BFH, Urteil vom 02.08.2012, IV R 41 / 11

 

Tatbestand

1 Die Klägerin und Revisionsklägerin
(Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betreibt ein Speditions- und
Transportunternehmen. Alleineigentümer des mit einer Tankstelle und einem
Verwaltungsgebäude bebauten, an die Klägerin für deren Betrieb verpachteten
Grundstücks X-Straße war ab dem 1. Januar 1996 F, der –nur für das
Streitjahr 2002– Beigeladene zu 2. Aufgrund Gesellschaftsvertrags vom
3. Januar 1997 war F mit einer Hafteinlage von 199.500 DM bzw.
103.000 € auch Kommanditist der Klägerin sowie alleiniger
Gesellschafter/Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.

2 Mit Wirkung zum 1. Oktober 2002
übertrug F im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Zurückbehaltung des
vorgenannten Grundstücks seinen Kommanditanteil zum Buchwert unentgeltlich auf
seine Tochter Z, die Beigeladene zu 3., wobei diese zunächst einen Anteil von
20 % treuhänderisch für F halten sollte; ihm sollte auch ein Ergebnisanteil in
dieser Höhe zustehen. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass F
gleichfalls mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 auch seinen Anteil an der
Komplementär-GmbH unentgeltlich an Z übertragen hat; mit diesem Geschäftsanteil
gingen alle damit verbundenen Rechte und Ansprüche, insbesondere das
Gewinnbezugsrecht, auf Z über. Das zurückbehaltene Grundstück übertrug F am
19. Dezember 2002 zum Buchwert auf die von ihm am 27. September 2002
neu gegründete I-KG, die den Pachtvertrag mit der Klägerin fortsetzte.
Alleiniger Kommanditist der I-KG ist F. Gleichfalls am 19. Dezember 2002
wurde das Treuhandverhältnis bezüglich des Kommanditanteils von 20 % beendet.

3 Eine bei der Klägerin durchgeführte
Außenprüfung vertrat in ihrem (geänderten) Bericht vom 10. Januar 2008 die
Ansicht, dass der Ansatz des an Z übertragenen Kommanditanteils nicht zum
Buchwert habe erfolgen dürfen, weil das als Sonderbetriebsvermögen des F bei
der Klägerin bilanzierte Grundstück nicht an Z mitübertragen, sondern zum Buchwert
in das Betriebsvermögen der I-KG übertragen worden sei. Da nicht der gesamte
Mitunternehmeranteil übertragen worden sei, seien die im übertragenen
Kommanditanteil enthaltenen stillen Reserven in Höhe von –jedenfalls zu jener
Zeit unstreitig– 100.000 € aufzudecken, als laufender Gewinn zu versteuern und
dem F als buchtechnische Entnahme sowie der Z als buchtechnische Einlage
zuzurechnen.

4 Des Weiteren vertrat die Außenprüfung
die Auffassung, dass zum 31. Dezember 2003 in Höhe von 150.000 €, zum 31. Dezember
2004 in Höhe von 153.065,20 € und zum 31. Dezember 2005 in Höhe von
120.000 € Gewinn mindernd gebildete Rücklagen (Ansparabschreibungen) Gewinn
erhöhend aufzulösen seien, da unter Berücksichtigung des in der
Ergänzungsbilanz der Z enthaltenen Kapitals das Betriebsvermögen über 204.517 €
(Größenmerkmal i.S. des § 7g Abs. 3 Satz 3
Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a des
Einkommensteuergesetzes in seiner in den Streitjahren 2003 bis
2005 gültigen Fassung –EStG a.F.–) liege. Das Darlehenskonto der Z, auf
dem sowohl Entnahmen, Einlagen als auch die Gewinne verbucht worden seien, sei
als Eigenkapital anzusehen. Sonst hätte Z die nach ihrer Meinung als
Fremdkapital anzusetzenden Forderungen in einer Sonderbilanz aktivieren müssen.

5 In seinen nach § 164 Abs. 2
der Abgabenordnung (AO) geänderten Bescheiden über die gesonderte und
einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2002 bis 2005 und
Gewerbesteuermessbescheiden 2002 bis 2005 vom 30. Januar 2008 schloss sich
der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) der Auffassung der
Außenprüfung an. Den Einspruch der Klägerin wies das FA mit
Einspruchsentscheidung vom 30. September 2008 zurück. Das Finanzgericht
(FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2142 veröffentlichen
Gründen ab.

6 Mit ihrer Revision rügt die Klägerin
die Verletzung materiellen Rechts.

7 Hinsichtlich der streitbefangenen
Übertragung eines Mitunternehmeranteils zum Buchwert beanstandet sie im
Wesentlichen die u.a. von der Finanzverwaltung im Schreiben des
Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 3. März 2005 IV B 2
-S 2241- 14/05 (BStBl I 2005, 458) vertretene Auffassung, dass eine
Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes
i.d.F. des Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetzes (UntStFG) vom
20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858) –EStG– nicht zulässig sei, wenn
die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft unentgeltlich übertragen werde,
nachdem in engem zeitlichem Zusammenhang funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen
zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen nach § 6
Abs. 5 EStG ausgegliedert worden sei. Diese Rechtsansicht beruhe auf
Vorstellungen, die an die sog. Gesamtplanrechtsprechung anknüpfe (Urteil des
Bundesfinanzhofs –BFH– vom 6. September 2000 IV R 18/99, BFHE 193,
116, BStBl II 2001, 229), welche aber nur im Rahmen des § 16 EStG für
die Frage der Tarifbegünstigung nach § 34 EStG relevant sei.

8 Zur steuerlichen Behandlung der
streitbefangenen Rücklagen (Ansparabschreibungen) trägt die Klägerin vor, das
Größenmerkmal für die Bildung einer Rücklage nach § 7g
Abs. 3 EStG a.F. sei nicht überschritten. Das negative Wirtschaftsgut
„Schuld“ in der Gesamthandsbilanz und das positive Wirtschaftsgut des
Sonderbetriebsvermögens „Forderung“ höben sich gegenseitig auf.
Soweit das BMF-Schreiben vom 25. Februar 2004 IV A 6 -S 2183b-
1/04 (BStBl I 2004, 337) in seiner Rz 2 für Personengesellschaften u.a.
davon ausgehe, dass bei der Anwendung des § 7g Abs. 3 ff. EStG
a.F. das gesamte Betriebsvermögen als Einheit zu behandeln sei, hingegen nach
Rz 1 des Schreibens im Fall einer Betriebsaufspaltung sowohl das Besitz-
als auch das Betriebsunternehmen Ansparabschreibungen bilden könnten, verstoße
dies gegen den Gleichheitssatz.

9 Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des vorinstanzlichen
Urteils die geänderten Feststellungsbescheide 2002 bis 2005 und
Gewerbesteuermessbescheide 2002 bis 2005 vom 30. Januar 2008 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 30. September 2008 dahin zu ändern, dass
kein Firmenwert in Höhe von 100.000 € berücksichtigt wird und die Gewinn
erhöhende Auflösung der zum 31. Dezember 2003 in Höhe von 150.000 €, zum
31. Dezember 2004 in Höhe von 153.065,20 € und zum 31. Dezember 2005
in Höhe von 120.000 € gebildeten Rücklagen (Ansparabschreibungen) rückgängig
gemacht wird.

