicher, a.a.O., § 10 Rz 59; Geck, a.a.O., § 10 ErbStG, Rz 15.1;
Jüptner in Fischer/ Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Auflage § 10 Rz 52;
Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck, a.a.O., § 10 ErbStG Rz 31; Högl in
Gürsching/Stenger, a.a.O., § 10 ErbStG Rz 44; Weinmann, a.a.O., § 10 ErbStG Rz
27).

24 (4) Aufgrund dieser eng begrenzten,
lediglich auf freigebige Zuwendungen unter Lebenden ( § 1 Abs. 1 Nr. 2 , § 7
ErbStG ) und vermögensverwaltende Personengesellschaften mit Schulden und
Besitzposten, deren Verkehrswerte höher als die Steuerwerte sind, bezogenen Zielsetzung
des § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG kann diese Vorschrift nicht dahingehend
verstanden werden, dass die Gesellschafter einer vermögensverwaltenden
Personengesellschaft, die Gesellschafterin einer Kapitalgesellschaft ist, i.S.
des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG unmittelbar an der Kapitalgesellschaft beteiligt
sind. Ein solches Verständnis des § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG , das sowohl für
Schenkungen unter Lebenden als auch für Erwerbe von Todes wegen und für
Personengesellschaften unabhängig vom Vorhandensein von Gesellschaftsschulden
und vom Verhältnis des Verkehrswerts der Besitzposten zum Steuerwert maßgebend
sein müsste, wäre mit Wortlaut, Sinn und Zweck und systematischer Stellung der
Vorschrift unvereinbar. Für die Beurteilung, ob ein Erblasser oder Schenker
i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG unmittelbar an der Kapitalge-sellschaft
beteiligt war, kann demgemäß nicht auf § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG
zurückgegriffen werden.

25 (5) Die gegenteilige Auffassung hätte im
Übrigen in Fällen, in denen der Erblasser oder Schenker sowohl als
zivilrechtlicher Gesellschafter, also unmittelbar, als auch über eine
Personengesellschaft mittelbar an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war und
lediglich bei einer Zusammenrechnung der Beteiligungen die in § 13a Abs. 4 Nr.
3 ErbStG bestimmte Voraussetzung, nämlich eine Beteiligung des Erblassers oder
Schenkers zu mehr als einem Viertel am Nennkapital der Kapitalgesellschaft,
erfüllt ist, sinnwidrige Ergebnisse zur Folge. Der Erwerb der zivilrechtlichen
Beteiligung des Erblassers oder Schenkers an der Kapitalgesellschaft (oder
eines Anteils davon) wäre bei Heranziehung des Rechtsgedankens des § 10 Abs. 1
Satz 3 ErbStG nämlich nur dann begünstigt, wenn die zwischengeschaltete
Personengesellschaft ertragsteuerrechtlich Privatvermögen hat, nicht aber, wenn
sie Betriebsvermögen hat; denn auf Personengesellschaften mit Betriebsvermögen
ist § 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG nicht anwendbar.

26 dd) Ein anderes Ergebnis lässt sich auch
nicht aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ableiten (a.A. Kamps, Finanz-Rundschau 2009,
353, 356; Hörger/Pauli, GmbHR 1999, 945, 946).

27 Nach dieser Vorschrift werden
Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten
anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung
erforderlich ist. Wann diese Voraussetzung erfüllt ist, ergibt sich nicht aus §
39 Abs. 2 Nr. 2 AO . Vielmehr ist dies den für die Einzelsteuern geltenden
Vorschriften und Sachgesetzlichkeiten zu entnehmen.

28 Im Rahmen des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG
ist es für die Besteuerung nicht erforderlich, die Anteile von
Kapitalgesellschaften, die sich im Gesamthandsvermögen einer
Personengesellschaft befinden, den Gesellschaftern anteilig zuzurechnen; denn
diese Vorschrift ist, wie bereits dargelegt, nur dann anwendbar, wenn der
Erblasser oder Schenker am Nennkapital der Kapitalgesellschaft unmittelbar und
nicht lediglich mittelbar über eine andere Gesellschaft beteiligt war.