10 Die Beigeladenen haben keinen Antrag
gestellt.

11 Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

12 Es trägt vor, § 6
Abs. 3 EStG (i.d.F. des UntStFG) habe die gleichlautende
Vorgängerregelung des § 7 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
(EStDV) a.F. in das EStG übernommen. Das BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 458
verweise deshalb zutreffend auf die bisher zu § 7 EStDV a.F.
ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung (u.a. die im BFH-Urteil in BFHE
193, 116, BStBl II 2001, 229 vertretene sog. Gesamtplanrechtsprechung). Zu
Unrecht gehe die Klägerin davon aus, dass das Gesetz eine Buchwertfortführung
sowohl nach § 6 Abs. 3 als auch nach § 6 Abs. 5 EStG
nicht (mehr) ausschließe.

13 Bei der Prüfung der Betriebsvermögensgrenzen
nach § 7g Abs. 2 Nr. 1 EStG a.F. sei neben dem Festkapital
(Kapitalkonto I) auch das Verrechnungskonto der Kommanditisten (Kapitalkonto
II) als Eigenkapital anzusehen. Die ungleiche Behandlung nach § 7g EStG
a.F. im Verhältnis zu Fällen der Betriebsaufspaltung beruhe auf dem Vorliegen
ungleicher Sachverhalte.

14 Das BMF ist dem Verfahren wegen der Frage
beigetreten, ob und inwieweit der Streitfall Anlass bietet, die in Rz 6
und 7 des BMF-Schreibens in BStBl I 2005, 458 getroffenen Aussagen in Frage zu stellen.
Es trägt im Wesentlichen vor: Werde im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang
mit der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils funktional
wesentliches Sonderbetriebsvermögen gemäß § 6 Abs. 5 EStG zum
Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen überführt oder übertragen, so könne
der Anteil am Gesamthandsvermögen nicht nach § 6 Abs. 3 EStG zum
Buchwert übertragen werden. Der dem Streitfall zugrunde liegende Sachverhalt
entspreche dem in Rz 7 des BMF-Schreibens in BStBl I 2005, 458 gebildeten
Beispiel. Wegen des identischen Wortlauts von § 6 Abs. 3
Satz 1 EStG und § 7 Abs. 1 EStDV a.F. könne die zu
letztgenannter Vorschrift ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung auch auf
die gesetzliche Nachfolgevorschrift, die lediglich klarstellende Funktion habe,
angewandt werden; hierzu gehöre auch die Anwendung der sog.
Gesamtplanrechtsprechung (BFH-Urteile in BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229, und
vom 20. Januar 2005 IV R 14/03, BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395).
Eine Buchwertfortführung nach dem als Billigkeitsregelung zugunsten des
Steuerpflichtigen zu verstehenden § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG
komme im Streitfall nicht in Betracht, denn diese Vorschrift setze voraus, dass
anlässlich der Übertragung eines Mitunternehmeranteils nicht mitübertragene
Wirtschaftsgüter weiterhin Betriebsvermögen derselben (ursprünglichen)
Mitunternehmerschaft blieben, während im Streitfall die Übertragung an eine neu
gegründete KG erfolgt sei. Dabei seien für die steuerliche Beurteilung auch
nach § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert erfolgte Übertragungen von
funktional wesentlichem Betriebsvermögen von Bedeutung, die im zeitlichen
Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils
erfolgten; zwischen Übertragungen kurz vor und kurz nach der Anteilsübertragung
sei jedenfalls dann nicht zu unterscheiden, wenn die Übertragungen innerhalb
desselben Veranlagungszeitraums erfolgten. Nach dem Prinzip der
Abschnittsbesteuerung seien im Streitfall die Verhältnisse zum Bilanzstichtag
auf den 31. Dezember 2002 maßgeblich; weil das streitbefangene
Sonderbetriebsvermögen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zum Betriebsvermögen der
ursprünglichen Mitunternehmerschaft gehört habe, seien die Voraussetzungen des
§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG auch ohne Rückgriff auf die
Gesamtplanrechtsprechung zu verneinen. Soweit der BFH die Anwendung des
§ 42 AO und der Gesamtplanrechtsprechung in seinem Urteil vom
9. November 2011 X R 60/09 (BFHE 236, 29, BStBl II 2012, 638)
verneint habe, unterscheide sich der jener Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt
von dem des Streitfalles.

15 Das BMF hat keinen Antrag gestellt.

Gründe

16 Die Revision ist teilweise begründet,
wobei der erkennende Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 126
Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Zu Unrecht
hat das FG mit dem FA die streitbefangenen unentgeltlichen Übertragungen des
Teils eines Mitunternehmeranteils zum 1. Oktober 2002 sowie des
verbliebenen ganzen Mitunternehmeranteils am 19. Dezember 2002 als einen
einheitlichen Vorgang behandelt, dabei das Vorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG und
damit eine Übertragung zum Buchwert verneint und in Folge dessen die
Aktivierung eines Firmen- oder Geschäftswerts in Höhe von 100.000 € in einer
Ergänzungsbilanz der Z gebilligt (B.I.). Im Übrigen ist die Revision
unbegründet und deshalb nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
Das FG ist im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass das nach § 7g
Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1
Buchst. a EStG a.F. für die Bildung einer Gewinn mindernden Rücklage
(Ansparabschreibung) maßgebliche Größenmerkmal des Betriebsvermögens des
Gewerbebetriebs nicht erfüllt worden ist (B.II.).

17 I.

Die streitbefangenen Übertragungen
würdigt der Senat dahin, dass zunächst ein Teilmitunternehmeranteil in Gestalt
von 80 % der Kommanditanteile einschließlich der gesamten zum
Sonderbetriebsvermögen des F gehörenden Anteile an der Komplementär-GmbH und
sodann mit Aufhebung der Treuhandvereinbarung die verbliebenen Kommanditanteile
von 20 % auf Z übertragen worden sind. Zeitgleich mit der letztgenannten
Anteilsübertragung wurde das bis dahin zum Sonderbetriebsvermögen des F
gehörende Grundstück auf die I-KG übertragen. Die erste Übertragung ist als
Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils nach § 6 Abs. 3
Satz 1 Halbsatz 2 Alternative 2 EStG anzusehen und hat die
Fortführung der Buchwerte zur Folge. Die spätere Übertragung des verbliebenen
Gesellschaftsanteils erfüllt nach Auffassung des Senats ungeachtet der
gleichzeitig zum Buchwert stattfindenden Übertragung von funktional
wesentlichem Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Satz 3
Nr. 2 EStG die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1
Halbsatz 1 EStG und führt deshalb ebenfalls nicht zur Aufdeckung stiller
Reserven.

18 1.

a)

Wird der Anteil eines Mitunternehmers
an einem Betrieb unentgeltlich übertragen, so ist bei der Ermittlung des
Gewinns des bisherigen Mitunternehmers für die übertragenen Wirtschaftsgüter
bzw. Anteile an Wirtschaftsgütern der Buchwert anzusetzen (§ 6 Abs. 3
Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Der Rechtsnachfolger ist nach § 6
Abs. 3 Satz 3 EStG an diese Werte gebunden. Anteil eines
Mitunternehmers i.S. des § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG
ist der ganze Mitunternehmeranteil, der sich aus dem Anteil am Gesellschaftsvermögen
sowie dem funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens des Mitunternehmers
zusammensetzt (BFH-Urteil vom 22. September 2011 IV R 33/08, BFHE
235, 278, BStBl II 2012, 10, unter II.1.a (2), m.w.N. zur insoweit identischen
Rechtslage unter der Geltung von § 7 Abs. 1 EStDV a.F.). Zum
Buchwert findet eine Anteilsübertragung demnach grundsätzlich nur dann statt,
wenn neben dem Gesellschaftsanteil auch das gesamte funktional wesentliche
Sonderbetriebsvermögen des Übertragenden auf den Rechtsnachfolger in den
Gesellschaftsanteil übertragen wird. Maßgebend dafür ist allerdings das
Betriebsvermögen, das am Tag der Übertragung existiert. Wirtschaftsgüter des
Sonderbetriebsvermögens, die zuvor entnommen oder veräußert worden sind, sind
nicht mehr Bestandteil des Mitunternehmeranteils. Ebenso ist für den Bestand
des Gesellschaftsvermögens auf den Zeitpunkt der Übertragung abzustellen.
Inwieweit im Zusammenhang mit einer vorherigen Entnahme oder Veräußerung stille
Reserven aufgedeckt worden sind, ist ohne Bedeutung.

19 Wird funktional wesentliches
Betriebsvermögen taggleich mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile an
einen Dritten veräußert oder übertragen oder in ein anderes Betriebsvermögen
des bisherigen Mitunternehmers überführt, liegen die Voraussetzungen des
§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG für eine Fortführung der Buchwerte
grundsätzlich nicht vor. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nach Auffassung
des Senats aber dann zu machen, wenn die Übertragung auf den Dritten oder die
Überführung in ein anderes Betriebsvermögen des bisherigen Mitunternehmers nach
§ 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert stattfindet. Die Privilegierungen
nach § 6 Abs. 5 EStG und § 6 Abs. 3 EStG stehen
nach dem Wortlaut des Gesetzes gleichberechtigt nebeneinander. Ein
Rangverhältnis ist weder ausdrücklich geregelt noch lässt es sich im Wege der
Auslegung bestimmen. Soweit die Finanzverwaltung der Übertragung nach § 6
Abs. 5 EStG Vorrang einräumt mit der Folge, dass dann die
unentgeltliche Übertragung des reduzierten Mitunternehmeranteils zur vollen Aufdeckung
der darin liegenden stillen Reserven führt, wird eine Rechtsgrundlage nicht
genannt; sie ist nach Auffassung des Senats auch nicht gegeben (s. dazu näher
nachfolgend unter B.I.3.).

20 b)

Unter der Übertragung eines Teils
eines Mitunternehmeranteils i.S. des § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz
2 Alternative 2 EStG ist die Übertragung eines Bruchteils der Anteile des
Gesellschaftsvermögens auf den Rechtsnachfolger zu verstehen. Damit verbunden
werden kann auch die Übertragung von Sonderbetriebsvermögen des übertragenden
Mitunternehmers auf den Rechtsnachfolger in den Gesellschaftsanteil. Notwendig
ist die Mitübertragung von Sonderbetriebsvermögen indessen nicht. Dies folgt
aus der Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG, der der Senat
entnimmt, dass der Gesetzgeber die Buchwertfortführung auch bei nicht zumindest
anteiliger Mitübertragung von Sonderbetriebsvermögen zulassen, allerdings mit
einer den Rechtsnachfolger bindenden Behaltefrist versehen wollte. Wird
Sonderbetriebsvermögen mitübertragen, nimmt an der Rechtsfolge des § 6
Abs. 3 Satz 1 EStG das gesamte auf den Rechtsnachfolger in den
Gesellschaftsanteil übertragene Sonderbetriebsvermögen teil. In welchem
zahlenmäßigen Verhältnis es zu dem Bruchteil des übertragenen
Gesellschaftsvermögens steht, ist ohne Bedeutung (s. dazu näher unter B.I.2.c).

21 2.

Dies vorausgeschickt hat die
Übertragung von 80 % der Gesellschaftsanteile unter Zurückbehaltung des zum
Sonderbetriebsvermögen gehörenden Grundstücks und unter Mitübertragung der
gesamten zum Sonderbetriebsvermögen gehörenden Anteile an der Komplementär-GmbH
nicht zur Aufdeckung stiller Reserven geführt.

22 a)

Nach den bindenden Feststellungen des
FG sieht der Senat keinen Anlass, die Wirksamkeit der im Streitfall getroffenen
Treuhandabrede in Frage zu stellen; auch die Beteiligten haben nichts
Gegenteiliges vertreten. Danach hat F zum 1. Oktober 2002 zunächst nur 80
% seiner (ursprünglichen) Kommanditanteile unentgeltlich auf Z übertragen.

23 b)

Für die zum 1. Oktober 2002
übertragenen 80 % der Gesellschaftsanteile ist nach § 6 Abs. 3
Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 Alternative
2 EStG der Buchwert fortzuführen.

24 aa)

Nachdem F über den 1. Oktober
2002 hinaus zu 20 % seiner ursprünglichen Gesellschaftsanteile an der Klägerin
beteiligt war, zählte das Grundstück X-Straße weiterhin zum
Sonderbetriebsvermögen des F und damit zum „Betriebsvermögen derselben
Personengesellschaft“ (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Dezember
2008 IV R 65/07, BFHE 224, 91, BStBl II 2009, 371, unter II.2.a, m.w.N.).
Dabei kann an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob der Wortlaut des § 6
Abs. 3 Satz 2 EStG („Wirtschaftsgüter … nicht
überträgt“) im Sinne einer wertbezogenen oder einer gegenständlichen
(wirtschaftsgutbezogenen) Betrachtung auszulegen ist (näher dazu im Folgenden
unter B.I.2.c). Auch die Beteiligten gehen jedenfalls sinngemäß davon aus, dass
in Folge der Zurückbehaltung des streitbefangenen Grundstücks das
mitübertragene Sonderbetriebsvermögen dem an Z übertragenen Anteil eines
Mitunternehmeranteils weder wert- noch wirtschaftsgutbezogen korrespondierte.
Deshalb gelangt § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG im Streitfall
ungeachtet dessen zur Anwendung, ob hinsichtlich des Grundstücks X-Straße eine
wertmäßige oder gegenständliche Betrachtung anzustellen ist.

25 bb)

Dass F mit der Übertragung der
restlichen 20 % der Gesellschaftsanteile an Z als Gesellschafter der Klägerin
ausschied und damit das Grundstück X-Straße schon ungeachtet dessen
gleichzeitiger Übertragung an die I-KG nicht mehr zum Betriebsvermögen
„derselben“ Mitunternehmerschaft gehörte, steht einer Anwendung des
§ 6 Abs. 3 Satz 2 EStG auf die zum 1. Oktober 2002
erfolgte Anteilsübertragung nicht entgegen. Dass die in § 6 Abs. 3
Satz 2 EStG vorausgesetzte Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen
derselben Mitunternehmerschaft mit der Beendigung des Treuhandverhältnisses am
19. Dezember 2002 nicht mehr gegeben war, hat lediglich zur Folge, dass
anlässlich der (weiteren) Anteilsübertragung am 19. Dezember 2002 neu zu
beurteilen ist, ob und inwieweit stille Reserven aufzudecken sind (B.I.3.).

26 cc)

Gleiches gilt, soweit § 6
Abs. 3 Satz 2 EStG eine Behaltefrist für das Halten des
übernommenen Mitunternehmeranteils durch den Rechtsnachfolger bestimmt. Bis zur
unentgeltlichen Übertragung des bei F verbliebenen Teils des ursprünglichen
Mitunternehmeranteils am 19. Dezember 2002 wurde der bereits von Z als
Rechtsnachfolgerin übernommene Teil des ursprünglichen Mitunternehmeranteils
–wie in § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG vorausgesetzt– nicht
veräußert oder aufgegeben. Der Senat geht davon aus, dass die Frist spätestens
dann endet, wenn dem Rechtsnachfolger in den Teilanteil auch der restliche
Bruchteil des Anteils am Gesellschaftsvermögen übertragen wird.