29 ee) Der Hinweis des FG auf § 17 Abs. 1
EStG kann seine Ansicht wegen des abweichenden Wortlauts ebenfalls nicht
begründen. Anders als § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG setzt § 17 Abs. 1 Sätze 1 und 3
EStG keine unmittelbare Beteiligung am Nennkapital der Kapitalgesellschaft
voraus. Vielmehr gehören nach § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG u.a. auch Anwartschaften
auf eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und Genussscheine zu den
Anteilen an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG . Für
die Beurteilung, ob die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG erforderliche
Mindestbeteiligung von 1 % am Kapital der Gesellschaft erreicht ist, stellt
diese Vorschrift unmittelbare und mittelbare Beteiligungen ausdrücklich gleich.
Für die Zurechnung einer Beteiligung gemäß § 17 Abs. 1 EStG kommt es zudem
nicht auf das zivilrechtliche, sondern das wirtschaftliche Eigentum an dem
Gesellschaftsanteil an ( BFH-Urteil vom 17. Februar 2004 VIII R 26/01 , BFHE
205, 204, BStBl II 2004, 651, [BFH 17.02.2004 – VIII R 26/01] m.w.N.).

30 Einen solchen weiten Anwendungsbereich
des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG wollte der Gesetzgeber durch das Erfordernis
einer unmittelbaren Beteiligung des Erblassers oder Schenkers am Nennkapital
der Kapitalgesellschaft ersichtlich vermeiden.

31 ff) Die Beschränkung des
Anwendungsbereichs des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG auf Fälle, in denen der
Erblasser oder Schenker als Gesellschafter am Nennkapital der
Kapitalgesellschaft unmittelbar beteiligt war, ist auch nicht sinnwidrig. Sie
entspricht vielmehr ersichtlich dem Ziel des Gesetzgebers, den
Anwendungsbereich des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG sowohl im Hinblick auf die
Auswirkungen auf das Steueraufkommen als auch zur Vereinfachung des
Verwaltungsvollzugs einzuschränken. Sie erübrigt die Feststellung mittelbarer
Beteiligungen und die Zusammenrechnung unmittelbarer und mittelbarer
Beteiligungen des Erblassers oder Schenkers an Kapitalgesellschaften.

32 gg) Für die Richtigkeit der Auslegung des
Tatbestandsmerkmals einer unmittelbaren Beteiligung am Nennkapital einer
Kapitalgesellschaft i.S. des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG durch die
Finanzverwaltung spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Das
Erfordernis der unmittelbaren Beteiligung des Erblassers oder Schenkers am
Nennkapital einer Kapitalgesellschaft, an der ein Anteil erworben wird, war von
Anfang an als Voraussetzung für die Gewährung der Steuervergünstigungen nach §
13a Abs. 1 und 2 ErbStG vorgesehen.

33 § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG geht auf § 13
Abs. 2a Satz 1 ErbStG i.d.F. des Art. 24 Nr. 2 Buchst. b JStG 1996 vom 11.
Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250) zurück. Nach dieser Vorschrift sollte neben
dem Erwerb von Betriebsvermögen auch der Erwerb von Anteilen an
Kapitalgesellschaften begünstigt sein, und zwar u.a. unter der Voraussetzung,
dass der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft mindestens
zu einem Viertel unmittelbar beteiligt war.

34 Diese Neuregelung wurde nicht wirksam, da
die Gewährung von Steuervergünstigungen für den Erwerb von Betriebsvermögen und
Anteilen an Kapitalgesellschaften durch § 13a ErbStG i.d.F. des Art. 2 Nr. 5
JStG 1997 vom 20. Dezember 1996 (BGBl I 1996, 2049) neu geregelt wurde, und
zwar gemäß § 37 Abs. 1 ErbStG i.d.F. des Art. 2 Nr. 14 JStG 1997 mit Wirkung
auf Erwerbe, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 1995 entstanden ist. Die
damals eingeführte Fassung des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG galt auch noch im Jahr
2005. Eine Sonderregelung traf § 37 Abs. 3 ErbStG i.d.F. des Art. 2 Nr. 14 JStG
1997 lediglich für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 1995 und
vor dem 1. Januar 1997 entstanden ist. Insoweit genügte es, wenn der Erblasser
oder Schenker am Nennkapital der Kapitalgesellschaft mindestens zu einem
Viertel unmittelbar beteiligt war. Das Erfordernis der unmittelbaren
Beteiligung am Nennkapital der Kapitalgesellschaft galt auch für Erwerbe in
diesem Zeitraum.