27 c)

Der (alleinigen) Anwendung des
§ 6 Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG auf die zum 1. Oktober
2002 erfolgte Übertragung von 80 % der Gesellschaftsanteile des F steht nicht
entgegen, dass F als alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer der
Komplementär-GmbH zu diesem Zeitpunkt seinen Anteil an dieser Gesellschaft
nicht nur –entsprechend dem übertragenen Teil seines Kommanditanteils– zu 80
%, sondern überquotal zu 100 % unentgeltlich an Z übertragen hat.

28 aa)

Da der Mitunternehmeranteil eines
Gesellschafters –wie oben ausgeführt– sowohl den Anteil am
Gesamthandsvermögen als auch das dem einzelnen Mitunternehmer zuzurechnende
Sonderbetriebsvermögen umfasst, unterfällt auch die anteilige Übertragung des
Sonderbetriebsvermögens dem Anwendungsbereich des § 6
Abs. 3 EStG (BFH-Urteil in BFHE 235, 278, BStBl II 2012, 10, unter
II.1.a (2), m.w.N.). Die alleinige Beteiligung eines Kommanditisten an der
Komplementär-GmbH führt regelmäßig zu aktivem Sonderbetriebsvermögen II (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 224, 91, BStBl II 2009, 371, unter II.2.a bb, m.w.N.). Der
erkennende Senat geht deshalb im Streitfall davon aus, dass auch die
Beteiligung des F an der Komplementär-GmbH der Klägerin zu dessen
Sonderbetriebsvermögen gezählt hat.

29 bb)

Auch die überquotale (Mit-)Übertragung
von Sonderbetriebsvermögen ist allein nach § 6 Abs. 3 EStG zu
beurteilen. Es ist umstritten, ob auch insoweit § 6 Abs. 3 EStG
zur Anwendung gelangt (vgl. z.B. Wendt, Finanz-Rundschau –FR– 2005, 468, 474,
m.w.N.) oder ob bei überquotaler Übertragung von Sonderbetriebsvermögen
anlässlich der Übertragung eines Teils des Anteils am Gesamthandsvermögen der
Vorgang in eine Übertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG für
den quotalen Teil des Sonderbetriebsvermögens und eine Übertragung nach
§ 6 Abs. 5 EStG für den überquotalen Teil des Sonderbetriebsvermögens
aufzuteilen ist (so BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 458, Rz 16; vgl. auch
Stein, Der Betrieb 2012, 1529, m.w.N.). Nach Auffassung des erkennenden Senats
fällt indes auch der überquotale Teil des Sonderbetriebsvermögens in den
Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG. Dies folgt aus einer
teleologischen Auslegung von Satz 2 der Vorschrift. Dieser Regelung liegt
ersichtlich in Anknüpfung an die bisherige Rechtsprechung die Vorstellung
zugrunde, zu einer anteiligen (quotalen) Übertragung von Sonderbetriebsvermögen
anzuhalten. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG
sind deshalb (nur) erfüllt, wenn nicht mindestens ein Anteil am
Sonderbetriebsvermögen übertragen wird, der dem Anteil des übertragenen
Teilanteils am gesamten Mitunternehmeranteil des Übertragenden entspricht. Nach
Sinn und Zweck der Vorschrift kann dieser Anteil nur wertmäßig und nicht
gegenständlich (wirtschaftsgutbezogen) verstanden werden (näher dazu Wendt in
Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 6 EStG Anm. J 01-19). Darüber
hinaus steht einer Anwendung des § 6 Abs. 5 EStG auf einen
überquotalen Teil des Sonderbetriebsvermögens aber auch entgegen, dass dieser
Vorgang in Verbindung mit der Übertragung eines Mitunternehmeranteils zu sehen
ist und es deshalb nicht um die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern geht,
sondern um die Übertragung von Sachgesamtheiten. Ob anlässlich der Übertragung
von Sachgesamtheiten stille Reserven aufzudecken sind, ist nicht nach § 6
Abs. 5 EStG, sondern nach Abs. 3 der Vorschrift zu entscheiden.

30 cc)

Für die Anteilsübertragung zum
1. Oktober 2002 geht der erkennende Senat davon aus, dass trotz der
gleichzeitigen überquotalen (Mit-)Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts des
Sonderbetriebsvermögens II (Anteil an Komplementär-GmbH) im Streitfall die
Vorschrift des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG anzuwenden ist. Zwar
folgt aus den vorgenannten Erwägungen auch, dass es bei einer überquotalen
(Mit-)Übertragung von Sonderbetriebsvermögen der Regelung des § 6
Abs. 3 Satz 2 EStG mit der Folge des Laufs der dort genannten
Behaltefrist nicht bedarf, sondern dass § 6 Abs. 3
Satz 1 EStG unmittelbar zur Anwendung gelangt. Bei der erwähnten
wertbezogenen Betrachtung sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3
Satz 2 EStG jedoch nur dann nicht erfüllt, wenn der Gesamtwert der übertragenen
Wirtschaftsgüter den Wert des gesamten quotal mit zu übertragenden
Sonderbetriebsvermögens abdeckt. Im Streitfall ist jedoch weder von den
Beteiligten vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass trotz überquotaler
Übertragung des Anteils an der Komplementär-GmbH der Wert der zum 1. Oktober
2002 mitübertragenen Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens des F 80 %
des gesamten Sonderbetriebsvermögens des F überschritten hätte.

31 dd)

Nach alledem ist nicht von Bedeutung,
dass das FG keine Feststellungen zum weiteren Schicksal des GmbH-Anteils
getroffen hat. Kommt die Vorschrift des § 6 Abs. 5 EStG auch
hinsichtlich des Anteils an der Komplementär-GmbH nicht zum Tragen, so braucht
insbesondere auch nicht geprüft zu werden, ob hinsichtlich der unentgeltlichen
Übertragung des GmbH-Anteils an Z die Behaltefrist des § 6 Abs. 5
Satz 4 EStG (hier i.V.m. § 6 Abs. 5 Satz 3
Nr. 3 EStG) eingehalten worden ist und deshalb eine Aufdeckung
stiller Reserven rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung dieses
Wirtschaftsguts ausscheidet.

32 3.

Auch für die am 19. Dezember 2002
übertragenen verbliebenen Gesellschaftsanteile von 20 % ist nach § 6
Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG der Buchwert fortzuführen. Nach
der seit dem Veranlagungszeitraum 2001 gültigen Gesetzeslage scheidet die
Aufdeckung der stillen Reserven, die in den durch einen unentgeltlich
übertragenen Mitunternehmeranteil verkörperten materiellen und immateriellen
Wirtschaftsgütern ruhen, und deren Zurechnung zum laufenden Gewinn auch dann
aus, wenn ein funktional wesentliches Betriebsgrundstück des
Sonderbetriebsvermögens in engem zeitlichem Zusammenhang vor oder spätestens
zugleich mit der Übertragung des Mitunternehmeranteils in ein anderes
Betriebsvermögen (mit Rechtsträgerwechsel) übertragen worden ist und wenn dabei
–wie bezüglich des von F übertragenen Grundstücks zwischen den Beteiligten
unstreitig ist– die Voraussetzungen des Buchwerttransfers nach § 6
Abs. 5 EStG vorliegen.

33 a)

Ihrem Wortlaut nach können § 6
Abs. 3 und Abs. 5 EStG unabhängig voneinander und damit auch
gleichzeitig –jeweils mit der Rechtsfolge der Buchwertfortführung– zur
Anwendung gelangen. Sowohl § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG als auch
der nach § 52 Abs. 16a EStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 13
Buchst. b UntStFG auf Übertragungsvorgänge nach dem 31. Dezember 2000
anzuwendende § 6 Abs. 5 EStG sehen jeweils zwingend
Buchwerttransfers vor. Wird –wie hier am 19. Dezember 2002– der Anteil
eines Mitunternehmers an einem Betrieb unentgeltlich übertragen, so sind nach
§ 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG bei der Ermittlung des
Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers (Mitunternehmers) die Wirtschaftsgüter
mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die
Gewinnermittlung ergeben. Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist
für den Fall, dass ein einzelnes Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in
ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen überführt wird, bei
der Überführung (ebenfalls) der Wert anzusetzen, der sich nach den Vorschriften
über die Gewinnermittlung ergibt, sofern die Besteuerung der stillen Reserven
sichergestellt ist; nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG gilt
Satz 1 der Vorschrift u.a. entsprechend, soweit ein Wirtschaftsgut –wie
hier das Grundstück X-Straße– unentgeltlich aus dem Sonderbetriebsvermögen
eines Mitunternehmers (hier des F) in das Gesamthandsvermögen einer anderen
Mitunternehmerschaft, an der er beteiligt ist (hier der I-KG), übertragen wird.
Handelt es sich indes –was der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom
6. Mai 2010 IV R 52/08 (BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261, unter II.2.c
cc der Gründe) hervorgehoben hat– bei den Regelungen in § 6 Abs. 3
Satz 1 und Abs. 5 Satz 3 EStG um zwei in ihrer zwingenden,
kein Wahlrecht des Steuerpflichtigen zulassenden Anordnung von Rechtsfolgen
gleich lautende (übereinstimmende) Gesetzesbefehle, die sich logisch nicht
widersprechen, so sind diese bei gleichzeitigem Vorliegen der jeweiligen
Tatbestandsvoraussetzungen grundsätzlich auch nebeneinander zu befolgen. Dies
bedeutet, dass nach dem Gesetzeswortlaut auch gleichzeitige Buchwerttransfers
nach § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG möglich sind.

34 b)

Der gleichzeitige Eintritt der
Rechtsfolgen beider Normen (Buchwerttransfer) läuft dem Sinn und Zweck des
Gesetzes regelmäßig nicht zuwider. Der Zweck der Regelungen des § 6
Abs. 3 und Abs. 5 EStG gebietet keine Auslegung beider
Vorschriften dahin, dass bei gleichzeitigem Vorliegen ihrer
Tatbestandsvoraussetzungen § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG stets nur
eingeschränkt nach Maßgabe einer anders lautenden Zweckbestimmung des –im
Streitfall einschlägigen– § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG
verstanden werden und zur Anwendung gelangen darf.

35 aa)

Bei gleichzeitiger Anwendung beider
Normen kommt es nicht zur Kumulation von Steuervergünstigungen. Denn die durch
ein nach § 6 Abs. 5 EStG begünstigtes Einzelwirtschaftsgut
verkörperten stillen Reserven wären anlässlich der Übertragung einer nach
§ 6 Abs. 3 EStG begünstigten Sachgesamtheit gleichfalls nicht
aufzudecken gewesen, wenn das betreffende Wirtschaftsgut weiterhin dieser
Sachgesamtheit zugehörig gewesen wäre. Zugleich bleiben die stillen Reserven
dieses Wirtschaftsguts in beiden Fällen gleichermaßen steuerverhaftet.

36 bb)

§ 6 Abs. 3
Satz 1 EStG i.d.F. des UntStFG führt die u.a. bereits in seinen
früheren Fassungen und in der Vorgängervorschrift des § 7
Abs. 1 EStDV a.F. enthaltene Regelung fort, wonach die unentgeltliche
Übertragung eines Mitunternehmeranteils zum Buchwert erfolgt; dabei ist das
Gesetzgebungsverfahren zum UntStFG auch von dem Bemühen gekennzeichnet, eine
Einschränkung des bisherigen Anwendungsbereichs der Vorschrift zu vermeiden
(vgl. BTDrucks 14/6882, S. 32 und 14/7344, S. 7). Wie bei der
unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebs dient der Verzicht
auf die Offenlegung der stillen Reserven, die in den durch einen
Mitunternehmeranteil verkörperten Wirtschaftsgütern enthalten sind, der
Sicherung der Liquidität des nach einem Rechtsträgerwechsel fortgeführten
Betriebs; in der Literatur wird insoweit auch auf ein tradiertes Motiv des
Gesetzgebers verwiesen, die betriebliche Kontinuität sicherzustellen (vgl.
Werndl, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 6 Rz J 4). Wird keine
–mangels Entgeltlichkeit des Übertragungsvorgangs regelmäßig aus der Substanz
des Betriebs zu finanzierende– Steuerbelastung zum Zeitpunkt der Übertragung
ausgelöst, entspricht dies –wenn auch als Ausnahme vom Prinzip der
subjektbezogenen Einkünfteermittlung– auch folgerichtig dem Umstand, dass dem
Betrieb durch den Übertragungsvorgang selbst wegen dessen Unentgeltlichkeit
auch nicht mittelbar liquide Mittel entzogen werden. Begünstigt die Vorschrift
damit die Übertragung von Sachgesamtheiten und nicht von
Einzelwirtschaftsgütern, so dient sie typischerweise der Erleichterung der
Generationennachfolge (vgl. auch z.B. Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff,
a.a.O., § 6 Rz J 5; zu im Zusammenhang mit dieser Zweckbestimmung
stehenden verfassungsrechtlichen Erwägungen auch Wendt, FR 2005, 468, 472).

37 cc)