35 hh) An die Beschränkung des Anwendungsbereichs
des § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG auf Fälle, in denen der Erblasser oder Schenker
unmittelbar und somit als Gesellschafter am Nennkapital der Kapitalgesellschaft
beteiligt war, sind die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung nach Art. 20 Abs.
3 des Grundgesetzes gebunden (aus rechtspolitischer Sicht kritisch Wachter in
Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, a.a.O., § 13b Rz 46; Stobbe/Brüninghaus,
Betriebs-Berater –BB– 1998, 1611, 1612; Schulz/Althof/Markl, BB 2008, 528,
533; Rödder, DStR 2008, 997, 999; Hannes/Onderka, ZEV 2008, 16, 19). Wie der
BFH bereits entschieden hat ( Urteil vom 16. Februar 2005 II R 6/02 , BFHE 208,
444, BStBl II 2005, 411 [BFH 16.02.2005 – II R 6/02] ), ist eine Auslegung des
§ 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes zumindest
insoweit nicht zulässig, als es um das Erfordernis der unmittelbaren
Beteiligung des Schenkers am Nennkapital der Kapitalgesellschaft geht. Eine
Auslegung gegen den Wortlaut eines Gesetzes ist zwar nicht schlechthin ausgeschlossen;
sie kommt aber nur in Betracht, wenn die wortgetreue Gesetzesanwendung zu einem
sinnwidrigen Ergebnis führen würde, das durch die beabsichtigte Auslegung zu
vermeiden oder doch entscheidend zu mindern wäre, ohne andere
Wertungswidersprüche hervorzurufen.

36 Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Die vom Gesetzgeber durch das Erfordernis einer unmittelbaren Beteiligung des
Erblassers oder Schenkers an der Kapitalgesellschaft ersichtlich gewollte
Einschränkung des Anwendungsbereichs der Steuervergünstigungen nach § 13a Abs.
1 und 2 ErbStG ist, wie bereits dargelegt, nicht sinnwidrig.

37 b) Die Voraussetzungen des § 13a Abs. 4
Nr. 3 ErbStG sind somit im Streitfall nicht erfüllt.

38 aa) Gegenstand des Erwerbs der E und der
Kinder des Klägers waren Anteile an der KG und nicht an den
Kapitalgesellschaften, an denen die KG als Gesellschafterin beteiligt war. Der
Kläger war an den im Gesamthandsvermögen der KG befindlichen Anteilen an den
Kapitalgesellschaften zu dem Zeitpunkt, an dem die Schenkungsteuer für den
Erwerb der Anteile an der KG gemäß § 9 Abs. 2 ErbStG durch Ausführung der
freigebigen Zuwendungen entstanden ist, nicht unmittelbar beteiligt. Dieser
Zeitpunkt ist für die Prüfung maßgebend, ob die Voraussetzungen des § 13a Abs.
4 Nr. 3 ErbStG erfüllt sind ( BFH-Beschluss vom 18. August 2005 II B 90/04 ,
BFH/NV 2006, 62). Ausgeführt wurden die freigebigen Zuwendungen an dem Tag, an
dem die Übertragung der Anteile an der KG auf E und die Kinder des Klägers
wirksam wurde, also am 31. Dezember 2005; denn an diesem Tag haben die Erwerber
das erhalten, was ihnen nach der Schenkungsabrede verschafft werden sollte
(vgl. BFH-Urteil vom 30. November 2009 II R 70/06 , BFH/NV 2010, 900). An
diesem Tag war der Kläger nicht mehr Gesellschafter der Kapitalgesellschaften.
Vielmehr war die KG selbst deren Gesellschafterin. Das ist entscheidend.

39 bb) Unerheblich ist in diesem
Zusammenhang, dass die KG lediglich vermögensverwaltend tätig war. Dies ändert
nichts daran, dass die KG rechtsfähig und selbst Gesellschafterin der
Kapitalgesellschaften war. Eine in das Handelsregister eingetragene KG ist
gemäß § 161 Abs. 2 i.V.m. § 124 Abs. 1 HGB auch dann rechtsfähig, wenn ihr
Gewerbebetrieb zwar nicht schon nach § 1 Abs. 2 HGB Handelsgewerbe ist oder
wenn sie nur eigenes Vermögen verwaltet, aber in das Handelsregister
eingetragen ist (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 105 Abs. 2 , § 123 Abs. 2 HGB ). Das
trifft im Streitfall zu.
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