§ 6 Abs. 5
Satz 3 EStG begünstigt gleichfalls Fälle des Rechtsträgerwechsels,
hat dabei aber nicht die Übertragung von „Gesamtheiten“ von
Wirtschaftsgütern, sondern die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter im Blick.
Die Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern auf einen anderen Rechtsträger zum
Buchwert soll nach Aufgabe der zwischenzeitlich durch das
Steuerentlastungsgesetz (StEntlG) 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I
1999, 402) bestimmten Regelung, Übertragungen mit Rechtsträgerwechsel zwingend
zum Teilwert vorzunehmen (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG
i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002; näher zur Rechtsentwicklung z.B. BTDrucks 14/6882,
S. 32; Wendt, FR 2002, 53; Werndl, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O.,
§ 6 Rz L 3 ff.), der Erleichterung von
„Umstrukturierungen“ insbesondere an Personengesellschaften dienen
(vgl. BTDrucks 14/6882, S. 32 und 14/7344, S. 7; BFH-Beschluss vom 15. April
2010 IV B 105/09, BFHE 229, 199, BStBl II 2010, 971, unter II.2.b aa;
zutreffend hiernach z.B. Werndl, in: Kirchhof/ Söhn/Mellinghoff, a.a.O.,
§ 6 Rz L 10); dabei lässt sich der begünstigte Übertragungszweck nach
den Gesetzesmaterialien negativ dahin abgrenzen, dass bei einer
„Umstrukturierung“ die Übertragung nicht zum Zweck der Vorbereitung
einer nachfolgenden Veräußerung oder Entnahme erfolgt (vgl. BTDrucks 14/6882,
S. 32 f.). Damit letztlich verbunden ist die –eine Durchbrechung des
Subjektsteuerprinzips rechtfertigende (BFH-Beschluss in BFHE 229, 199, BStBl II
2010, 971)– Vorstellung, dass eine –typisierend als Ergebnis einer
Umstrukturierung unterstellte– betriebswirtschaftlich effizientere Nutzung
eines einzelnen Wirtschaftsguts in einem anderen Betriebsvermögen nicht durch
eine Besteuerung stiller Reserven behindert werden soll. Entscheidend ist
insoweit, dass das übertragene Wirtschaftsgut –wenn auch durch einen neuen
Rechtsträger– weiterhin betrieblich genutzt wird. Damit ist regelmäßig auch
die in dem nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG entsprechend
anwendbaren Satz 1 der Vorschrift als Voraussetzung einer
Buchwertfortführung bestimmte Sicherstellung der Besteuerung der stillen
Reserven gewährleistet. Liegt diese Tatbestandsvoraussetzung nicht vor, wird
der Zweck der Umstrukturierung regelmäßig verfehlt, so dass dann die sofortige
Aufdeckung der stillen Reserven gerechtfertigt ist. Einer Zweckverfehlung des
§ 6 Abs. 5 Satz 3 EStG soll im Übrigen auch die
„Sperrfrist“ (Behaltefrist) nach § 6 Abs. 5
Satz 4 EStG entgegenwirken (näher hierzu z.B. Fischer in Kirchhof,
EStG, 11. Aufl., § 6 Rz 221; Werndl, in:
Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 6 Rz L 40 ff.).

38 dd)

(1)

Die vorgenannten, in § 6
Abs. 3 und Abs. 5 EStG verfolgten Gesetzeszwecke sind auch dann
miteinander vereinbar, wenn die Beteiligten von Übertragungsvorgängen in
zeitlichem Zusammenhang sowohl die Rechtsnachfolge des bisherigen
Betriebsinhabers als auch Umstrukturierungen im vorgenannten Sinne
beabsichtigen. Kommt es insoweit zu einer Konkurrenz (einem Nebeneinander)
zweier mit Blick auf ihre Rechtsfolgen übereinstimmender Gesetzesbefehle (vgl.
BFH-Urteil in BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261, unter II.1.c cc der Gründe),
so bedarf es deshalb regelmäßig keiner teleologischen Reduktion einer oder
beider miteinander konkurrierender Rechtsnormen. Auch der Normzweck schließt es
demnach grundsätzlich nicht aus, dass auch gleichzeitige Buchwerttransfers nach
§ 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG möglich sind. Soweit durch die parallele
Anwendung beider Vorschriften missbräuchliche Gestaltungen zu besorgen sein
könnten, wird dem durch die Regelung von sog. Sperrfristen in beiden
Vorschriften vorgebeugt (vgl. § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG und
§ 6 Abs. 5 Satz 4 EStG).

39 (2)

Eine einschränkende Auslegung des
§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG kommt bei (allen)
Übertragungsvorgängen i.S. dieser Norm nur dann in Betracht, wenn die
wirtschaftliche Lebensfähigkeit der entsprechenden Sachgesamtheit und damit die
Einkünfteerzielung des betreffenden Einzelunternehmers oder der
Personengesellschaft durch Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern in einer
Weise berührt würde, dass es wirtschaftlich zu einer Zerschlagung des Betriebs
und damit im Ergebnis zu einer Betriebsaufgabe käme. In dieser Situation würde der
Normzweck des § 6 Abs. 3 EStG, die Existenz der übertragenen
Sachgesamtheit als Wirtschaftseinheit zu sichern, verfehlt. Allein der Umstand,
dass ein bislang funktional wesentliches Wirtschaftsgut aus dem Betrieb
ausscheidet, ohne dass es diesem künftig auf veränderter Rechtsgrundlage (z.B.
Miete oder Pacht) weiter zum Wirtschaften zur Verfügung steht, rechtfertigt
hingegen noch nicht zwingend die Annahme, dass künftig keine funktionsfähige
Sachgesamtheit mehr besteht. Vielmehr kann dies sogar umgekehrt den Schluss
rechtfertigen, dass das betreffende Wirtschaftsgut für die Funktionsfähigkeit
der Sachgesamtheit –wie etwa bei einem im Rahmen der Generationennachfolge
hinsichtlich des Unternehmenszwecks neu ausgerichteten Betrieb– nicht mehr von
wesentlicher Bedeutung ist.

40 (3)

Nach den das Revisionsgericht gemäß
§ 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen liegt im Streitfall
ein solcher Ausnahmefall indes nicht vor. Vielmehr sollte und konnte im
Streitfall das Speditions- und Transportunternehmen der Klägerin trotz der
Übertragung des Betriebsgrundstücks fortgeführt werden. Ist vom Fortbestand des
gesamten Betriebs der Klägerin auszugehen, dann verkörpert auch der von F am
19. Dezember 2002 übertragene gesamte Mitunternehmeranteil eine
funktionsfähige Sachgesamtheit.

41 c)

Wird danach der Buchwerttransfer gemäß
§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG für den unentgeltlichen Übergang
eines Mitunternehmeranteils nunmehr grundsätzlich auch dann nicht
ausgeschlossen, wenn ein ausgegliedertes Einzelwirtschaftsgut (hier: Grundstück
X-Straße) zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört hat, so steht dies
nicht im Widerspruch zu der zu § 7 Abs. 1 EStDV a.F. ergangenen
höchstrichterlichen Rechtsprechung, deren Folgerungen das BMF in seinem
Schreiben in BStBl I 2005, 458 (u.a. in Rz 4 und 6 sowie –unter Bezug auf
die sog. Gesamtplanrechtsprechung– in Rz 7) für die –wie im Streitfall–
nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 EStG zu beurteilende
Übertragung eines gesamten Mitunternehmeranteils auch insoweit übernommen hat,
als im engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Übertragung des
Mitunternehmeranteils funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen nach
§ 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen
überführt bzw. übertragen wird (zur Ausnahme bei der Übertragung von funktional
nicht wesentlichem, nach § 6 Abs. 5 EStG überführtem bzw.
übertragenem Sonderbetriebsvermögen vgl. Rz 8 des BMF-Schreibens in BStBl
I 2005, 458).

42 aa)

Die genannte BFH-Rechtsprechung hat
für die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils i.S. von
§ 7 Abs. 1 EStDV a.F. gefordert, dass (auch) alle diejenigen
Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens auf den Erwerber mitübertragen
werden, die für die Mitunternehmerschaft funktional wesentlich sind (vgl. z.B.
BFH-Urteil vom 24. August 2000 IV R 51/98, BFHE 192, 534, BStBl II
2005, 173, unter 2.b bb der Gründe). Gefolgert hat dies der BFH u.a. aus Sinn
und Zweck des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG; diese
Vorschrift und damit auch die Behandlung bestimmter Wirtschaftsgüter als
Sonderbetriebsvermögen hätten den Sinn und Zweck, einen Mitunternehmer einem
Einzelunternehmer insoweit gleichzustellen, als die Vorschriften des
Gesellschaftsrechts dem nicht entgegenstünden (vgl. hierzu und zum Folgenden
BFH-Urteil in BFHE 192, 534, BStBl II 2005, 173, m.w.N.). Würden anlässlich der
unentgeltlichen Übertragung eines Einzelunternehmens Wirtschaftsgüter vom
Übertragenden zurückbehalten, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen
gehörten, liege keine Betriebsübertragung im Ganzen, sondern eine
Betriebsaufgabe vor. Ebenso sei für die unentgeltliche Übertragung eines
Mitunternehmeranteils i.S. von § 7 Abs. 1 EStDV a.F. zu fordern,
dass alle diejenigen Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens auf den
Erwerber mitübertragen werden, die für die Mitunternehmerschaft funktional
wesentlich seien. Würden für die Mitunternehmerschaft wesentliche Grundlagen
nicht mitübertragen, liege auch insoweit eine Betriebsaufgabe vor.

43 bb)

Die vom BFH zu § 7
Abs. 1 EStDV a.F. vertretene (einschränkende) Auslegung des Begriffs
des Anteils eines Mitunternehmers kommt jedoch nicht in Betracht, wenn nunmehr
gleichzeitig die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 und
Abs. 5 EStG gegeben sind. Denn nach Maßgabe des § 6
Abs. 5 EStG sind Einzelwirtschaftsgüter unabhängig davon zum Buchwert
zu überführen, ob sie zuvor dem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers oder
dem Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers zugehörig waren. Wenn –wie
oben ausgeführt– nach der seit dem Veranlagungszeitraum 2001 gültigen
Gesetzeslage grundsätzlich Buchwerttransfers nach § 6 Abs. 3 und
Abs. 5 EStG gleichzeitig möglich sind, so gilt dies sowohl für den
Einzel- als auch den Mitunternehmer. Deshalb ist nicht ersichtlich, dass es
gleichheitsrechtlich geboten wäre, anlässlich der Übertragung eines
Mitunternehmeranteils den Buchwerttransfer nach § 6 Abs. 3 EStG
allein deshalb zu versagen, weil zugleich funktional wesentliches
Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG überführt bzw.
übertragen wird. Im Übrigen findet die vom BMF in BStBl I 2005, 458 (Rz 7
und 8) vertretene Differenzierung hinsichtlich funktional wesentlichem und
nicht wesentlichem Sonderbetriebsvermögen (zustimmend Schmidt/Wacker, EStG, 31.
Aufl., § 16 Rz 435; Wacker, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung
2010, 939) im Wortlaut des § 6 Abs. 5 EStG keine Stütze. Soweit
in Teilen der Literatur ausdrücklich oder sinngemäß die Auffassung vertreten
wird, dass im Fall der Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG
die gleichzeitige Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG
ausgeschlossen sei (z.B. Blümich/ Ehmcke, § 6 EStG Rz 1240c;
Fischer in Kirchhof, a.a.O., § 6 Rz 197 f.; HHR/Gratz,
§ 6 EStG Rz 1364; Herrmann in Frotscher, EStG, Freiburg 2011,
§ 6 Rz 481; Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 6 Rz 648
und 650; Prinz in Bordewin/Brandt, § 6 EStG Rz 828;
Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 435; Werndl, in: Kirchhof/
Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 6 Rz J 9; anderer Ansicht z.B.
Emmrich/Kloster, GmbH-Rundschau 2005, 448, 451; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust,
Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 6 Rz 1017a; Storg,
Deutsches Steuerrecht –DStR– 2002, 1384, 1386; Wendt, FR 2005, 468, 471),
beruht dies –soweit überhaupt eine nähere Begründung dieser Rechtsansicht
erfolgt– im Wesentlichen auf der bloßen Übertragung der Folgerungen der
bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Rechtslage nach dem
UntStFG. Insoweit ergeben sich auch hieraus keine tragenden Gesichtspunkte, die
dem Normenverständnis des Senats entgegenstehen könnten.

44 d)

Dem hier vertretenen
Auslegungsergebnis steht auch nicht die Regelung des auf der
Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zum UntStFG (BTDrucks 14/7780,
S. 2, ohne Begründung) beruhenden § 6 Abs. 3
Satz 2 EStG entgegen, dessen Voraussetzungen hinsichtlich der
unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils am 19. Dezember
2002 nicht vorliegen. Denn jene Norm betrifft keine Überführung von
Einzelwirtschaftsgütern i.S. des § 6 Abs. 5 EStG, die einer
Umstrukturierung im o.g. Sinne dienen; sie setzt vielmehr voraus, dass trotz
Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils vom bisherigen
Mitunternehmer nicht übertragene Wirtschaftsgüter (zum Buchwert) weiter dem
Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft angehören und insoweit gerade
nicht Gegenstand einer gleichzeitigen Umstrukturierung sind. Insoweit lässt
sich aus dem Umstand, dass § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG als
Voraussetzung für die Übertragung eines Teilmitunternehmeranteils zum Buchwert
die Einhaltung einer Sperrfrist (Behaltefrist) durch den Rechtsnachfolger des
übernommenen Teilmitunternehmeranteils formuliert, nicht schließen, dass
jedenfalls bei Zurückbehaltung funktional wesentlichen Sonderbetriebsvermögens
kein gleichzeitiger –wie dargestellt unterschiedlichen Zwecken dienender–
Buchwerttransfer nach § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG zulässig ist.

45 e)

Anderes lässt sich auch nicht aus den
§§ 16, 34 EStG herleiten. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 EStG i.d.F. des UntStFG, der nach § 52
Abs. 34 EStG i.d.F. des Art. 1 Nr. 13 Buchst. d
Doppelbuchst. aa des UntStFG erstmals auf Veräußerungen anzuwenden ist, die
nach dem 31. Dezember 2001 erfolgen, ist die Veräußerung des gesamten
Anteils an einer Mitunternehmerschaft erforderlich, um in den Genuss der
Tarifermäßigung des § 34 EStG zu kommen. Veräußerungen eines Teils
eines Mitunternehmeranteils sind nicht mehr tarifbegünstigt, da nur die
geballte Aufdeckung aller stillen Reserven privilegiert werden soll (vgl.
BTDrucks 14/6882, S. 34). Hieraus ist zwar zu folgern, dass eine
Tarifermäßigung auch dann ausgeschlossen ist, wenn ein Mitunternehmer für ihn wesentliche
Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens nicht mitveräußert, sondern zum
Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG in ein anderes Betriebsvermögen
überträgt (vgl. z.B. Reiß in Kirchhof, a.a.O.,
§ 16 Rz 136 ff., m.w.N.). Gegenüber den §§ 16,
34 EStG haben indes § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG –wie
dargestellt– eine ganz andere Zweckbestimmung, so dass auf diese Rechtsnormen
die den §§ 16, 34 EStG zugrunde liegenden Wertungen des Gesetzgebers
nicht ohne weiteres übertragbar sind (so im Ergebnis auch Storg, DStR 2002,
1384, 1385; Wendt, FR 2005, 468, 471 f.).

46 f)

Nicht zum Tragen kommt der Einwand des
BMF, dass im Streitfall nach dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung die
Verhältnisse zum Bilanzstichtag auf den 31. Dezember 2002 maßgeblich
seien. Denn zum einen kommt es für die steuerliche Beurteilung auf die
Verhältnisse im jeweiligen Zeitpunkt einer unentgeltlichen Übertragung i.S. des
§ 6 Abs. 3 EStG an. Zum anderen besteht aus den vorgenannten
Gründen kein Bedarf, die beiden streitbefangenen Anteilsübertragungen „zu
verklammern“, folglich auch nicht durch einen Bezug beider Vorgänge auf
den nachfolgenden Bilanzstichtag.

47 g)

Offenbleiben kann im Streitfall, ob
die vorgenannten Grundsätze für die Anwendung des § 6
Abs. 3 EStG nicht nur im Fall der Übertragung von
Einzelwirtschaftsgütern zum Buchwert nach § 6 Abs. 5 EStG
Geltung beanspruchen, sondern auch bei der –im Streitfall hinsichtlich des
Grundstücks X-Straße in Einklang mit der Auffassung der Beteiligten zu
verneinenden– Entnahme von Wirtschaftsgütern in das Privatvermögen oder bei
der Veräußerung von Wirtschaftsgütern (vgl. zu einer derartigen
Fallkonstellation für die Anwendung des § 24 Abs. 1 des
Umwandlungssteuergesetzes BFH-Urteil in BFHE 236, 29, BStBl II 2012, 638) zur
Anwendung gelangen könnten, also bei Vorgängen, in denen es sogar zur
Aufdeckung der durch das entsprechende Wirtschaftsgut verkörperten stillen
Reserven kommt.

48 II.

Das FG hat im Ergebnis zu Recht
entschieden, dass das nach § 7g Abs. 3 Satz 3
Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. für die
Bildung einer Gewinn mindernden Rücklage (Ansparabschreibung) maßgebliche
Größenmerkmal des Betriebsvermögens des Gewerbebetriebs in den Streitjahren
2003 bis 2005 nicht erfüllt worden ist.

49 1.

Zu Recht geht das FA davon aus, dass
die Frage, ob ein (variables) Kapitalkonto II eines Kommanditisten (auf dem
auch entnahmefähige Gewinnanteile verbucht werden) als Eigenkapital und damit
als Bestandteil des Betriebsvermögens i.S. des Größenmerkmals in § 7g
Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. anzusehen ist oder ob es als
echte Darlehensforderung des Kommanditisten gegenüber der KG als Fremdkapital
zu behandeln ist, nicht entscheidungserheblich ist. Denn selbst wenn mit der
Klägerin von Fremdkapital auszugehen wäre, so wäre die entsprechende Forderung
des Gesellschafters als Sonderbetriebsvermögen in der Sonderbilanz des
Gesellschafters zu aktivieren und in der Steuerbilanz der Gesellschaft als
Passivposten auszuweisen. Für die Gesamtbilanz folgt daraus, dass die Forderung
zu Eigenkapital unter Erhöhung des Gesamtkapitalkontos des Gesellschafters wird
(vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 1996 IV R 77/93, BFHE 183, 379,
BStBl II 1998, 180) und deshalb –wovon auch das BMF-Schreiben in BStBl I 2004,
337, Rz 2 zutreffend ausgeht– Teil des Betriebsvermögens i.S. von
§ 7g Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG a.F. ist. Die Einbeziehung
auch des Sonderbetriebsvermögens in die Betriebsvermögensgrenzen korrespondiert
folgerichtig mit dem Umstand, dass bei Personengesellschaften Ansparabschreibungen
sowohl im Gesamthandsvermögen als auch im Sonderbetriebsvermögen eines
Mitunternehmers vorgenommen werden können (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2004,
337, Rz 2; aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung z.B. BFH-Urteil vom
29. März 2011 VIII R 28/08, BFHE 233, 434). Anders als die Klägerin
meint, ist es auch gleichheitsrechtlich nicht geboten, Sonderbetriebsvermögen
nicht als Teil des nach § 7g EStG a.F. als Größenmerkmal maßgeblichen
Betriebsvermögens zu behandeln. Wenn sich die Klägerin auf Rz 1 des BMF-Schreibens
in BStBl I 2004, 337 beruft, wonach im Fall einer Betriebsaufspaltung sowohl
das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen Ansparabschreibungen bilden
können, so folgt diese Behandlung aus dem Umstand, dass es sich –worauf das FA
zutreffend unter Bezug auf das BFH-Urteil vom 17. Juli 1991 I R 98/88
(BFHE 165, 369, BStBl II 1992, 246) hingewiesen hat– bei einer
Betriebsaufspaltung weiterhin um rechtlich selbständige Unternehmen handelt.
Dies liefert einen hinreichenden sachlichen Grund, beide Unternehmen hinsichtlich
der Betriebsvermögensgrenzen des § 7g EStG a.F. getrennt zu betrachten,
selbst wenn ihre persönliche und sachliche Verflechtung eine ihrer Art nach
vermögensverwaltende und damit nicht gewerbliche Betätigung zum Gewerbebetrieb
werden lässt.

50 2.

Nach den hinsichtlich ihrer
rechnerischen Folgerichtigkeit nicht in Frage gestellten Berechnungen der
Außenprüfung belief sich das für die Anwendung des § 7g EStG a.F.
maßgebliche Betriebsvermögen auf 427.113,02 € (2003), 418.026,93 € (2004) und
370.432,39 € (2005). Nach den Ausführungen unter B.I. der Gründe ist dieses
Betriebsvermögen für Zwecke des § 7g EStG a.F. in den Jahren 2003 bis
2005 um folgende Beträge (Angaben in €; Absetzungen für Abnutzung –AfA–)
zu mindern:

51 Jahr 2002 2003 2004 2005
Kapital 100.000 98.333 91.666 84.999
./. AfA ./.
1.667
./.
6.667
./.
6.667
./.
6.667
= Differenz 98.333 91.666 84.999 78.332
Korrekturbetrag ./.
91.666
./.
84.999
./.
78.332

52 Gleichwohl überschreitet auch das danach
verbleibende Betriebsvermögen in allen Streitjahren die in diesen Jahren
maßgebliche Betriebsvermögens-Grenze von 204.517 €. Deshalb sind FA und FG im
Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass in den Streitjahren 2003 bis 2005
keine Ansparabschreibungen zu gewähren sind.

53 III.

Somit waren unter Aufhebung des
vorinstanzlichen Urteils der geänderte Gewinnfeststellungsbescheid 2002 und der
geänderte Gewerbesteuermessbescheid 2002 vom 30. Januar 2008 in Gestalt
der Einspruchsentscheidung vom 30. September 2008 dahin zu ändern, dass
kein Geschäftswert in Höhe von 100.000 € berücksichtigt wird. Die Übertragung
der Ermittlung der danach festzustellenden Besteuerungsgrundlagen und des
danach festzusetzenden Gewerbesteuermessbetrags auf das FA beruht auf
§ 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.
Soweit in Folge der Nichtberücksichtigung des streitbefangenen Geschäftswerts
die hierauf in den Jahren 2002 bis 2005 vorgenommenen AfA zu Unrecht erfolgt
sind, wird dies das FA für das Streitjahr 2002 zu berücksichtigen haben. Für
die nachfolgenden Streitjahre 2003 bis 2005 würde die gewinnerhöhende
Rückgängigmachung der AfA zu einer nach der FGO unzulässigen Verböserung
führen, nachdem die Revision hinsichtlich der streitbefangenen
Ansparabschreibungen 2003 bis 2005 zurückzuweisen war. Insoweit wird das FA die
Voraussetzungen des § 174 Abs. 4 AO zu prüfen haben.

54 IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf
§ 143 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (§ 139
Abs. 4 FGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin oder
der Staatskasse die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen.
Weder haben die Beigeladenen das Revisionsverfahren wesentlich gefördert noch
durch Stellung eines Antrags ein Kostenrisiko getragen (vgl. z.B. BFH-Urteil
vom 29. März 2012 IV R 18/08, BFH/NV 2012, 1095; BFH-Beschluss vom
2. Februar 2012 IV B 60/10, BFH/NV 2012, 699, jeweils m.w.N.).
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